Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522637/5/Kof/Jo

Linz, 24.08.2010

 

E r k e n n t n i s

(Bescheid)

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Josef Kofler über die Berufung der X gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 02.07.2010, VerkR21-54-2010, betreffend Entziehung der Lenkberechtigung ua, nach der am 23. August 2010 durchgeführten mündlichen Verhandlung, einschließlich Verkündung des Erkenntnisses, zu Recht erkannt:

 

 

      I.       

Betreffend die Entziehung der Lenkberechtigung für die Klasse B wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid mit der Maßgabe bestätigt, dass X die Lenkberechtigung für die Klasse B für den Zeitraum von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung des Berufungsbescheides – entzogen wird.

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 24 Abs.1 Z1, 25 Abs.1 und 25 Abs.3  iVm.  §§ 7 Abs.1 Z2, 7 Abs.3 Z11 und
   7 Abs.4 FSG, BGBl. I Nr. 120/1997 zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 93/2009.

 

 

  II.       

Betreffend die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines wird die Berufung als unbegründet abgewiesen und der erstinstanzliche Bescheid bestätigt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 29 Abs.3 FSG.

 

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Die nunmehrige Berufungswerberin (Bw) wurde mit rechtskräftigem Urteil des Landesgerichtes Wels vom 17. März 2010, 12 Hv3/10b, wegen dem Verbrechen des Suchtgifthandels nach § 28a Abs.1 1. Fall und 5. Fall Suchtmittelgesetz (SMG) zu einer Freiheitsstrafe von acht Monaten – welche unter Bestimmung einer Probezeit von drei Jahren bedingt nachgesehen wurde – verurteilt.

 

Grund für diese Verurteilung war, dass die Bw – gemeinsam mit ihrem Lebensgefährten – im Zeitraum von etwa Anfang 2008 bis etwa Anfang Jänner 2010 insgesamt etwa 1,5 bis 1,9 kg Cannabiskraut an insgesamt neun verschiedene Personen verkauft hat.

 

Die belangte Behörde hat daraufhin mit dem in der Präambel zitierten Bescheid der/die Bw gemäß näher bezeichneter Rechtsgrundlagen nach dem FSG

-             die Lenkberechtigung für die Klasse B wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit für die Dauer von sechs Monaten – gerechnet ab Rechtskraft dieses Bescheides – entzogen  und

-             verpflichtet, den Führerschein unverzüglich nach Rechtskraft bei der belangten Behörde oder bei der Polizeiinspektion O. abzuliefern  und

 

Gegen diesen Bescheid – zugestellt am 14. Juli 2010 – hat die Bw innerhalb offener Frist die begründete Berufung vom 16. Juli 2010 erhoben.

 

Hierüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich (UVS) durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied (§ 67a Abs.1 AVG) erwogen:

Am 23. August 2010 wurde beim UVS eine öffentliche mündliche Verhandlung durchgeführt, an welcher die Bw teilgenommen und folgende Stellungnahme abgegeben hat:

Ich bedauere, dass wir die im Urteil des Landesgerichtes Wels vom 17. März 2010, 12 Hv 3/10b, angeführten Verbrechen begangen haben.

Betreffend das Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung verweise ich auf die Berufung, wonach ich die Lenkberechtigung insbesondere aus beruflichen Gründen unbedingt benötige.

Bei einer Entziehung der Lenkberechtigung muss ich mit dem Verlust meines
Arbeitsplatzes und damit mit der Gefährdung meiner Existenz rechnen.

Ich beantrage daher, der Berufung stattzugeben und den erstinstanzlichen
Bescheid aufzuheben.

 

 

 

Grundlage für den gegenständlichen Berufungsbescheid ist nicht der Suchtgiftkonsum, sondern – ausschließlich – der Suchtgifthandel!

 

Gemäß § 24 Abs. 1 Z. 1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Dieser ist aufgrund der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens festzusetzen.

