Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-401080/4/Gf/Mu

Linz, 05.08.2010

 

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof über die Beschwerde des x, vertreten durch die RAe x, wegen Anhaltung in Schubhaft durch den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck vom 30. Juli 2010 bis zum 2. August 2010 zu Recht erkannt:

 

I. Die Beschwerde wird als unbegründet abgewiesen.

 

II. Der Beschwerdeführer hat dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Vöcklabruck) Kosten in einer Höhe von insgesamt 426,20 Euro binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

 

Rechtsgrundlage:

 

§ 67c Abs. 3 AVG; § 79a AVG.

Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Bescheid des Bezirkshauptmannes von Vöcklabruck vom 16. März 2010, GZ Sich40-1472-2010, wurde über den Rechtsmittelwerber, einen Staatsangehörigen von Afghanistan, gemäß § 76 Abs. 2 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: FPG), zur Sicherung des Verfahrens der Erlassung einer Ausweisung und zur Sicherung der Abschiebung die Schubhaft verhängt und durch Überstellung in das Polizeianhaltezentrum (PAZ) der BPD Wels vollzogen.

1.2. Die dagegen erhobene Beschwerde wurde mit h. Erkenntnis vom 29. Juli 2010, GZ VwSen-401078/4/Wei/Sta, abgewiesen; gleichzeitig wurde festgestellt, dass die für die Fortsetzung der Schubhaft maßgeblichen Voraussetzungen zu diesem Zeitpunkt weiterhin vorlagen.

Diese Entscheidung wurde dem Beschwerdeführer am 29. Juli 2010 zugestellt.

2.1. In der nunmehr vorliegenden Beschwerde wendet sich der Rechtsmittelwerber dagegen, dass er trotz des Umstandes, dass der Asylgerichthof (im Folgenden: AsylGH) seiner Beschwerde gegen die Zurückweisung seines Asylantrages bereits mit dessen – ihm am 30. Juli 2010 zugestellten – Erkenntnis vom 28. Juli 2010, GZ S18-413848-1/2010-10E, stattgegeben habe, dennoch bis zum 2. August 2010 in Schubhaft angehalten worden sei.

Denn die Aufhebung des Zurückweisungsbescheides des Bundesasylamtes sei gemäß § 41 Abs. 3 des Asylgesetzes, BGBl.Nr. I 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl.Nr. I 135/2009 (im Folgenden: AsylG), ex lege als Zulassung seines Asylverfahrens zu werten gewesen, weshalb die Schubhaftverhängung seither einerseits nicht mehr auf § 76 Abs. 2 Z. 2 bis 4 FPG habe gestützt werden können und andererseits für eine Heranziehung der Schubhafttatbestände des § 76 Abs. 2 Z. 1 oder Abs. 2a FPG im vorliegenden Fall von vornherein kein Anhaltspunkt bestanden habe.

Daher wird die kostenpflichtige Feststellung seiner Anhaltung vom 30. Juli 2010 bis zum 2. August 2010 begehrt.

2.2. Der Bezirkshauptmann von Vöcklabruck hat den Bezug habenden Akt vorgelegt und eine Gegenschrift erstattet, mit der die kostenpflichtige Abweisung der Beschwerde beantragt wird.

Begründend wird dazu ausgeführt, dass der AsylGH selbst die belangte Behörde von seiner Entscheidung vom 28. Juli 2010 nicht verständigt habe; eine entsprechende Mitteilung sei vielmehr lediglich durch das Bundesasylamt (EAST West), und zwar erst am 2. August 2010 um 8.44 Uhr, erfolgt. Darauf hin sei umgehend – nämlich um 11.13 Uhr – die Enthaftung des Rechtsmittelwerbers verfügt worden.

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Vöcklabruck zu GZ Sich40-1472-2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte im Übrigen gemäß § 83 Abs. 2 Z. 1 FPG von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 82 Abs. 1 FPG hat ein Fremder, gegen den die Schubhaft ange­ordnet wurde, das Recht, den Unabhängigen Verwaltungssenat u.a. mit der Behauptung der Rechtswidrigkeit seiner Anhaltung in Schubhaft anzurufen.

Nach § 81 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 80 Abs. 5 letzter Satz FPG ist die Schubhaft durch Freilassung des Fremden formlos aufzuheben, wenn der AsylGH im Zuge einer Beschwerde gegen einen Bescheid des Bundesasylamtes, der die aufschiebende Wirkung zuerkannt wurde, nicht eine zurück- oder abweisende Entscheidung erlassen hat.

3.2. Im gegenständlichen Fall steht allseits unbestritten fest, dass der AsylGH mit Erkenntnis vom 28. Juli 2010, GZ S18-413848-1/2010-10E, den Bescheid des Bundesasylamtes vom 26. Mai 2010, Zl. 1002105-EASt-West, "gem. § 66 Abs. 4 AVG ..... ersatzlos behoben" hat.

Somit hat der AsylGH keine zurück- oder abweisende, sondern eine stattgebende Entscheidung erlassen (an die der Oö. Verwaltungssenat i.S. einer Vorfrage gemäß § 38 gebunden ist); dies hatte – nachdem der AsylGH der Beschwerde zuvor auch gemäß § 37 Abs. 1 AsylG mit Beschluss vom 21. Juni 2010 die aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte – nach § 80 Abs. 5 letzter Satz FPG zur Folge, dass die über den Rechtsmittelwerber verhängte Schubhaft nicht mehr weiter aufrecht erhalten werden durfte, sondern gemäß § 81 Abs. 1 Z. 1 FPG formlos aufzuheben war.

3.3. Parteien im Verfahren vor dem AsylGH sind der Fremde und das Bundesasylamt (vgl. § 41 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 67b Z. 1 AVG), nicht jedoch auch die Fremdenpolizeibehörde; somit war auch die hier belangte Behörde nicht Partei des Beschwerdeverfahrens vor dem AsylGH.

Das vorzitierte Erkenntnis des AsylGH wurde den Verfahrensparteien gemäß § 41 Abs. 9 Z. 3 AsylG am 30. Juli 2010 – einem Freitag – zugestellt.

Erst nach dem Wochenende (dazu, dass die Fremdenpolizei- und Asylbehörden keine einfachgesetzliche oder verfassungsgesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines sog. "Journaldienstes" trifft, vgl. näher die h. Entscheidung vom 20. Juli 2010, VwSen-401075/5/Gf/Mu), und zwar am Montag den 2. August 2010, wurde die belangte Behörde seitens der Verfahrenspartei, nämlich des Bundesasylamtes (EAST West), und zwar um 8.44 Uhr per e-mail, vom aufhebenden Erkenntnis des AsylGH in Kenntnis gesetzt. Somit traf den Bezirkshauptmann von Vöcklabruck erst ab diesem Zeitpunkt die zuvor angesprochene, in § 81 Abs. 1 Z. 1 FPG normierte Verpflichtung zur formlosen Aufhebung der Schubhaft.

Dieser hat die belangte Behörde auch umgehend entsprochen, indem sie das PAZ Wels um 11.13 Uhr desselben Tages per Telefax dazu angewiesen hat, den Rechtsmittelwerber aus der Schubhaft zu entlassen. Dies ist schließlich – wie sich aus dem Entlassungsschein des PAZ der BPD Wels vom 2. August 2010 ergibt – um 12.00 Uhr auch tatsächlich geschehen.

3.4. Die vom Rechtsmittelwerber behauptete Rechtswidrigkeit liegt daher nicht vor; die gegenständliche Beschwerde war sohin gemäß § 67c Abs. 3 AVG abzuweisen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war der Beschwerdeführer dazu zu verpflichten, dem Bund (Verfahrenspartei: Bezirkshauptmann von Schärding) nach § 79a Abs. 1, Abs. 3 und Abs. 4 Z. 3 AVG i.V.m. § 1 Z. 3 und 4 der UVS-Aufwandersatzverordnung, BGBl.Nr. II 456/2008, Kosten in Höhe von insgesamt 426,20 Euro (Vorlageaufwand: 57,40 Euro; Schriftsatzaufwand: 368,80 Euro) binnen 14 Tagen bei sonstiger Exekution zu ersetzen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in einer Höhe von 34,80 Euro entstanden; ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

 

 

Dr.  G r o f

 

 

Rechtssatz:

 

VwSen-401080/4/Gf/Mu vom 5. August 2010

 

§ 80 Abs. 5 FPG; § 81 Abs. 1 Z. 1 FPG; § 37 Abs. 1 AsylG; § 41 Abs. 1
AsylG;
§ 41 Abs. 9 Z. 3 AsylG

* Wenn der AsylGH den Bescheid des Bundesasylamtes "gem. § 66 Abs. 4 AVG ersatzlos behoben" hat, so liegt keine zurück- oder abweisende, sondern vielmehr eine stattgebende Entscheidung vor, an die der Oö. Verwaltungssenat i.S. einer Vorfrage gemäß § 38 gebunden ist; dies hat dann, wenn der AsylGH der Beschwerde zuvor auch gemäß § 37 Abs. 1 AsylG die aufschiebende Wirkung zuerkannt hatte, nach § 80 Abs. 5 letzter Satz FPG zur Folge, dass die über den Rechtsmittelwerber verhängte Schubhaft nicht mehr weiter aufrecht erhalten werden darf, sondern gemäß § 81 Abs. 1 Z. 1 FPG formlos aufzuheben ist;

* Parteien im Verfahren vor dem AsylGH sind nach § 41 Abs. 1 AsylG i.V.m. § 67b Z. 1 AVG der Fremde und das Bundesasylamt, nicht jedoch auch die Fremdenpolizeibehörde;

* Wurde das Erkenntnis des AsylGH den Verfahrensparteien bereits an einem Freitag zugestellt, die Fremdenpolizeibehörde davon jedoch erst nach dem Wochenende in Kenntnis gesetzt, so stellt unter dem Aspekt, dass die Fremdenpolizei- und Asylbehörden keine einfachgesetzliche oder verfassungsgesetzliche Verpflichtung zur Einrichtung eines sog. "Journaldienstes" trifft (vgl. dazu näher VwSen-401075 vom 20. Juli 2010), die ohnehin bereits ca. 21/2 Stunden nach dieser Mitteilung verfügte Enthaftung des Fremden keine Verletzung von dessen Recht auf persönliche Freiheit dar.

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum