Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-120077/4/Br/Th

Linz, 06.09.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine I. Kammer (Vorsitzende: Maga. Bissenberger, Berichter: Dr. Bleier, Beisitzer: Dr. Keinberger), über die Berufungen des Herrn X, gegen die Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, vom 21.06.2010, Zl.: VerkR96-45052-2009-Hai, zu Recht:

 

 

I.     Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis behoben.

 

II.        Es entfallen sämtliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I:     §§ 24 und 51e Abs.1 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG;

zu II:    § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

 

1. Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber wegen der Übertretungen 1) nach § 102 Abs.2 LFG iVm der VO (EWG) Nr. 1008/2008 iVm § 9 VStG und 2) nach § 108 Abs.1 iVm § 9 VStG je eine Geldstrafe von 6.000 Euro und für den Nichteinbringungsfall eine Ersatzfreiheitsstrafe in der Dauer je 1006 Stunden verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG als zur Vertretung nach außen Berufener der Fa. X, den Helikopter mit dem in der Slowakei registrierten Kennzeichen X, Type Bell Jet Ranger 206 B", der vom Piloten X am 23.05.2009 gegen 10.05, zwecks Luftaufnahmen geflogen wurde, wobei dieser in Ungenach, ca. 10m östlich der Trattbergstraße, ca. bei km 5,5, auf der, dortigen Wiese notlanden musste und für den gegenständlichen gewerblichen Flug

1) keine Betriebsgenehmigung gemäß § 102 Abs.2 Luftfahrtgesetz vorgelegen sei, weil  Unternehmen, die gewerblichen Luftverkehr betreiben wollen, beim Bundesministerium für Verkehr, Innovation und Technologie eine Betriebsgenehmigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 1008/2008 zu beantragen haben, wobei laut Art. 3 leg.cit Verordnung (EWG) Nr. 1008/2008 ein Unternehmen Fluggäste, Post und/oder Fracht im gewerblichen Luftverkehr nur befördern darf, wenn ihm eine entsprechende Betriebsgenehmigung erteilt worden ist.

2) keine Beförderungsbewilligung vorgelegen sei, obwohl gemäß § 108 Abs. 1 Luftfahrtgesetz der Betrieb eines Luftbeförderungsunternehmens nur auf Grund einer auf Antrag des Inhabers der Beförderungsbewilligung vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie oder von einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde erteilten Bewilligung aufgenommen werden darf (Betriebsaufnahmebewilligung).

 

 

1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz aus wie folgt:

Gemäß §9 VStG 1991

(1) ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortliche Beauftragte (Abs. 2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

(2) sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt und, soweit es sich zur Sicherstellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit als erforderlich erweist, auf Verlangen der Behörde verpflichtet, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlichen Beauftragten bestellt werden.

 

(3) kann eine natürliche Person, die Inhaber eines räumlich oder sachlich gegliederten Unternehmens ist, für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche ihres Unternehmens einen verantwortlichen Beauftragten bestellen.

 

(4) kann verantwortlicher Beauftragter nur eine Person mit Hauptwohnsitz im Inland sein, die strafrechtlich verfolgt werden kann, ihrer Bestellung nachweislich zugestimmt hat und der für den ihrer Verantwortung unterliegenden klar abzugrenzenden Bereich eine entsprechende Anordnungsbefugnis zugewiesen ist. Das Erfordernis des Hauptwohnsitzes im Inland gilt nicht für Staatsangehörige von EWR-Vertragsstaaten, falls Zustellungen im Verwaltungsstrafverfahren durch Staatsverträge mit dem Vertragsstaat des Wohnsitzes des verantwortlichen Beauftragten oder auf andere Weise sichergestellt sind.

 

(5) Verletzt der verantwortliche Beauftragte auf Grund einer besonderen Weisung des Auftraggebers eine Verwaltungsvorschrift, so ist er dann nicht verantwortlich, wenn er glaubhaft zu machen vermag, dass ihm die Einhaltung dieser Verwaltungsvorschrift unzumutbar war.

 

(6) bleiben die zur Vertretung nach außen berufenen Personen im Sinne des Abs, 1 sowie Personen im Sinne des Abs. 3 trotz Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten - unbeschadet der Fälle des § 7 - strafrechtlich verantwortlich, wenn sie die Tat vorsätzlich nicht verhindert haben.