 

Gemäß § 25 Abs. 3 FSG ist bei einer Entziehung wegen mangelnder Verkehrs-zuverlässigkeit (§ 7) eine Entziehungsdauer von mindestens drei Monaten festzusetzen. 

 

Gemäß § 7 Abs.1 Z2 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht aufgrund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs. 3) und ihrer Wertung (Abs. 4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen sich wegen der erleichternden Umstände, die beim Lenken von Kraftfahrzeugen gegeben sind, sonstiger schwerer strafbarer Handlungen schuldig machen wird.

 

Gemäß § 7 Abs.3 Z11 FSG hat als bestimmte Tatsache iSd Abs.1 leg.cit zu gelten, wenn jemand eine strafbare Handlung gemäß den §§ 28 Abs.2 bis 5 SMG begangen hat.

 

Gemäß § 7 Abs. 4 FSG sind für die Wertung der in Abs. 3 leg.cit. beispielsweise angeführten Tatsachen deren Verwerflichkeit, die Gefährlichkeit der Verhältnisse unter denen sie begangen wurden, die seither verstrichene Zeit und das Verhalten während dieser Zeit maßgebend.

 

Nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bilden bei der Beurteilung der Verkehrszuverlässigkeit (allfällige) berufliche, wirtschaftliche, persönliche und familiäre Nachteile, welche mit der (Dauer der) Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind,  kein wie immer geartetes Beweisthema;

Erkenntnisse v. 30.5.2001, 2001/11/0081; vom 23.4.2002, 2000/11/0182;

vom 11.4.2002, 99/11/0328; vom 28.9.1993, 93/11/0142 mit Vorjudikatur;

vom 25.2.2003, 2003/11/0017; vom 4.10.2000, 2000/11/0176.

 

 

Bei der Entziehung der Lenkberechtigung handelt es sich um keine Strafe, sondern um eine administrative Maßnahme zum Schutz der anderen Verkehrsteilnehmer oder sonstiger Rechtsgüter vor verkehrsunzuverlässigen KFZ-Lenkern;

VfGH v. 14.3.2003, G203/02; v. 11.10.2003, B1031/02; v. 26.2.1999, B 544/97

VwGH vom 18.3.2003, 2002/11/0062; vom 22.11.2002, 2001/11/0108;

vom 23.4.2002, 2000/11/0184; vom 22.2.2000, 99/11/0341 mit Vorjudikatur vom 6.4.2006, 2005/11/0214.

 

Die Begehung von Verbrechen nach dem Suchtmittelgesetz wird durch die Verwendung von Kraftfahrzeugen typischer Weise erleichtert.

Bei der Wertung einer derartigen bestimmten Tatsache kommt es nicht darauf an, ob konkret Kraftfahrzeuge verwendet worden sind oder nicht;

VwGH vom 07.10.1997, 96/11/0357 mit Vorjudikatur.

 

Betreffend die "Suchtgiftkriminalität" ist auf die ständige Rechtsprechung des VwGH zu verweisen, wonach

-  es sich dabei um eine besonders gefährliche Art der Kriminalität handelt,

-  bei dieser die Wiederholungsgefahr erfahrungsgemäß besonders groß ist  und

-  an deren Verhinderung ein gewichtiges öffentliches Interesse besteht;

   VwGH vom 24.09.2009, 2009/18/0317;  vom 09.11.2009, 2007/18/0537;

             vom 02.10.2008, 2007/18/0515;  vom 20.04.2006, 2006/18/0074;

             vom 15.12.2005, 2005/18/0653;  vom 07.11.2003, 2003/18/0250  sowie

-  strafbares Verhalten oft nur zufällig entdeckt wird;

   VwGH vom 13.10.2009, 2009/17/0196

 

Die Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit ist ab Tathandlung bzw. Beendigung des strafbaren Verhaltens zu bemessen;

