Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-165262/4/Br/Th

Linz, 17.08.2010

                                                                                                                         

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen die Straferkenntnisse der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 29. Juni 2010, Zl. BauR96-143-2008/Va, wegen Übertretungen des KFG, zu Recht:

 

 

I.            Die Berufung wird im Schuldspruch als unbegründet abgewiesen; im Strafausspruch wird der Berufung jedoch mit der Maßgabe Folge gegeben, dass die Geldstrafe auf 80 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden ermäßigt wird.

 

II.   Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten ermäßigen sich im erstzitierten Verfahren auf 8 Euro. Für das Berufungsverfahren entfällt der Verfahrenskostenbeitrag.

 

 

Rechtsgrundlagen:

I.:    § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Z1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.

II.:   § 66 Abs.1 VStG

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land verhängte mit den o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 103 Abs.2 KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von € 300,-- und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstraf von 120 Stunden, weil er als Zulassungsbesitzer des Kraftfahrzeuges, pol. Kennzeichen: X, trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 01.04.2008, Zl.: BauR96-143-2008, zugestellt am 11.04.2008, nicht binnen zwei Wochen, das war bis 25.04.2008, der Behörde [Bezirkshauptmannschaft Linz-Land] Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 14.01.2008, um 08:16 Uhr im Gemeindegebiet von Ansfelden, A7 bei km 000.853, Fahrtrichtung Knoten Linz gelenkt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 01.04.2008, zugestellt am 11.04.2008 wurden Sie gemäß § 103 Abs 2 KFG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schrei­bens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mitzuteilen, wer das Fahrzeug, X, am 14.01.2008, 08:16 Uhr, Ort: Gemeinde Ansfelden, Mautabschnitt: A7, km 000.853, Richtungsfahr­bahn: Knoten Linz, gelenkt/verwendet bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen kann. Diese trifft dann die Auskunfts­pflicht. Weiters wurde Ihnen mitgeteilt, dass dem Lenker folgende Verwaltungsübertretung zur Last gelegt wird:

Sie haben ein Kraftfahrzeug auf dem mautpflichtigen Straßennetz gelenkt, ohne die zeitabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung von Mautstrecken mit einspuri­gen Kraftfahrzeugen und mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamt­gewicht nicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der zeitabhängigen Maut unterliegt, welche vor der Benützung von Mautstrecken durch Anbringen einer Mautvignette am Fahrzeug zu entrichten ist. Es war am Fahrzeug keine gültige Mautvignette angebracht.

 

Mit Fax vom 03.06.2008 gaben Sie Folgendes bekannt:

"Wir hatten im Dezember einen Steinschlag auf unserer Windschutzscheibe und haben diese im Jänner beim Autohaus X in X tauschen lassen. Da wir unseren Vignetten­abschnitt nicht gleich gefunden haben, haben wir uns eine neue Vignette besorgen müssen. Wir haben aber bereits Anfang Jänner eine Vignette gekauft, was die Firma X auch bezeu­gen kann, da die Vignette auf der alten Scheibe oben war. Wir bitten um Nachsicht, dass wir an diesem Tag ohne Vignette erwischt wurden, obwohl wir dieses Jahr bereits 2 Vignetten gekauft haben. Ich würde niemals ohne gültige Vignette auf der Autobahn fahren."

Diesem Schreiben war ein Formular angehängt, aus dem hervorgeht, dass Sie selbst das Fahr­zeug zum Tatzeitpunkt gelenkt haben.

 

Mit Strafverfügung vom 12. Juni 2008, zugestellt am 16.06.2008, wurden über Sie wegen Verlet­zung der Auskunftspflicht gemäß § 103 Abs 2 KFG eine Geldstrafe iHv EUR 300,00 (Ersatzfrei­heitsstrafe 120 Stunden) verhängt.

 

Mit Fax vom 24.06.2008 baten Sie um Nachsicht, da Sie die Bestätigung für den Besitz einer gülti­gen Vignette hätten. Diesem Schreiben legten Sie Ihr Schreiben vom 01.06.2008 und die Rech­nung der Firma X bei.

