Linz, 10.09.2010
E R K E N N T N I S
Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung der Frau X, vertreten durch die Herren RAe X, vom 26. Juli 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Braunau/Inn, VerkR21-367-2010/BR, wegen Entziehung der Lenkberechtigung, zu Recht erkannt:
Die Berufung wird abgewiesen und der angefochtene Bescheid bestätigt.
Rechtsgrundlage:
§§ 66 Abs.4 und 67a AVG
Entscheidungsgründe:
1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde der Berufungswerberin (Bw) gemäß §§ 3 Abs.1, 7 Abs.3 Z4, 24 Abs.1 Z1, 26 Abs.3 und 32 Abs.1 Z1 FSG die von der BH Braunau/Inn am 10. Februar 2004, VerkR20-2385-2003/BR, für die Klasse B erteilte Lenkberechtigung für die Dauer von zwei Wochen ab Rechtskraft des Bescheides entzogen, ihr für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen und das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten. Gemäß § 29 Abs.3 FSG wurde die Ablieferung des Führerscheins bei der Behörde oder der PI X unverzüglich nach Rechtskraft angeordnet.
Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 20. Juli 2010.
2. Dagegen wendet sich die von der Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2. Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG).
3. Die Bw macht im Wesentlichen geltend, die Überschreitung der Geschwindigkeit auf der Autobahn am 4. März 2010, 0.11 Uhr, werde nicht bestritten. Dabei sei ihr eine Geschwindigkeit von 151 km/h vorgeworfen und angegeben worden, die Messtoleranz sei bereits abgezogen. Zur Art und Weise des Abziehens sei nichts ausgeführt worden, wobei aber nach Ihrer Meinung die Messtoleranz im Zehntelbereich nicht richtig gemessen worden sei, weil nicht eine Geschwindigkeitsübertretung von 50 km/h sondern von 51 km/h festgestellt worden sei. Da die Differenz entscheidend sei und der angefochtene Bescheid dazu nichts enthalte, sei das Verfahren mangelhaft. Da das Straferkenntnis der BH Salzburg-Umgebung in Rechtskraft erwachsen sei, stelle sie die Verwaltungsübertretung nicht in Abrede und sie habe auch schon die Strafe bezahlt. Wenn aber die Messtoleranz nicht richtig berechnet worden sei, könne der Spruch des Straferkenntnisses auch nicht Grundlage für die Entziehung der Lenkberechtigung sein.
Außerdem bestehe keine Notwendigkeit mehr für eine Entziehung der Lenkberechtigung, da seit dem Vorfall/Unfall 4 Monate vergangen seien und sie sich seither wohl verhalten habe. Die bloße Androhung der Entziehung sei spezialpräventiv ausreichend, weil sie ihre Verkehrszuverlässigkeit über einen Zeitraum von mehreren Monaten nachgewiesen habe. Die Entziehung sei ihrer Meinung nach im Zweifel zu ihren Lasten verfügt und nicht zu ihren Gunsten vom Wiederbestehen ihrer Verkehrszuverlässigkeit ausgegangen worden. Es könne sich nur um einige Zehntel km/h gehandelt haben, die sie möglicherweise mehr als 50 km/h schneller gefahren sei. Sie wolle die Überschreitung nicht bagatellisieren, aber auf der Autobahn sei eine Gefährdung grundsätzlich schon geringer als im Ortsgebiet oder auf der Freilandstraße. Noch dazu habe sich der Vorfall um 0.11 Uhr, also zur Nachtzeit, ereignet, praktisch ohne Verkehrsaufkommen. Dabei sei keine besondere Gefährdungssituation in Relation zu ähnlich gelagerten Fällen gegeben gewesen. Sie sei kein Schnellfahrer oder Verkehrsrowdy; sie habe nur zu spät auf die 100 km/h-Beschränkung reagiert. Das sei ein Einzelfall gewesen der deutlich im Widerspruch zu ihrem sonstigen Verhalten im Straßenverkehr stehe, sie habe keine sonstigen Vorstrafen bezüglich Geschwindigkeitsüberschreitungen. Die Erstinstanz habe auch nicht angeführt und nicht eruiert, ob es sonstige Gründe gebe, ihre Verkehrszuverlässigkeit in Frage zu stellen, daher sei auch das als Mangelhaftigkeit des Verfahrens anzusehen und im Zweifel zu ihren Gunsten von einer Entziehung Abstand zu nehmen.
