Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165338/2/Bi/Jo

Linz, 06.09.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 10. August 2010 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 23. Juli 2010, S-26024/08-3, wegen Übertretung des FSG, zu Recht erkannt:

 

            I.      Der Berufung wird insofern teilweise Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Schuldspruch mit der Maßgabe bestätigt wird, dass der Tatzeitraum ab 8. Juli 2010 (Zustellung des Mandatsbescheides) anzunehmen ist, die Geldstrafe wird jedoch auf 100 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 48 Stunden herab­gesetzt.

 

        II.      Der Verfahrenskostenbeitrag erster Instanz ermäßigt sich auf 10 Euro; ein Kostenbeitrag zum Rechtsmittelverfahren entfällt.

 

Rechtsgrundlage:

zu I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 44a Z1 und 19 VStG

zu II.: § 64f VStG

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis wurde über den Beschuldigten wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 29 Abs.3 iVm 37 Abs.1 FSG eine Geldstrafe von 220 Euro (5 Tagen EFS) verhängt, weil er nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Bescheides der BPD Linz, Verkehrsamt, vom 26. Mai 2008, FE-261/2008 (Öffentliche Bekanntmachung gemäß § 25 Abs.1 Zustellgesetz am 27. Mai 2008 an der Amtstafel der BPD Linz) über die Entziehung der Lenk­berechtigung, der Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führer­scheins Nr. F06/455018 bis dato nicht nachgekommen sei.

Gleichzeitig wurde ihm ein Verfahrenskostenbeitrag von 22 Euro auferlegt.

 

2. Dagegen hat der Berufungswerber (Bw) fristgerecht Berufung eingebracht, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde. Da keine 2.000 Euro über­steigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden (§ 51c VStG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 51e Abs.3 Z1 und 3 VStG).

 

3. Der Bw macht im Wesentlichen geltend, er habe von einem Bescheid zur Führerscheinentziehung nichts gewusst, weil ihm nie etwas zugestellt worden sei. Eine Schwester habe er nicht. Auf dem Schriftsatz war "1 Kopie" angekündigt, angeschlossen war diesem aber nichts.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus lässt sich ersehen, dass dem Bw mit Bescheid der BPD Linz vom 2. März 2007 die Lenkberechtigung für die Klasse B eingeschränkt und vorgeschrieben wurde, dass er sich in Abständen von 6, 12 und 24 Monaten laborfachärztlichen Kontrolluntersuchungen zu unterziehen habe. Dazu hätte er spätestens mit 1. März 2008 Laborbefunde für Leberfunktions­werte vorzulegen gehabt. Der von ihm am 3. März 2008 vorgelegte Befund war laut Polizeiarzt Dr. X nicht normwertig, sodass der Bw mit – in Rechtskraft erwachsenem – Bescheid der BPD Linz vom 4. März 2008 gemäß § 24 Abs.4 FSG aufgefordert wurde, sich einer amtsärztlichen Untersuchung zur gesund­heitlichen Eignung zum Lenken von Kraftfahrzeugen zu unterziehen. Dazu wurde ihm eine Frist bis 19. Mai 2008 eingeräumt, die der Bw nicht wahrnahm.

Auf dieser Grund­lage wurde ihm mit (Mandats)Bescheid der BPD Linz vom 26. Mai 2008, Fe-261-2008, gemäß § 24 Abs.4 3.Satz FSG die Lenkberechtigung – Führerschein der BPD Linz, ausgestellt am 2. März 2007 zu Zl. 06/455018 für die Klasse B – ab Bescheidzustellung bis zur Beibringung des geforderten amts­ärzt­lichen Gutachtens über die Feststellung der gesund­heitlichen Eignung entzogen und gemäß § 29 Abs.3 FSG die unverzügliche Ablieferung des Führerscheins bei der Behörde angeordnet.

Da der Bw seit 16. Juli 2007 nicht mehr an der Adresse in X, gemeldet, "unbekannt verzogen" und auch über andere Personen nicht mehr erreichbar war, wurde gemäß § 25 Abs.1 Zustellgesetz der angeführte Mandatsbescheid an der Amtstafel der BPD Linz in der Zeit von 27. Mai 2008 bis 11. Juli 2008 angeschlagen und daher durch öffentliche Bekannt­machung zugestellt und rechtskräftig, zumal dagegen kein Rechts­mittel erhoben wurde. Der Führerschein wurde aber nicht abgeliefert.

