Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-300958/2/Gf/Mu

Linz, 07.09.2010

E R K E N N T N I S

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Grof aus Anlass der Berufung des x, vertreten durch RA x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. Juli 2010, GZ Pol96-543-2008, wegen einer Übertretung des Tierschutzgesetzes zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlage:

§ 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG; § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG; § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Linz-Land vom 21. Juli 2010, GZ Pol96-543-2008, wurde über den Rechtsmittelwerber eine Geldstrafe in Höhe von 250 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 14 Stunden) verhängt, weil er am 16. März 2008 in X gemeinsam mit zwei Freunden mehrere Frösche mit Lackspray angesprüht und ihnen dadurch ungerechtfertigt Qualen, Leiden und Schäden zugefügt habe. Dadurch habe er eine Übertretung des § 5 Abs. 1 des Tierschutzgesetzes, BGBl.Nr. I 118/2004, i.d.F. BGBl.Nr. I 35/2008 (im Folgenden: TierSchG) begangen, weshalb er nach § 38 Abs. 1 Z. 1 TierSchG zu bestrafen gewesen sei.

Begründend wurde dazu im Wesentlichen ausgeführt, dass der ihm angelastete Sachverhalt auf Grund der Anzeige der Polizeiinspektion St. Florian und des von der belangten Behörde durchgeführten Ermittlungsverfahrens als erwiesen anzusehen sei und vom Rechtsmittelwerber im Grunde auch nicht bestritten werde.

Im Zuge der Strafbemessung seien seine bisherige Unbescholtenheit sowie die lange Verfahrensdauer als mildernd zu werten gewesen, während Erschwerungsgründe nicht hervorgekommen seien. Seine Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse seien entsprechend berücksichtigt worden.

1.2. Gegen dieses ihm am 30. Juli 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 10. August 2010 – und damit rechtzeitig – zur Post gegebene Berufung.

Darin wird vorgebracht, dass allein aus dem Umstand, dass seine beiden mitbeschuldigten Freude kein Rechtsmittel erhoben haben, weder der Schluss gezogen noch gar ein echter Beleg dafür abgeleitet werden dürfe, dass diese deshalb die ihnen angelastete Übertretung als erwiesen erachtet hätten. Außerdem sei nicht festgestellt worden, ob die Frösche, die sich auf einer stark befahrenen Straße befanden, zu dem Zeitpunkt, als sie besprüht wurden, nicht ohnehin schon tot waren.

Daher wird die Aufhebung des angefochtenen Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der BH Linz-Land GZ Pol96-543-2008; da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ und mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 500 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde, konnte im Übrigen von der Durchführung einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

2.2. Nach § 51c VStG hatte der Oö. Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – nicht durch eine Kammer, sondern durch ein Einzelmitglied zu entscheiden.

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Gemäß § 38 Abs. 1 Z. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 TierSchG begeht – außer in den Fällen einer sonst mit Verwaltungsstrafe oder einer mit gerichtlicher Strafe bedrohten Handlung – u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist mit einer Geldstrafe bis zu 7.500 Euro zu bestrafen, der einem Tier ungerechtfertigt Schmerzen, Leiden, Schäden oder schwere Angst zufügt.

3.2. Im vorliegenden Fall geht schon aus der Anzeige der PI St. Florian vom 18. Juni 2008, GZ B6/7107/2008-Ne, nicht hervor, dass zweifelsfrei festgestellt werden konnte, dass zum Tatzeitpunkt zumindest eines der vom Beschwerdeführer besprühten Tiere noch am Leben gewesen wäre; Letzteres wurde von ihm und beiden Mitbeschuldigten auch dezidiert insoweit bestritten, als sie sich davon nicht konkret überzeugt haben. Da unter den Begriff der "Tiere" i.S.d. § 3 Abs. 1 TierSchG jedoch nur (noch) lebendige Tiere fallen, ist die Vivazität des Tieres somit auch ein unabdingbares Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 38 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 TierSchG (die für den Fall des Zutreffens dieser Voraussetzung dann, wenn sich der Rechtsmittelwerber nicht davon überzeugt hätte, ob seine Annahme, dass die Tiere bereits tot waren, auch tatsächlich zutraf, von ihm grob fahrlässig begangen worden wäre).

So niedrig und abstoßend daher die Beweggründe des Beschwerdeführers hier auch gewesen sein mögen ("da uns fad war und wir Spaß haben wollten"; vgl. die Niederschrift der PI St. Florian vom 27. März 2008, GZ D1/7107/2008-Ne) und gerade eine solche Motivation die Vermutung dringend nahe legen mag, dass für Personen aus einer derartigen Gesellschaftsschicht ein entsprechender "Spaßfaktor" nur beim Lackieren von noch lebendigen Fröschen erzielt wird: Mangels eines konkreten Tatnachweises kommt, weil hier Zweifel nicht zuverlässig ausgeräumt werden können, auch ihm die Unschuldsvermutung des Art. 6 Abs. 2 EMRK zu gute.

 

3.3. Der gegenständlichen Berufung war daher gemäß § 24 VStG i.V.m. § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG einzustellen.

 

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Rechtsmittelwerber gemäß § 66 Abs. 1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Dr.  G r o f


Rechtssatz:

 

VwSen-300958/2/Gf/Mu vom 7. September 2010

§ 3 Abs. 1 TierSchG; § 5 Abs. 1 TierSchG

 

Unter den Begriff der "Tiere" i.S.d. § 3 Abs. 1 TierSchG fallen nur (noch) lebendige Tiere; daher ist die Vivazität (Lebendigkeit) des Tieres somit auch ein unabdingbares Tatbestandsmerkmal einer Übertretung des § 38 Abs. 1 i.V.m. § 5 Abs. 1 TierSchG.

 

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