Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531068/2/Re/Sta

Linz, 24.08.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der x, x, vertreten durch die Rechtsanwälte x, x, vom 6. August 2010 gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 26. Juli 2010, Ge-0603-6107, betreffend die Verfügung von Maßnahmen gemäß § 360 Abs.1 GewO 1994, zu Recht erkannt:

 

 

         Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und der Bescheid       der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 26. Juli 2010,
         Ge-0603-6107, wird bestätigt.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG)

§§ 359a und 360 Abs.1 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994)

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. hat mit dem zitierten und nunmehr bekämpften Bescheid vom 26. Juli 2010, Ge-0603-6107, gegenüber Frau x, x, eine Schließungsmaßnahme nach § 360 Abs.1 GewO 1994 dahingehend vorgeschrieben, als die gewerberechtlich nicht genehmigte Musikanlage im Lokal "x" im Standort x, unverzüglich außer Betrieb zu nehmen ist.

Dies im Wesentlichen mit der Begründung, bereits im Jahr 2008 konnte festgestellt werden, dass in der Gaststättenbetriebsanlage in x, eine nicht genehmigte Musikanlage in Betrieb sei, wobei dadurch Nachbarn belästigt worden seien. Die Berufungswerberin wurde bereits damals gemäß § 360 GewO 1994 aufgefordert, die Musikanlage außer Betrieb zu nehmen und auf Dauer einzustellen oder so lange einzustellen, bis die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Betriebes vorlägen. Nun wurde neuerlich angezeigt, dass im Lokal laute Musik gespielt und die Nachtruhe erheblich gestört werde, dies durch die Stadtpolizei x. Die Ermittlungen hätten ergeben, dass für die Musikanlage im gegenständlichen Lokal keine Genehmigung erteilt worden sei. Die Genehmigungspflicht ergebe sich auf Grund des Umstandes, dass durch den Lärm der Anlage Nachbarn belästigt werden können. Der Aufforderung durch die belangte Behörde, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand dadurch herzustellen, als der Betrieb der Anlage auf Dauer einzustellen oder so lange einzustellen ist, bis die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Betriebes vorliegen, sei nicht nachgekommen worden, weshalb die angeführten Maßnahmen mit sofortiger Wirkung zu verfügen waren.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Anlageninhaberin x, vertreten durch die Rechtsanwälte x mit Schriftsatz vom 6. August 2010, der Post zur Beförderung übergeben am 9. August 2010 und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben.  Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, die Behörde gehe davon aus, die Betreiberin der Gaststättenbetriebsanlage habe den in der Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. vom 29. Juli 2008 geforderten, der Rechtsordnung entsprechenden Zustand binnen der gesetzten Frist nicht in der geforderten Art und Weise hergestellt. Die Verfahrensanordnung sei mit 29. Juli 2008 datiert und die Frist sei bis 1. August 2008 festgesetzt worden, was keiner "angemessenen Frist" im Sinne des § 360 GewO entspreche, sondern überschießend kurz bemessen sei und der Einschreiterin keine andere Möglichkeit als das Abstellen der Musikanlage einräume. Die Stilllegung der Musikanlage entspräche im gegenständlichen Fall einer Betriebsschließung. Es liege auf der Hand, dass die Besucher einer "Rock Bar" ein primäres Interesse an dieser Musikrichtung hätten. Ein Weiterbetrieb ohne Musikanlage sei gerade zu unmöglich und eine adäquate Maßnahme, wie etwa die Anordnung einer entsprechenden Lärmbegrenzung, wäre zweifellos ausreichend gewesen. Die Stilllegung der Anlage sei demgegenüber überschießend und entspräche nicht der Regelung und Intention des § 360 GewO 1994. Beantragt werde die ersatzlose Behebung des Bescheides vom 26. Juli 2010, in eventu die Vorschreibung einer Betriebseinstellung dergestalt, dass die Herstellung einer entsprechenden Lärmbegrenzung angeordnet werde.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu Ge-0603-6107.