 

(7) haften juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts und eingetragene Erwerbsgesellschaften sowie die in Abs. 3 genannten natürlichen Personen für die über die zur Vertretung nach außen Berufenen oder über einen verantwortlichen Beauftragten verhängten Geldstrafen, sonstige in Geld bemessene Unrechtsfolgen und die Verfahrenskosten zur ungeteilten Hand.

 

§ 102 Abs.2 Luftfahrtgesetz

Alle anderen Unternehmen, die gewerblichen Luftverkehr betreiben wollen, haben beim Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie eine Betriebsgenehmigung gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 zu beantragen. Für die Ausstellung des gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 erforderlichen Luftverkehrsbetreiberzeugnisses ist die Austro Control GmbH zuständig.

 

§ 108 Abs.1 Luftfahrtgesetz

Der Betrieb eines Luftbeförderungsunternehmens darf nur auf Grund einer auf Antrag des Inhabers der Beförderungsbewilligung vom Bundesminister für Verkehr, Innovation und Technologie oder von einer auf Grund einer Übertragung gemäß § 140b zuständigen Behörde erteilten Bewilligung aufgenommen werden (Betriebsaufnahmebewilligung).

 

§ 169 Abs. 1 Zif. 3a Luftfahrtgesetz und § 169 Abs. 1 Zif. 3b Luftfahrtgesetz

1.  diesem Bundesgesetz,

3.  der Verordnung (EWG) Nr. 2407/92 des Rates vom 23. Juli 1992 Über die Erteilung von a)   Betriebsgenehmigungen an Luftfahrtunternehmen,

b) der Verordnung (EG) Nr. 2027/97 über die Haftung von Luftfahrtunternehmen bei der Beförderung von Fluggästen und deren Gepäck im Luftverkehr, in der Fassung der Verordnung (EG) Nr. 889/2002,

 

Der im Spruch angeführte Sachverhalt stützt sich auf eine Anzeige des Landespolizeikommandos für , Landeskriminalamt, 4020 Linz, bzw. einer Anzeige der Austro Conrol vom 09.07.2009, wobei die Übertretungen aufgrund eines Flugunfalls festgestellt worden sind.

 

Aufgrund der Anzeige wurde Ihnen der Sachverhalt nachweislich mit Aufforderung zur Rechtfertigung der BH Vöcklabruck vom 15.10.2009, hinterlegt bei der Zustellbasis Hollarbrunn am 27.10.2009, zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit zur Stellungnahme gegeben.

Sie brachten dazu mitschreiben vom 13.11.2009 vor, dass diese Anschuldigungen unrichtig seien und erst nach Einlangen der Akteneinsicht Sie Ihre gänzliche Unschuld beweisen könnten.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme wurde Ihnen der gegenständliche Verfahrensakt zur Kenntnisnahme übermittelt und Ihnen die Möglichkeit zur Abgabe einer Stellungnahme eingeräumt.

Mit Schreiben vom 11.02.2010 brachten Sie vor, dass Sie am 23.05.2009 nicht der handelsrechtliche Geschäftsführer der Firma X gewesen wären und auch nicht seien, weshalb Sie die Ihnen zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht begangen hätten. Es ergehe somit der Antrag auf amtswegige Einholung eines Firmenbuchauszuges vom 23.05.2009 der slowakischen Firma. Die Ausführungen der X GmbH vom 09.07.2009, dass Sie der Geschäftsführer der Firma wären, dass es sich um einen gewerblichen Fotoflug gehandelt hätte, seien

unrichtig und würden auf reinen Spekulationen beruhen. Tatsächlich wäre für diesen Flug von niemanden ein Geld verlangt worden und es gab auch keine rechtsgeschäftliche Verbindungen mit der Firma X. In diesem Zusammenhang wäre Herr X als Zeuge einzuvernehmen, wobei dem Zeugen insbesondere aufzutragen wäre, Beweismittel dafür vorzulegen, dass Sie der Geschäftsführer am 23.07.2009 gewesen wären und dass es sich um einen entgeltlichen Flug gehandelt hätte.

 

Der hs. Behörde liegt ein Firmenbuchauszug der gegenständlichen Firma X im Akt ein, aus welchen eindeutig ersichtlich ist, dass Sie vom 24.06.2008 bis laufend der handelsrechtliche Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener der Firma gewesen sind.

