Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165320/2/Bi/Kr

Linz, 23.08.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vom 7. August 2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshaupt­mannes von Perg vom 8. Juli 2010, VerkR96-586-2010, wegen Übertretung des KFG 1967, zu Recht erkannt:

 

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verwaltungsstrafverfahren ohne Vorschreibung von Verfahrenskostenbeiträgen eingestellt.

 

Rechtsgrundlage:

§ 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 45 Abs.1 Z1 und 66 VStG

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über die Beschuldigte wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967 eine Geldstrafe von 80 Euro (36 Stunden EFS) verhängt, weil sie als Zulassungsbesitzerin des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X trotz schriftlicher Aufforderung der Bezirkshauptmannschaft Perg, Dirnbergerstraße 11, 4320 Perg, gleiche Zahl, am 28. April 2010 keine richtige Auskunft darüber erteilt habe, wer dieses Fahrzeug am 19. Februar 2010 um 14.55 Uhr in Grein in der Kurzparkzone am Stadtplatz vor dem Haus Nr.9 abgestellt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.    

Gleichzeitig wurde ihr ein Verfahrenskostenbeitrag von 8 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat die Berufungswerberin (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.2 Z1 VStG).

 

3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, sie habe bereits mitgeteilt, dass nicht sie, sondern Herr X das Fahrzeug gelenkt habe. Dazu habe sie ihre Stundenabrechnung bei der X GmbH & Co KG für den Monat Februar übersandt, aus der hervorgehe, dass sie am 19. Februar 2010 von 12 bis 18 Uhr in Linz gearbeitet habe. Sie könne dazu auch Arbeitskollegen als Zeugen benennen.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Aus der Anzeige der PI Grein geht hervor, dass der auf die Bw zugelassene Pkw X am 19. Februar 2010 um 14.55 Uhr in Grein vor dem Haus Stadtplatz 9 in der Kurzparkzone ohne Parkscheibe vorgefunden wurde. Der Lenker habe einen an der Windschutzscheibe hinterlassenen Verständigungs­zettel unbeachtet gelassen.

 

Laut Vermerk auf der Anzeige hat die Erstinstanz eine Strafverfügung mit dem Datum 4. März 2010 erlassen mit einem Strafbetrag von 21 Euro bzw 12 Stunden Ersatzfreiheitsstrafe. Ein Ausdruck dieser Strafverfügung findet sich nicht im von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt, ebenso fehlt jeglicher Zustellnachweis.

Mit Schreiben vom 28. April 2010 hat die Bw "Einspruch gegen die Strafver­fügung VerkR96-586-2010" erhoben und diesen damit begründet, das genannte "Kfz sei am 19. Februar 2010 von Herrn X, bish.wh. X, gelenkt" worden.

Daraufhin hat die Erstinstanz ein Ersuchen um Lenkerbekanntgabe vom 4. Mai 2010 an Herr X, Adresse wie von der Bw genannt, abgesandt, die mit dem handschriftlichen Vermerk "unbekannt" von der Post retourniert wurde. Sodann erging an die Bw die Strafverfügung vom 25. Mai 2010 mit dem Vorwurf einer Übertretung gemäß §§ 103 Abs.2 iVm 134 Abs.1 KFG 1967, wieder ohne Zustellnachweis. Die Bw erhob dagegen mit Schreiben vom 11. Juni 2010 Einspruch mit der Begründung, ihre Auskunft sei richtig gewesen.  

 

Seitens der Erstinstanz wurde daraufhin eruiert, dass es in Linz zwei Personen dieses Namens gibt, die aber beide nicht an der von der Bw genannten Adresse gemeldet sind. Das wurde der Bw mit Schreiben vom 28. Juni 2010 mitgeteilt, worauf diese eine Stundenabrechnung ihres Arbeitgebers über die Zeitbuchungen im Februar 2010 vorlegte, aus der hervor­geht, dass sie am 19. Februar 2010 von 11.28 Uhr bis 18.12 Uhr gearbeitet habe, wobei sie ausführte, sie habe in Linz gearbeitet.

Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967 kann die Behörde Auskünfte darüber verlangen, wer zu einem bestimmten Zeitpunkt ein nach dem Kennzeichen bestimmtes Kraft­fahr­zeug ge­lenkt oder einen nach dem Kennzeichen bestimmten Anhänger ver­wendet hat bzw zu­letzt vor einem bestimmten Zeitpunkt an einem bestimmten Ort abgestellt hat. Diese Auskünfte, welche den Namen und die Anschrift der be­treffenden Person enthalten müssen, hat der Zulassungsbesitzer zu erteilen; kann er diese Auskunft nicht erteilen, so hat er die Person zu benennen, die die Aus­kunft erteilen kann, diese trifft dann die Auskunftspflicht; die Angaben des Aus­kunftspflichtigen entbinden die Behörde nicht, diese Angaben zu überprüfen, wenn dies nach den Umständen des Falles geboten er­scheint. Die Auskunft ist unverzüglich, im Fall der schriftlichen Aufforderung binnen zwei Wochen nach Zustellung zu erteilen; wenn eine solche Auskunft ohne entsprechende Aufzeich­nun­gen nicht erteilt werden könnte, sind diese Aufzeichnungen zu führen. (Ver­fassungsbestimmung) Gegenüber der Befugnis der Behörde, derartige Auskünfte zu verlangen, treten Rechte auf Auskunfts­­verweigerung zurück.

 

Der Bw wurde innerhalb der sechsmonatigen Verfolgungsverjährungsfrist ange­lastet, sie habe "trotz schriftlicher Aufforderung" der Erstinstanz keine richtige Auskunft darüber erteilt, wer das genannte Fahrzeug zum genannten Zeitpunkt am genannten Ort abgestellt habe oder wer diese Auskunft erteilen könne.

Im von der Erstinstanz vorgelegten Verfahrensakt findet sich weder eine der­artige Aufforderung noch ist ersichtlich, dass und, wenn ja, wann der Bw eine solche zugestellt worden wäre, da zwar im Vermerk auf der Anzeige von einer Strafverfügung die Rede ist, aber nicht von einer Aufforderung gemäß § 103 Abs.2 KFG 1967.

 

Vielmehr wurde die inhaltliche Lenkerauskunft von der Bw im Rahmen eines "Einspruchs gegen Strafverfügung VerkR96-386-2010" erteilt, dh im Rahmen eines Rechtsmittels im Verwaltungsstrafverfahren. Dafür, dass die Bw diese als Begründung für das Rechtsmittel gedachte Auskunft "auf Verlangen der Behörde" erteilt hätte, besteht auf der Grundlage des vorge­legten Verfahrensaktes kein Anhaltspunkt. Eine Äußerung im Verwaltungs­straf­verfahren ist aber im Licht des Rechts jedes Beschuldigten zu sehen, sich in jeder Richtung verantworten zu können. Die Bw unterlag bei der von ihr abgegebenen Äußerung weder einer verwaltungsstrafrechtlich sanktionierten Wahrheitspflicht noch einer besonderen Sorgfaltspflicht im Hinblick auf nähere Daten des von ihr genannten Lenkers.

 

Mit der von ihr vorgelegten Stundenabrechnung hat sie dargetan, dass sie selbst zur Beanstandungszeit gearbeitet hat. Näheres über den von ihr angegebenen Lenker (zB das Geburtsdatum) herauszufinden, wäre der Erstinstanz –

gege­benen­falls durch ein nunmehr gesetzeskonformes Auskunftsbegehren – oblegen, zumal die Bw nur bei einer ihr bekannten Namensgleichheit (zB von Vater und Sohn) zur Angabe des Geburtsdatums anzuhalten wäre (vgl VwGH 5.7.1996, 96/02/0075). Die Angabe der letzten bekannten Adresse reicht dann aus, wenn dem zur Auskunftserteilung Verpflichteten die neue Adresse nicht bekannt ist.

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes ist das Datum der Zustellung der Aufforderung zu Lenkerbekanntgabe kein wesentliches Tatbe­stands­merkmal. Es muss (nur) unverwechselbar feststehen, um welche Auffor­derung, deren Nichtbefolgung dem Beschuldigten zur Last gelegt wird, es sich handelt; hiezu genügt das Fatum der Aufforderung (vgl E 20.12.1993, 93/02/0196, mit Hinweis auf E 8.11.1989, 89/02/0004).

Die Anlastung nach § 103 Abs.2 KFG muss das Datum der Aufforderung zur Lenkerbekanntgabe enthalten (vgl VwGH 20.12.1993, 93/02/0196; 15.12.2000, 99/02/0381).

 

Da das der Bw zur Last gelegte Verhalten keine Verwaltungsübertretung bildet, war spruchgemäß zu entscheiden. Dabei fallen naturgemäß Verfahrenskosten nicht an.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bissenberger

 

 

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