Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100549/5/Bi/Hm

Linz, 09.07.1992

VwSen - 100549/5/Bi/Hm Linz, am 9. Juli 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der F E, H, A, vertreten durch Rechtsanwalt DDr. K R H, S, B, vom 3. April 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn vom 20. Februar 1992, VerkR96/3782/1991/Gz, zu Recht:

I. Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrenskostenbeiträge.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 45 Abs.1 Z.1 VStG., Zu II.: § 66 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn hat über Frau F E, H, A, wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 103 Abs.1 Z.3 i.V.m. § 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 1.000 S, und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt, weil sie am 31. August 1991 gegen 18.00 Uhr das Fahrzeug, Kennzeichen , ihren Gatten, Herrn A E, zum Lenken auf der W Landesstraße im Gemeindegebiet von O, Bezirk B, von O kommend in Richtung R bis Strkm überlassen hat, obwohl dieser keine Lenkerberechtigung der Gruppe B besitzt.

Gleichzeitig wurde sie zur Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages von 100 S verpflichtet.

2. Dagegen hat die Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, sodaß die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da keine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch ein Einzelmitglied zu entscheiden. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte unterbleiben, da in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

3. Die Berufungswerberin begründet ihr Rechtsmittel damit, sie wisse, daß ihr Mann keine Lenkerberechtigung besitze und habe ihm deshalb auch nie die Schlüssel übergeben oder ihm den Zulassungsschein überantwortet. Auch am 31. August 1991 habe sie die Schlüssel so verwahrt, daß sie A E unter normalen Bedingungen nicht finden konnte. Wenn er dem Meldungsleger gegenüber erklärt habe, er mache das öfter und der Schlüssel sei für ihn immer erreichbar, so sei dies unrichtig. In einem gemeinsamen Haushalt sei es praktisch unmöglich, den Schlüssel immer so zu verstecken, daß ihr Gatte diesen nicht finden könne. Er müsse ihn auch tatsächlich gefunden haben, wovon sie aber nichts bemerkt habe und deshalb auch nicht verhindern konnte, daß er mit dem Auto davonfahre. § 103 Abs.1 Z.3 KFG spreche von einem aktiven Überlassen des Lenkens eines Kraftfahrzeuges, jedoch sei eine allfällige fahrlässige Verwahrung des Schlüssels nicht unter Strafe gestellt. Ansonsten hätte der Gesetzgeber die Bestimmung dahingehend formuliert, daß der Zulassungsbesitzer verpflichtet sei, alles mögliche zu unternehmen, daß nicht ein Unbefugter das Kraftfahrzeug in Betrieb setze. Ein "Überlassen" setze jedoch ein aktives Tätigwerden voraus, und sei nicht schon durch die passive Unterlassung von allfälligen zusätzlichen Sicherheitsmaßnahmen erfüllt. Sie beantrage daher das Strafverfahren einzustellen, in eventu § 21 VStG anzuwenden.

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Dem Vorbringen der Rechtsmittelwerberin ist insofern zuzustimmen, als unter der "Überlassung" eines Kraftfahrzeuges wohl nur die Einräumung der Gewahrsame, sohin ein aktives Tätigwerden des Berechtigten, verstanden werden kann. Eine Auslegung dieses Begriffes im Hinblick darauf, daß der Berechtigte darauf achten müsse, daß der Nichtberechtigte den in Rede stehenden Gegenstand nicht von selbst in seine Gewahrsame nimmt, ist nach Auffassung des unabhängigen Verwaltungssenates zu weitläufig und aus rechtlicher Sicht nicht zulässig.

Daß heißt im konkreten Fall, daß die Rechtsmittelwerberin als Zulassungsbesitzer des in Rede stehenden PKW nicht verpflichtet war, die PKW-Schlüssel z.B. jeden Tag an einem anderen Ort aufzubewahren, bzw. - was in einem gemeinsamen Haushalt wohl schwer möglich ist - die Schlüssel so zu verstecken, daß ihr Ehegatte nicht in der Lage gewesen wäre, sie zu finden und den PKW schließlich zu lenken.

Daß die Rechtsmittelwerberin ihrem Ehegatten die Schlüssel übergeben habe bzw. von der konkreten Absicht ihres Ehegatten, den PKW nunmehr zu lenken, gewußt habe und nichts getan habe, um dies zu verhindern, wurde niemals behauptet.

Gemäß § 45 Abs.1 Z.1 zweite Alternative VStG hat die Behörde von der Einleitung oder Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die den Beschuldigten zur Last gelegte Tat keine Verwaltungsübertretung bildet.

Im Hinblick auf die obigen Überlegungen war spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Ausspruch über den Entfall der Leistung eines Verfahrenskostenbeitrages gründet sich auf die zitierte Gesetzesbestimmung.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Mag. Bissenberger

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