Mit Verständigung vom Ergebnis der Beweisaufnahme vom 09.03.2010, persönlich übernommen am 16.03.2010, wurde Ihnen der im Akt aufliegende Firmenbuchauszug zur Kenntnis gebracht und Ihnen die Möglichkeit zu einer weiteren Stellungnahme gegeben. Jedoch langte bis dato keine Post Ihrerseits mehr ein.

 

Die Behörde hat hiezu erwogen:

Die angelastete Verwaltungsübertretung wurde dienstlich wahrgenommen und in der Anzeige der X genauestens dargestellt. Ihre Rechtfertigungsangaben, dass Sie am 23.05.2009 nicht der handelsrechtliche Geschäftsführer der Firma X gewesen wären, konnten mit dem im Akt befindlichen Firmenauszug der gegenständlichen Firma widerlegt werden, zumal Sie vom 24.06.2008 bis laufend der handelsrechtliche Geschäftsführer und somit als im Sinne des § 9 Abs. 1 VStG zur Vertretung nach außen Berufener gewesen sind.

Dabei fällt der Tatzeitpunkt, 23.05.2009, strafrechtlich in Ihren Verantwortungsbereich.

 

Der Behörde liegt auch keine wirksame Bestellung eines verantwortlichen Beauftragten nach § 9 VStG vor, zumal Sie weder in Ihrem Schreiben vom 11.02.2010 noch nach Übermittlung des im Akt befindlichen Firmenbuchauszuges eine Bestellungsurkunde der hs. Behörde vorgelegt haben, aus der zu entnehmen wäre, dass Sie zum Tatzeitpunkt nicht der handelsrechtliche Geschäftsführer der Firma X gewesen sind.

Es ist daher zweifelsfrei erwiesen, dass Sie in Ihrer Eigenschaft als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X die genannten Verwaltungsübertretungen zum Tatzeitpunkt verantworten zu haben.

 

Aus den angeführten Paragraphen des Luftfahrtgesetzes ist jedenfalls davon auszugehen, dass für den gegenständlichen gewerblichen Flug keine Betriebsgenehmigung und keine Beförderungsbewilligung vorlag und Sie gem. § 9 Abs.1 VStG als handelsrechtlicher Geschäftsführer bzw. zur Vertretung nach außen Berufener der Firma X strafrechtlich verantwortlich waren.

 

Es war daher grundsätzlich wie im Spruch angeführt zu entscheiden.

 

Zu Ihren Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen haben Sie keine Angaben gemacht, es wird daher von folgender Schätzung ausgegangen: monatliches Nettoeinkommen ca. € 2000,00, keine Sorgepflichten und kein Vermögen. Strafmildernde Umstände lagen nicht vor. Straferschwerend wurde gewertet, dass Sie bereits zweimal rechtskräftig wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Luftfahrtgesetz bestraft aufscheinen.

Die im Spruch angeführten Geldstrafen erscheinen der von Ihnen begangenen Tat angemessen und unbedingt erforderlich um Sie in Hinkunft von derartigen Übertretungen abzuhalten.

 

Die Vorschreibung der Verfahrenskosten gründet sich auf die bezogene Gesetzesstelle.“

 

 

2. In der dagegen fristgerecht durch ihren ausgewiesenen Rechtsvertreter  erhobenen Berufung fürt der Rechtsvertreter der Berufungswerber folgendes aus:

Mit dem oa. Straferkenntnis vom 21. Juni 2010, eingelangt am 30. Juli 2010 werfen Sie mir vor, ich hätte es als „handelsrechtlicher Geschäftsführer" und somit als im Sinne des § 9 VStG, zur Vertretung nach außen Berufener der Fa. X zu vertreten, dass mit dem Hubschrauber X angeblich am 23.05.2009 in Ungenach ein gewerbliche Flug ohne Betriebsgenehmigung nach § 102 LFG und Beförderungsbewilligung nach § 108 LFG durchgeführt wurde.

 

Ich habe die mir zur Last gelegte Verwaltungsübertretung nicht begangen, da einerseits kein gewerblicher Flug durchgeführt wurde, es handelte sich um einen kostenloses Schnupperflug, es wurde von niemanden ein Entgelt verlangt bzw. vereinbart, auch gab es keine rechtsgeschäftliche Verbindung mit der Firma X (diese Firma ist mir vollkommen unbekannt).

 

In diesem Zusammenhang ergeht in Wiederholung zum Antrag vom 20. Februar 2010 der ANTRAG auf zeugenschaftliche Einvernahme des Anzeigers Herrn X - wobei dem Zeugen insbesondere aufzutragen wäre, Beweismittel dafür vorlegen soll, dass es sich um einen entgeltlichen Flug gehandelt hat. Die zeugenschaftliche Einvernahme von Herrn X ist deshalb besonders wichtig, da er in mehr als 20 vergleichbaren Verfahren am Ende vor dem UVS sich an den Sachverhalt nicht mehr erinnern konnte und deshalb ALLE Verfahren gegen mich eingestellt wurden.

 

Zum Beweis dafür, dass es sich um keinen gewerblichen Fotoflug weder für die Firma X noch für sonst jemanden gehandelt hat ergeht weiters der ANTRAG auf zeugenschaftliche Einvernahme von:

 

X

X

X

X

Einvernahme eines informierten Vertreter der Firma X (nähere Details sind nicht bekannt, die Polizei schrieb nur in ihrem Bericht, dass angeblich für die Fa. RAG geflogen worden sei).

 

Weiters ist es unmöglich einen gewerblichen Flug ohne erforderliche luftfahrtrechtliche Bewilligung durchgeführt zu haben, die Fa. X Inhaber der entsprechenden luftfahrtrechtlichen Bewilligungen in der Slowakei ist und aufgrund der Dienstleistungsfreiheit es zulässig ist im gesamten Raum der europäischen Union mit dieser slowakischen Bewilligung gewerbliche Flüge durchzuführen.

 

Bei dem verfahrensgegenständlichen Flug hat es sich keinesfalls um eine „gewerblichen Beförderung" gehandelt, da wie aus dem Erl. d BMVE vom 4.10.1060, ZI. 32.872-1/7-1960 zu entnehmen ist, liegt eine gewerbliche Beförderung nur dann vor, wenn der Zweck des Fluges in der Fortbewegung von Personen oder Sachen liegt; bei Fotoflügen etwa ist keine Beförderung gegeben, da der eigentliche Zweck nicht die Fortbewegung des Fotographen, sondern der Arbeitsvorgang der Anfertigung von Luftbildaufnahmen ist. Da keine gewerbliche Beförderung vorlag hat es auch nicht der entsprechenden luftfahrtrechtlichen Bewilligung bedurft, wobei ausdrücklich angemerkt wird, dass diese Bewilligung von der für das Luftfahrzeug zuständige Luftfahrtbehörde in der Slowakei vorlag.

 

Darüber hinaus wurde das Verwaltungsstrafverfahren von einer unzuständigen Behörde geführt. „Wird nicht der unmittelbare Täter, sondern der gesetzliche Vertreter einer GmbH als nach § 9 VStG strafrechtlich Verantwortlicher bestraft so liegt diesem in der Regel insoweit ein Unterlassungsdelikt zur Last, als er es verabsäumt hat das ihm als Vertreter der Gesellschaft Zumutbare und Mögliche vorzukehren, um die Begehung der Verwaltungsstraftat durch den unmittelbaren Täter zu verhindern, in diesen Fällen kommt als Tatort jeweils jener Ort in Betracht an welchem der gesetzliche Vertreter hätte handeln sollen (VwGH v. 4.9.2006, 2003/09/00096) und ist dieser der Judikatur des VwGH folgend grundsätzlich der Sitz des Unternehmens, für welches der zur Vertretung nach außen Befugte gemäß § 9 VStG gehandelt hat (vgl. zB. UVS-Tirol vom 18. Juni 1990, ZI 90/19/0107, vom 30. Juni 1997, Zl. 97/10/0045, vom 10. Oktober 1995, Zl. 95/02/0280, vom 19. April 1994, Zl. 94/11/0055, vom 31. März 1989 usw.)."

 

Anknüpfend an diese Judikatur ergibt sich, dass die zuständige Strafbehörde erster Instanz für die verwaltungsstrafrechtliche Verfolgung des Beschuldigten in seiner Funktion als zur Vertretung nach außen Befugter gemäß § 9 VStG (handelsrechtlicher Geschäftsführer) einer juristischen Person nicht die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck, in deren Sprengel sich der verfahrensrelevante Vorfall ereignete, ist, sondern jene Behörde zur Strafverfolgung zuständig ist, in deren Sprengel die Firma X Sitz hat und aufgrund der Geschäftsaufteilung als Bezirksverwaltungsbehörde zuständig ist.

 

Es ergeht der

 

Antrag

 

auf Einstellung des Verwaltungsstrafverfahren

 

in eventu

 

auf Durchführung einer mündlichen Verhandlung mit der zeugenschaftlichen Einvernahme aller bereits genannten Zeugen;

Für den Fall, dass das Verwaltungsstrafverfahren nicht eingestellt wird, auf Herabsetzung der Strafe auf ein der Tat und Schuld angemessenes Ausmaß, mein monatliches Einkommen beträgt derzeit ca. € 500,- da ich arbeitslos bin.

 

Mit freundlichen Grüßen                                   X“ (mit e.h. Unterschrift)

 

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde. Vorgängig wurde der Berufungswerber aufgefordert die in seinem Berufungsvorbringen erwähnten Dokumente nachzureichen, sowie grundsätzlich ergänzende Erklärungen zu den Berufungsausführungen und die Kontext stehenden UVS-Vorentscheidungen nachzureichen.

Ebenfalls wurde die Firmeneinträge im Internet recherchiert und eine Firmenbuchabfrage durchgeführt.

 

 

3.1. Da im angefochtenen Straferkenntnis 2.000 Euro übersteigende Geldstrafen verhängt wurden, ist der Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung durch die nach der Geschäftsverteilung zuständigen I. Kammer  berufen (§ 51c VStG).

 

 

4. Entscheidungswesentlicher Sachverhalt:

Mit einem im Verantwortungsbereich des Berufungswerbers betriebenen Hubschrauber, Marke: „Bell Jet Ranger 206 B2, mit slowakischer Registration, X, musste dessen Pilot (Inhaber einer Hubschrauberberufspilotenlizenz) am 23.5.2009 im Gemeindegebiet von 4841 Ungenach, offenbar wegen eines technischen Gebrechens notlanden. Dabei wurde das Fluggerät zerstört. Die zwei neben dem Piloten an Bord befindlichen Personen wurden leicht verletzt.

 

Über die vom Piloten noch am Unfallstag pflichtgemäß von diesem Vorfall erstattete Unfalls- u. Störungsmeldung in der Zivilluftfahrt gelangte der Vorfall im Wege der X (Abteilungsleiter X) bei der  Behörde erster Instanz, in dessen Sprengels sich der Flugunfall ereignete, als Verwaltungsübertretung zur Anzeige.

Der Berufungswerber war am 23.5.2009 gemeinsam mit dem weiteren Geschäftsführer X als handelsrechtlicher Geschäftsführer, unter der Firmenbuchnummer, FN X der „X Helicopter GmbH“ mit Sitz in X, Gemeinde X, mit Firmenanschrift X, eingetragen. Seit 25.1.2010 vertritt  X die Gesellschaft alleine.

Als Geschäftszweig findet sich „Flugschule und Bedarfsflugunternehmen“ vermerkt.

Die Gesellschaft wird, wenn mehrere Geschäftsführer bestellt sind, durch zwei Geschäftsführer gemeinsam oder durch einen von ihnen gemeinsam mit einem Gesamtprokuristen vertreten.

Der Gesellschaftsvertrag ist mit 17.9.2004 vermerkt. Als Gesellschafter sind  mit dem Berufungswerber und dem zweiten Geschäftsführer vier Personen registriert.

Der Halter des beim Unfall zerstörte Fluggerätes ist die slowakische „X mit einer X. Diese verfügt laut der im Akt befindlichen Korrespondenz (E-Mail an X vom 30.6.2009, 5:49 PM) über keine Betriebsbewilligung gemäß der EU-Richtlinie 1008/2008.

Der Unfallort vermag keine ausreichende Grundlage für die Zuständigkeit der Behörde erster Instanz als Strafbehörde, mit Blick auf den Sitz des Firmenverantwortlichen in einem anderen Bundesland begründen.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. erwogen:

Gemäß § 2 Abs.1 und 2 VStG sind nur im Inland begangene Verwaltungsübertretungen strafbar. Eine Übertretung ist im Inland begangen, wenn der Täter im Inland gehandelt hat oder hätte handeln sollen oder wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg im Inland eingetreten ist.