VwGH vom 17.10.2006, 2006/11/0120;  vom 21.3.2006, 2005/11/0196; vom 22.2.2007, 2005/11/0190; vom 21.11.2006, 2005/11/0168; vom 21.3.2006, 2005/11/0153; vom 27.3.2007, 2005/11/0115; vom 18.12.2007, 2007/11/0194

 

Zu Gunsten der Bw ist zu werten:

-     dass Cannabis eine sogenannte "weiche Droge" ist

    (vgl. VwGH vom 14.03.2000, 99/18/0261)

-     ihre bisherige Unbescholtenheit,

-     das reumütige und umfassende Geständnis,

-     dass das Gericht die verhängte Freiheitsstrafe zur Gänze nachgesehen hat.

 

Zum Nachteil der Bw ist zu werten:

-     die Menge von insgesamt etwa 1,5 bis 1,9 kg Cannabiskraut 

-     der lange Tatbegehungszeitraum von ca. zwei Jahren und insbesondere

-     dass die Bw das Cannabis an neun verschiedene Personen weiterverkauft hat.

 

Bei der Wertung des strafbaren Verhaltens gemäß § 7 Abs.4 FSG –

welche die Grundlage für die Prognose über die Wiederherstellung der
Verkehrszuverlässigkeit und für die Festsetzung der Entziehungsdauer bildet – macht es einen Unterschied, ob die Suchtgiftmenge für den Eigenbrauch oder zum Zwecke der Weitergabe an Dritte diente.

Im Falle der Bestimmung zum Eigengebrauch ist die Gefahr für die Gesundheit anderer Personen wesentlich geringer als im Falle der Absicht, die Suchtgift-mengen in Verkehr zu setzen.  Die Art der Verwendung des Suchtgifts hat daher wesentlichen Einfluss auf das Wertungskriterium der Verwerflichkeit.

VwGH vom 17.10.2006, 2003/11/0228 mit Vorjudikatur.

 

Der VwGH hat bei Suchtgifthandel von ca. 3,4 kg Cannabiskraut eine Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von 18 Monaten – im Beschwerdefall: Ende des strafbaren Verhaltens (September 1999) bis Ablauf der Entziehungsdauer
(März 2001) – als rechtmäßig bestätigt bzw. die dagegen erhobene Beschwerde als unbegründet abgewiesen;  Erkenntnis vom 25.05.2004, 2003/11/0291.

 

Die Bw hat – wie dargelegt – insgesamt ca. 1,5 bis 1,9 kg Cannabis an neun verschiedene Personen in Verkehr gesetzt.

Seit der Beendigung des strafbaren Verhaltens (2. Jänner 2010) ist ein Zeitraum von ca. acht Monaten vergangen.

Unter Berücksichtigung des zitierten Erkenntnisses des VwGH kann somit keine Rede davon sein, dass die Bw mittlerweile wieder verkehrszuverlässig ist.

 

Die Bw ist gemäß § 25 Abs.3 FSG – bezogen auf den Zeitpunkt der Zustellung des Berufungsbescheides – noch für einen Zeitraum von drei Monaten verkehrsunzuverlässig.

Dies entspricht – gerechnet ab Beendigung des strafbaren Verhaltens – einer Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit von (etwas weniger als) 12 Monate und
ist als gerade noch vertretbare Untergrenze anzusehen.

 

Der Bw war daher die Lenkberechtigung für die Klasse B für einen Zeitraum von drei Monaten – gerechnet ab Zustellung des Berufungsbescheides – zu entziehen.

 

Die Verpflichtung zur Ablieferung des Führerscheines ist in der zitierten Rechts-grundlage (§ 29 Abs.3 FSG) begründet.

 

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden. 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder Verwaltungsgerichtshof erhoben werden;  diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden.

Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Mag. Josef Kofler

 

 

 

Beschlagwortung:

Suchtgifthandel – Cannabis – Dauer der Verkehrsunzuverlässigkeit;

  

 

 

 

 

 

 

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