Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522647/2/Zo/Jo

Linz, 23.08.2010

 

                                                                                                                                                        

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 02.08.2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau am Inn vom 07.07.2010, Zl. 09/152521, wegen der Aufforderung zur Beibringung des Befundes einer verkehrspsychologischen Untersuchung zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird stattgegeben und der angefochtene Bescheid aufgehoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 AVG iVm §§ 24 Abs.4 FSG sowie § 17 Abs.1 FSG-GV.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau hat den Berufungswerber mit dem angefochtenen Bescheid aufgefordert, zur Feststellung seiner gesundheitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen innerhalb von zwei Monaten ab Bescheidzustellung einen Befund einer verkehrspsychologischen Untersuchung bei der Bezirkshauptmannschaft Braunau am Inn beizubringen. Sollte der Berufungswerber dieser Aufforderung nicht nachkommen bzw. seine gesundheitliche Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht nachweisen können, werde ihm die Lenkberechtigung entzogen. Einer allfälligen Berufung wurde die aufschiebende Wirkung aberkannt.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass auf sein im erstinstanzlichen Verfahren gemachtes Vorbringen sowie die Rechtsprechung nicht eingegangen werde. Die Voraussetzungen für die Anordnung einer verkehrspsychologischen Untersuchung würden nicht vorliegen. Der Verwaltungsgerichtshof habe in seiner Rechtsprechung zu § 24 Abs.4 FSG ausgeführt, dass nur bei begründeten Bedenken an der gesundheitlichen Eignung ein Bescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG erlassen werden dürfe. Der Aufforderungsbescheid der BH Braunau sei daher vom Gesetz nicht gedeckt.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Braunau am Inn hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 AVG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt. Bereits aus diesem ergibt sich, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, weshalb eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung nicht erforderlich ist. Diese wurde auch nicht beantragt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt steht fest:

 

Dem Berufungswerber wurde im Jahr 2008 die Lenkberechtigung für die Dauer von 4 Monaten entzogen. Im Zuge dieses Verfahrens wurde vermutlich – aus dem vorgelegten Akt ist dies nicht eindeutig nachvollziehbar – auch die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers zum Lenken von Kraftfahrzeugen überprüft. Jedenfalls wurde ihm am 13.10.2008 die Lenkberechtigung wieder ausgefolgt. Der Berufungswerber verursachte am 06.02.2010 um 05.30 Uhr in Friedburg auf der L 508 einen Verkehrsunfall mit Sachschaden und beging dabei Fahrerflucht.

 

Wegen dieses Vorfalles wurde er mit rechtskräftigem Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau vom 08.03.2010 aufgefordert, sich am 26.03.2010 um 09.00 Uhr bei der BH Braunau ärztlich untersuchen zu lassen sowie die zur Erstattung des Gutachtens des Gutachtens erforderlichen Befunde innerhalb der von der Amtsärztin festgelegten Frist beizubringen. Die amtsärztliche Untersuchung erfolgte am 26.03.2010 und der Berufungswerber wurde aufgefordert, Laborwerte vorzulegen. Die Untersuchung am 31.03.2010 ergab bei ansonsten normgerechten Werten einen CD-Tect-Wert von 1,87 %, wobei bei Werten ab 1,8 % ein Hinweis auf möglichen Alkoholabusus besteht und eine weitere Kontrolle empfohlen wurde. Diese neuerliche Untersuchung am 02.04.2010 ergab bei ansonsten wiederum unauffälligen Laborwerten einen CD-Tect-Wert von 2,1 %, wobei bei dieser Untersuchungsmethode der Normwert unter 1,3 % liegt. Der Berufungswerber wurde deshalb aufgefordert, eine verkehrspsychologische Fahreignungsuntersuchung durchzuführen.

 

Dazu führte er in seiner Stellungnahme vom 20.04. aus, dass er seit September 2009 praktisch keinen Alkohol konsumiert habe, was sich durch die normwertigen GGT- und MCV-Werte belegen lasse. Auch alle anderen Werte seien in der Norm, lediglich der CDT-Wert sei leicht überhöht, den Grund dafür kenne er nicht. Es liege jedenfalls kein Grund vor, eine verkehrspsychologische Untersuchung zu verlangen. Der Berufungswerber legte einen weiteren CDT-Wert vom 06.05.2010 vor, wobei er in diesem Fall 1,5 % (bei einem Normwert von 1,3) betrug. Er verwies nochmals darauf, dass er seit mehr als 1,5 Jahren keinen Alkohol konsumiere, den Grund für den leicht erhöhten CDT-Wert könne auch sein Hausarzt nicht erklären.

