Linz, 30.07.2010
E r k e n n t n i s
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied ORR. Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12.5.2010, GZ UR96-3-4-2010-Wg/Fs, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.7.2010 zu Recht erkannt:
I. Der Berufung wird keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.
II. Der Berufungswerber hat einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe, das sind 100 Euro, zu leisten.
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.
zu II.: § 64 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 12.5.2010, UR96-3-4-2010-Wg/Fs, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 46 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z3 iVm § 74 Abs.2 Z1 und 2 GewO 1994 iVm dem rechtskräftigen Feststellungsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung, Ge20-82-2007-Hd, verhängt.
Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:
1.
2.
4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt der Erstinstanz und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 9.7.2010, an der der anwaltliche Vertreter des Bw teilgenommen hat.
4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:
Die x betreibt im Standort x, auf Gst. Nr. x, KG. x, u.a. eine Lagerhalle, in der auch die Knödelproduktion, welche mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 3.3.2008, Ge20-82-20-2007, gewerbebehördlich genehmigt wurde, betrieben wird.
Im Zuge einer am 21.1.2010 von Organen der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung unter Beiziehung eines gewerbetechnischen Amtssachverständigen durchgeführten gewerbebehördlichen Überprüfung der gegenständlichen Betriebsanlage wurde festgestellt, dass diese Lagerhalle, welche auch als Knödelhalle bezeichnet wird, insofern geändert wurde, als von der Genehmigung nicht umfasste Maschinen, insbesondere Frostgeräte mit Aufstellung der dazugehörigen Kondensatoren im Freien, aufgestellt wurden.
Vom beigezogenen anlagentechnischen Amtssachverständigen wurde festgestellt, dass mit dieser Neuaufstellung Lärmemissionen verbunden sind.
Im Nahbereich der Betriebsanlage befinden sich Nachbarn.
Für diese Änderungen wurde mittlerweile mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 19.4.2010, Ge20-124-2009, die gewerbebehördliche Genehmigung erteilt.
Der Bw ist gewerberechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x.
5. In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:
5.1. Gemäß § 74 Abs. 2 GewO 1994 dürfen gewerbliche Betriebsanlagen nur mit Genehmigung der Behörde errichtet oder betrieben werden, wenn sie wegen der Verwendung von Maschinen und Geräten, wegen ihrer Betriebsweise, wegen ihrer Ausstattung oder sonst geeignet sind,
das Leben oder die Gesundheit des Gewerbetreibenden, der nicht den Bestimmungen des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes unterliegenden mittätigen Familienangehörigen, der Nachbarn oder der Kunden, die die Betriebsanlage der Art des Betriebes gemäß aufsuchen, oder das Eigentum oder sonstige dingliche Rechte der Nachbarn zu gefährden,
die Nachbarn durch Geruch, Lärm, Rauch, Staub, Erschütterung oder in anderer Weise zu belästigen,
die Religionsausübung in Kirchen, den Unterricht in Schulen, den Betrieb von Kranken- und Kuranstalten oder die Verwendung oder den Betrieb anderer öffentlichen Interessen dienender benachbarter Anlagen oder Einrichtungen zu beeinträchtigen,
die Sicherheit, Leichtigkeit und Flüssigkeit des Verkehrs an oder auf Straßen mit öffentlichem Verkehr wesentlich zu beeinträchtigen oder
eine nachteilige Einwirkung auf die Beschaffenheit der Gewässer herbeizuführen, sofern nicht ohnedies eine Bewilligung auf Grund wasserrechtlicher Vorschriften vorgeschrieben ist.
Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.
Gemäß § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer eine genehmigungspflichtige Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung ändert oder nach der Änderung betreibt (§ 81).
5.2. Voraussetzung für die Erfüllung des Tatbestandes nach § 366 Abs.1 Z3 GewO 1994 ist, dass eine rechtswirksam genehmigte Betriebsanlage vorliegt. Dies ist vorliegend der Fall.
Ob eine Änderung der Betriebsanlage vorliegt, bemisst sich ausschließlich nach dem die Betriebsanlage genehmigenden Bescheid (VwGH 24.5.1994, 93/04/0031).
Jeder Betrieb einer Betriebsanlage, der in seiner Gestaltung von dem im Genehmigungsbescheid umschriebenen Projekt abweicht, bedeutet eine Änderung der genehmigten Betriebsanlage und bedarf unter den Voraussetzung des § 81 einer gewerbebehördlichen Genehmigung.
Die Genehmigungspflicht ist bereits dann gegeben, wenn die Änderung grundsätzlich geeignet ist, die in § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen zu beeinträchtigen; um dies zu beurteilen, genügt es in der Regel auf das allgemeine menschliche Erfahrungsgut zurückzugreifen (VwGH 20.9.1994, 94/04/0006).
Im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens steht fest und wird vom Bw auch nicht bestritten, dass zum Tatzeitpunkt in der so beschriebenen Knödelhalle Maschinen (Frostgeräte samt Kondensatoren) die vom Genehmigungskonsens nicht umfasst sind, in Betrieb waren.
Dies stellt eine Änderung der Betriebsanlage dar, die schon nach der allgemeinen Lebenserfahrung unzweifelhaft geeignet ist, Nachbarn durch Lärm und Geruch zu belästigen. Im gegenständlichen Fall wurde konkret vom anlagentechnischen Amtssachverständigen ausgeführt, dass die Aufstellung dieser Maschinen mit Lärmimmissionen verbunden ist. Es ist daher auch von der Genehmigungspflicht der durchgeführten Änderung auszugehen und hat der Bw damit den objektiven Tatbestand der vorgeworfenen Verwaltungsübertretung erfüllt.
5.3. Der Bw hat die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu vertreten.
Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nicht anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).
Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismittel oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen.
Der Bw bringt vor, er sei betreffend der Projektsunterlagen von fremden Unternehmen abhängig, die ihrerseits überlastet seien und wäre es für ihn unzumutbar, müsste er den Produktionsablauf nur deswegen unterbrechen, weil die Projektsunterlagen nicht rechtzeitig eingegangen seien.
Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist es Sache des Gewerbetreibenden, sich mit den einschlägigen Vorschriften vertraut zu machen und im Zweifel bei der zuständigen Behörde nachzufragen, weshalb dem Bw auch die Kenntnis zuzumuten ist, dass die Einleitung des Genehmigungsverfahrens die Vorlage entsprechender vollständiger Projektsunterlagen bedarf und vor erteilter Genehmigung kein Betrieb erfolgen darf. Dies gilt ihm vorliegenden Fall umso mehr, als gegen den Bw bereits Vorstrafen wegen gleichartiger Verwaltungsübertretungen vorliegen und ihm demnach bekannt sein musste, dass der Betrieb erst nach Erteilung der Genehmigung aufgenommen werden kann.
Im Lichte der oben genannten Rechtsprechung ist das Vorbringen des Bw sohin nicht geeignet, diesen zu entlasten.
Zur Strafbemessung wird ausgeführt:
6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.
Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.
Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.
6.2. Die belangte Behörde hat im angefochtenen Straferkenntnis über den Bw eine Geldstrafe von 500 Euro bei einem Strafrahmen bis zu 3.600 Euro verhängt.
Die belangte Behörde ist bei der Strafbemessung von der im Zuge des Verwaltungsstrafverfahrens vorgenommenen Schätzung der persönlichen Verhältnisse, nämlich monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen. Diesen Umständen wurde in der Berufung nicht entgegengetreten.
Strafmildernd bzw. straferschwerend wurde kein Umstand gewertet.
Für den Oö. Verwaltungssenat ist nicht zu erkennen, dass die belangte Behörde von dem ihr zukommenden Ermessen in gesetzwidriger Weise Gebrauch gemacht hat, vor allem nicht, wenn man bedenkt, dass gegen den Bw wegen gleichartiger Verwaltungsübertretungen bereits Geldstrafen verhängt wurden und die Verhängung dieser Geldstrafen ihn nicht von weiteren Verwaltungsübertretungen abhalten konnte.
Es ist die verhängte Geldstrafe daher tat- und schuldangemessen und auch den persönlichen Verhältnissen des Bw angepasst.
Von einer Ermahnung im Sinne des § 21 VStG konnte nicht Gebrauch gemacht werden, da die hiefür kumulativ geforderten Voraussetzungen, nämlich geringes Verschulden sowie unbedeutende Folgen der Übertretung, nicht vorliegen. Angesichts der Tatsache, dass dem Bw die Genehmigungspflicht bekannt sein musste, kann durch das gegenständliche tatbildmäßige Verhalten des Bw keinesfalls von einem geringen Schuldgehalt ausgegangen werden.
7. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Michaela Bismaier