4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz sowie Teile des Aktes Zl. 30308-369/40476-2010 der Bezirkshauptmannschaft Salzburg-Umgebung, insbesondere das rechtskräftige Straferkenntis vom 29.4.2010, die Anzeige vom 10.3.2010, das Radarfoto vom 4.3.2010 und den Eichschein vom 23.6.2008
Die Bw wurde mit dem genannten Straferkenntnis einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 52 lit.a Z10 lit.a iVm 99 Abs.2 lit.e StVO 1960 insofern schuldig erkannt, als sie am 4. März 2010, 00.11 Uhr, auf der A1 bei Strkm 284.680 bei Hallwang dem Pkw X in Richtung Salzburg mit einer Geschwindigkeit von (nach Toleranzabzug) 151 km/h gelenkt hat. Die Radarmessung fand mit einem geeichten stationären Radargerät statt, auf dem Foto ist der Pkw mit dem oben angeführten Kenzeichen von hinten zu sehen. Laut Eichschein für das Verkehrsgeschwindigkeitsmessgerät MUVR 6FA, Id.Nr.985, wurde dieses zuletzt vor der Messung des von der Bw gelenkten Pkw am 15. Mai 2008 mit Nacheichfrist bis 31. Dezember 2011 vom Bundesamt für Eich- und Vermessungswesen geeicht. Das Foto weist eine gemessene Geschwindigkeit von 159 km/h aus.
Bei Radargeräten dieser Bauart sind laut Verwendungsbestimmungen (Zulassung Zl.41008/89, Amtsblatt für das Eichwesen Nr.4/1989) Verkehrsfehlergrenzen von 3% vom Messwert bei Geschwindigkeiten über 100 km/h und ein zusätzlicher Sicherheitsfaktor von 2% vom Messwert bei Geschwindigkeiten über 100 km/h, dh insgesamt 5%, abzuziehen. Diese 5% werden zugunsten eines Beschuldigten aufgerundet.
Bei 159 km/h ergibt das 7,95 km/h, dh zugunsten gerechnet 8 km/h, und somit einen zugrunde zu legenden Geschwindigkeitswert von 151 km/h und damit iSd § 99 Abs.2 lit.e StVO eine Überschreitung der Geschwindigkeitsbeschränkung außerhalb de Ortsgebietes um mehr als 50 km/h, da im Messbereich eine Geschwindigkeitsbeschränkung auf 100 km/h bestanden hat.
In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Gemäß § 24 Abs.1 Z1 FSG ist Besitzern einer Lenkberechtigung, bei denen die Voraussetzungen für die Erteilung der Lenkberechtigung (§ 3 Abs.1 Z2 bis 4) nicht mehr gegeben sind, von der Behörde entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit die Lenkberechtigung zu entziehen.
Gemäß § 3 Abs.1 Z2 FSG darf eine Lenkberechtigung nur Personen erteilt werden, die verkehrszuverlässig sind.