 

Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Zur Auslegung des im Sinn des § 27 Abs.1 VStG maßgebenden Begriffes des "Ortes der Begehung" muss die Bestimmung des § 2 Abs.2 VStG herangezogen werden. Daraus ergibt sich, dass eine Verwaltungsübertretung regelmäßig als dort begangen anzusehen ist, wo der Täter gehandelt hat oder (bei Unterlassungsdelikten) hätte handeln sollen.

 

Das der Flugunfall dem Berufungswerber nicht in seinem „luftfahrtgewerbsmäßigen“ Verantwortungsbereich zuzurechnen ist, bedarf wohl keiner weiteren Ausführung.

 

 

5.1. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes – wie etwa auch zum Arbeitnehmerschutz, zur Ausländerbeschäftigung, zum Arbeitsrecht und zur LMKV 1993 sowie auch zum Öffnungszeitengesetz -  der Tatort grundsätzlich der Sitz des Unternehmens, für welches der zur Vertretung nach außen Befugte gemäß § 9 VStG gehandelt hat. Im Hinblick auf § 2 Abs.2 VStG ist der Verwaltungsgerichtshof in zahlreichen Verwaltungsmaterien (z.B. ASchG, AuslBG, AZG, LMKV 1993, Öffnungszeitengesetz) zum Ergebnis gekommen, dass der Tatort dort liege, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Ob in derartigen Fällen ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ, ein verantwortlicher Beauftragter gemäß § 9 VStG oder ein gewerberechtlicher Geschäftsführer zur Verantwortung gezogen wird, spielt für die Frage der Tatortbestimmung keine Rolle.

Für die örtliche Zuständigkeit ist grundsätzlich allein entscheidend, wo der Täter gehandelt hat oder hätte handeln sollen. Wird ein zur Vertretung nach außen befugtes Organ zur Verantwortung gezogen, wird als Tatort im Regelfall der Sitz der Unternehmensleitung anzunehmen sein (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 1423ff mit Judikaturnachweisen).

 

In diesem Zusammenhang ist insbesondere auf die Bestimmung des § 32 Abs.3 VStG hinzuweisen. Im Hinblick auf die örtliche Zuständigkeit der belangten Behörde ist auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hinzuweisen, dass, wenn für einen Filialbetrieb ein verantwortlicher Beauftragter im Sinn des § 9 Abs.2 zweiter Satz VStG bestellt ist, der Tatort einer von diesem zu verantwortenden Übertretung nicht am Sitz der (zentralen) Unternehmensleitung liegt. In der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes wurde in diesem Zusammenhang zum Ausdruck gebracht, dass der Tatort dort liegt, wo die Dispositionen und Anweisungen zur Vermeidung der Verstöße gegen die Verwaltungsvorschriften hätten gesetzt werden müssen. Dies ist aber bei einem verantwortlichen beauftragten Filialleiter der Standort dieser Filiale (vgl. Hauer/Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, Seite 1427, Anmerkung 12 mit Judikaturnachweisen).

 

Im Sinne dieser Judikatur wäre der Beschuldigte als handelsrechtlicher Geschäftsführer und daher als nach außen vertretungsbefugtes Organ jener Gesellschaft für die der Hubschrauber betrieben wurde, allenfalls verwaltungsstrafrechtlich schuldig, weil er vom Unternehmenssitz aus jene Handlungen vorzunehmen gehabt hätte, die zur Hintanhaltung der – hier nicht zu beurteilenden - Verwaltungsübertretung erforderlich gewesen wären. Die Unterlassung dieser Handlungen ist jedenfalls dem Unternehmenssitz zuzurechnen. Daher ist gemäß § 27 VStG die für diesen Behördensprengel vorgesehene  Behörde zuständig.

Daher war das angefochtene Straferkenntnis mangels Zuständigkeit der Behörde erster Instanz – ohne sich inhaltlich mit dem Tatvorwurf auseinanderzusetzen und ohne Verfahrenseinstellung aufzuheben.

 

 

6. Weil die Berufung letztlich Erfolg hatte, waren gemäß § 66 Abs.1 VStG keine Verfahrenskostenbeiträge aufzuerlegen.

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichts­hof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220  Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Maga. Bissenberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum