Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165005/12/Zo/Jo

Linz, 08.09.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vom 07.04.2010 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Wels vom 22.03.2010, Zl. 2-S-17.605/09/A, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 19.08.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 5,80 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die BPD Wels hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 11.04.2009 um 14.57 Uhr in Klaus an der Pyhrnbahn auf der A9 bei km 27,950 in Fahrtrichtung Graz als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen X die durch Verbotszeichen gemäß § 52 Z10a StVO kundgemachte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h überschritten habe, weil seine Fahrgeschwindigkeit 96 km/h betragen habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 Z10a StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 29 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 12 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 2,90 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst im Wesentlichen aus, dass er nicht nachvollziehen könne, ob der vorgelegte Eichschein das verwendete Radargerät betreffe. Weiters sei auf dem Radarfoto das Kennzeichen nicht zweifelsfrei ablesbar.

 

In der gegenständlichen Verordnung seien die jeweiligen Strecken, für welche die Geschwindigkeitsbeschränkungen gelten, nicht konkret angegeben sondern es sei lediglich auf Pläne verwiesen. Eine derartige Verordnung sei für die Verkehrsteilnehmer nicht nachvollziehbar. Weiters sei ihm nur ein Auszug aus dem Plan übermittelt worden und es sei für ihn gar nicht überprüfbar, ob es sich dabei überhaupt um jenen Plan handle, auf welchen sich die Verordnung beziehe. Im Übrigen seien auf dem Plan die Kilometerangaben nur als "Cirka-Angaben" angeführt.

 

Die Notwendigkeit der gegenständlichen 80 km/h-Beschränkung sei nicht ersichtlich. Am Tunnelanfang befinde sich eine 100 km/h-Beschränkung und es gebe keine bauliche Änderung innerhalb des Tunnels, welche eine Reduzierung der Geschwindigkeit auf 80 km/h notwendig machen würde. Es sei aus den vorgelegten Unterlagen auch nicht nachvollziehbar, ob die Verordnung überhaupt in einem ordnungsgemäßen Verfahren erlassen wurde und ob die Verkehrszeichen seit ihrer Verordnung regelmäßig überprüft worden seien.

 

Es gebe auch keinerlei Beweise dafür, dass die Verkehrszeichen ordnungsgemäß entsprechend der Verordnung aufgestellt worden seien, die im Tunnel verwendeten Verkehrszeichen seien kleiner als jene außerhalb und es fehle auch der Aktenvermerk über die Anbringung der Verkehrszeichen.

 

3. Der Polizeidirektor von Wels hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt, Einholung einer Stellungnahme der Autobahnmeisterei Ardning sowie Einsichtnahme in den Verordnungsakt des bmvit betreffend die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung. Am 19.08.2010 wurde eine öffentliche mündliche Berufungsverhandlung durchgeführt, an welcher der Berufungswerber teilgenommen hat.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW auf der A9 in Richtung Graz. Eine Radarmessung bei km 27,950 mit dem geeichten Radargerät der Marke Multanova VR 6FM mit der Nr. 697 ergab, dass er (nach Abzug der Messtoleranz) eine Geschwindigkeit von 96 km/h einhielt. Dazu ist anzuführen, dass sich die Nummer des verwendeten Messgerätes aus der Polizeianzeige ergibt und der Eichschein mit diesem übereinstimmt. Das Kennzeichen des vom Berufungswerber gelenkten Fahrzeuges ist auf dem Radarfoto gut lesbar.

 

Im gegenständlichen Bereich ist durch die Verordnung des bmvit vom 14.08.2003, Zl. 138009/69-II/ST5/03, eine 80 km/h-Beschränkung angeordnet. Der konkrete Wortlaut der Verordnung lautet wie folgt:

"I Erklärung zur Autobahn: Das Teilstück der Pyhrnautobahn A9 zwischen den Anschlussstellen 'Schön' und 'St. Pankraz' einschließlich der Rampen der Anschlussstellen St. Pankraz und Klaus werden – wie aus dem unter II genannten Plan ersichtlich – zur Autobahn erklärt.

 

II: In dem unter I bezeichneten neuen Abschnitt der A9 werden jene Verkehrsbeschränkungen, Verkehrsgebote und –verbote erlassen, die aus dem von der X vorgelegten Plan des Zivilingenieurbüros X, 'A9 Pyhrnautobahn; Abschnitt Schön – Leinberg Nord, km 25,304 bis 39,518, Stand 07.08.2003, GZ G301/02 (696)', ersichtlich sind, wobei dieser Plan einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bildet.

 

III Hinsichtlich der Geschwindigkeitsbeschränkungen, die laut Plan als Wechselverkehrszeichen kundgemacht werden sollen, werden jeweils die aus der Darstellung des Verkehrszeichens ersichtlichen zulässigen Höchstgeschwindigkeit verordnet; die in der jeweiligen Legende ersichtlichen Beschränkungen stellen nur andere mögliche Schaltzustände dar."

 

Entsprechend den vom bmvit beigeschafften Originalakt und dem oben angeführten Plan ist am Beginn des Hungerbichltunnels bei km 27,414 eine 100 km/h-Beschränkung sowie bei km 27,619 eine 80 km/h-Beschränkung verordnet. Beide Beschränkungen sind mit Wechselverkehrszeichen kundgemacht, wobei auch eine Beschränkung auf 50 oder 30 km/h möglich ist. Am Ende des Hungerbichltunnels ist ein weiteres Wechselverkehrszeichen (50 oder 30 km/h) verordnet. Aus der Stellungnahme der Autobahnmeisterei Ardning vom 18.05.2010 ergibt sich, dass das Wechselverkehrszeichen bei km 27,619 zur Vorfallszeit auf 80 km/h geschaltet war. Dieses Verkehrszeichen weist Außenmaße von ca. 55 x 55 cm auf, der Abstand der Unterkante des Verkehrszeichens zur Fahrbahn beträgt 2,20 m. Festzuhalten ist, dass die jeweiligen Kilometerangaben im Plan genau und nicht als "Cirka-Angaben" angeführt sind. Richtig ist allerdings, dass im Plan bei jedem Verkehrszeichen zwei verschiedene Kilometerangaben angeführt sind, wobei jedoch aus dem Plan klar ableitbar ist, dass die oben angeführten Kilometrierungen die richtigen sind (dies ergibt sich aus dem Schriftbild sowie aus dem Hinweis "Vermessung Rinner Stand Februar 2003").

 

Aus dem Radarfoto ist ersichtlich, dass ca. 150 bis 200 m nach dem Tunnel die beiden Fahrstreifen auf einen Fahrstreifen zusammengeführt werden. An dieser Situation hat sich seither nichts geändert. Nach Ansicht des zuständigen Mitgliedes des UVS ist die Fahrtstrecke außerhalb des Tunnels zu kurz (nämlich maximal 200 m lang) um die Zusammenführung auf einen Fahrstreifen gefahrlos zu bewältigen, wenn die 80 km/h-Beschränkung erst nach dem Tunnel angeordnet wäre. Die Notwendigkeit, die Geschwindigkeit bereits im Tunnel herabzusetzen (nämlich von 100 auf 80 km/h) ist daher gut nachvollziehbar.

 

Es gibt keine Hinweise darauf, dass bei der Erlassung der Verordnung das vorgeschriebene Anhörungsverfahren nicht eingehalten worden sei oder dass die Verkehrszeichen falsch aufgestellt worden seien. Das diesbezügliche Vorbringen des Berufungswerbers läuft auf bloße Erkundungsbeweise hinaus. Im Hinblick darauf, dass sich die bauliche Situation seit August 2003 nicht mehr geändert hat, erscheint es auch nicht wesentlich ob bzw. wann zuletzt die gegenständliche Verordnung auf ihre Notwendigkeit überprüft wurde. Auch diesem Beweisantrag war daher nicht zu folgen.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 Z10a StVO 1960 zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

 

§ 44 Abs.1a StVO 1960 lautet: Werden Verkehrsverbote, Verkehrsbeschränkungen oder Verkehrserleichterungen für den Fall zeitlich nicht vorherbestimmbarer Verkehrsbedingungen (wie etwa Regen, Schneefall, besondere Verkehrsdichte) verordnet und erfolgt die Kundmachung dieser Verordnung im Rahmen eines Systems, das selbsttätig bei Eintritt und für die Dauer dieser Verkehrsbedingungen die entsprechenden Straßenverkehrszeichen anzeigt (Verkehrsbeeinflussungssystem), so kann der in Abs.1 genannte Aktenvermerk entfallen. In diesem Fall ist jedoch sicherzustellen, dass der Inhalt, der Zeitpunkt und die Dauer der Anzeige selbsttätig durch das System aufgezeichnet werden; diese Aufzeichnungen sind entweder in elektronisch lesbarer Form zu speichern oder in Form von Ausdrucken aufzubewahren. Parteien iSd § 8 AVG ist auf Verlangen ein Ausdruck der Aufzeichnungen oder eine Kopie des Ausdrucks auszufolgen.

 

Gemäß § 48 Abs.5 StVO darf der Abstand zwischen dem unteren Rand eines Straßenverkehrszeichens und der Fahrbahn bei seitlicher Anbringung nicht weniger als 0,60 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 2,5 m, bei Anbringung oberhalb der Fahrbahn nicht weniger als 4,5 m und nur in Ausnahmefällen mehr als 5,5 m betragen, sofern sich aus den Bestimmungen dieses Bundesgesetzes bei einzelnen Straßenverkehrszeichen nichts anderes ergibt.

 

5.2. Die Geschwindigkeitsmessung erfolgte mit einem geeichten und ordnungsgemäß verwendeten Radarmessgerät. Das Messergebnis von 96 km/h kann daher der rechtlichen Beurteilung zugrunde gelegt werden, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat.

 

Die in diesem Bereich jeweils verordneten Beschränkungen sind durch den Hinweis auf einen genau bestimmten Plan eindeutig feststellbar und nachvollziehbar. Im Plan sind auch die Kilometerangaben für die jeweiligen Beschränkungen exakt angegeben. Aufgrund dieser eindeutigen Feststellbarkeit bestehen nach hs Ansicht auch keine Bedenken an der vom bmvit gewählten Verordnungstechnik, nämlich dem Verweis auf einen Plan.

 

Die Anbringung der Verkehrszeichen seitlich neben der Fahrbahn in einer Höhe von 2,2 m ist gemäß § 48 Abs.5 StVO 1960 zulässig. Zur Größe der Verkehrszeichen ist festzuhalten, dass im Tunnel tatsächlich kleinere Verkehrszeichen verwendet werden als außerhalb des Tunnels, nämlich mit einem Außendurchmesser von 55 cm. Dies offenbar deshalb, um einen ausreichenden seitlichen Abstand vom Fahrbahnrand herzustellen. Aus den im Akt befindlichen Fotos ergibt sich aber klar, dass die gegenständliche Beschränkung von weitem gut sichtbar ist. Es liegt daher kein Kundmachungsmangel iSd § 48 StVO vor.

 

Bei Wechselverkehrszeichen müssen der Inhalt, der Zeitpunkt und die Dauer der angezeigten Beschränkung selbsttätig durch das System aufgezeichnet und gespeichert werden. Entsprechend dieser Speicherung war zum Tatzeitpunkt die 80 km/h-Beschränkung aktiviert. Der in § 44 Abs.1 genannte Aktenvermerk kann jedoch entfallen, weshalb es nicht erforderlich ist, den Verordnungsakt nach einem derartigen Aktenvermerk zu durchsuchen bzw. in diesen Einsicht zu gewähren. Der Berufungswerber konnte keinen konkreten Hinweis darauf liefern, dass möglicherweise das gegenständliche Verkehrszeichen falsch angebracht sei.

 

Es gibt daher auch keine formellen Hindernisse, welche eine Bestrafung des Berufungswerbers ausschließen würden. Das Verfahren hat auch keine Umstände ergeben, welche sein Verschulden ausschließen könnten, weshalb gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die konkrete Übertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro. Der Berufungswerber ist aktenkundig unbescholten, was einen erheblichen Strafmilderungsgrund bildet. Sonstige Strafmilderungs- bzw. Straferschwerungsgründe liegen nicht vor. Die Erstinstanz hat zutreffend die Strafnorm des § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 angewandt, in der Begründung jedoch offenbar irrtümlich den Strafrahmen des § 99 Abs.2c Z9 StVO zitiert. Unabhängig davon ist die verhängte Geldstrafe jedoch nur geringfügig und schöpft den gesetzlichen Strafrahmen nur zu ca. 4 % aus. Auch unter Berücksichtigung der ausgesprochen ungünstigen persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von ca. 500 Euro bei Sorgepflichten für Gattin und ein Kind) erscheint die Strafe keineswegs überhöht. Auch aus general- und spezialpräventiven Überlegungen kommt eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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