Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252533/4/SR/Sta

Linz, 16.08.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch seine 12. Kammer (Vorsitzender: Mag. Dr. Johannes Fischer, Berichter: Mag. Christian Stierschneider, Beisitzer: Mag. Dr. Bernhard Pree) über die Berufung des x, geboren am x, vertreten durch den Wirtschaftstreuhänder und Steuerberater x, x, gegen Spruchpunkt 2 des Straferkenntnisses des Bürgermeisters der Stadt Linz vom 1. Juni 2010, GZ.: 0016934/2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

 

 

I.            Der Berufung gegen Spruchpunkt 2 wird insoweit stattgegeben, als die verhängte Geldstrafe mit 1.400 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe mit 224 Stunden festgesetzt werden; im Übrigen wird diese mit der Maßgabe abgewiesen, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses die Wortfolge: "und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher" zu entfallen hat.

 

II.        Der Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde im Rahmen des Spruchpunkts 2 reduziert sich von 218 Euro auf 140 Euro; für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I:§§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II: §§ 64f VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 1. Juni 2010, GZ. 0016934/2010, wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"I.       Tatbeschreibung:

 

Sie haben als Gewerbeinhaber der Firma x, x, welche für die Erfüllung der sozialversicherungsrechtlichen Meldepflicht keinen Bevollmächtigten bestellt hat und somit als nach § 9 VStG verwaltungsstrafrechtlich Verantwortlicher, folgende Verwaltungsübertretung zu verantworten:

Die oa. Firma hat als Dienstgeber im Sinne des § 35 Abs. 1 ASVG zu den angeführten Arbeitsantritten die nachfolgend angeführten Personen als Dienstnehmer in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit in einem Dauerbeschäftigungsverhältnis gegen Entgelt – 9 Euro pro Stunde - , ausgehend vom Firmenstandort unter anderem auf der Baustelle x am 9.4.2010 um 11.20 Uhr, als Arbeiter beschäftigt. Die in Rede stehenden Beschäftigten waren der Firma organisatorisch sowie hinsichtlich des Arbeitsortes und der Arbeitszeit maßgeblich unterworfen. Auch bestand eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit.

 

Obwohl diese Dienstnehmer nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken- Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sind, wurde hierüber eine, zumindest mit den Mindestangaben ausgestattete, Meldung, bei der OÖ. Gebietskrankenkasse, 4020 Linz, Gruberstraße 77 als zuständiger Sozialversicherungsträger nicht vor Aufnahme der Tätigkeit erstattet.

 

Die gegenständliche Firma hat somit gegen die sozialversicherungsrechtliche Meldepflicht des § 33 Abs. 1 ASVG verstoßen.

 

Beschäftigt wurden:

  1. seit 07.04.2010 Herr x, geboren x, wohnhaft x,
  2. seit 09.04.2010
    1. Herr x, geboren x, wohnhaft x,
    2. Herr x, geboren x, wohnhaft x und
    3. Herr x, geboren x, wohnhaft x.

II.      Verletzte Verwaltungsvorschriften in der jeweils gültigen Fassung:

 

ad 1 und 2) jeweils § 33/1 und 1a iVm § 111 ASVG

 

Wegen der so angelasteten Verwaltungsübertretung (Spruchpunkt 2) verhängte die belangte Behörde über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von 2.180 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 336 Stunden. Als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens wurden 218 Euro (10% der Geldstrafe) vorgeschrieben.

 

In der Begründung führte die belangte Behörde zum Sachverhalt aus, dass die dem Bw angelastete Tat von einem Organ des Finanzamtes Freistadt Rohrbach Urfahr, KIAB, bei einer Kontrolle am 9. April 2010 um 11.20 Uhr festgestellt worden sei.

