Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-281172/6/Re/Rd/Ba

Linz, 14.09.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung des x, vertreten durch Rechtsanwaltspartnerschaft x, x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21. Juli 2009, Ge96-2412-2009, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die zu Fakten 1 und 2 verhängten Geldstrafen auf jeweils 220 Euro, EFS jeweils 50 Stunden, herabgesetzt werden.

Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis mit der Maßgabe bestätigt, dass im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses

-        nach der Wortfolge "… am Standort x," die Wortfolge "und somit als Arbeitgeber"          einzufügen ist;

-        nach der Wortfolge "Sie haben es somit als" im zweiten Absatz des   Faktums 1 das Wort "Verkehrsunternehmer" einzufügen ist;

-        nach der Wortfolge "Sie haben es somit" im zweiten Absatz des        Faktums 2 die Wortfolge "als Verkehrsunternehmer" einzufügen   ist.

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf insgesamt 44 Euro, ds 10% der nunmehr verhängten Geldstrafen.

Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51  Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck vom 21.7.2009, Ge96-2412-2009, wurden über den Berufungswerber Geldstrafen zu den Fakten 1) und 2) von jeweils 350  Euro, Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 84 Stunden, wegen Verwaltungsübertretungen gemäß Faktum 1) § 28 Abs.6 Z2 Arbeitszeitgesetz (AZG) iVm Art.10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und Art.15 Abs.7 lit.a sublit.i der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr und gemäß Faktum 2) § 28 Abs.6 Z2 Arbeitszeitgesetz (AZG) iVm Art.10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15.3.2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und Art.15 Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr, verhängt, weil er als handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit als das gemäß § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen berufene, verwaltungsstrafrechtlich verantwortliche Organ der x mit Sitz in x, diese ist Inhaberin von Gewerbeberechtigungen für "Spedition" und "Gewerbsmäßige Beförderung von Gütern mit 30 Kraftfahrzeugen im grenzüberschreitenden Verkehr (grenzüber­schreitender Güterverkehr) gemäß § 2 Abs.2 Z2 GütbefG 1995" jeweils am Standort x, nicht dafür Sorge getragen habe, dass die Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes (AZG) eingehalten wurden.

 

Anlässlich einer Verkehrskontrolle durch den Arbeitsinspektor x und Beamte der Polizeiinspektion x am 30.10.2008 wurde festgestellt, dass der Arbeitnehmer x, geb. x, beschäftigt im oa Betrieb, als Lenker des Kraftfahrzeuges mit dem Kennzeichen x, das der gewerb­lichen Güterbeförderung dient und dessen höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen übersteigt,

1)      nur das im Kontrollgerät eingelegte Schaublatt vom 30.10.2008 dem          zuständigen Kontrollbeamten vorweisen konnte. Die übrigen erforderlichen Schaublätter für die vorausgehenden 28 Tage konnten dem     Kontrollbeamten nicht vorgelegt werden, obwohl dies gemäß Art.15 Abs.7          lit.a sublit.i der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 des Rates über das    Kontrollgerät im Straßenverkehr erforderlich ist.

 

Sie haben es somit als unterlassen, die Arbeit der in Absatz 1 genannten Fahrer so zu organisieren, das diese die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie des Kapitels II der vorliegenden Verordnung einhalten zu können. Das Verkehrsunternehmen hat den Fahrer ordnungsgemäß anzuweisen und regelmäßig zu überprüfen, dass die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und Kapitel II der vorliegenden Verordnung eingehalten werden.

 

2)      ein Formblatt betreffend die Sozialvorschriften für Tätigkeiten im        Kraftverkehr dem Kontrollbeamten, als Ersatz für die erforderlichen   Aufzeichnungen gemäß Art.15 Abs.2 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85        des Rates über das Kontrollgerät im Straßenverkehr vorgelegt hat, das       nicht vollständig ausgefüllt und unterschrieben war. Es fehlten die       erforderlichen Eintragungen zu Punkt 18. Ein Formblatt betreffend die   Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr (Urlaubsbestätigung) ist nur vollständig ausgefüllt gültig.

 

Sie haben es somit unterlassen, die Arbeit der Fahrer so zu organisieren, dass ein vollständig ausgefülltes Formblatt verwendet wird, wenn sich der Fahrer innerhalb des in Art.15 Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 genannten Zeitraumes im Krankheits- oder Erholungsurlaub befunden hat.       

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und darin die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG, in eventu ein Absehen von der Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG und den Ausspruch einer Ermahnung beantragt.