Mit ha Schreiben vom 04.09.2008 wurden Sie aufgefordert, Ihre Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse darzulegen, andernfalls diese von ha. Behörde wie folgt geschätzt werden:

Einkommen:   Euro 1.500,00

Vermögen:       keines

Sorgepflichten: keine

Dieses Schreiben haben Sie nicht behoben.

§ 103 Abs 2 und § 134 Abs 1 KFG 1967 (BGBl Nr 267/1967 idF BGBl I Nr. 6/2008) lauten (aus­zugsweise):

§103 Abs.2: "Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem be­stimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffen­den Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunfts­pflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unver­züglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche. Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen, (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück."

 

§ 134 Abs 1: "Wer diesem Bundesgesetz, den auf Grund dieses Bundesgesetzes erlassenen Ver­ordnungen, Bescheiden öder sonstigen Anordnungen, den Artikeln 5 bis 9 der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 sowie der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 zuwiderhandelt, begeht eine Verwaltungs­übertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 5.000 Euro, im Falle ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu sechs Wochen zu bestrafen."

 

Die Behörde hat wie folgt erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG kann die, Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskunft, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer - im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung - zu erteilen, kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diesen Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück.

 

Der Zweck des § 103 Abs.2 KFG 1967 liegt nicht nur darin, einen etwaigen einer Verwaltungs­übertretung schuldigen Lenker festzustellen. Es sollen darüber hinaus auch im Zusammenhang mit der Ausforschung von Zeugen und Straftätern geordnete und zielführende Amtshandlungen er­möglicht werden. Das beträchtliche öffentliche Interesse hat er Bundesgesetzgeber auch dadurch zum Ausdruck gebracht, dass er einen Teil dieser Bestimmung in Verfassungsrang erhoben hat.

Mit Schreiben der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 01.04.2008, zugestellt am 11.04.2008, wurden Sie gemäß § 103 Abs.2 KFG aufgefordert, binnen zwei Wochen ab Zustellung des Schrei­bens der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land mitzuteilen, wer das Fahrzeug, X, am 14.01.2008, 08:16 Uhr, Ort: Gemeinde Ansfelden, Mautabschnitt: A7, km 000.853, Richtungsfahr­bahn: Knoten Linz, gelenkt/verwendet bzw. zuletzt vor diesem Zeitpunkt am Tatort abgestellt hat oder die Person zu benennen, welche die Auskunft erteilen Kann. Auf dieses Schreiben haben Sie binnen der zweiwöchigen Frist, die am 25.04.2008 abgelaufen ist, nicht reagiert. Erst mit Schrei­ben vom 03.06.2008 gaben Sie bekannt, dass Sie selbst zum Tatzeitpunkt das genannte Fahrzeug. gelenkt haben. Da Sie der Behörde gegenüber nicht binnen der zweiwöchigen Frist die geforderte Auskunft erteilt haben, haben Sie den objektiven Tatbestand zweifelsfrei verwirklicht.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Gebot dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsüber­tretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Bei bloßen Ungehorsamsdelikten wird das Verschulden daher widerleglich vermutet. Die Glaubhaftmachung hat in erster Linie durch ein geeignetes Tatsachenvorbringen und durch das Beibringen von Be­weismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder all­gemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht. § 103 Abs.2 KFG 1967 enthält kein Erfordernis einer bestimmten Verschuldensform. Daher reicht fahrlässiges Han­deln aus.

 

Da es sich bei der gegenständlichen Verwaltungsübertretung um ein bloßes Ungehorsamsdelikt handelt (vgl. VwGH vom 28.03.2006, 2002/03/0264), hätten Sie glaubhaft machen müssen, dass Sie an der Verletzung der Verpflichtung zur Lenkerauskunft kein Verschulden trifft, weil Ihnen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschrift unmöglich war. Sie hätten initiativ alles darzutun gehabt, was für Ihre Entlastung spricht. Insbesondere hätten Sie glaubhaft machen müssen, dass Sie alle Maßnahmen getroffen haben, um unter den gegebenen Umständen die Einhaltung der gesetzli­chen Vorschrift zu gewährleisten. Weil fahrlässiges Verhalten für eine Verwirklichung des gegen­ständlichen Verwaltungsstraftatbestandes ausreicht, sind Sie selbst dann strafbar, wenn der Ver­stoß ohne Ihr Wissen und ohne Ihren Willen begangen wurde.

