Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-130673/6/BP/Ga

Linz, 17.08.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung des X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. April 2010, GZ.: 933/10-550409, wegen einer Übertretung des Parkgebührengesetzes, zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des          Verwaltungsstrafverfahrens I. Instanz noch einen Beitrag zu den       Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 65 VStG.

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 27. April 2010, GZ.: 933/10-550409, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden kurz: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 40 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 61 Stunden) verhängt, weil er am 3. September 2008 von 8:27 Uhr bis 9:35 Uhr in X gegenüber Haus Nr. X, das mehrspurige Kraftfahrzeug X, mit dem polizeilichen Kennzeichen X, in einer gebührenpflichtigen Kurzparkzone ohne gültigen Parkschein abgestellt habe. Er sei der Verpflichtung zur Entrichtung der Parkgebühr nicht nachgekommen.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden §§ 2 Abs. 1 und 6 Abs. 1 lit. a des Oö. Parkgebührengesetz 1988 i.V.m. §§ 1, 2, 3, 5 und 6 Parkgebührenverordnung der Landeshauptstadt Linz genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges und nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen geht die belangte Behörde vom Vorliegen sowohl der objektiven als auch der subjektiven Tatseite aus. Insbesondere beschäftigt sich die belangte Behörde eingehend mit der rechtlichen Frage inwieweit und unter welchen Bedingungen Ausnahmen von der Pflicht zur Entrichtung der Parkgebühr für Ärzte im Rahmen deren Dienstleistung bestehen, wie auch mit der Frage des Datenschutzes im Zusammenhang mit – im Verfahren allenfalls relevanten – Patientendaten.

 

1.2. Gegen den oa. Bescheid erhob der Bw per Telefax vom 12. Mai 2010 rechtzeitig das Rechtsmittel der Berufung.

 

Darin bestreitet er keineswegs die Tat an sich, ersucht jedoch um die Einräumung einer vierwöchigen Frist, während der er die Patientendaten vorlegen werde, dies offensichtlich, um damit jeweils eine ärztliche Hilfeleistung (Visite) nachzuweisen.

 

 

2.1. Mit Schreiben vom 20. Mai 2010 übermittelte die belangte Behörde den Bezug habenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat.

 

2.2. Mit Schreiben des Oö. Verwaltungssenates vom 6. Juli 2010 wurde der Bw aufgefordert bis spätestens 30. Juli 2010 zu insgesamt vier ähnlich gelagerten Fällen Unterlagen beizubringen, die geeignet sind, die behauptete Leistung ärztlicher Dienste in den jeweiligen Zeiträumen nachzuweisen.

 

Der Bw entsprach dieser Aufforderung, indem er einen Nachweis für den geleisteten ärztlichen Dienst am Tattag vorlegte. Aus diesem sind allerdings keine uhrzeitlich näheren Angaben ersichtlich.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Nachdem der entscheidungswesentliche Sachverhalt erwiesen und unbestritten, nur die Klärung einer Rechtsfrage vorzunehmen ist, und im angefochtenen Bescheid keine 500 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und auch kein diesbezüglicher Parteienantrag besteht, konnte die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 3 entfallen.

 

2.4. Bei seiner Entscheidung geht der Oö. Verwaltungssenat von folgendem entscheidungsrelevanten Sachverhalt aus:

 

Der Bw hat zur angegebenen Zeit seinen PKW X mit dem polizeilichen Kennzeichen X auf einem gebührenpflichtigen Parkplatz gegenüber dem Haus X in X abgestellt, ohne dass er dafür eine Parkgebühr entrichtete. Der in Rede stehende Parkplatz liegt – wie vom erkennenden Mitglied des Oö. Verwaltungssenates persönlich vor Ort festgestellt – ca. 50 Sekunden (Gehzeit) vom Hauseingang X, wo sich die Ordination des Bw befindet, entfernt. Sowohl von den Parkplätzen vor diesem Gebäude als auch von denen gegenüber hat man zunächst, der X in Richtung der quer dazu verlaufenden X folgend, eine Seitenstraße zu überqueren (ca. 25 Sekunden), bis man nach weiteren 25 Sekunden nach Passierung des Häuserblocks X und nach Überquerung der X direkt deren Haus Nr. X erreicht.