Begründend wurde hiezu vorgebracht, dass Tatsache sei, dass sich die Kontrolleinrichtungen des Unternehmens nicht nur auf schlichte Anweisungen erstrecken, sondern die ständigen Anweisungen von regelmäßigen Schulungen und Stichproben ergänzt werden. Ein System, das geeignet sei, Lenkzeit­überschreitungen zu verhindern, sei im gleichen Maße geeignet, anderweitige Übertretungen nach dem Arbeitszeitgesetz zu verhindern. Es bestehe für den Arbeitgeber kein wesentlicher Unterschied darin, ob der Fahrer – sei es vorsätzlich oder fahrlässig – ohne Wissen und Willen des Dienstgebers die vorgeschriebenen Lenkzeiten überschreitet, oder ob er nicht alle notwendigen Unterlagen vorweisen kann, obwohl er über die Pflicht, stets alle erforderlichen Unterlagen mitzuführen, unterrichtet wurde und dies auch stichprobenartig kontrolliert werde. Im konkreten Fall habe es zu keiner Zeit Vorfälle gegeben, die für den Beschuldigten erkennbar gemacht hätten, dass Herr x die einschlägigen Vorschriften nicht einhalten werde. Auch im Oktober 2008 sei er nochmals ausdrücklich darauf hingewiesen worden, die Urlaubsbestätigung, die der Arbeitgeber bereits erstellt hatte, auch vollständig auszufüllen und zu unterfertigen. Der Fahrer x habe dies bejaht, sodass für den Beschuldigten kein weiterer Handlungsbedarf gegeben gewesen sei.

 

Ein wichtiger Bestandteil jeder Schulung über die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten sowie der Vorschriften des Arbeitszeitgesetzes bilde auch die Information, die Tachoscheiben, welche die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten belegen, immer für die letzten 28 Tage mitzuführen, damit sie im Falle einer Kontrolle vorgewiesen werden können. Wie bereits ausgeführt, habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass Herr x diese Weisungen nicht einhalten werde.

 

Da der Beschuldigte sohin alle Möglichkeiten ergriffen habe, um die vorge­worfene Übertretung zu verhindern, sei die Bestrafung zu Unrecht erfolgt. Der Fahrer x sei vielmehr entsprechend geschult und ihm auch das entsprechende Formblatt mitgegeben worden. Dass dem Fahrer x die Tachografenscheiben zur Verfügung standen, ergebe sich daraus, dass er diese bei seinem Arbeitgeber in der Folge vorgelegt habe, welche ohnedies an die Behörde bereits übermittelt worden seien.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck hätte zumindest von der Bestrafung gemäß § 21 Abs.1 VStG absehen müssen oder gemäß § 21 Abs.2 VStG von der Verhängung einer Strafe absehen und eine Ermahnung aussprechen müssen. Ein Verschulden des Beschuldigten wiege jedenfalls äußerst gering und seien keine nachteiligen Folgen aus der Zuwiderhandlung entstanden, welche die Anwendung des § 21 VStG ausschließen würden.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Vöcklabruck als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Das Arbeitsinspektorat Vöcklabruck wurde am Verfahren beteiligt und teilte mit Stellungnahme vom 21. Juni 2010 mit, dass grundsätzlich von einem wirksamen Kontrollsystem nur dann gesprochen werden kann, wenn es zu keinem eigenmächtigen Verhalten der Arbeitnehmer mehr komme. Gegenständlich handle es sich um ein Ungehorsamsdelikt, bei dem mangelndes Verschulden nicht nur zu behaupten, sondern auch zu belegen sei. Das im Verfahren erster Instanz vorgelegte betriebsinterne Kontrollsystem soll geeignet gewesen sein, Überschreitungen bzw Unterschreitungen von Zeitgrenzen zu verhindern. In den Ausführungen der nun vorliegenden Berufung sei dieses Kontrollsystem nun auch für die gegenständlichen Übertretungen ausreichend und geeignet, Übertre­tungen in der Anwendung und Handhabung der Schaublätter bzw des Formblattes zu verhindern. Dies werde in der Berufungsschrift jedoch nur als bloße Behauptung belegt. Hinsichtlich der subjektiven Tatseite sei auszuführen, dass ein Kontrollsystem des Beschuldigten, welches in der bloßen Belehrung und Unterweisung der Arbeitnehmer sowie in einer stichprobenartigen Kontrolle besteht, nicht als hinreichend angesehen werden kann, um die Übertretung von arbeitnehmerschutzrechtlichen Bestimmungen zu verhindern.

