Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281183/20/Py/Hu

Linz, 03.09.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwalt x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 11. September 2009, GZ: Ge96-23-2009-Kg, wegen einer Übertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. August 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 36 Stunden herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Kostenbeitrag des Berufungswerbers zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 80 Euro. Zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat ist kein Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf vom 11. September 2009, Ge96-23-2009-Kg, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw)  wegen einer Verwaltungsübertretung nach §§ 21, 26 Abs.2, 3.Satz der Grenzwerteverordnung 2007 – GKV 2007, BGBl.II 253/2001 idF BGBl.II 243/2007 iVm § 130 Abs.1 Z17 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. 450/1994 idF BGBl.I 147/2006 und BGBl.II 13/2007, eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 100 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Als Arbeitgeber bzw. handelsrechtlicher Geschäftsführer der x (FN x) mit Firmensitz und Standort in x, haben Sie die nachstehend angeführte vom Arbeitsinspektorat Linz am 16. Juni 2009 anlässlich einer Baustellenüberprüfung in x, festgestellte Verwaltungsübertretung wegen Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzbestimmungen zu verantworten:

 

Am 15. Juni 2009 wurden auf der vorgenannten Baustelle von ihren Arbeitnehmern

x, x und x,

Bauteile aus Asbestzement (Fassadenplatten) durch Zerschlagen mit Handwerkzeug demontiert.

 

Dies stellt eine Übertretung der §§ 21, 26 Abs.2, 3. Satz der Grenzwerteverordnung 2007 – GKV 2007, dar, wonach Bauteile aus Asbestzement möglichst störungsfrei im Ganzen demontiert werden müssen."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der Bw der Aufforderung zur Rechtfertigung keine Folge geleistet habe. Das Strafverfahren sei daher unter Hinweis auf die Anzeige über die durchgeführte Baustellenüberprüfung durch das Arbeitsinspektorat aufgrund der Aktenlage entschieden worden.

 

Zur verhängten Strafhöhe wird ausgeführt, dass die vom Arbeitsinspektorat beantragte Strafe erforderlich sei, um den Bw von der Begehung weiterer gleichartiger Übertretungen abzuhalten, es werde von einem monatlichen Einkommen von 2.500 Euro, keinem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgegangen, weshalb die verhängte Strafe dem Unrechtsgehalt der Tat sowie den wirtschaftlichen Verhältnissen angepasst erscheine.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung, in der der Bw ausführt, dass es unrichtig sei, dass von Arbeitnehmern des Bw am 15. Juni 2009 auf der Baustelle in x, Bauteile aus Asbestzement durch Zerschlagen mit Handwerkzeug demontiert worden seien.

 

Der Bw führt aus, dass beim gegenständlichen Bauvorhaben die Mitarbeiter der x 40-jährige Eternitplatten von der Fassade entfernen mussten. Diese waren mit Nägel befestigt, die aufgrund des hohen Alters und des dadurch bedingten schlechten Zustandes sowie des Rostanfalls nicht mehr zu entfernen waren. Aus diesem Grund entfernten die drei angeführten Arbeitnehmer die Eternitplatten entgegen der ausdrücklichen Anordnung des Bw durch deren Zerschlagen. Der Umstand, dass dies entgegen der ausdrücklichen Weisung des Bw durchgeführt wurde, ist den beiliegenden schriftlichen Aufklärungsunterlagen zu entnehmen, weshalb der Bw nicht schuldhaft und auch nicht fahrlässig gehandelt habe. Bezeichnender Weise habe auch der einschreitende Arbeitsinspektor auf die Frage des Mitarbeiters, wie die Eternitplatten zu entfernen seien, keine Antwort gewusst.

 

3. Mit Schreiben vom 25. September 2009 legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 25. August 2010. An dieser nahmen ein Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des Arbeitsinspektorates Linz als Parteien teil. Als Zeugen wurden zwei am gegenständlichen Vorfall beteiligte Mitarbeiter der x, Herr x und Herr x, sowie der Arbeitsinspektor Ing. x, einvernommen. Auf die Einvernahme des in der Berufung beantragten Zeugen Herr x, der trotz ordnungsgemäßer Ladung zur Verhandlung nicht erschienen ist, wurde vom Rechtsvertreter des Bw verzichtet und war diese zur Ermittlung des entscheidungswesentlichen Sachverhaltes auch nicht weiter erforderlich.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x, x.