Gemäß § 7 Abs.1 Z1 FSG gilt eine Person als verkehrszuverlässig, wenn nicht auf Grund erwiesener bestimmter Tatsachen (Abs.3) und ihrer Wertung (Abs.4) angenommen werden muss, dass sie wegen ihrer Sinnesart beim Lenken von Kraftfahrzeugen ua die Verkehrssicherheit insbesondere durch rücksichtsloses Verhalten im Straßenverkehr oder durch Trunkenheit oder einen durch Suchtmittel oder durch Medikamente beeinträchtigten Zustand gefährden wird. Als bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.1 FSG hat gemäß § 7 Abs.3 Z4 FSG zu gelten, wenn jemand die jeweils zulässige Höchstgeschwindigkeit außerhalb des Ortsgebietes um mehr als 50 km/h überschritten hat und diese Überschreitung mit einem technischen Hilfsmittel festgestellt wurde.
Gemäß § 26 Abs.3 FSG hat die Entziehungsdauer im Falle der erstmaligen Begehung einer in § 7 Abs. 3 Z 4 genannten Übertretung - sofern die Übertretung nicht geeignet war, besonders gefährliche Verhältnisse herbeizuführen oder nicht mit besonderer Rücksichtslosigkeit gegenüber anderen Straßenbenützern begangen wurde (§ 7 Abs. 3 Z 3) oder auch eine Übertretung gemäß Abs. 1 oder 2 vorliegt - zwei Wochen zu betragen.
Ein rechtskräftiger Strafbescheid erzeugt formell eine Bindungswirkung für die Führerscheinbehörde dahingehend, dass die Behörde, wenn laut Strafbescheid eine bestimmte Person als Fahrzeuglenker rechtskräftig feststeht, im Verfahren zur Entziehung der Lenkberechtigung hieran gebunden ist (vgl VwGH 8.8.2002, 2001/11/0210; 6.7.2004, 2004/11/0046; ua).
Das oben angeführte Straferkenntnis ist in Rechtskraft erwachsen und damit im Schuldspruch für das Entziehungsverfahren bindend, wobei auch hinsichtlich des Ausmaßes der Überschreitung kein Zweifel an der technischen und rechnerischen Richtigkeit des von der Bw erreichten Geschwindigkeitswertes von 151 km/h besteht.
Unter Hinweis auf die eindeutige Judikatur des VwGH ist davon auszugehen, dass die Bw mit der ihr zurechenbaren Geschwindigkeitsüberschreitung um 51 km/h eine bestimmte Tatsache im Sinne des § 7 Abs.3 Z4 FSG gesetzt hat. Auf eben dieser Grundlage war dem Unabhängigen Verwaltungssenat auch eine nähere Prüfung der nunmehrigen Rechtsmittelargumente verwehrt.
Nach ständiger Rechtsprechung des VwGH ist eine Entziehung der Lenkberechtigung nicht mehr zulässig, wenn zwischen der Tat und der Einleitung des Entziehungsverfahrens mehr als ein Jahr verstrichen ist und der/die Betreffende in dieser Zeit nicht nachteilig in Erscheinung getreten ist (vgl E 24.04.2001, 2001/11/0056; 17.03.2005, 2005/11/0016; 24.06.2003, 2003/11/0138; ua).
Im ggst Fall sind vom Vorfall am 4. März 2010 bis zur Einleitung des Entziehungsverfahrens durch das entsprechende Schreiben der Erstinstanz vom 29. Juni 2010 mit der Einladung zur Abgabe einer Stellungnahme (Zustellung an die Bw am 5. Juli 2010) vier Monate vergangen, weshalb der Entziehung ebenso wie der Anordnung der unverzüglichen Ablieferung des Führerscheins weiterhin Berechtigung zukommt. Die Entziehungsdauer von zwei Wochen ist gesetzlich bestimmt und unterliegt keiner Disposition durch die Erstinstanz oder den Unabhängigen Verwaltungssenat. Die Rechtskraft der Entziehung tritt mit der Zustellung dieses Erkenntnisses ein, dh ab diesem Zeitpunkt ist der Führerschein unverzüglich abzugeben.
Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.
Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
Hinweis:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Mag. Bissenberger
Beschlagwortung:
151 statt erlaubten 100 km/h – 2 Wochen Entziehung der Lenkberechtigung -> bestätigt