Linz, 07.09.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Rechtsanwalt RAe X, X, X & X, X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 22.06.2010, Zl. VerkR96-43244-2009/Dae/Pos, wegen Übertretung der StVO 1960, nach der am 7. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung und Verkündung, zu Recht erkannt:
I. Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen; der Hinweis auf den Abzug des Verkehrsfehlers hat zu entfallen.
II. Zuzüglich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten werden als Kosten für das Berufungsverfahren 72,80 Euro (20 % der verhängten Geldstrafe) auferlegt.
Rechtsgrundlagen:
zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – AVG iVm § 19 Abs.1 u. 2, § 24, § 51 Abs.1, § 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 – VStG.
zu II.: § 66 Abs.1 VStG.
Entscheidungsgründe:
1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit dem o.a. Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Übertretung nach § 52 lit.a Z10a iVm § 99 Abs.2e StVO 1960 eine Geldstrafe von 364 Euro und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 144 Stunden verhängt, weil er als Lenker des Pkw mit dem Kennzeichen X am 26.9.2009 um 20:03 Uhr, in die durch Straßenverkehrszeichen in Pucking, Autobahn A1 bei km 175.060 in Fahrtrichtung Wien, in diesem Bereich kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 100 km/h, um 51 km/h überschritten habe. Die in Betracht kommende Messtoleranz sei zu seinem Gunsten bereits abgezogen worden.
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz Folgendes aus:
2. Dagegen wendet sich der Berufungswerber mit seiner fristgerecht durch seinen ausgewiesenen Rechtsvertreter erhobenen Berufung und führt diese wie folgt aus:
2.1. Mit diesem Vorbringen vermag der Berufungswerber eine Rechtswidrigkeit des Schuld- und Strafausspruches nicht aufzuzeigen.
3. Die Behörde erster Instanz hat den Akt zur Berufungsentscheidung vorgelegt; somit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde ist der Unabhängige Verwaltungssenat durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zur Entscheidung berufen.
Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung war angesichts des bestrittenen Sachverhaltes und des gesonderten Antrages auf Vernehmung des Berufungswerbers erforderlich (§ 51e Abs.1 VStG).
4. Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Erörterung des Inhaltes des Verwaltungsstrafaktes der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land.
Ebenfalls wurde der die Anhaltung und Amtshandlung mit dem Lenker des oben angeführten Fahrzeuges durchführende Meldungsleger RI X einvernommen.
Der Berufungswerber – der wenige Minuten vor Verhandlungstermin wegen eines angeblichen Todesfalles im Familienkreis seine angebliche Verhinderung fernmündlich der h. Kanzlei mitteilte – aber auch dessen Vertreter nahm unentschuldigt an der Berufungsverhandlung nicht teil.
Die Behörde erster Instanz entschuldigte sich betreffend die Nichtteilnahme.
5. Folgender Sachverhalt gilt aufgrund der unstrittigen Aktenlage als erwiesen:
Das Kraftfahrzeug des Berufungswerbers wurde zur o.a. Zeit u. Örtlichkeit auf der A1 in Fahrtrichtung Wien unter erheblicher Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit gelenkt. Nach der dort durchgeführten Lasermessung wurde dieses Fahrzeug schließlich auf der Autobahnraststätte Ansfelden Süd von diesen Organen der Verkehrsüberwachung angehalten.
Der Lenker identifizierte sich mit dem auf den Berufungswerber lautenden Führerschein (AS 10). Er gestand die Geschwindigkeitsüberschreitung unter Hinweis auf eine Fahrt zu einem familiären Treffen in Wien ein und bat diesbezüglich eine Organmandatstrafe ausgestellt zu bekommen. Dies lehnte der Meldungsleger – wohl mit dem Hinweis auf das Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung – ab.
5.1. Anlässlich der Berufungsverhandlung, zu welcher der Berufungswerber unter gesonderten Hinweis auf seine Mitwirkungspflicht zwecks Gegenüberstellung mit dem Meldungsleger auch persönlich geladen wurde aber nicht erschien, erklärte der Zeuge unter Hinweis auf das im Akt erliegende Führerscheinfoto des Berufungswerbers unumwunden und überzeugend, dass es sich bei der dort abgebildeten Person um den damals angehaltenen Fahrzeuglenker handelt.
Dem Zeugen wurde zur Einschau auch das Vergleichsfoto eines kosovarischen Bürgers namens X, vorgelegt. Diese sich vom Berufungswerber – im Gegensatz zu dessen Vorbringen - physionomisch doch recht deutlich unterscheidenden Person schloss der Zeuge diese Person als Lenker mit Sicherheit aus.
Diese Person wurde auch erst im Rahmen des weit fortgeschrittenen erstinstanzlichen Verfahrens ins Spiel gebracht. Noch nicht einmal anlässlich des handschriftlich erhobenen Einspruches am 27.10.2009 wusste der Berufungswerber von dieser Person als Lenker zu berichten. Er wies im Einspruch nur knapp darauf hin nicht gefahren zu sein.
Wenn nun der Berufungswerber mit Blick auf die sich aus dem Akt ergebenden Einträge im Führerscheinregister als durchaus als verkehrsauffällig bezeichnet werden kann, nach mehreren Fristerstreckungsanträgen durch seine Rechtsvertreterschaft mit Schriftsatz vom 15.3.2010 eine angeblich von einen Herrn X am 13.3.2010 handschriftlich verfasste „Eidesstättige Erklärung“ vorlegt, vermag er damit aus der Überzeugung der Berufungsbehörde seine Lenkerschaft keineswegs entkräften.
Das Zustandekommen dieses Dokumentes lässt sich in keiner Weise nachvollziehen.
Dies vor dem Hintergrund, dass einerseits mit Überzeugung der Wahrnehmungskompetenz des Meldungslegers gefolgt wird, dass er eine sich mit dem Führerschein ausweisende Person – die sich wie oben schon gesagt deutlich von der numehr ins Spiel gebrachten Person im Gesichtsausdruck unterscheidet – sehr wohl als die physisch vor ihm stehende (beamtshandelte) Person erkannt hat. Für einen Polizeibeamten ist die Abgleichung von Lichtbilddokumenten mit der Person des Inhabers durchaus geübte Routine, sodass einem Polizeibeamten eine solche Fähigkeit wohl mit gutem Grund zuzumuten ist.
Schließlich lässt der Berufungswerber auch jegliche Hinweise darüber vermissen wie sich die genannte Person seines Autos und seines Führerscheins, ohne seine umgehende Kenntnis darüber, bemächtigt haben soll.
Wäre dies tatsächlich der Fall gewesen, wäre es wohl naheliegend einen solchen Umstand, so er nicht als Fahrzeugentfremdung zu Anzeige gelangt wäre, vor dem Hintergrund der Anhaltung unter Vorgabe einer falschen Identität, bei sich ehest bietender Gelegenheit und nicht erst ein halbes Jahr später der Verwaltungsstrafbehörde kundgetan zu haben.
Bezeichnend ist schließlich auch, dass selbst keiner seiner Rechtsvertreter, denen die Ladung gesondert im elektronischen Weg zugestellt wurde, ohne jegliche Angabe von Gründen, an der Berufungsverhandlung ebenfalls nicht teilnahm.
Ingesamt kann dieser Darstellung seitens der Berufungsbehörde nur als wahrlich dreister Versuch einer Schutzbehauptung qualifiziert werden, deren Inhalt auch auf strafrechtliche Relevanz den gerichtlichen Strafverfolgungsbehörden zu Kenntnis gebracht wird.
Auf die unbestritten bleibende Tatsache der zur Last gelegten Geschwindigkeitsüberschreitung ist hier nicht mehr näher einzugehen. Diesbezüglich ist ebenfalls den Anzeigeangaben vollinhaltlich zu folgen gewesen.
Mangels jeglichen Hinweises, dass diese Person je im Gelgenheitsverhältnis gestanden hätte das Fahrzeug des Berufungswerbers und dessen Führerscheins in seine Sphäre zu bekommen, wurde der diesbezüglich beantragten Zeugenladung, nicht zuletzt aus verfahrensökonomischen Erwägungen, nicht näher getreten.
Sehr wohl wurde dem Berufungswerber in der Ladung anheim gestellt diesen angeblichen Lenker als Zeugen im Rahmen des Berufungsverfahrens stellig zu machen. Dieser war aber offenbar selbst nicht geneigt sich dem Verfahren zu stellen und dem Meldungsleger im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht gegenüber zu treten.
6. Rechtlich hat der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:
Nach § 99 Abs.2e StVO begeht eine Verwaltungsübertretung begeht und ist mit einer Geldstrafe von 150 bis 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Arrest von 48 Stunden bis zu sechs Wochen, zu bestrafen, wer die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit im Ortsgebiet um mehr als 40 km/h oder außerhalb des Ortsgebiets um mehr als 50 km/h überschreitet.
Im übrigen kann auf die zutreffenden rechtlichen Ausführungen der BH Linz-Land verwiesen werden.
Der Verwaltungsgerichtshof geht in seiner als gesichert anzusehenden Rechtsprechung davon aus, dass ein Laserverkehrsgeschwindigkeitsmesser der Bauart LTI 20.20 TS/KM-E grundsätzlich ein taugliches Mittel zur Feststellung einer von einem Fahrzeug eingehaltenen Geschwindigkeit ist und dass einem mit der Geschwindigkeitsmessung betrauten Beamten auf Grund seiner Schulung die ordnungsgemäße Verwendung des Gerätes zuzumuten ist (vgl. u.a. das Erk. VwGH v. 8.9.1998, 98/03/0144 ua).
Der Hinweis auf die Berücksichtigung des sogenannten Verkehrsfehlers des Lasermessgerätes war mangels eines Tatbestandselementes mit Blick auf § 44a Z1 VStG aus dem Spruch zu eliminieren.
Zur Mitwirkungspflicht ist auf das VwGH-Erk. v. 18.5.2010, 2007/09/0374 mwN zu verweisen.
6.1. Bei der Strafzumessung ist gemäß § 19 VStG Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, sowie der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Überdies sind die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs‑ und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 StGB (Strafgesetzbuch) sinngemäß anzuwenden.
Konkret ist hier zur Strafzumessung auszuführen, dass mit dieser Geschwindigkeitsüberschreitung im Umfang von über 56 km bei Dunkelheit durchaus ein beträchtliches abstraktes Gefährdungspotenzial abgleitet werden kann. Um ein Fahrzeug unter der Annahme einer in der realen Praxis anzunehmenden Bremsverzögerung von 7,5 m/sek2 von der hier (ohne Verkehrsfehler) anzunehmenden Ausgangsgeschwindigkeit von km/h zum Stillstand zu bringen, wird eine Wegstrecke von knapp 173 m in Anspruch genommen. Jener Punkt, an dem ein Pkw unter identen Werten aus 100 km/h nach knapp 82 m zum Stillstand gelangt, wird mit der hier zur Last liegenden Ausgangsgeschwindigkeit noch mit knapp 133 km/h durchfahren (Berechnung mit Anlayzer Pro 32, Version 6.0; Annahme: 1 Sekunde Reaktionszeit, 0,2 Sekunden Bremsschwellzeit).
Aus diesem Beispiel lässt sich nachvollziehen, dass bereits eine an sich geringfügige Fehleinschätzung eines anderen Verkehrsteilnehmers – die etwa in Verkennung der hohen Annäherungsgeschwindigkeit durch den Rückspiegel noch einen Spurwechsel ausführen – ein Unfallereignis bereits unabwendbar machen kann bzw. welch hohe Gefahrenpotenzierung damit einhergeht (vgl. § 3 StVO).
Bei der Annahme eines durchschnittlichen Einkommens des Berufungswerbers ist mit Blick auf den Tatunwert des zu Last gelegten Verhaltens und der abzuleitenden Tatschuld (vorsätzliche Tatbegehung) in Verbindung mit den erschwerend zu wertenden verwaltungsstrafrechtlichen Vormerkungen, die ausgesprochene Geldstrafe innerhalb des gesetzlichen Ermessensspielraumes und als durchaus angemessen zu erachten. Auf den Strafrahmen von 150 bis 2.180 Euro ist gesondert hinzuweisen.
Bei einer Geschwindigkeitsüberschreitung auf der Autobahn im Ausmaß von 50 km/h hat etwa der Verwaltungsgerichtshof schon im Jahr 1991 eine Geldstrafe in der Höhe von 4.000 ATS (nunmehr ca. 291 Euro), selbst wenn mit einer solchen Überschreitung konkret keine nachteiligen Folgen verbunden gewesen sind, als durchaus angemessen erachtet (VwGH 13.2.1991, 91/03/0014).
Ein Ermessensfehler kann bei hier vorgenommenen Strafzumessung nicht erblickt werden.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Dr. B l e i e r