 

Im Zuge der niederschriftlichen Befragung am 9. April 2010 habe der Bw gegenüber den einschreitenden Organen ausgeführt, dass seine Firma x heiße, der Firmensitz an der Wohnadresse sei, die Firma seit 10 Jahren bestehe und er einen Arbeiter (x, österreichischer Staatsbürger) habe. Die beim Arbeiten angetroffenen polnischen Staatsangehörigen seien selbständig. Deren Gewerbescheine würden beim Steuerberater aufliegen. Den Auftrag zum Helfen bei der Fenstermontage habe er erteilt und dieser sei mündlich erfolgt. Die Aufgabe habe darin bestanden, Vorbereitungsarbeiten zur Fenstermontage durchzuführen. Er arbeite gemeinsam mit den polnischen Arbeitnehmern, sage ihnen aber, was zu machen sei. Die Entlohnung erfolge stundenweise. Nach ihren Aufzeichnungen würden sie Rechnungen erstellen und zum Monatsende entlohnt. Der Stundenlohn betrage 9 Euro. Die Rechnungen befänden sich beim Steuerberater. Herr x bekomme von ihm seit März 2010 Aufträge. Die weiteren drei Polen bekämen je nach Witterung und Auftragslage zu verschiedenen Zeiten Aufträge. x arbeite seit drei Tagen auf dieser Baustelle, die drei anderen Polen seit heute. Normalerweise würden die vier Polen mit dem eigenen Auto fahren. Heute seien sie gemeinsam mit dem Firmenauto der Firma x gefahren, da es schwierig sei, bei der Baustellen einen Parkplatz zu bekommen. Den Auftrag zur Montage der Fenster habe er von der Firma x erhalten. Anschließend habe er die Aufträge an seine Subunternehmer weitergegeben. Die Aufträge seien mündlich erfolgt; schriftliche Verträge gebe es nicht. Der Aufwand für schriftliche Verträge sei zu groß, da die Polen nur ein paar Stunden bzw. tageweise arbeiten würden. Da die Polen über einen Gewerbeschein verfügen, gehe er davon aus, dass diese selbständige Unternehmer sind. Laut seinem Steuerberater würden "diese" sonst nichts benötigen.

 

Der Anzeige habe die Amtspartei Fotos, Kopien der Personaldokumente und Niederschriften beigelegt. Aus den Niederschriften sei zu ersehen, dass die Firma x der einzige Auftraggeber der Polen gewesen sei und aus den Versicherungsdatenauszügen habe sich ergeben, dass die Polen nicht zur Sozialversicherung angemeldet worden sind.

 

Da der Bw trotz schriftlichem Ersuchen keine Stellungnahme abgegeben habe, sei das Verfahren ohne Anhörung durchgeführt worden. Aufgrund der Aktenlage sei für die belangte Behörde der im Spruch dargestellte Sachverhalt erwiesen. Die belangte Behörde gehe daher von einem arbeitnehmerähnlichen freien Dienstvertrag im Sinne des § 4 Abs. 4 ASVG aus.

 

Nach Ausführungen zur Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hielt die belangte Behörde zusammenfassend fest, dass die polnischen Arbeiter als Hilfskräfte ohne eigene Betriebsmittel gemeinsam mit dem Bw an einem einzigen Gewerk – Fenstermontage im Bauvorhaben x – eingesetzt gewesen seien, die Entlohnung nach erbrachten Arbeitsstunden erfolgt sei, die Polen lediglich für den Bw gearbeitet hätten und die Zuweisung der Arbeiten je nach Arbeitslage stattgefunden habe. Der angelastete Tatbestand sei daher in objektiver Hinsicht erfüllt.

 

Zum Verschulden führte die belangte Behörde aus, dass für die Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genüge und es sich im vorliegenden Fall um ein Ungehorsamkeitsdelikt gehandelt habe. Nachdem sich die mitbeteiligte Partei zum Tatvorwurf nicht geäußert habe, habe ihr Verschulden nicht entkräftet werden können, weshalb die gegenständliche Verwaltungsübertretung auch hinsichtlich ihrer subjektiven Tatbestandsmäßigkeit erwiesen sei.

 

Im Zuge der Strafbemessung sei unter Einbeziehung der Entscheidungen des UVS OÖ die Anzahl der ungemeldeten Beschäftigten und die Entlohnung außerhalb des Kollektivs als erschwerend gewertet worden. Milderungsgründe seien nicht hervorgekommen. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien mangels entsprechender Mitwirkung von Amts wegen zu schätzen gewesen.