 

Im Auto war ein Schild "Arzt im Dienst" angebracht.

 

Die ärztliche Praxis des Bw befindet sich, wie auch sein Hauptwohnsitz, an der Adresse X.

 

Der Bw brachte eine Bestätigung über einen geleisteten ärztlichen Dienst an einer im Haus X wohnhaften Person am Tattag bei.

 

2.5. Aus dieser Bestätigung ist eine uhrzeitliche Zuordnung des ärztlichen Dienstes nicht möglich. Allerdings erachtet das erkennende Mitglied (in dubio pro reo) den vorgelegten Beweis als ausreichend, um in diesem Fall von der zeitlichen Übereinstimmung des nicht vergebührten Parkens und des geleisteten ärztlichen Dienstes auszugehen.

 

2.6. Da im angefochtenen Straferkenntnis keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 6 Abs. 1 lit. a Oö. Parkgebührengesetz, LGBl. Nr. 28/1988, in der zur Tatzeit geltenden Fassung LGBl. Nr. 126/2005, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist von der Bezirksverwaltungsbehörde mit einer Geldstrafe bis zu 220 Euro zu bestrafen, wer durch Handlungen oder Unterlassungen die Parkgebühr hinterzieht oder verkürzt bzw. zu hinterziehen oder zu verkürzen versucht.

 

Gemäß § 1 Abs. 1 Oö. Parkgebührengesetz werden die Gemeinden nach Maßgabe dieses Gesetzes ermächtigt durch Beschluss des Gemeinderates eine Abgabe (Parkgebühr) für das Abstellen von mehrspurigen Kraftfahrzeugen in Kurzparkzonen für die nach den straßenpolizeilichen Vorschriften zulässige Parkdauer auszuschreiben.

 

Gemäß § 3 Abs. 1 der Verordnung vom Bürgermeister der Stadt Linz gemäß § 1 Oö. Parkgebührengesetz, kundgemacht im Amtsblatt Nr. 14 vom 30.7.2001 (Gebührenpflicht) - Linzer Parkgebührenverordnung, gleichlautend wie § 2 Abs. 1 Oö. Parkgebührengesetz, ist zur Entrichtung der Parkgebühr der Lenker verpflichtet.

 

Gemäß § 5 Abs. 1 Linzer Parkgebührenverordnung ist die Parkgebühr bei Beginn des Abstellens fällig.

 

Gemäß § 6 Linzer Parkgebührenverordnung begeht eine Verwaltungsübertretung gemäß Oö. Parkgebührengesetz, wer den Bestimmungen dieser Verordnung zuwiderhandelt.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist völlig unbestritten, dass der Bw zur vorgeworfenen Zeit für das Abstellen seines PKW keinen Parkschein löste. Allerdings wendet er ein, dass dies aufgrund der Tatsache, dass er im Auto ein Schild mit der Aufschrift "Arzt im Dienst" angebracht gehabt habe rechtlich nicht geboten gewesen sei.

 

3.3.1. Gemäß § 5 Abs. 1 Z. 3 Oö. Parkgebührengesetz darf für das Abstellen mehrspuriger Kraftfahrzeuge, die von Ärzten bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe gelenkt werden, sofern sie beim Abstellen mit einer Tafel gemäß § 24 Abs. 5 StVO 1960 gekennzeichnet sind, keine Parkgebühr ausgeschrieben und festgesetzt werden (gleichlautend auch § 4c der Linzer Parkgebührenverordnung).

