Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165140/12/Zo/Jo

Linz, 25.08.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung der X, vom 28.05.2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 11.05.2010, Zl. VerkR96-7647-2009 wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen  mündlichen Berufungsverhandlung am 17.08.2010 durch sofortige Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Die Berufungswerberin hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 50 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Gmunden hat der Berufungswerberin im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass sie am 17.07.2009 um 11.16 Uhr auf der A1 bei km 210,400 als Lenkerin des PKW mit dem Kennzeichen X zu einem vor ihr am gleichen Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug nicht einen solchen Abstand eingehalten habe, dass ein rechtzeitiges Anhalten möglich gewesen wäre, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst würde. Mittels Videomessung sei ein zeitlicher Abstand von 0,35 sec festgestellt worden. Die Berufungswerberin habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 18 Abs.1 StVO begangen, weshalb über sie gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO eine Geldstrafe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 135 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde sie zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 25 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte die Berufungswerberin aus, dass sich unmittelbar vor dem im Akt befindlichen Foto der PKW vor ihr hineingedrängt habe, weshalb es ihr nicht möglich gewesen sei, den Abstand innerhalb der Messstrecke zu vergrößern. Dies deshalb, weil auch das Fahrzeug hinter ihr so knapp aufgefahren sei, dass sie nicht habe bremsen können. Dieses Fahrzeug habe sie schon längere Zeit vorher durch extrem knappes Auffahren genötigt. Sie sei auf der Überholspur nur mit ca. 100 km/h gefahren und der hinter ihr fahrende PKW-Lenker habe versucht, sie zum Wechsel auf den rechten Fahrstreifen zwischen die LKW zu nötigen.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Gmunden hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 17.08.2010. Bei dieser wurde in die Videoaufzeichnungen betreffend die gegenständliche Nachfahrt Einsicht genommen. Weder ein Vertreter der Erstinstanz noch die Berufungswerberin haben an der Verhandlung teilgenommen.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Die Berufungswerberin lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW auf der A1 Westautobahn in Richtung Salzburg. Sie benutzte dabei den linken Fahrstreifen, wobei auf diesem relativ starker PKW-Verkehr sowie auf dem rechten Fahrstreifen relativ dichter LKW-Verkehr herrschte. Aus dem Video ist ersichtlich, dass um 11:16:28 Uhr ein weißer PKW vom rechten auf den linken Fahrstreifen wechselte. Dieser Fahrstreifenwechsel erfolgte allerdings nicht unmittelbar vor dem Fahrzeug der Berufungswerberin sondern es befand sich zwischen der Berufungswerberin und dem nach links wechselnden PKW noch ein weiteres Fahrzeug. Auch hinter der Berufungswerberin sind mehrere PKW`s zu erkennen. Zu diesem Zeitpunkt waren die Fahrzeug noch so weit von der Messstelle entfernt, dass die einzelnen Abstände der Fahrzeuge untereinander nicht erkennbar sind. Wenn man das Video weiter ablaufen lässt, nähern sich die Fahrzeuge der Messstelle an. Um 11:16:39 Uhr ist deutlich erkennbar, dass hinter jenem weißen PKW, welcher vorher den Fahrstreifen gewechselt hatte, mit einem augenscheinlich ausreichenden Abstand ein weiterer heller PKW bzw. Minivan nachfuhr. Hinter diesem befand sich mit einem augenscheinlich sehr geringen Abstand das Fahrzeug der Berufungswerberin und hinter dieser ein weiterer PKW, welcher jedoch einen wesentlich größeren Abstand zur Berufungswerberin einhielt als die Berufungswerberin zu dem vor ihr fahrenden Fahrzeug. Diese Situation ist um 11:16:42 Uhr im Wesentlichen gleich. Das Fahrzeug vor der Berufungswerberin hielt einen augenscheinlich jedenfalls ausreichenden Abstand zu jenem weißen PKW ein, welcher um 11:16:28 Uhr den Fahrstreifen gewechselt hatte. Auch das Fahrzeug hinter der Berufungswerberin hielt zu dieser einen deutlich größeren Abstand ein, als die Berufungswerberin zu dem vor ihr fahrenden PKW.

 

Aus den Videoaufzeichnungen ist nicht ersichtlich, wie groß der Abstand des vor der Berufungswerberin fahrenden PKW zum Zeitpunkt des Fahrstreifenwechsels des weißen PKW zu diesem war (dh wie knapp der weiße PKW auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat), jedenfalls ist aber beim Herannahen der Fahrzeuge zu erkennen, dass dieser Abstand ausreichend groß war. Ob dieser Abstand von Anfang an ausreichend war oder allenfalls das vor der Berufungswerberin fahrende Fahrzeug durch ein geringfügiges Bremsen oder ein Wegnehmen von Gas den Abstand vergrößert hat, ist aus der Videoaufzeichnung nicht ersichtlich. Das Fahrzeug vor der Berufungswerberin hielt jedoch eine optisch annähernd konstante Geschwindigkeit ein, sodass ein abruptes Bremsmanöver dieses Fahrzeuges in den letzten Sekunden vor der Abstandsmessung um 11:16:42 Uhr jedenfalls ausgeschlossen werden kann.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 18 Abs.1 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges stets einen solchen Abstand zum nächsten vor ihm fahrenden Fahrzeug einzuhalten, dass ihm jederzeit das rechtzeitige Anhalten möglich ist, auch wenn das vordere Fahrzeug plötzlich abgebremst wird.