Ein sorgfältiger und pflichtbewusster Zulassungsbesitzer hätte die Auskunft gegenüber der Behör­de fristgerecht erteilt, wozu er verpflichtet ist.

 

Auf ein Verschulden bezüglich der Verletzung Ihrer Auskunftsverpflichtung nach § 103 Abs 2 KFG. wurde Ihrerseits während des gesamten Ermittlungsverfahrens nicht eingegangen. Sie haben da­her nicht glaubhaft gemacht, dass Sie an der Verletzung der Verpflichtung zur Lenkerauskunft kein Verschulden trifft. Deshalb wird - zu Ihren Gunsten - von Verschulden in Form von Fahrlässigkeit ausgegangen. Somit ist Ihnen die vorgeworfene strafbare Handlung jedenfalls auch subjektiv vor­werfbar.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Straf­drohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. § 19 Abs.2 VStG sieht vor, dass im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen sind. Auf das Ausmaß des Ver­schuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwal­tungsstrafrechtes sind die §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

 

Zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen konnten Sie nicht verhalten wer­den, weshalb die Behörde - wie bereits angekündigt - von einem monatlichen Nettoeinkommen iHv € 1.500,00, keinem Vermögen und keinen Unterhaltspflichten ausgeht.

 

Strafmildernd war zu werten, dass Sie bisher unbescholten sind. Erschwerungsgründe sind keine ersichtlich.

 

Unter Bedachtnahme auf die Strafbemessungsgründe, den Unrechtsgehalt der Tat, das Ausmaß des Verschuldens, sowie den gesetzlich vorgesehenen Strafrahmen, ist die verhängte Geldstrafe als angemessen und aus spezialpräventiven Gründen als erforderlich anzusehen, um Sie in Hin­kunft von der Begehung weiterer strafbarer Handlungen abzuhalten.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.“

 

 

2. Dem tritt der Berufungswerber mit der fristgerecht erhobenen Berufung entgegen und vermeint sinngemäß er habe per FAX die Umstände des der Anfrage zu Grunde liegenden Deliktes (fehlende Mautvignette) gegenüber der anfragenden Behörde geklärt. Die Sache sei ihm als erledigt signalisiert worden.

Dabei sei gegenüber der damaligen Kollegin klargestellt worden, dass er ein paar Tage auf die Bestätigung des Autohauses warten habe müssen, worauf diese gesagt habe das dies kein Problem sei.

Nachdem er der Behörde die Bestätigung des Autohauses X gefaxt habe, habe er mit der damals zuständigen Kollegin [gemeint Sachbearbeiterin der Behörde] abermals gesprochen. Diese habe ihm dann gesagt hat, dass die Sache erledigt wäre.

Diese Auskunft habe er von der Behörde am 03.06.2008 bekommen. Daher sei der Fall für ihn erledigt gewesen.

Es könne daher nicht sein, dass er fast zwei Jahre später eine Strafe in der Höhe von Euro 330,00 bezahlen müsse.

Er wolle eine Erklärung warum erst gesagt worden sei die Sache wäre erledigt und er nun dafür bezahlen sollte.

 

 

 

3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; damit wurde die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates begründet. Dieser hat, da jeweils keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte angesichts der Beantwortung des h. Parteiengehörs unterbleiben (§ 51e Abs.1 Z1 VStG).

 

 

4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in die von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verfahrensakte in Verbindung mit ergänzenden Feststellungen anlässlich des Parteiengehörs.

 

 

5. Aktenlage:

 

Eingangs ist festzustellen, dass der Berufungswerber am 1.4.2008 zur Bekanntgabe des Fahrzeuglenkers iSd § 103 Abs.2 KFG aufgefordert wurde. Dieses Schreiben wurde ihm gemäß Rückschein am 11.4.2008 bei eigenhändiger Übernahme zugestellt.

Diesem Schreiben lag die Anfrage zu Grunde wer am 14.1.2008 um 08:16 Uhr den Pkw X auf der A7 in Richtung Linz gelenkt hat.