 

Eine öffentliche mündliche Verhandlung entfällt gemäß § 67d Abs.1 AVG, mangels Erfordernis.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 360 Abs. 1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß § 366 Abs. 1 Z1, 2 oder 3 besteht, unabhängig von der Einleitung eines Strafverfahrens, den Gewerbeausübenden bzw. den Anlageninhaber mit Verfahrensanordnung zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes innerhalb einer angemessen, von der Behörde zu bestimmenden Frist aufzufordern; eine solche Aufforderung hat auch dann zu ergehen, wenn der Verdacht einer Übertretung gemäß  § 367 Z25 besteht und nicht bereits ein einschlägiges Verfahren gemäß § 78 Abs. 2, § 79 c Abs. 4 oder § 82 Abs. 3 anhängig ist. Kommt der Gewerbeausübende bzw. der Anlageninhaber dieser Aufforderung innerhalb der gesetzten Frist nicht nach, so hat die Behörde mit Bescheid die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes jeweils notwendigen Maßnahmen, wie die Stilllegung von Maschinen oder die Schließung von Teilen des Betriebes oder die Schließung des gesamten Betriebes, zu verfügen.

 

Bei den Übertretungen gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 der GewO 1994 handelt es sich um die Straftatbestände der Gewerbeausübung ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben (Z1), des Errichtens oder Betreibens einer genehmigungspflichtigen Betriebsanlage ohne die erforderliche Genehmigung (Z2) bzw. des Änderns einer genehmigten Betriebsanlage oder des Betriebes derselben nach einer Änderung ohne erforderliche Genehmigung.

 

Als allgemeine Voraussetzung für ein Vorgehen nach § 360 der Gewerbeordnung 1994 führt der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur für die Verfügung von Maßnahmen die tatsächliche Ausübung der Tätigkeit bzw. den tatsächlichen Betrieb der Betriebsanlage an.  Der normative Inhalt des § 360 Abs.1 leg.cit. setzt für die Anordnung jeweils notwendiger Maßnahmen das weiterhin gegebene Nichtvorliegen eines der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes voraus (VwGH 20.1.1987, 86/04/0139). Dabei darf die Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes durch jeweils notwendige Maßnahmen lediglich der "contrarius actus" zu jenen Zuwiderhandlungen sein, hinsichtlich derer der Verdacht einer Verwaltungsübertretung besteht.

 

Die in § 360 Abs.1 GewO 1994 geregelte Ermächtigung zur Verfügung einstweiliger Zwangs- und Sicherheitsmaßnahmen hat zur Voraussetzung, dass eine solche Maßnahme erst nach einer entsprechenden Aufforderung (Verfahrensanordnung) zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes gesetzt werden darf. Dabei bedeutet die "Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes" die Wiederherstellung jener Sollordnung, die sich aus den in Betracht kommenden gewerberechtlichen Bestimmungen ergibt, also etwa die Einstellung der unbefugten Gewerbeausübung, die Einstellung des unbefugten Errichtens oder Betreibens einer Betriebsanlage, die Schließung des gesamten Betriebes, die Einhaltung einer Bescheidauflage etc.

 

Die Einsichtnahme in den vorliegenden Verfahrensakt der Bezirkshauptmannschaft Braunau a.I. zeigt, dass der gegenständliche Gastgewerbebetrieb ursprünglich als Buffet errichtet und im Jahr 1992 als Cafe genehmigt wurde. Eine Genehmigung für eine Musikanlage ist dieser Rechtslage nicht zu entnehmen. In der Folge wurden wiederholt Anrainerbeschwerden wegen Lärmbelästigung durch die Lüftungsanlage und wegen Nichteinhaltung von Sperrstunden vorgebracht und hat die belangte Behörde mehrere Überprüfungen der Betriebsanlage durchgeführt bzw. veranlasst. Nachdem im Rahmen einer Überprüfung im Juli 2008 auch laute Musik durch den Betrieb einer Musikanlage festgestellt wurde, erging die Aufforderung im Grunde des § 360 Abs.1 GewO 1994, den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand bis längstens 1. August 2008 dadurch herzustellen, den rechtswidrigen Betrieb der Musikanlage im Lokal "x" im Standort x auf Dauer einzustellen oder so lange einzustellen, bis die gewerberechtlichen Voraussetzungen für die Rechtmäßigkeit des Betriebes (Erteilung der gewerberechtlichen Genehmigung) vorlägen. Gleichzeitig wurde die Anlageninhaberin und jetzige Berufungswerberin aufgefordert und davon in Kenntnis gesetzt, dass eine behördliche Außerinbetriebnahme verfügt würde, wenn dem Auftrag nicht nachgekommen wird, dies durch Außerbetriebnahme der Musikanlage und Abklemmen vom Stromkreis. Auf Grund einer neuen Anzeige betreffend den Betrieb der nicht genehmigten Musikanlage und dadurch hervorgerufener Nachtruhestörung erging in der Folge der nunmehr bekämpfte Bescheid.

In der Berufung wird der nicht genehmigte Betrieb der Musikanlage in der verfahrensgegenständlichen Gaststättenbetriebsanlage nicht bestritten und liegt auch aus Sicht des erkennenden Mitglieds des Unabhängigen Verwaltungssenates zweifelsfrei vor. Auch die Voraussetzungen für die verfügte Maßnahme nach
§ 360 Abs.1 GewO 1994, nämlich die nach Bestehen eines Verdachts einer Übertretung gemäß § 366 Abs.1, Z1, 2 oder 3 zu erlassende Verfahrensanordnung wurde mit Schriftsatz der belangten Behörde vom 29. Juli 2008 erlassen bzw. nachweisbar zugestellt. Das Wesen dieser Verfahrensanordnung erschöpft sich nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes in der Bekanntgabe der Rechtsansicht der Behörde über die Gesetzwidrigkeit der Gewerbeausübung bzw. über die Gesetzwidrigkeit des Betriebes der Betriebsanlage, verbunden mit der nicht weiter sanktionierten Aufforderung, innerhalb der gesetzten Frist den gesetzmäßigen Zustand herzustellen. Wenn die gesetzte Frist fruchtlos verstrichen ist, hat die Behörde durch Bescheid die im Gesetz vorgesehenen und allenfalls auch durch Vollstreckungsmaßnahmen durchsetzbaren Maßnahmen zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes anzuordnen.

 

Diesen formellen Voraussetzungen wird im gegenständlichen Verfahren entsprochen. Einzige Maßnahme zur Herstellung des entsprechenden Zustandes in Bezug auf den Betrieb einer nicht genehmigten Betriebsanlage ist die Außerbetriebnahme der Musikanlage, nicht jedoch die behördliche Prüfung in Bezug auf einen allfälligen leiseren Betrieb der Betriebsanlage, so wie dies von der Berufungswerberin vorgebracht wird, da doch grundsätzlich der Betrieb der Anlage einer Genehmigung bedarf, dies auch mit der allenfalls vorzuschreibenden Lärmbegrenzung etc.

 

Auch das Vorbringen der Berufungswerberin, die in der Verfahrensanordnung vom 29. Juli 2008 festgelegte Frist bis 1. August 2008 sei nicht angemessen, sondern überschießend kurz bemessen, kann der Berufung nicht zum Erfolg verhelfen.

Es ist zwar  - wie im § 360 Abs.1 normiert – in der Verfahrensanordnung von der Behörde eine – zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes – angemessene Frist einzuräumen. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes richtet sich die Angemessenheit nach dem Zeiterfordernis, das für die Durchführung der Maßnahme, die zur Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes notwendig sind, erforderlich ist (VwGH 13.12.2000, 2000/04/0189). Bei entsprechender Fallgestaltung kann auch eine "unverzügliche" Herstellung des der Rechtsordnung entsprechenden Zustandes im Sinne des Gesetzes angemessen sein. Demnach hat der Verwaltungsgerichtshof insbesondere in Bezug auf den Betrieb einer Musikanlage ausgesprochen, dass eine – wie im zitierten Erkenntnis verfahrensgegenständliche – Stilllegung einer Musikanlage jedenfalls auch unverzüglich erfolgen kann (VwGH 8.11.2000, 2000/04/0156). Es ist demnach im Rahmen der angemessenen Frist nicht diejenige Zeit zu gewähren, die für die Einholung einer gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung für die Änderung der Anlage durch Inbetriebnahme einer Musikanlage, erforderlich ist, sondern lediglich diejenige Zeit, die erforderlich ist, um den der Rechtsordnung entsprechenden Zustand – im gegenständlichen Fall die Außerbetriebnahme der Musikanlage – herzustellen.

 

Im Übrigen ist der Berufungswerberin im Zusammenhang mit ihren Einwänden gegen die ihrer Meinung nach nicht angemessene Frist entgegenzuhalten, dass ihr bereits mit Verfahrensanordnung im Jahre 2008 mitgeteilt wurde, dass ihre Anlage nicht der Rechtsordnung entspricht und sie es offensichtlich zumindest bis zur Erlassung des nunmehr bekämpften Bescheides (mehr als 2 Jahre später) nicht für erforderlich erachtet hat, um die erforderliche Genehmigung bei der Bezirksverwaltungsbehörde anzusuchen.

 

Aus all diesen Gründen und der sich daraus ergebenden Sach- und Rechtslage war somit wie im Spruch zu entscheiden und konnte der Berufung keine Folge gegeben werden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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