 

5.2. Vorerst ist festzuhalten, dass der Berufungswerberin die Ladung bereits am 15.07.2010 zugestellt wurde. Sie hatte also ausreichend Zeit, den Verhandlungstermin mit ihren sonstigen Verpflichtungen zu koordinieren. Die Angabe des Lebensgefährten der Berufungswerberin, dass sie zur Verhandlung wegen des Urlaubes extra von X nach Linz fahren müsste, ist kein Grund, die Verhandlung zu verschieben. Nachdem die Berufungswerberin ohnedies in X wohnhaft ist, hätte sie zur Verhandlung nach Linz jedenfalls eine weite Anreise gehabt. Dies wäre auch dann der Fall gewesen, wenn sie von ihrem Nebenwohnsitz in X aus zur Verhandlung angereist wäre. Es bestand daher kein Anlass, die Verhandlung zu verschieben und konnte diese in Abwesenheit der Berufungswerberin durchgeführt werden.

 

Aufgrund des Videos ist offenkundig, dass die Berufungswerberin zur Tatzeit einen Abstand von lediglich 0,35 sec zu dem vor ihr fahrenden PKW eingehalten hat. Dieser Abstand ist bei der von der Berufungswerberin eingehaltenen Geschwindigkeit von ca. 104 km/h jedenfalls viel zu niedrig. Sie hat daher die ihr vorgeworfene Verwaltungsübertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Die Behauptung der Berufungswerberin, diese Situation sei durch das knappe Herausfahren eines anderen PKW kurz vor der Messung verursacht worden, ist aufgrund der Videoaufzeichnungen widerlegt. Es ist zwar richtig, dass ein anderer PKW 14 Sekunden vor der Abstandsmessung auf den linken Fahrstreifen gewechselt hat, allerdings nicht unmittelbar vor der Berufungswerberin sondern es befand sich ein weiteres Fahrzeug dazwischen. Dieses Fahrzeug hatte augenscheinlich keinerlei Probleme, bis zur Messstelle einen leicht ausreichenden Abstand zu jenem PKW herzustellen, welcher unmittelbar vor ihm herausgefahren ist. Dazu war auch keine abrupte Geschwindigkeitsverringerung durch ein starkes Bremsmanöver notwendig, ein solches ist auf dem Video nicht ersichtlich. Es ist daher nicht einsichtig, warum es nicht auch für die Berufungswerberin möglich gewesen wäre, durch bloßes Wegnehmen von Gas die Geschwindigkeit zu reduzieren und so einen ausreichenden Abstand herzustellen.

 

Das hinter der Berufungswerberin fahrende Fahrzeug war jedenfalls wesentlich weiter von der Berufungswerberin entfernt, als diese von dem vor ihr fahrenden Fahrzeug. Dieses hinter ihr fahrende Fahrzeug hat die Berufungswerberin daher in der gegenständlichen Situation keineswegs bedrängt und es wäre trotz dieses Fahrzeuges problemlos möglich gewesen, innerhalb der 14 Sekunden bis zur Abstandsmessung durch eine bloß geringfügige Reduzierung der Geschwindigkeit einen ausreichenden Abstand herzustellen. Immerhin ist dies auch dem vor der Berufungswerberin fahrenden Fahrzeuglenker gelungen, obwohl dieser durch die Berufungswerberin tatsächlich bedrängt wurde. Es ist der Berufungswerberin daher jedenfalls auch fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.2c Z4 StVO beträgt der Strafrahmen für derartige Übertretungen zwischen 72 und 2.180 Euro bzw. Ersatzarreststrafe von 24 Stunden bis 6 Wochen.

 

Die Berufungswerberin ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- oder Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor.

 

Gerade auf Autobahnen und bei der von der Berufungswerberin eingehaltenen Geschwindigkeit von ca. 100 km/h führen zu niedrige Sicherheitsabstände immer wieder zu schweren Auffahrunfällen. Bei einem Abstand von lediglich 0,35 sec wäre im Fall eines unvermittelten Abbremsen des vorderen Fahrzeuges überhaupt keine sinnvolle Reaktion mehr möglich, weshalb der Unrechtsgehalt der Übertretung als hoch einzuschätzen ist. Auch aus diesen Gründen ist eine empfindliche Geldstrafe erforderlich.

 

Auch aus generalpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der gegenständlichen Strafe nicht in Betracht. Diese entspricht auch den persönlichen Verhältnissen der Berufungswerberin, wobei entsprechend ihren eigenen Angaben davon auszugehen ist, dass sie über eine monatliche Pension in Höhe von annähernd 1.200 Euro bei keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten verfügt.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

 

 

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