 

Daraufhin erließ die Erstinstanz den nunmehr angefochtenen Bescheid und begründete dies damit, dass aufgrund seiner Vorgeschichte, dem auffälligen Verhalten im Februar 2010 und seiner erhöhten Verantwortung als Lenker von Kraftfahrzeugen der Führerscheingruppe 2 eine verkehrspsychologische Untersuchung erforderlich ist.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 24 Abs.4 FSG ist ein von einem Amtsarzt erstelltes Gutachten gemäß § 8 einzuholen und gegebenenfalls die Lenkberechtigung einzuschränken oder zu entziehen, wenn Bedenken bestehen, ob die Voraussetzungen der gesundheitlichen Eignung noch gegeben sind. Leistet der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der festgesetzten Frist einem rechtskräftigen Bescheid, mit der Aufforderung, sich amtsärztlich untersuchen zu lassen, die zur Erstattung des ärztlichen Gutachtens erforderlichen Befunde zu erbringen oder die Fahrprüfung neuerlich abzulegen, keine Folge, ist ihm die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 17 Abs.1 FSG-GV ist die Stellungnahme einer verkehrspsychologischen Untersuchungsstelle im Hinblick auf ein verkehrspsychologisch auffälliges Verhalten insbesondere dann zu verlangen, wenn der Bewerber um eine Lenkberechtigung oder der Besitzer einer Lenkberechtigung Verkehrsunfälle verursacht oder Verkehrsverstöße begangen hat, die den Verdacht

1.     auf verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder

2.     auf mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung erwecken.

Mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung ist jedenfalls dann anzunehmen, wenn einem Lenker innerhalb eines Zeitraumes von fünf Jahren die Lenkberechtigung dreimal entzogen wurde oder wenn ein Lenker wegen Übertretungen gemäß § 99 Abs.1 lit.b oder c StVO 1960 bestraft wurde.

 

5.2. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist ein Aufforderungsbescheid gemäß § 24 Abs.4 FSG nur dann zulässig, wenn begründete Bedenken an der gesundheitlichen Eignung bestehen. Diese Überlegungen gelten auch für die Anordnung von bestimmten fachärztlichen Stellungnahmen oder einer verkehrspsychologischen Untersuchung. Auch diese Untersuchungen dürfen nur dann angeordnet werden, wenn Zweifel an einem bestimmten Teilaspekt der gesundheitlichen Eignung bestehen, wobei die angeordnete Untersuchung gerade diese Bedenken abklären soll. Eine verkehrspsychologische Stellungnahme ist daher in jenen Fällen zu verlangen, in denen der Verdacht auf eine verminderte kraftfahrspezifische Leistungsfähigkeit oder auf eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung vorliegt.

 

Aus dem Akteninhalt ergeben sich keine Hinweise auf eine Verminderung der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit. Der Umstand, dass der Berufungswerber nach einem Verkehrsunfall mit Sachschaden Fahrerflucht begangen hat, rechtfertigt für sich alleine auch nicht den Verdacht auf eine mangelnde Bereitschaft zur Verkehrsanpassung. § 17 Abs.1 FSG-GV spricht von Verkehrsverstößen, worunter jedenfalls mehr als eine Übertretung zu verstehen ist. Selbst bei Übertretungen, welche zu einem Führerscheinentzug führen, ist die Annahme einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung nur dann in jedem Fall gerechtfertigt, wenn der Betroffene innerhalb von fünf Jahren drei derartige schwerwiegende Verstöße begangen hat. Daraus ist ersichtlich, dass der Verordnungsgeber von einer mangelnden Bereitschaft zur Verkehrsanpassung in aller Regel nur dann ausgeht, wenn es zu mehreren schwerwiegenden Vorfällen innerhalb relativ kurzer Zeit gekommen ist. Es besteht daher kein Anlass, an der kraftfahrspezifischen Leistungsfähigkeit oder der Bereitschaft zur Verkehrsanpassung des Berufungswerbers zu zweifeln, weshalb nach der derzeitigen Aktenlage die Vorschreibung einer verkehrspsychologischen Untersuchung nicht gerechtfertigt ist.

 

Unabhängig davon ist darauf hinzuweisen, dass die drei erhöhten CDT-Werte im Hinblick auf die gesundheitliche Eignung des Berufungswerbers jedenfalls einer Abklärung bedürfen. Grundsätzlich weisen diese Werte auf einen häufigen überhöhten Alkoholkonsum in der letzten Zeit hin, allenfalls können sie aus medizinischer Sicht auch durch eine andere Erkrankung erklärt werden. Diesbezüglich bestehen jedenfalls konkrete Bedenken und die Führerscheinbehörde ist berechtigt, diese mit den in der Führerscheingesetz-Gesundheitsverordnung dafür vorgesehenen Untersuchungen zu überprüfen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

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