 

Bei einem Mehrparteienwohnhaus in x, wurde die Firma x im Juni 2009 mit der Aufbringung einer Vollwärmeschutzfassade beauftragt.

 

Vor der Durchführung dieser Arbeiten mussten zunächst bestehende Fassadenelemente, unter anderem Bauteile aus Asbestzement (alte "Eternitplatten"), demontiert werden.

 

Zu Beginn der Bauarbeiten informierte der Bw vor Ort die Arbeitnehmern über die durchzuführenden Arbeiten (Entfernung der alten Eternitplatten, der Fensterbleche, Balkongeländer etc.). Hinsichtlich der Fassadenplatten wies der Bw seine Arbeitnehmer an, Handschuhe und Staubmasken zu tragen und den Schutt der Fassadenplatten nach der Entfernung getrennt vom sonstigen Bauschutt zu sammeln. Nähere Anordnungen oder Unterweisungen, wie die Demontage der Fassadenplatten durch die Arbeitnehmern der Firma x konkret zu erfolgen hat, wurden vom Bw nicht erteilt. Bei einer ein Jahr zuvor, nämlich am 14. Juni 2008 durchgeführten allgemeinen Sicherheitsunterweisung der Arbeitnehmer durch den Bw wurden diesen auch schriftliche Unterlagen hinsichtlich des Umgangs mit asbesthaltigen Arbeitsstoffen ausgeteilt.

 

Nachdem die ersten Fassadenplatten beim Versuch, sie mit Schraubenzieher, Stemmeisen oder Zangen zu entfernen, zu Bruch gingen, entschied der auf der Baustelle verantwortliche Polier, Herr x, dass alle Fassadenplatten aus Asbestzement durch Zerschlagen mit dem Hammer demontiert werden. Der Bw war zu diesem Zeitpunkt nicht auf der Baustelle. In der Folge demontierten die bei der Firma x beschäftigten und auf der Baustelle tätigen Arbeitnehmern x, x und x am 15. Juni 2009 sämtliche Bauteile aus Asbestzement vom Gebäude x, durch Zerschlagen mit dem Hammer.

 

Anlässlich einer Baustellenbesichtigung am 16. Juni 2009 durch den Arbeitsinspektor Ing. x war für diesen aufgrund der Menge des am Boden befindlichen Restmaterials der Fassadenplatten sofort erkennbar, dass die Eternitplatten durch Zerschlagen demontiert worden sind. Er nahm deshalb mit dem auf der Baustelle anwesenden Polier x Kontakt auf, der ihm dies bestätigte und ihm einen Lieferschein vorlegte, aus dem ersichtlich war, dass es sich bei den entfernten Platten um asbesthaltiges Material handelt.

 

Im Unternehmen des Bw war zum Tatzeitpunkt kein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet, um die gegenständliche Übertretung der arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen im Zuge von Arbeitsausführungen zu verhindern.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt sowie dem Ergebnis der mündlichen Berufungsverhandlung vom 25. August 2010.

 

Der Umstand, dass von den drei Arbeitnehmern der x am 15. Juni 2009 Bauteile aus Asbestzement durch Zerschlagen entfernt wurden, wurde im Wesentlichen nicht bestritten. Dieser Umstand wurde zudem durch die Angaben aller im Beweisverfahren einvernommen Zeugen untermauert.

 

Der Bw führt in seiner Berufung jedoch an, dass dies entgegen seinen ausdrücklichen Anweisungen erfolgte. Als Ergebnis der übereinstimmenden Zeugenaussagen in der Berufungsverhandlung steht jedoch fest, dass konkrete Anweisungen an die bei der Firma x beschäftigten Arbeitnehmer, in welcher Form die Entfernung der asbesthaltigen Fassadenplatten zu erfolgen hat bzw. wie sich die Arbeitnehmer bei auftretenden Problemen zu verhalten haben, zum Tatzeitpunkt nicht vorlagen. Vielmehr wurde die Entscheidung darüber offenbar dem vor Ort tätigen Baupolier überlassen, ohne ihm konkrete Anweisungen hinsichtlich der geforderten Verhaltens zu geben. Die diesbezüglichen Berufungsausführungen stellen sich daher ebenso wenig als richtig dar, wie die Behauptung, selbst der einschreitende Arbeitsinspektor habe bei der Kontrolle nicht angeben können, auf welche Weise eine Entfernung der Fassadenplatten durchgeführt werden könne. Vielmehr hat der Arbeitsinspektor in der Berufungsverhandlung diese Behauptungen glaubwürdig bestritten und zudem verschiedene Möglichkeiten geschildert, wie eine möglichst störungsfreie Demontage im Ganzen hätte durchgeführt werden können.

 

Zu Beginn der Demontage war zweifelsfrei bekannt, dass es sich bei den Fassadenplatten um asbesthaltiges Material handelt, da der Bw ausdrücklich deren getrennte Bauschuttsammlung in einem Containern anordnete und dies zudem aus einem dem Arbeitsinspektor vom Polier bei der Baustellenbesichtigung vorgelegten Schreiben ersichtlich war. In der Berufungsverhandlung gaben die als Zeugen einvernommenen Arbeitnehmer der Firma x an, dass ihnen aus einer allgemeinen Sicherheitsunterweisung in Erinnerung ist, dass Asbestzementplatten möglichst zerstörungsfrei gelöst werden sollen. Konkrete Anweisungen vom Bw auf der gegenständlichen Baustelle hinsichtlich der Entfernung der Eternitplatten wurden jedoch lediglich hinsichtlich der Verwendung von Handschuhen sowie des Tragens von Staubmasken gegeben sowie im Hinblick auf die getrennte Bauschuttentsorgung. Weitere Anweisungen, konkrete Schulungen, praktische Unterweisungen hinsichtlich der möglichst störungsfreien Demontage von asbesthaltigem Material gab es im vom Bw vertretenen Unternehmen jedoch nicht. 

 

Der Bw konnte im Berufungsverfahren daher nicht glaubhaft machen, dass zum Tatzeitpunkt ein den rechtlichen Anforderungen entsprechendes wirksames Kontrollsystem zur Sicherstellung der Einhaltungen der gegenständlichen Arbeitnehmerschutzvorschriften in der Firma x eingerichtet war.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Seitens des Bw wurde nicht bestritten, dass er als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften strafrechtlich verantwortlich ist.

 

5.2. Gemäß § 21 der Verordnung des Bundesministeriums für Wirtschaft und Arbeit über Grenzwerte für Arbeitsstoffe und über Krebs erzeugende Arbeitsstoffe (Grenzwerteverordnung 2007 – GKV 2007), BGBl.II 2001/253 idF BGB.II 243/2007, gilt der Abschnitt über Sonderbestimmungen für Asbest für Arbeiten, bei denen Arbeitnehmer/innen Asbeststaub oder Staub von asbesthaltigen Materialien ausgesetzt sind oder sein können.

 

Gemäß § 26 Abs.2 GKV 2007 sind bei Arbeiten nach § 21 Arbeitsverfahren so zu gestalten, dass kein Asbeststaub entsteht. Ist dies nicht möglich, muss die Freisetzung von Asbeststaub in die Luft, soweit dies nach dem Stand der Technik möglich ist, vermieden werden. Bauteile aus Asbestzement müssen möglichst zerstörungsfrei im Ganzen demontiert werden. Materialien, in denen Asbestfasern fest in einer Matrix gebunden sind, dürfen nur mit Handgeräten oder mit geeigneten, langsam laufenden, die Entstehung von Asbeststaub möglichst vermeidenden Arbeitsmitteln, die mit geeigneten Filtern der Absaugungen versehen sind oder mit Arbeitsmitteln, die im Nassverfahren arbeiten, bearbeitet werden. Das Schneiden mittels Trennscheibe ist verboten.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z17 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend Arbeitsstoffe verletzt.

 

Aufgrund des Beweisergebnisses steht fest, dass am 15. Juni 2009 von den Arbeitnehmern x, x und x der x auf der Baustelle x, Fassadenplatten aus Asbestzement durch Zerschlagen mit dem Hammer demontiert wurden. Der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung ist daher als erfüllt zu werten.

 

5.3. Der Bw führt jedoch aus, dass ihn an der ihm zur Last gelegten Übertretung der ArbeitnehmerInnenschutzvorschriften kein Verschulden trifft, da die Arbeitnehmer entgegen seiner ausdrücklichen Weisung handelten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch im gegenständlichen Fall handelt es sich um ein Ungehorsamsdelikt, da zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört. Im Fall eines Ungehorsamsdeliktes tritt nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes insofern eine Umkehr der Beweislast ein, als die Behörde lediglich die Beweislast hinsichtlich der Verwirklichung des objektiven Tatbestandes trifft, während es Sache des Täters ist, glaubhaft zu  machen, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (vgl. VwGH vom 14. September 2001, 2000/02/0181).

 

Eine solche Glaubhaftmachung bedarf der Dartuung, dass der Beschuldigte trotz Entfaltung zumutbarer Maßnahmen nicht die Möglichkeit hatte, die angelastete Verwaltungsübertretung hintan zu  halten (VwGH vom 12. Juni 1992, 92/18/0135). Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Im Ergebnis des durchgeführten Beweisverfahrens konnte vom Bw jedoch nicht glaubwürdig dargelegt werden, dass er durch die Einrichtung geeigneter organisatorischer Maßnahmen und Kontrollen die Einhaltung der gegenständlichen Bestimmungen des Arbeitnehmerschutzes in dem von ihm vertretenen Unternehmen ausreichend sichergestellt hat.

 

Im Sinn der Arbeitnehmerschutzbestimmungen und der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Arbeitgeber dafür Sorge zu tragen, dass die Bestimmungen dieses Bundesgesetzes sowie der dazu erlassenen Verordnungen eingehalten werden. Ist er selbst nicht anwesend, hat er einen geeigneten Arbeitnehmer zu bestimmen, der auf die Durchführung und Einhaltung der zum Schutz der Arbeitnehmer notwendigen Maßnahmen zu achten hat. Es wird zwar darauf Bedacht genommen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt und wird ihm zugebilligt, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Es ist der Unternehmer daher dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen.

 

Der dem Bw nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen wird. Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist (VwGH vom 18. September 1991, 90/19/0177, vom 13. Dezember 1990, 90/09/0141). Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reichen bloße Erteilung von Weisungen und die Wahrnehmung einer "Oberaufsicht" nicht aus (VwGH vom 30. Juni 1994, 94/09/0049). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt. In diesem Sinn führt der Verwaltungsgerichtshof in seinem Erkenntnis vom 20. Dezember 2002, 99/02/0220, aus, dass der Hinweis auf die Betrauung Dritter mit Kontrollaufgaben, auf die Erteilung entsprechender Anweisungen und auf stichprobenartige Überprüfungen nicht den Anforderungen an ein wirksames Kontrollsystem genügt (vgl. auch VwGH vom 23. Mai 2006, 2005/02/0248). Insbesondere bemängelt der Verwaltungsgerichtshof, dass der Beschwerdeführer nicht geltend gemacht hat, dass er etwa die Einhaltung der erteilten Aufträge und Weisungen während deren Ausführungen überprüft hätte: "Gerade für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Arbeitnehmerschutzvorschriften verstoßen, hat das entsprechende, vom Arbeitgeber eingerichtete Kontrollsystem Platz zu greifen. Im Beschwerdefall zeigt jedoch das eigenmächtige Verhalten des verunfallten Arbeitnehmers zum Tatzeitpunkt, dass kein wirksames Kontrollsystem im Sinn der hg. Judikatur vorhanden war".

 

Die Verantwortung des Bw, wonach die Arbeitnehmer auf der gegenständlichen Baustelle aus Eigeninitiative ohne entsprechende Anweisungen tätig wurden, vermag ihn daher nicht zu entlasten (VwGH vom 23. Juli 2004, 2004/02/0002 mit Vorjudikatur).

 

Dem Bw ist es daher nicht gelungen glaubwürdig darzulegen, dass in seinem Unternehmen überhaupt entsprechende konkrete Anweisungen hinsichtlich des Umgangs mit asbesthältigen Arbeitsstoffen bezogen auf die jeweils erforderlichen Arbeitsabläufe vorlagen. Dass die Einhaltung dieser Anweisungen vom Bw auch entsprechend kontrolliert wurde, hat dieser nicht einmal behauptet. Insbesondere konnte der Bw im Verfahren nicht nachvollziehbar darlegen, welche Maßnahmen von ihm konkret getroffen wurden und wann, wie oft und auf welche Weise Kontrollen vorgenommen wurden. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht jedenfalls die vom Bw angesprochene – und nahezu ein Jahr zurückliegende - einmalige allgemeine Unterweisung sowie das Austeilen von Sicherheitsdatenblätter nicht aus (vgl. VwGH vom 14.12.2007, Zl. 2007/02/0277). Das Beweisergebnis legt vielmehr nahe, dass ein entsprechend funktionierendes Kontrollsystem hinsichtlich des zum Schutz der Arbeitnehmer erforderlichen Umgangs mit Arbeitsstoffen aus Asbestzement im vom Bw vertretenen Unternehmen nicht eingerichtet war.

 

Die gegenständliche Verwaltungsübertretung ist dem Bw daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Seitens der belangten Behörde wurde über den Bw eine Geldstrafe in Höhe von 1.000 Euro (EFS 48 Stunden) verhängt. Milderungs- bzw. Erschwerungsgründe wurden nicht gewertet. Zutreffend wurde ausgeführt, dass es sich bei Asbest um einen krebserregenden Arbeitsstoff handelt und die Gesundheit der Arbeitnehmer daher im besonderen Maß gefährdet wurde. Aus diesem Grund erscheint auch die Verhängung einer deutlich über der Mindeststrafe gelegenen Geldstrafe gerechtfertigt und geboten. Allerdings sieht sich der Unabhängige Verwaltungssenat anlässlich der Berufung veranlasst, die bisherige Unbescholtenheit des Bw als strafmildernd zu berücksichtigen und die verhängte Geldstrafe auf 800 Euro (EFS 36 Stunden) herabzusetzen, da aus dem eingeholten Verwaltungsstrafregisterauszug ersichtlich ist, dass zum Tatzeitpunkt eine rechtskräftige Verurteilung des Bw wegen einer Verwaltungsübertretung. nicht vorlag. Nach Ansicht des Unabhängigen Verwaltungssenates ist auch mit der nunmehr verhängten Strafe eine ausreichende Sanktion gesetzt, um den Bw die Unrechtmäßigkeit seiner Tat eindringlich vor Augen zu halten und ihn künftig zu einem gesetzeskonformen Verhalten anzuleiten. Es ist jedoch darauf hinzuweisen, dass der Bw in Hinkunft bei weiteren Übertretungen mit empfindlich höheren Strafen zu rechnen hat.

 

Ein Vorgehen nach § 20 VStG (außerordentliche Strafmilderung) scheidet jedoch ebenso wie eine Anwendung des § 21 VStG (Absehen von der Strafe) aus, da die dafür erforderlichen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

7. Aufgrund der Herabsetzung der verhängten Strafe war der Verfahrenskostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde gemäß § 64 VStG entsprechend herabzusetzen. Da der Berufung hinsichtlich der verhängten Strafhöhe Folge gegeben wurde, sind gemäß § 65 VStG die Kosten des Berufungsverfahrens dem Bw nicht aufzuerlegen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

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