 

Gemäß § 24 Abs. 5 der Straßenverkehrsordnung 1960, BGBl. Nr. 159/1960, dürfen Ärzte, die zur selbstständigen Berufsausübung berechtigt sind, bei einer Fahrt zur Leistung ärztlicher Hilfe das von ihnen selbst gelenkte Fahrzeug für die Dauer der Hilfeleistung auch auf einer Straßenstelle, auf der das Halten oder Parken verboten ist, abstellen, wenn in der unmittelbaren Nähe des Aufenthaltes des Kranken oder Verletzten kein Platz frei ist, auf dem gehalten oder geparkt werden darf, und durch das Aufstellen des Fahrzeuges die Sicherheit des Verkehrs nicht beeinträchtigt wird. Während einer solchen Aufstellung ist das Fahrzeug mit einer Tafel, welche die Aufschrift " Arzt im Dienst" und das Amtssiegel der Ärztekammer, welcher der Arzt angehört, tragen muss, zu kennzeichnen. Außer in diesem Falle ist eine solche Kennzeichnung von Fahrzeugen verboten.

 

3.3.2. Im Zusammenhang mit der Erlaubnis zum Benutzen der Tafel "Arzt im Dienst" hat der Verwaltungsgerichtshof festgehalten, dass diese Ausnahmebestimmung eng auszulegen ist (vgl. VwGH vom 7. Februar 1962, 1787/61). Weiters hat der VwGH ausdrücklich festgehalten, dass u.a. eine Fahrt in die gewöhnliche Ordination oder zum gewöhnlichen Dienst im Krankenhaus ohne, dass ein Hilferuf dorthin erfolgt ist, nicht unter die Ausnahmebestimmung des § 24 Abs. 5 STVO fällt. Für die bloße Möglichkeit, dass ein Arzt zu einer Hilfeleistung gerufen werden könnte, ist die Abgabenbefreiung nicht vorgesehen (vgl. VwGH vom
21. Dezember 1990, 89/17/0124).

 

3.3.3. Im hier zu beurteilenden Fall ist zunächst festzuhalten, dass sich die ärztliche Ordination, aber auch der Hauptwohnsitz des Bw in X, X, befinden. Er hatte seinen PKW ca. 50 Sekunden Gehzeit von dieser Adresse geparkt.

 

Schon bei grammatikalischer Interpretation des § 5 Abs. 1 Z. 3 des Oö. Parkgebührengesetzes wird deutlich, dass die vom Bw intendierte Ausnahme eine "Fahrt" zur Leistung ärztlicher Hilfe – somit die Überwindung einer gewissen Wegstrecke, die mit einem KFZ gefahren wird - explizit voraussetzt. Im konkreten Fall mag es durchaus strittig sein, ob eine Entfernung von 50 Sekunden Gehzeit schon eine solche Fahrt anzunehmen rechtfertigt, jedoch liegt dies nicht außerhalb jeglicher Lebenserfahrung.

 

Wie in der Beweiswürdigung dargestellt konnte der Bw glaubhaft machen, dass er im Tatzeitraum einen ärztlichen Dienst an einer – an der betreffenden Adresse (vor der das KFZ geparkt war) wohnhaften Person versah. Nachdem grundsätzlich Strafbestimmungen eng auszulegen sind, die Frage der Akutheit des erforderlichen Dienstes aus heutiger Sicht nicht mehr eindeutig zu klären ist, kann im vorliegenden Fall der geleistete Dienst als im Sinne des § 5 Abs. 1 Z. 3 Oö. Parkgebührengesetz erbracht erachtet werden. Zu diesem Schluss kommt man auch, wenn man den Verweis des § 5 Abs. 1 Z. 3 Oö. Parkgebührengesetz auf § 24 STVO primär auf die Tafel mit der Aufschrift "Arzt im Dienst" und nicht auf die dahinter liegenden "Anwendungsbedingungen", die bei genauer grammatikalischer Interpretation nicht eindeutig vom § 5 Abs. 1 Z. 3 Oö. Parkgebührengesetz angesprochen werden, bezogen versteht.

 

3.3.4. Nachdem sich der Bw auf den Tatbestand des § 5 Abs. 1 Z. 3 Oö. Parkgebührengesetz stützen kann, ist schon die objektive Tatseite als nicht gegeben anzunehmen.

 

Es war daher das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben, das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen und spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war dem Bw gemäß § 65 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Verwaltungsstrafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Beitrag zu den Kosten des Berufungsverfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat aufzuerlegen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsge-richtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Ein-gabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Bernhard Pree

 

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