 

2. Dem Bw wurde das Straferkenntnis am 15. Juli 2010 durch Hinterlegung zugestellt. Innerhalb offener Frist hat er dagegen durch seinen Vertreter eine Berufung eingebracht und die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses beantragt.

 

Begründend führte der Vertreter wie folgt aus:

"Ein Dienstverhältnis nach dem ASVG ist mit polnischen Staatsbürgern dann nicht zulässig, wenn diese keine Arbeitserlaubnis haben. Die im Verfahren genannten Personen verfügen allerdings über eine Gewerbeberechtigung und betätigen sich so wie etwa einige tausend slowakische Pflegerinnen in Österreich.

 

Polnische Mauerschlitzstemmer und slowakische Pflegerinnen sind für die Erbringung bestimmter Leistungen in Österreich gleichermaßen erforderlich. Die rechtlichen Rahmenbedingungen unterscheiden sich zugunsten des Herrn x dadurch, daß seine polnischen Subunternehmer soweit erforderlich über eigenes Werkzeug verfügen und ein unternehmerisches Risiko tragen.

 

Da der Gesetzgeber für beide Personengruppen während der EU-Übergangsfrist ein Dienstverhältnis nach dem ASVG nicht will und gestattet, kann ein solches im Sinne der Bescheidbegründung auch für diesen Fall nicht erzwungen werden."

 

3. Der Magistrat der Landeshauptstadt Linz, Bezirksverwaltungsamt, hat mit Vorlageschreiben vom 27. Juli 2010 die Berufung des Bw dem Oö. Verwaltungssenat unter Anschluss eines Ausdruckes ihres elektronisch geführten Aktes mit dem Ersuchen um Entscheidung übermittelt.

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt des Magistrates der Landeshauptstadt Linz zu GZ. 0016934/2010; da sich bereits aus diesem der entscheidungsrelevante Sachverhalt klären ließ, ausschließlich Rechtsfragen zu klären waren und der Bw ausdrücklich auf die Durchführung einer mündlichen Verhandlung verzichtet hat, konnte von der Durchführung einer solchen abgesehen werden.

 

Nach § 51c VStG hat der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde – durch die nach der Geschäftsverteilung zuständige Kammer zu entscheiden.

 

3.2. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von dem unter den Punkten 1. und 2. dieses Erkenntnisses dargestellten entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus.  

 

4. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 33 Abs.1 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes – ASVG, BGBl 189/1955 in der zum Tatzeitpunkt geltenden Fassung BGBl I Nr. 116/2009 haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Die An(Ab)meldung durch den Dienstgeber wirkt auch für den Bereich der Unfall- und Pensionsversicherung, soweit die beschäftigte Person in diesen Versicherungen pflichtversichert ist.

 

Nach Abs.1a leg.cit. kann der Dienstgeber die Anmeldungsverpflichtung so erfüllen, dass er in zwei Schritten meldet und zwar

1.     vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tag der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben Anmeldung) und

2.     die noch fehlenden Angaben innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung (vollständige Anmeldung).

Abs.1 gilt für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z3 lit.a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Gemäß Abs. 2 leg. cit. gilt Abs. 1 für die nur in der Unfall- und Pensionsversicherung sowie für die nur in der Unfallversicherung nach § 7 Z. 3 lit. a Pflichtversicherten mit der Maßgabe, dass die Meldungen beim Träger der Krankenversicherung, der beim Bestehen einer Krankenversicherung nach diesem Bundesgesetz für sie sachlich und örtlich zuständig wäre, zu erstatten sind.

 

Nach § 111 Abs.1 ASVG handelt ordnungswidrig, wer als Dienstgeber oder sonstige nach § 36 meldepflichtige Person (Stelle) oder als bevollmächtigte Person nach § 35 Abs.3 entgegen den Vorschriften dieses Bundesgesetzes

  1. Meldungen oder Anzeigen nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet oder
  2. Meldungsabschriften nicht oder nicht rechtzeitig weitergibt oder
  3. Auskünfte nicht oder falsch erteilt oder
  4. gehörig ausgewiesene Bedienstete er Versicherungsträger während der Betriebszeiten nicht in Geschäftsbücher, Belege und sonstige Aufzeichnungen, die für das Versicherungsverhältnis bedeutsam sind, einsehen lässt.

 

Gemäß Abs.2 leg.cit. ist die Ordnungswidrigkeit nach Abs.1 von der Bezirksverwaltungsbehörde als Verwaltungsübertretung zu bestrafen und zwar

  • mit Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 2.180 Euro bis zu 5.000 Euro,
  • bei Uneinbringlichkeit der Geldstrafe mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Wochen,

sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist. Unbeschadet der §§ 20 und 21 des Verwaltungsstrafgesetzes 1991 kann die Bezirksverwaltungsbehörde bei erstmaligem ordnungswidrigen Handeln nach Abs.1 die Geldstrafe bis auf 365 Euro herabsetzen, wenn das Verschulden geringfügig und die Folgen unbedeutend sind.

 

Nach § 111 Abs. 5 ASVG in der Fassung BGBl. I Nr. 150/2009 vom 30. Dezember 2009 gilt eine Verwaltungsübertretung als in dem Sprengel der Bezirksverwaltungsbehörde begangen, in dem der Sitz des Betriebes des Dienstgebers liegt.

 

4.2. Im vorliegenden Fall ist zunächst unbestritten, dass den Bw als Beschäftiger grundsätzlich die Anmeldepflicht zur Sozialversicherung von, von seinem Unternehmen beschäftigten, Personen trifft.

 

Für den vorliegenden Fall entscheidend ist, ob die im Spruch unter Punkt I Z. 2 lit. a, b und c angeführten polnischen Staatangehörigen bei der in Rede stehenden Firma tatsächlich beschäftigt waren. Dass sie beim zuständigen Sozialversicherungsträger nicht angemeldet wurden, bedarf keiner weiteren Feststellungen.

 

4.3.1. Im Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 26. November 1991, Zl. 91/08/0101, knüpft dieser die Anmeldepflicht nach § 33 ASVG an das Vorliegen der Beschäftigung nach § 4 Abs. 2 ASVG und die dort angeführten Kriterien. Eine Entscheidung nach § 33 iVm § 111 leg. cit. kann demnach nur unter genauer Erörterung dieser Kriterien erfolgen.

 

Dienstnehmer im Sinne des § 4 Abs. 2 ASVG ist, wer in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird; hiezu gehören auch Personen, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit überwiegen. Als Dienstnehmer gelten jedenfalls Personen, die mit Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungsscheckgesetz (DLSG), BGBl. I Nr. 45/2005 entlohnt werden. Als Dienstnehmer gilt jedenfalls auch, wer nach § 47 Abs. 1 in Verbindung mit Abs. 2 EStG 1988 lohnsteuerpflichtig ist, [].

 

4.3.2. Was die Merkmale persönlicher Abhängigkeit (also der weitgehenden Ausschaltung der Bestimmungsfreiheit einer Person durch ihre und während ihrer Beschäftigung) anlangt, so sind nach dem Erkenntnis des Verwaltungsgerichtshofes vom 17. September 1991, Zl. 90/08/0152, nur seine Bindung an Ordnungsvorschriften über den Arbeitsort, die Arbeitszeit, das arbeitsbezogene Verhalten sowie die sich darauf beziehenden Weisungs- und Kontrollbefugnisse und die damit eng verbundene (grundsätzlich) persönliche Arbeitspflicht unterscheidungskräftige Kriterien zur Abgrenzung von anderen Formen rechtlicher Gestaltung der Beschäftigung, während das Fehlen anderer (im Regelfall auch vorliegender) Umstände wie z. B. die längere Dauer des Beschäftigungsverhältnisses oder ein das Arbeitsverfahren betreffendes Weisungsrecht des Arbeitsempfängers dann, wenn die unterscheidungskräftigen Kriterien kumulativ vorliegen, persönliche Abhängigkeit nicht ausschließt. 

 

Erlaubt allerdings im Einzelfall die konkrete Gestaltung der organisatorischen Gebundenheit des Beschäftigten in Bezug auf Arbeitsort, Arbeitszeit und arbeitsbezogenes Verhalten keine abschließende Beurteilung des Überwiegens der Merkmale persönlicher Abhängigkeit, so können im Rahmen der vorzunehmenden Beurteilung des Gesamtbildes der Beschäftigung auch diese an sich nicht unterscheidungskräftigen Kriterien von maßgebender Bedeutung sein (vgl. u.a. VwGH vom 19. März 1984, Slg. Nr. 11361/A).

