Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-390296/2/BP/Ga

Linz, 05.08.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 14. Juli 2010, GZ. BMVIT-635.540/0320/10, wegen einer Übertretung des Telekommunikations­gesetzes, zu Recht erkannt:

 

I.  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.

 

II. Der Berufungswerber hat zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 14,-- Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991-VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG

zu II.: § 64 VStG.

 

 

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Fernmeldebüros für Oberösterreich und Salzburg vom 14. Juli 2010, GZ. BMVIT-635.540/0320/10, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 70 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 6 Stunden) verhängt, weil er am 11. April 2010 um 11:41 Uhr eine elektronische Post (E-Mail) zu Zwecken der Direktwerbung, ausgehend von X, ohne vorherige Einwilligung des X, X, X, und somit unzulässig, an dessen E-Mailadresse X", mit dem Betreff: "Ein X, der …" und dem Text: "Ein X, der die Ermordung ungeborener Menschen duldet, der den Menschenhandel zum Zwecke der Prostitution duldet, ist für zivilisierte, kulturbewusste Staatsbürger nicht wählbar! X (X) X, X", zugesendet habe.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 107 Abs.2 Z 1 iVm § 109 Abs.3 Z. 20 Telekommunikationsgesetz, BGBl. I Nr. 70/2003 idF BGBl. I Nr. 69/2009 genannt.

 

Begründend geht die belangte Behörde nach Darstellung des bisherigen Verfahrensganges und der einschlägigen Rechtsgrundlagen vom Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Tatseite aus. Das Verfahren habe ohne weitere Mitwirkung des Bw durchgeführt werden müssen, da er sich - entgegen einer Vereinbarung mit einem Mitarbeiter der belangten Behörde – nach seiner krankheitsbedingten Absage eines Vorsprachetermins nicht wieder an die belangte Behörde gewendet hat.

 

Hinsichtlich der Strafbemessung sieht die belangte Behörde unter Berücksichtigung der bisherigen Unbescholtenheit des Bw die verhängte Geldstrafe als Tat und Schuld angemessen.

 

1.2. Mit Schriftsatz vom 26. Juli 2010 übermittelte der Bw eine mit Gründen versehene Berufung, in der das Straferkenntnis angefochten wird.

 

Der Bw führt ua. aus, dass er damals der Vorsprache bei der belangten Behörde aus gesundheitlichen Gründen nicht habe nachkommen können. Inzwischen sei er der Meinung gewesen, die Sache sei erledigt.

 

Von Österreich aus sei kein einziges Mail oder Fax versendet worden. Es habe sich auch nicht um geschäftliche Werbung gehandelt. Seine Mitarbeiter hätten dem einen oder anderen Empfänger mitgeteilt, dass X (gemeint wohl X), der Abtreibung und Menschenhandel dulde, nicht wählbar sei. Der "edle Genosse X" müsse seine E-Mail-Adresse irgendwann veröffentlicht haben; wie kämen die Mitarbeiter des Bw sonst auf seinen "werten" Namen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 30. Juli 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt. Im Hinblick auf § 51e Abs. 3 konnte auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden, zumal im Verfahren lediglich die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen war, im angefochtenen Straferkenntnis keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt  wurde, der entscheidungsrelevante Sachverhalt geklärt ist und im Übrigen auch kein darauf gerichteter Parteienantrag vorliegt.

 

2.3. Der Oö Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von dem unter den Punkten 1.1.  und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.

 

Dabei bestreitet der Bw grundsätzlich nicht, dass die E-Mail von seiner Adresse aus versendet wurde, sondern lediglich, dass dies nicht im Inland passiert sei. Weitere Angaben dazu bleibt der Bw allerdings schuldig, weshalb nach Plausibilitätserwägungen durchaus davon ausgegangen werden kann, dass es sich hiebei lediglich um eine pauschale – nicht auf den konkreten Einzelfall tatsächlich bezogene – Feststellung handelt. Er gibt auch nicht an, dass eine vorherige Zustimmung des Empfängers vorgelegen sei, sondern lediglich, dass dieser seine E-Mail-Adresse veröffentlicht haben müsse. Zuletzt führt er auch an, davon ausgegangen zu sein, dass die Sache - nach seiner krankheitsbedingten Absage des Vorsprachetermins - erledigt sei, tritt aber der Aussage im angefochtenen Erkenntnis nicht entgegen, wonach vereinbart gewesen sei, dass er sich nach Gesundung bzw. nach dem 23. Mai 2010 bei der belangten Behörde melden werde.

 

2.4. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 107 Abs. 2 Z. 1 Telekommunikationsgesetz BGBl. I Nr. 70/2003 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 133/2005 (TKG) ist die Zusendung von elektronischer Post zu Zwecken der Direktwerbung ohne vorherige Einwilligung des Empfängers unzulässig.

 

Verstöße gegen die obgenannte Bestimmung sind gemäß § 109 Abs. 3 Z. 20 Telekommunikationsgesetz BGBl. I Nr. 70/2003 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl. I Nr. 65/2009  unter Strafe bis zu 37.000 Euro gestellt.

 

3.2. Gemäß § 27 Abs. 1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Für den Oö. Verwaltungssenat bestehen keine Zweifel daran, dass von der dem Bw zugeordneten E-Mailadresse in Oberösterreich die Nachricht versendet wurde, weshalb die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde gegeben war.

 

3.3. Der Bw führt an, dass es sich bei der in Rede stehenden Nachricht um keine "geschäftliche Werbung" handle, was durchaus zu bestätigen ist. Allerdings spricht der Gesetzestext nicht von "geschäftlicher" sondern von Direktwerbung. Unter diesem Begriff sind gemäß den Gesetzesmaterialien zu § 107 TKG auch Inhalte zu subsummieren, welche für ein bestimmtes politisches Anliegen werben.

 

Dies ist im vorliegenden Fall durchaus gegeben. Gerade im Vorfeld der Bundespräsidentenwahlen im April 2010 ist eine "Werbung" durch Darstellung negativ besetzter Einstellungen - wie Abtreibungsbefürworter oder Dulder von Menschenhandel zum Zweck der Prostitution - gegen einen der Kandidaten fraglos als politisches Anliegen zu werten, zumal mit der Sendung auch die gegenläufige gesellschaftspolitische Ansicht des Versenders mittransportiert wurde, was den Tatbestand einer zweckorientierten Direktwerbung im Sinne des § 107 Abs. 2 Z. 1 TKG erfüllt. Besonders ist auch darauf hinzuweisen, dass bei jener Wahl auch ein Kandidat einer dem Bw nahestehenden Gruppierung antrat, der in den problematisierten Punkten die in der Nachricht proklamierte Ausrichtung vertrat, wodurch die "Negativwerbung" für den "Gegenkandidaten" auch als mittelbare Direktwerbung für den vom Bw Präferierten zu werten ist.

 

3.4. Der Bw behauptete nicht einmal explizit, dass die vorherige Einwilligung des Empfängers vorgelegen habe. Dennoch sei hier jedenfalls auf die jüngste Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zu dieser Frage verwiesen: "Bei der nach § 107 Abs. 2 TKG erforderlichen Zustimmung handelt es sich um eine Willenserklärung des (zukünftigen) Empfängers der elektronischen Post, die zwar auch konkludent erteilt werden kann; dies trifft jedoch nur dann zu, wenn eine Handlung oder Unterlassung eindeutig in diese Richtung zu verstehen ist und kein vernünftiger Grund besteht, daran zu zweifeln, dass ein Rechtsfolgewille in einer bestimmten Richtung vorliegt (Hinweis auf OGH), d.h., dass ein bestimmtes Verhalten nur als Einwilligung zum Erhalt von elektronischer Post zu Werbezwecken verstanden werden kann. Der Versender elektronischer Post hat daher einen dementsprechend konkreten Sachverhalt nicht nur zu behaupten, sondern auch zu beweisen" (VwGH v. 24.3.2010, Zl. 2007/03/0177). Ein solcher Beweis ist dem Bw keinesfalls gelungen, weshalb vom Vorliegen der objektiven Tatseite auszugehen ist.

 

3.5. Das TKG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs.1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsams­delikt).

 

Im in Rede stehenden Fall hat der Bw keinerlei Umstände vorgebracht, die geeignet wären, nur ansatzweise ein Verschulden seinerseits auszuschließen, weshalb - der belangten Behörde folgend – vom Vorliegen der subjektiven Tatseite in Form von Fahrlässigkeit ausgegangen werden muss.

 

3.6. Auch hinsichtlich der Strafbemessung folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates den Überlegungen der belangten Behörde. Die verhängte Geldstrafe bewegt sich bei rund 0,2% des Strafrahmens und ist daher als durchaus maßvoll zu bezeichnen.

 

Ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG konnte allein schon mangels Vorliegens des geringfügigen Verschuldens nicht in Anwendung gebracht werden.

 

3.7. Es war daher die Berufung als unbegründet abzuweisen, der angefochtene Bescheid zu bestätigen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 64 VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 14,-- Euro (das sind 20% der verhängten Geldstrafe) aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

Rechtsatz:

VwSen-390296/2/BP/Ga vom 5. August 2010

§ 107 Telekommunikationsgesetz

Gerade im Vorfeld von Bundespräsidentenwahlen ist eine "Werbung" durch Darstellung negativ besetzter Einstellungen - wie Abtreibungsbefürworter oder Dulder von Menschenhandel zum Zweck der Prostitution - gegen einen der Kandidaten fraglos als politisches Anliegen zu werten, zumal mit der Sendung auch die gegenläufige gesellschaftspolitische Ansicht des Versenders mittransportiert wurde, was den Tatbestand einer zweckorientierten Direktwerbung im Sinne des § 107 Abs. 2 Z. 1 TKG erfüllt. 

 

 

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