 

Mit Strafverfügung der Erstinstanz vom 30. September 2008 wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 29 Abs.3 iVm 37 Abs.1 FSG für schuldig erkannt und bestraft, weil er nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungs­bescheides der BPD Linz vom 26. Mai 2008, FE-261/2008, seiner Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führerscheins nicht nachge­kommen sei. Die Strafverfügung konnte dem Bw, der mit 7. September 2009 wieder an der vorherigen Adresse gemeldet ist, erst am 14. Mai 2010 durch Hinterlegung zugestellt werden. Der dagegen erhobene Einspruch vom 25. Mai 2010 ist rechtzeitig. Der Bw hat ausgeführt, er habe nie ein Schreiben bekommen, habe aber den amtsärztlichen Termin auch tatsächlich nicht eingehalten, weil er in Österreich keine Fahrerlaubnis mehr benötige, kein Fahrzeug besitze, auch keinen Führerschein mehr besitze und ab Herbst 2010 den Wohnsitz wieder nach Deutschland verlege.

Im Akt befindet sich der Vermerk ("Aushang") über den Anschlag des Entziehungs­bescheides an der Amtstafel bei der BPD Linz in der Zeit von 27. Mai 2008 bis 16. Juni 2008.

 

Mit der Aufforderung zur Rechtfertigung vom 2. Juli 2010, S-26024/08-3, wurden dem Bw ua der Mandatsbescheid vom 26. Mai 2008 und der Vermerk ("Aushang") vom 26. Mai 2008 zur Kenntnis gebracht und ihm zur Last gelegt, er sei nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Bescheides der BPD Linz, Verkehrs­amt, vom 26. Mai 2008 (öffentlichen Bekanntmachung gemäß § 25 Abs.1 Zustell­gesetz am 27. Mai 2008 an der Amtstafel der BPD Linz) über die Entziehung der Lenkberechtigung, der Verpflichtung zur unverzüglichen Ablieferung des Führer­scheines Nr. F06/455018, bis dato nicht nachgekommen. Das Schreiben wurde dem Bw am 8. Juli 2010 durch Hinterlegung zugestellt.

Er hat sich mit Schreiben vom 20. Juli 2010 dahin gerechtfertigt, er habe 2007 seinen Wohnsitz ins Ausland verlegt und sei nur wegen des Todes seines Vaters als Unterstützung für seine Mutter zurückgekommen, habe aber sämtliche Unterlagen, so auch den abgelaufenen Führerschein, an seinem Wohnsitz in der Schweiz. Ende 2010 werde er an seinen Wohnsitz zurückkehren und den Führer­schein dann gerne zustellen.

Daraufhin erging das nunmehr angefochtene Straferkenntnis.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 25 Abs.1 Zustellgesetz können Zustellungen an Personen, deren Abgabe­stelle unbekannt ist, oder an eine Mehrheit von Personen, die der Behörde nicht bekannt sind, wenn es sich nicht um ein Strafverfahren handelt, kein Zustellungsbevollmächtigter bestellt ist und nicht gemäß § 8 vorzugehen ist, durch Anschlag an der Amtstafel, dass ein zuzustellendes Dokument bei der Behörde liegt, vorgenommen werden. Findet sich der Empfänger zur Empfang­nahme des Dokuments (§ 24) nicht ein, so gilt, wenn gesetzlich nicht anderes bestimmt ist, die Zustellung als bewirkt, wenn seit dem Anschlag an der Amtstafel der Behörde zwei Wochen verstrichen sind.

 

Da der Bw nicht mehr gemeldet war und es sich bei Verfahren wegen Entziehung der Lenkberechtigung nicht um ein Verwaltungsstrafverfahren handelt, war die Zustellung durch öffentliche Bekanntmachung in der Zeit vom 27. Mai 2008 bis 16. Juni 2008 zulässig und nach Ablauf von zwei Wochen, dh ab 11. Juni 2008, galt der Mandatsbescheid damit als zugestellt. Da kein Rechts­mittel dagegen eingebracht wurde, wurde der Bescheid rechtskräftig.

 

Gemäß § 29 Abs.3 FSG ist nach Eintritt der Vollstreckbarkeit des Entziehungs­bescheides der über die entzogene Lenkberechtigung ausgestellte Führerschein, sofern er nicht bereits abgenommen wurde, unverzüglich der Behörde abzu­liefern.

Die Rechtskraft mit Ablauf der Rechtsmittelfrist nach der durch öffentliche Bekanntmachung erwirkten Zustellung gilt auch für die Anordnung gemäß § 29 Abs.3 FSG, wobei der Bw glaubhaft davon zunächst nichts erfahren hat. Auch die Strafverfügung wegen der Nicht­entsprechung konnte ihm zunächst nicht zugestellt werden. Nach der Zustellung durch Hinterlegung am 14. Mai 2010 wurde dagegen fristgerecht Einspruch erhoben, Rechtskraft ist nicht eingetreten.

 

Wie sich jedoch eindeutig aus dem Verfahrensakt ersehen lässt, wurde der der Anordnung gemäß § 29 Abs.3 FSG zugrundeliegende Mandatsbescheid laut Zustellnachweis dem Bw persönlich als Beilage mit der Aufforderung zur Recht­fertigung durch Hinterlegung am 8. Juli 2010 zugestellt. Ab diesem Zeitpunkt hatte der Bw erstmals nachweislich persön­lich Kenntnis von der sich für ihn aus der Entziehung der Lenkberechti­gung erge­ben­den Verpflichtung, ist dieser aber unbestritten bislang nicht nachge­kommen, weil er nach eigenen Angaben alle seine Unterlagen in der Schweiz gelassen hat.

Damit ergibt sich zweifelsfrei, dass das Argument des Bw, er habe bei der Zustellung der Strafverfügung keine Kenntnis von einer Verpflichtung gemäß § 29 Abs.3 FGS gehabt, zutreffend war, jedoch hatte er ab 8. Juli 2010 sehr wohl Kenntnis vom zugrundeliegenden Mandatsbescheid und der Begriff "unverzüg­lich" lässt keinen weiten Spielraum bei seiner Deutung zu, dh ab diesem Zeit­punkt ist das Verhalten des Bw als tatbestandsmäßig anzusehen.

 

Die Nichtbefolgung der Anordnung der unverzüglichen Ablieferung des Führer­scheins ist, da die Bestimmung des § 29 Abs.3 FSG über das Verschulden nichts bestimmt und der zum Tatbestand der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört, ein Ungehorsamsdelikt, bei dem gemäß § 5 Abs.1 VStG bereits fahrlässiges Verhalten zur Strafbarkeit genügt, es sei denn, der Täter macht glaubhaft, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft. Im ggst Fall macht der Bw geltend, er habe seine Unterlagen am ausländischen Wohnsitz gelassen, dh der Führerschein befinde sich nicht in Österreich und daher könne er ihn auch nicht abliefern.

Dazu ist zu sagen, dass der Bw zwar erst in Österreich konkret von dieser Verpflichtung erfahren hat, wobei ihm aber durchaus bewusst sein musste, dass er eine ihm von der Erstinstanz bescheid­mäßig genauestens aufgetragene Auflage, nämlich fristgerecht ent­sprech­ende Leberlaborwerte beizubringen, nicht erfüllt hatte und ihm bei Nicht­entsprechung die Lenkberechtigung entzogen werden würde, wobei er die ihm eingeräumten Fristen bereits bei weitem über­zogen hatte. Er musste daher nach Auffassung des UVS sehr wohl mit einer Entziehung der Lenkbe­rechtigung rechnen, wobei ihm aufgrund seiner Aus­bildung beim Erwerb der Lenkberechtigung auch bekannt sein musste, dass bei einer solchen Entziehung das Dokument, dh der Führerschein, abzugeben ist. Der Bw hat auch nie geltend gemacht, dass er sich den Führerschein nicht vom Ausland nach Österreich schicken lassen könnte.

Gänzlich fehlendes Verschulden aufgrund völliger Unkenntnis und Unwissenheit über die Sach- und Rechtslage kann der Bw damit nach Auffassung des UVS nicht glaubhaft für sich geltend machen, sodass zumindest von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

Er hat daher den ihm – nunmehr gemäß § 44a Z1 VStG eingeschränkt auf die Tatzeit seit 8. Juli 2010 – zur Last gelegten Tatbestand zweifellos erfüllt und sein Verhalten als Verwaltungs­übertretung zu verantworten.

 

Zur Strafbemessung ist zu sagen, dass aufgrund der zeitlichen Einschränkung des Tatvorwurfs die Strafe herabzusetzen war, wobei der Strafrahmen des § 37 Abs.1 FSG von 36 Euro bis 2.180 Euro Geldstrafe, für den Fall der Uneinbrin­g­lichkeit bis zu sechs Wochen Ersatzfreiheitsstrafe reicht.

Der Bw ist inzwischen ver­waltungs­strafrechtlich unbescholten, was als wesent­licher Strafmilderungs­grund anzusehen ist. Er hat die Einkommens­schätzung der Erstinstanz nicht bestritten, die von einem Einkommen von 1.000 Euro netto monatlich bei fehlendem Vermögen und keinen Sorgepflichten ausgeht.

Im Ergebnis war somit eine Strafherabsetzung gerechtfertigt, wobei die nun festgesetzte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmung des § 19 VStG dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung angemessen ist und general- sowie spezialpräventiven Überlegungen standhält.

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Zu II.:

Der Ausspruch über den Verfahrenskostenersatz ist gesetzlich begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

 

 

 

Beschlagwortung:

Wohnsitz ins Ausland verlegt, Entziehungsbescheid zugestellt durch öffentliche Bekanntmachung – Führerschein nicht unverzüglich abgeliefert. Kenntnis von der Verpflichtung erst ab nochmaliger Zustellung des Entziehungsbescheids, FS im Ausland – Tatbestand erfüllt, aber Tatzeitraum kleiner und jetzt unbescholten -> Strafherabsetzung.

 

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