 

Das Angewiesensein dessen, der nicht über die Produktionsmittel verfügt, auf die Ware "Arbeitskraft" erstreckt sich sowohl auf die wirtschaftliche als auch auf die persönliche Sphäre des Arbeitenden (vgl.  VwGH vom 22. Jänner 1991, Zl. 89/08/0349).

 

Nach dem Erkenntnis des VwGH vom 27. November 1990, Zl. 89/08/0178, genügt es für die Annahme persönlicher Abhängigkeit – in Übereinstimmung mit dem zu beurteilenden Gesamtbild der Beschäftigung -, wenn die konkrete – wenn auch nur in Form einer Teilzeitbeschäftigung – übernommene Verpflichtung zu einer ihrer Art nach bestimmten Arbeitsleistung den Arbeitenden während dieser Zeit so in Anspruch nimmt, so dass er über diese Zeit auf längere Sicht nicht frei verfügen kann und ihre Nichteinhaltung daher einen Vertragsbruch mit entsprechenden rechtlichen Konsequenzen darstellen würde.

 

Die Erteilung von Weisungen betreffend die eigentliche Arbeitsleistung kommt im Wesentlichen in zwei (von einander nicht immer scharf zu trennenden) Varianten in Betracht: in Bezug auf das Arbeitsverfahren einerseits, das arbeitsbezogene Verhalten andererseits.

 

Weisungen in Bezug auf das Arbeitsverfahren können in der Realität des Arbeitslebens nicht immer erwartet werden, weil sich schon bei einer geringen Qualifikation des Arbeitenden ein gewisser fachlich eigener Entscheidungsbereich findet, der sich mit steigender Qualifikation und Erfahrung erweitert. Deshalb ist das Fehlen von das Arbeitsverfahren betreffenden Weisungen in der Regel von geringer Aussagekraft (vgl. VwGH vom 27. Jänner 1983, Zl. 81/08/0032).

 

Die Erteilung von Weisungen betreffend das arbeitsbezogene Verhalten unterbleibt in der Regel dann, wenn und sobald der Arbeitnehmer von sich aus weiß, wie er sich im Betrieb des Dienstgebers zu bewegen und zu verhalten hat (vgl. VwGH vom 25. Februar 1988, Zl. 86/08/0242). In solchen Fällen lässt sich die Weisungsgebundenheit in Bezug auf das arbeitsbezogene Verhalten jedoch in Form "stiller Autorität des Arbeitgebers" feststellen (vgl. VwGH vom 25. Mai 1987, Zl. 83/08/0128).

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs u. a. vom 11. Dezember 1990, Zl. 88/08/0269, ist wirtschaftliche Abhängigkeit bei entgeltlichen Arbeitsverhältnissen die zwangsläufige Folge persönlicher Abhängigkeit und findet ihren sinnfälligen Ausdruck im Fehlen der im eigenen Namen auszuübenden Verfügungsmacht über die nach dem Einzelfall für den Betrieb wesentlichen organisatorischen Einrichtungen und Betriebsmittel.

 

Die Entgeltlichkeit ist kein bloßes Merkmal des Beschäftigungsverhältnisses, sondern eine weitere Voraussetzung der Vollversicherungspflicht nach § 4 Abs. 1 Z 1 und Abs 2 ASVG (vgl. u.a. VwGH vom 7. September 2005, Zl. 2002/08/0003). Unter dem Beschäftigungsverhältnis nach § 4 Abs. 2 ASVG ist unter dem Gesichtspunkt der Entgeltlichkeit grundsätzlich das entgeltliche (und nicht unentgeltliche) Beschäftigungsverhältnis gemeint, an das Voll- und Teilversicherungspflicht in differenzierender Weise anknüpft (vgl. VwGH vom 29. November 1984, Zl. 83/08/0083).