Auf die Strafbarkeit einer Nicht- oder Falschauskunft war hingewiesen worden.

Dieser Aufforderung wurde jedoch erst am 2.6.2008 mit der Namhaftmachung seiner Person als Lenker nachgekommen.

Ebenso festzustellen gilt es, dass die der Anfrage zu Grunde liegende Verdachtslage gegen den Berufungswerber ausgeräumt werden konnte. Sich sohin die Nichtbeantwortung der Anfrage auf sich selbst reduziert, d.h. damit niemand der rechtmäßigen Strafverfolgung entzogen wurde.

Damit setzt sich die Behörde erster Instanz im wohl breit ausgeführten, jedoch sich nur abstrakte Aspekte beschränkenden Straferkenntnis nicht auseinander, nachdem aus sachlich nicht nachvollziehbaren Gründen der Akt fast zwei Jahre unbewegt gebliebenen ist.

 

 

6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Die Behörde kann Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten  Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraftfahrzeug gelenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger verwendet hat bzw. zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der betreffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer – im Falle von Probe- oder von Überstellungsfahrten der Besitzer der Bewilligung – zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Auskunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Auskunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten erscheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Falle einer schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht gegeben werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Verfassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunftsverweigerung zurück (§ 103 Abs.2 KFG).

 

 

6.1. Der Berufungswerber übersieht in seinem Berufungsvorbringen wohl, dass nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes der Bestimmung des § 103 Abs.2 KFG 1967 die Absicht des Gesetzgebers zu Grunde liegt sicherzustellen, dass der verantwortliche Lenker eines Fahrzeuges bzw. die Person, die ein Fahrzeug zuletzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort gelenkt oder abgestellt hat, jederzeit ohne langwierige und umfangreiche Erhebungen von der Behörde festgestellt werden kann (vgl. etwa das Erkenntnis vom 5. Juli 1996, Zl. 96/02/0075 mwN).

Das Aufforderungsschreiben ließ betreffend das Auskunftsbegehren die hierfür eröffnete Frist von zwei Wochen durch eintsprechende texliche Hervorhebung in zweifelsfreier Deutlichkeit erkennen (VwGH 16.12.1998, Zl. 98/03/0249, mit weiterem Judikaturhinweis).

Andererseits wertete hier die Behörde erster Instanz den offenkundig nachfolgenden Wegfall des Anfragegrundes nicht, sodaß im Ergebnis der weitgehend  wegfallende Tatunwert die verspätet erteilte Auskunft auf einen reinen Formalverstoß reduzierte.

Das monatliche Einkommen des Berufungswerbers war nunmehr  schätzungsweise mit nur € 1.200,-- anzunehmen.

 

 

6.2. Zur Strafzumessung:

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, in wie weit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung 5.000 Euro.

Mit der hier verspätet erteilten Auskunftsverweigerung wurde im Gegensatz zum Regelfall die Ahndung einer Verwaltungsübertretung offenkundig nicht vereitelt. Daher treffen insbesondere die von der Behörde erster Instanz ins Treffen geführten Überlegungen der Prävention nicht zu. In der Substanz wurde auch keinen öffentlichen Interessen zuwider gehandelt.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

Zutreffend wertete die Behörde erster Instanz die Unbescholtenheit des Berufungswerbers als strafmildernd.

 

Im Ermittlungsverfahren sind jedoch zusätzlich folgende mildernde Umstände zur Strafbemessung zutage getreten: Neben der Unbescholtenheit und der Tatsache, dass der Berufungswerber offenbar mit gutem Grund die Sache als erledigt glaubte und er letztlich die ohne nachteiligen Folgen bleibende Auskunft nicht fristgerecht erteilte.

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates wird zusätzlich auch die überlange Dauer des Verwaltungsverfahrens als mildernd gewertet. Offenbar gelangte der Akt bei der Behörde erster Instanz vom 4.9.2008 [Parteiengehör über die Schätzung der wirtschaftlichen Verhältnisse] bis 29.6.2010 [Einholung einer Meldeauskunft] außer Evidenz.

Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR).

Die Strafe war demnach schuldangemessen zu reduzieren.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder Rechtsanwältin  unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum