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VwSen-100547/2/Fra/Ka

Linz, 22.06.1992

VwSen - 100547/2/Fra/Ka Linz, am 22. Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Johann Fragner über die Berufung des T L, B, M, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. W R, O, M, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau/Inn vom 21. Februar 1992, VerkR96/4546/1991/Gz, zu Recht erkannt:

Die Berufung wird abgewiesen. Der angefochtene Bescheid wird bestätigt.

Rechtsgrundlage: §§ 66 Abs.4 und 69 AVG i.V.m. §§ 24 und 51 VStG.

Entscheidungsgründe:

Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat mit mündlich verkündetem Straferkenntnis vom 3. Dezember 1991, VerkR96/4546/1991/Gz, über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretung nach § 99 Abs.2 lit.c i.V.m. § 20 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 5.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 5 Tage) verhängt. Dieses Straferkenntnis wurde sowohl vom Leiter der Amtshandlung als auch vom Beschuldigten unterfertigt. Weiters wurde sowohl vom Leiter der Amtshandlung als auch vom Beschuldigten ein Rechtsmittelverzicht unterschrieben. Dieses Straferkenntnis ist somit sofort in Rechtskraft erwachsen.

Am 24. Jänner 1992 stellte der Berufungswerber einen Antrag auf Wiederaufnahme des mit dem oben zitierten Straferkenntnis abgschlossenen Verwaltungsstrafverfahrens. Begründend führt er in diesem Antrag aus, daß ihm nunmehr bekannt geworden sei, daß er bereits am 22. Oktober 1991 von einem Gendarmeriebeamten über einen Sachverhalt bzw. über den Unfallhergang befragt worden sei. Er sei zu diesem Zeitpunkt nicht vernehmungsfähig gewesen, weil er beim Verkehrsunfall eine massive Gehirnerschütterung erlitten habe und ihm daher an den Unfall jegliches Erinnerungsvermögen fehle. Erst nunmehr, nach quälendem Nachdenken, sei ihm bewußt geworden, daß das Abkommen von der Straße auf ein unvorhersehbares, unabwendbares Ereignis zurückzuführen gewesen sei, weil er sich weder der Einhaltung einer überhöhten Geschwindigkeit, noch an Vorhandensein von Nebelfetzen bewußt gewesen sei.

Mit dem nun angefochtenen Bescheid wird dieser Antrag auf Wiederaufnahme des Strafverfahrens abgewiesen. Begründend führt die Erstbehörde aus, daß die Tatsache, daß der Berufungswerber durch den Unfall eine massive Gehirnerschütterung erlitten habe, ihm bereits zur Zeit der Durchführung und Anhörung des Strafverfahrens bekannt gewesen sei. Er habe, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, bei seiner Einvernahme vom 3. Dezember 1991 nichts dergleichen erwähnt und sich schuldig bekannt. Der Unfall habe sich am 15. Oktober 1991 ereignet, das Straferkenntnis sei am 3. Dezember 1991 erlassen worden. In der ganzen Zeit bis zur Erlassung dieses Erkenntnisses hätte er die ihm angelastete Verwaltungsübertretung insgesamt, ebenso wie das Vorliegen besonders gefährlicher Verhältnisse in Abrede stellen können. Er habe jedoch aus freien Stücken auf diese Möglichkeit verzichtet, gegen den ergangenen Strafbescheid ein Rechtsmittel zu ergreifen. Wenn er im Strafverfahren diese nun angeführten Umstände nicht vorgebracht habe, so liege, selbst wenn man davon ausgehen sollte, daß es sich um neue Tatsachen handelt, ein Verschulden seinerseits vor, wenn er dieses Vorbringen nicht getätigt habe. Ein tauglicher Wiederaufnahmegrund könne darin jedenfalls nicht erblickt werden, weshalb dieser Antrag abgewiesen werden mußte.

In der fristgerecht gegen den o.a. Bescheid eingebrachten Berufung bringt der Rechtsmittelwerber vor, daß der Rechtsmittelverzicht ausdrücklich über Anraten der Leiterin der Amtshandlung abgegeben wurde. Die Rechtsmittelbelehrung sei jedoch nicht vollständig gewesen. Insbesondere sei der Beschuldigte nicht darauf hingewiesen worden, daß der Strafbescheid eine Bindungswirkung für das Führerscheinentzugsverfahren habe. Der Beschuldigte sei nicht vollständig über die Rechtsfolgen aufgeklärt worden, sondern im Irrtum belassen worden, daß für den Fall des Rechtsmittelverzichtes und der Bezahlung der Strafe die Sache erledigt sei. Der Rechtsmittelverzicht sei somit unter falschen Prämissen abgegeben worden. Er sei sich nicht bewußt gewesen, daß der rechtskräftige Strafbescheid weittragende, nachteilige Folgen nach sich ziehe. Bei richtiger und vollständiger Rechtsbelehrung hätte er keinen Rechtsmittelverzicht abgegeben. Zum Zeitpunkt der Erlassung des Straferkenntnisses und aufgrund der erlittenen schweren Verletzungen sei er psychisch nicht in der Lage gewesen, die Tragweite des Strafbescheides zu erfassen, sodaß er die ihm zur Last gelegte Übertretung nicht bestritten habe, zumal er auf die Vollständigkeit der Rechtsmittelbelehrung vertrauen konnte.

Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Gemäß § 69 Abs.1 Z.2 AVG - diese Bestimmung ist auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwenden - ist dem Antrag einer Partei auf Wiederaufnahme eines durch Bescheid abgeschlossenen Verfahrens stattzugeben, wenn ein Rechtsmittel gegen den Bescheid nicht oder nicht mehr zulässig ist und neue Tatsachen oder Beweismittel hervorkommen, die im Verfahren ohne Verschulden der Partei nicht geltend gemacht werden konnten und allein oder in Verbindung mit dem sonstigen Ergebnis des Verfahrens voraussichtlich einen im Hauptinhalt des Spruches anders lautenden Bescheid herbeigeführt hätten. Gemäß § 69 Abs.2 AVG ist der Antrag auf Wiederaufnahme binnen zwei Wochen vom Zeitpunkt an, in dem der Antragsteller nachweislich vom Wiederaufnahmsgrund Kenntnis erlangt hat, jedoch spätestens binnen drei Jahren nach der Zustellung oder mündlichen Verkündung des Bescheides bei der Behörde einzubringen, die den Bescheid in erster Instanz erlassen hat.

Vorerst ist nicht zu erkennen, inwiefern die Tatsache, daß der Beschuldigte beim gegenständlichen Verkehrsunfall eine massive Gehirnerschütterung erlitten habe, neu sein soll. Der Berufungswerber gibt selbst in seinem Rechtsmittel vom 7. April 1992 an, daß ihm diese Tatsache bereits anläßlich seiner Einvernahme am 3. Dezember 1991 bewußt war. Die Erwägungen der Erstbehörde dahingehend, daß dem Berufungswerber die Tatsache, daß er durch den Unfall eine massive Gehirnerschütterung erlitten habe, bereits zur Zeit der Durchführung und Anhörung des Strafverfahrens bekannt gewesen sei, sind zutreffend. Der Berufungswerber hat jedoch, obwohl er die Möglichkeit dazu gehabt hätte, bei seiner Einvernahme vom 3. Dezember 1991 nichts dergleichen erwähnt und sich schuldig bekannt hat. Er hat von der Möglichkeit diesen Umstand während des Strafverfahrens ins Treffen zu führen, nicht Gebrauch gemacht. Es kann nicht erkannt werden, inwiefern es sich bei der Tatsache der Gehirnerschütterung um eine neue Tatsache oder um ein neues Beweismittel handeln soll.

Desweiteren kann nicht erkannt werden, inwiefern die Rechtsmittelbelehrung des Straferkenntnisses vom 3. Dezember 1991 nicht vollständig sein soll. Die Rechtsmittelbelehrung entspricht den gemäß § 24 VStG auch im Verwaltungsstrafverfahren anzuwendenden § 61 Abs.1 AVG. Ein Hinweis darauf, daß der Strafbescheid eine Bindungswirkung für das Führerscheinentzugsverfahren habe, ist im Gesetz nicht vorgesehen. Wenn der Beschuldigte über die rechtliche Bedeutung der Abgabe eines Rechtsmittelverzichtes irrte, ist dies unerheblich und stellt keinen Wiederaufnahmegrund nach § 69 Abs.1 Z.2 AVG dar.

Zusammenfassend ist daher festzustellen, daß der angefochtene Bescheid der belangten Behörde zu Recht ergangen ist. Es kann nicht erkannt werden, inwiefern diesem eine Rechtswidrigkeit anhaften soll; aus diesem Grunde mußte der Berufung der Erfolg versagt werden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte, da lediglich Rechtsfragen zu beurteilen waren, gemäß § 51e Abs.2 VStG unterbleiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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