 

4.4. Entgegen der Ansicht des Bw stellt "ein Dienstverhältnis nach dem ASVG mit polnischen Staatsbürgern" nicht auf eine Arbeitserlaubnis ab. Ebensowenig soll mit der Begründung des angefochtenen Bescheides ein Dienstverhältnis für polnische Mauerschlitzstemmer "erzwungen" werden obwohl "der Gesetzgeber während der EU-Übergangsfrist ein Dienstverhältnis nach dem ASVG nicht will und gestattet".

 

Anschaulich und nachvollziehbar hat die belangte Behörde dargelegt, warum die vom Bw Beschäftigten zumindest eine dienstnehmerähnliche Stellung innegehabt haben.

 

Auch wenn der Bw bei der niederschriftlichen Befragung am 9. April 2010, die unmittelbar nach der Kontrolle vorgenommen worden ist, mehrmals darauf hingewiesen hat, dass die vier polnischen Arbeiter "selbständig" und als Subunternehmer tätig sind, haben seine umfassenden Schilderungen deutlich aufgezeigt, dass diese in wirtschaftlicher und persönlicher Hinsicht von ihm abhängig waren und als seine Beschäftigten anzusehen sind (siehe Niederschrift vom 9. April 2010, Seite 3: "... den Auftrag zum Helfen habe ich erteilt"; "... ich und die vier polnischen Staatsbürger arbeiten gemeinsam"; "... ich sage ihnen was zu machen ist"; "... die Entlohnung erfolgt stundenweise"; "... abgerechnet wird zum Monatsende"; "... die Fahrt am Kontrolltag fand mit dem Firmenfahrzeug statt"; "... keine schriftlicher Vertrag – nur mündliche Vereinbarung", "... da für stunden- bzw. tageweise Arbeit zuviel Aufwand").

 

Bestätigung findet diese Beurteilung in den Angaben der vier polnischen Beschäftigten, die ebenfalls am Kontrolltag in Form der Beantwortung eines Fragenkatalogs (55 Fragen in polnischer Sprache) zur Sachverhaltsermittlung beigetragen haben. Im Wesentlichen übereinstimmend geht beispielsweise daraus hervor, dass das Arbeitsmaterial und das Werkzeug vom Bw zur Verfügung gestellt wird, keine Pläne über die Ausführung der Arbeit ausgefolgt wurden, der Bw das Haftungs- und Gewährleistungsrisiko trägt und die Beschäftigten seinen Weisungen (bzw. denen seines Vertreters) unterliegen.

 

Dass die polnischen Beschäftigten, wie in der Berufung behauptet, über eigenes Werkzeug verfügt und das unternehmerische Risiko zu tragen hatten, ist allenfalls als Schutzbehauptung zu betrachten, da sich aus der vom Bw eigenhändig unterfertigten Niederschrift und den von Beschäftigten ebenfalls eigenhändig ausgefüllten und unterfertigten Fragenkatalogen Gegenteiliges ergibt. Die abschließende Klärung dieser Frage kann jedoch unterbleiben, da sie nur eine von vielen zu beurteilenden Elementen bildet.

 

Im vorliegenden Fall lässt sich schon aus der mit dem Bw aufgenommenen Niederschrift und den von den polnischen Beschäftigten ausgefüllten Formblättern eindeutig ableiten, dass diese vom Bw in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wurden, die Arbeitszeit und der Arbeitsort vorgegeben waren und gegenüber dem Bw eine persönliche Arbeitsverpflichtung und Weisungsgebundenheit bestanden hat.

 

Unabhängig davon, dass die Beschäftigten über einen Gewerbeschein verfügen und bei der Sozialversicherungsanstalt der gewerblichen Wirtschaft versichert sind, wäre der Bw als Dienstgeber gehalten gewesen, die Dienstnehmer, die nach der Aktenlage nicht von der Vollversicherung im Sinne des § 5 ASVG ausgenommen und daher in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung vollversicherungspflichtig sind, beim zuständigen Sozialversicherungsträger (OÖ. Gebietskrankenkasse) zumindest mit den Mindestangaben vor Aufnahme der Tätigkeit zu melden. Unbestritten hat der Bw eine solche Meldung nicht vorgenommen. Der Bw hat daher tatbestandsmäßig gehandelt. Rechtfertigungsgründe sind nicht hervorgekommen.

 

4.5. Das ASVG sieht keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens vor, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Es ist nun zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. 

 

Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes kann die Unkenntnis eines Gesetzes nur dann als unverschuldet angesehen werden, wenn jemandem die Verwaltungsvorschrift trotz Anwendung der nach seinen Verhältnissen erforderlichen Sorgfalt unbekannt geblieben ist. Von einem Gewerbetreibenden ist zu verlangen, dass er über die Rechtsvorschriften, die er bei der Ausübung seines Gewerbes zu beachten hat, ausreichend orientiert ist; er ist verpflichtet, sich über diese Vorschriften zu unterrichten (vgl. ua. VwGH vom 25. Jänner 2005, 2004/02/0293).

 

Bereits der Rechtfertigung des Bw gegenüber den einschreitenden Organen ist zu entnehmen, dass sich der Bw mit den einschlägigen Rechtsvorschriften augenscheinlich unzureichend auseinandergesetzt und er sich ausschließlich auf die Information seines Steuerberaters verlassen hat. Diese hat sich offenkundig jedoch nur auf die Ausländerbeschäftigung und nicht auf die erforderliche Meldung an den Sozialversicherungsträger nach dem ASVG bezogen (Aussage des Bw in der Niederschrift vom 9. April 2010: "Laut Steuerberater benötigen diese sonst nichts"). Bei Beachtung der gebotenen Sorgfalt und der Einsichtnahme in die anzuwendenden gesetzlichen Bestimmungen wäre dem Bw bewusst geworden, dass die Beschäftigung "selbständiger Unternehmer" auf die vorliegende Art und Weise (in persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit, organisatorisch eingegliedert, stundenweise Bezahlung, Weisungsgebundenheit) die Meldung an den zuständigen Sozialversicherungsträger vor Aufnahme der Tätigkeit voraussetzt.

 

Mit seinem weiteren allgemein gehaltenen Vorbringen und den Vergleichen mit slowakischen Pflegerinnen konnte der Bw nicht glaubhaft machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Es ist daher auch vom Vorliegen der subjektiven Tatseite - in Form von Fahrlässigkeit - auszugehen.

 

4.6. Gemäß § 19 Abs. 1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs. 2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Hinsichtlich der verhängten Strafe ist der Bw zunächst darauf hinzuweisen, dass deren höhenmäßige Festsetzung eine Ermessensentscheidung der Strafbehörde darstellt, die dies unter Bedachtnahme auf die objektiven und subjektiven Strafbemessungskriterien des § 19 VStG vorzunehmen hat.

 

§ 111 Abs. 2 ASVG sieht auch bei erstmaligen Übertretungen einen – doch bereits recht empfindlichen – Strafrahmen von 730 € bis zu 2.180 €, im Wiederholungsfall gar einen Strafrahmen von 2.180 € bis zu 5.000 € vor.

 

Die belangte Behörde hat zu Recht die Anzahl der nicht gemeldeten Personen im Rahmen der Strafbemessung als Erschwerungsgrund gewertet. Da sich aber dem Vorlageakt kein Hinweis auf eine rechtskräftige Verwaltungsstrafe entnehmen lässt, wäre dieser Umstand strafmildernd zu werten gewesen.

 

Im Hinblick auf den Strafrahmen und den vorliegenden Milderungsgrund wirken sich die Erschwerungsgründe nicht dergestalt aus, dass die Verhängung der Höchststrafe zulässig wäre. Aus diesem Grund waren sowohl die Geld- als auch die Ersatzfreiheitsstrafe spruchgemäß herabzusetzen.

 

Da die Tat auch nicht hinter dem delikttypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurückbleibt, ist die Anwendung des § 21 Abs. 1 VStG nicht gerechtfertigt.

 

5. Gemäß § 64 VStG war der Kostenbeitrag zum Verfahren I. Instanz entsprechend der nunmehr verhängten Geldstrafe mit 10% der verhängten Strafe neu festzusetzen. Da die Berufung teilweise Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag zum Berufungsverfahren gemäß § 65 VStG nicht zu leisten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigen Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

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