 

4. Von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung konnte Abstand genommen werden, zumal der Sachverhalt hinreichend geklärt ist, in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und keine 500 Euro übersteigenden Geldstrafen verhängt wurden sowie vom Berufungswerber über Anfrage auf die Durchführung einer Verhandlung ausdrücklich verzichtet wurde (§ 51e Abs.3 Z1 und Z3 VStG).

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen oder eingetragene Personengesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwort­liche Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 28 Abs.6 Z2 AZG sind Arbeitgeber, die die Pflichten gemäß Art.10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 verletzten, soweit sie sich auf die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 beziehen, sofern die Tat nicht nach anderen Vorschriften einer strengeren Strafe unterliegt, von der Bezirksverwaltungsbe­hörde mit einer Geldstrafe von 218 Euro bis 2.180 Euro, im Wiederholungsfall von 360 Euro bis 3.600 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß Art.10 Abs.2 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 organisiert das Verkehrsunternehmen die Arbeit der in Absatz 1 genannten Fahrer so, dass diese die Bestimmungen der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 sowie des Kapitels II der vorliegenden Verordnung einhalten können. Das Verkehrsunternehmen hat den Fahrer ordnungsgemäß anzuweisen und regelmäßig zu überprüfen, dass die Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 und Kapitel II der vorliegenden Verordnung eingehalten werden.

 

Art. 15 Abs.7 lit.a sublit.i der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 idF der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 bestimmt:

Lenkt der Fahrer ein Fahrzeug, das mit einem Kontrollgerät gemäß Anhang I ausgerüstet ist, so muss er den Kontrollbeamten auf Verlangen jederzeit die Schaublätter für die laufende Woche und die vom Fahrer in den vorausgegan­genen 28 Tagen verwendeten Schaublätter vorlegen können.

 

Art.15 Abs.3 der Verordnung (EWG) Nr. 3821/85 idF der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 lautet:

Die Fahrer

-                    achten darauf, dass die Zeitmarkierung auf dem Schaublatt mit der gesetzlichen Zeit des Landes übereinstimmt, in dem das Fahrzeug zugelassen ist;

-                    betätigen die Schaltvorrichtung des Kontrollgeräts so, dass folgende Zeiten getrennt und unterscheidbar aufgezeichnet werden:

a)    unter dem Zeichen (Lenkrad): die Lenkzeiten;

b)    "andere Arbeiten": Das sind alle anderen Tätigkeiten als die Lenktätigkeiten im Sinne des Artikels 3 Buchstabe a der Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, sowie jegliche Arbeit für denselben oder einen anderen Arbeitgeber, sei es innerhalb oder außerhalb des Verkehrssektors; sie sind unter dem Zeichen (zwei gekreuzte Hammer) aufzuzeichnen;

c)     die "Bereitschaftszeit" im Sinne des Artikels 3 Buchstabe b der Richtlinie 2002/15/EG ist unter dem Zeichen (Quadrat mit einem Querstrich von oben rechts nach unten links) aufzuzeichnen;

d)    unter dem Zeichen (Bett) die Arbeitsunterbrechungen und die Tagesruhezeiten.

 

5.2. Im vorliegenden Fall steht es zweifelsfrei fest, dass der Berufungswerber zu dem im Spruch des angefochtenen Straferkenntnisses näher angeführten Tatzeitpunkt handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit Sitz in x und somit Arbeitgeber des x war. Die im Spruch näher bezeichneten Übertretungen, und zwar die Nichtvorlage der erforderlichen Schaublätter für die vorangegangenen 28 Tage sowie ein nicht vollständig ausgefülltes Formblatt betreffend die Sozialvorschriften durch x sind erwiesen und werden vom Berufungswerber auch nicht bestritten. Es hat damit der Berufungswerber das Verkehrsunternehmen nicht so organisiert, dass vom Lenker die erforderlichen Schaublätter vorgelegt wurden und das Formblatt betreffend die Sozialvorschriften ordnungsgemäß ausgefüllt war. Der Berufungs­werber erfüllt sohin den objektiven Tatbestand der ihm zur Last gelegten Veraltungsübertretungen und hat diesen auch zu verantworten.

 

5.3. Der Berufungswerber hat die Verwaltungsübertretung aber auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der/die Arbeitgeber/in durch die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems sicherzustellen, dass die Arbeitszeitvorschriften eingehalten werden und den Anordnungen auch ent­sprochen wird. Es bedarf konkreter Behauptungen, durch welche innerbe­triebliche organisatorische Maßnahmen eine Übertretung des AZG hätte verhindert werden sollen, wobei die bloße Erteilung von Weisungen oder Belehrungen nicht ausreicht (vgl. VwGH vom 20.7.1992, Zl. 91/19/0201, mit der dort zitierten Judikatur). Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgt ist. Dabei reichen nur kurzfristige, stichprobenartige Kontrollen nicht aus, um die Annahme zu rechtfertigen, es liege ein wirksames Kontrollsystem, von dem mit gutem Grund erwartet werden kann, dass es die tatsächliche Einhaltung des AZG sicherstellt, vor.

 

Der Verwaltungsgerichtshof hat mit Erkenntnis vom 5.9.2008, Zl. 2008/02/0129, ausgesprochen, dass die im heutigen Wirtschaftsleben notwendige Arbeitsteilung es nicht zulässt, dass sich der Unternehmer aller Belange und Angelegenheiten persönlich annimmt. Es ist dem Unternehmer vielmehr zuzubilligen, die Besorgung einzelner Angelegenheiten anderen Personen selbstverantwortlich zu überlassen und die eigene Tätigkeit in diesen Belangen auf eine angemessene Kontrolle zu beschränken. Der Unternehmer ist dann persönlich von der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung befreit, wenn er den Nachweis zu erbringen vermag, dass er Maßnahmen getroffen hat, die unter den vorsehbaren Verhältnissen die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften mit gutem Grund erwarten lassen. Der den Unternehmer nach § 5 Abs.1 VStG obliegende Entlastungsbeweis kann aber nicht allein dadurch erbracht werden, dass die ihn betreffende Verantwortung auf eine hiezu taugliche Person übertragen worden ist.  Es bedarf vielmehr des weiteren Beweises, dass auch für eine geeignete Kontrolle der mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben beauftragten Person Vorsorge getroffen worden ist. Entscheidend ist, ob auch eine wirksame Kontrolle über die Einhaltung der vom Verantwortlichen erteilten Weisungen erfolgte.

 

Das vom Berufungswerber im Berufungsschriftsatz bzw in seinen zahlreichen Stellungnahmen dargelegte Kontrollsystem sieht vor, dass x mit der Schulung und Unterweisung der Fahrer beauftragt wurde und diese durch ihn stichprobenartig kontrolliert werden. Weiters werden die Disponenten unter­wiesen und angeleitet, die arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen einzuhalten und die Fahrer entsprechend zu disponieren. Die Disponenten werden ebenfalls stichprobenartig kontrolliert und bei Problemen entsprechend nachgeschult und nötigenfalls auch gekündigt. Diese Vorgehensweise sei auch bei mehrmaligem Fehlverhalten von Lenkern anwendbar. Eine Kontrolle der Aufzeichnungen und übrigen Unterlagen erfolge binnen drei Monaten.

 

Ein Merkmal des vom Berufungswerber dargelegten Kontrollsystems ist die hierarchische Gliederung der Verantwortungsträger und der Kontrolle jedes in diese Hierarchie Eingebundenen durch den jeweils Übergeordneten. Damit wird nur das Existieren eines Kontrollsystems generell in abstrakter Form dargelegt, nicht jedoch – wie erforderlich – dargelegt, wie dieses Kontrollsystem konkret hätte funktionieren sollen. Es ist sicherzustellen, dass die auf der jeweils übergeordneten Ebene erteilten Anordnungen (Weisungen) zur Einhaltung der Rechtsvorschriften auch an die jeweils untergeordnete, zuletzt als an die unterste Hierarchieebene gelangen und dort auch tatsächlich befolgt werden (vgl. VwGH 20.12.1996, 93/02/0160, 9.9.2005, 2005/02/0018).

 

Der Unternehmer hat darzulegen, wie er die Kontrollen durchführt, wie oft er diese Kontrollen durchführt, welche konkrete Maßnahmen er getroffen hat, um unter den vorhersehbaren Umständen die Einhaltung der Verwaltungsvor­schriften zu gewährleisten (vgl. VwGH 5.9.2008, 2008/02/0129). Welche konkreten Maßnahmen zur Hintanhaltung der gegenständlichen Verwaltungs­über­tretungen durch ihn getroffen wurden, ist der Berufungswerber jedoch darzulegen schuldig geblieben. Ebenso wenig, durch wen, wie oft und wann die Angewiesenen (hier: Disponenten) auf die Einhaltung der ihnen übertragenen Aufgaben hin kontrolliert wurden.

Die Meinung des Berufungswerbers, dass das von ihm geschilderte Kontrollsystem, welches in erster Linie auf die Einhaltung der Lenk- und Ruhezeiten der Lenker abzielt, auch hinsichtlich der Einhaltung der übrigen arbeitszeitrechtlichen Bestimmungen ausreichend ist, wird vom Oö. Verwaltungssenat nicht geteilt, handelt es sich gegenständlich doch um konkrete Mitführpflichten des Lenkers und werden diese durch das dargelegte Kontrollsystem gerade eben nicht abgedeckt.

 

Der Berufungswerber verantwortet sich in einer weiteren Stellungnahme dahingehend, dass der Fahrer von x geschult und auch kontrolliert worden sei. Der Fahrer habe entgegen der ausdrücklichen Anweisung das Formblatt nicht vollständig ausgefüllt und auch nicht unterfertigt. Aufgrund der Unterweisungen und Schulungen habe der Fahrer gewusst, dass die Schaublätter der letzten 28 Tage mitzuführen und das Formblatt entsprechend auszufüllen sei. Der Fahrer habe sohin gegen ausdrückliche Unterweisung gehandelt. Am 27.10.2008 sei der Fahrer durch einen Disponenten bezüglich der Vervollständigung des Formblattes telefonisch erinnert worden.

 

Das Kontrollsystem hat auch für den Fall, dass die Arbeitnehmer aus eigenem Antrieb aufgrund eigenmächtiger Handlungen gegen die Vorschriften verstoßen, Platz zu greifen (vgl. VwGH 5.9.2008, 2008/02/0129). Welche konkreten Maßnahmen bezüglich der Hintanhaltung von eigenmächtigen Handlungen der Lenker durch den Berufungswerber bereits im Vorhinein getroffen wurden, wurden von ihm nicht dargelegt.

 

Gemäß der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat das Kontrollsystem – im Ergebnis – "perfekt" zu sein (vgl. VwGH vom 24.3.2004, 2001/09/0163). Vom Vorliegen eines "perfekten" Kontrollsystems war gegenständlich nicht auszu­gehen, weshalb der Berufungswerber die ihm zur Last gelegten Verwaltungsüber­tre­tungen auch subjektiv zu verantworten hat.

 

6. Zur Strafbemessung wird Nachstehendes bemerkt:

 

6.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden.

Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

6.2. Schutzzweck der Einhaltung der gegenständlichen Bestimmungen des AZG dient der Gewährleistung einer lückenlosen Kontrolle betreffend die tatsächlichen Einsatzzeiten von Lenkern.

 

6.3. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis Geldstrafen von jeweils 350 Euro bei einem Strafrahmen von 218 Euro bis 2.180 Euro, verhängt. Ein Wiederholungsfall, welche die Anwendung des erhöhten Strafrahmens bedingen würde, lag nicht vor. Zudem wurde von der belangten Behörde als straferschwerend das Nichtmitführen der Schaublätter gewertet. Diesbezüglich ist zu bemerken, dass der von der belangten Behörde angenommene Erschwerungsgrund nicht vorliegt, weil das schon unter Strafsanktion stehende Verhalten nicht noch einmal in Form eines Erschwerungs­grundes gewertet werden darf (vgl. hiezu Hauer/Leukauf, 6. Auflage, Seite 1334, Anm. 3, betreffend das Doppelverwertungsverbot). Strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit des Berufungswerbers gewertet. Im Übrigen ging die belangte Behörde von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers aus, und zwar wurde ein monatliches Nettoeinkommen von 2.000 Euro, kein Vermögen und keine Sorgepflichten der Strafbemessung zugrunde gelegt. Dieser Schätzung wurde in der Berufung nicht entgegengetreten, sodass sie auch der nunmehrigen Strafbemessung durch den Oö. Verwaltungssenat zugrunde gelegt werden konnte.

 

Aufgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit des Berufungs­werbers und des Entfalles eines Erschwerungsgrundes war der Oö. Verwaltungssenat gehalten, die Geldstrafen auf das nunmehr festgesetzte Maß herabzusetzen. Dabei wurde die gesetzliche Mindeststrafe in Höhe von 218 Euro für die ihm zur Last gelegten Verwaltungs­über­tretungen nur marginal überschritten.

 

Eine außerordentliche Milderung nach § 20 VStG kommt jedoch nicht in Betracht, da ein Überwiegen der Milderungsgründe nicht vorgelegen ist. Das Vorliegen der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit allein bewirkt noch kein beträcht­liches Überwiegen der Milderungsgründe.

 

Auch liegt kein geringfügiges Verschulden vor, zumal das Verhalten des Berufungswerbers nicht erheblich hinter dem in der jeweiligen Strafdrohung zum Ausdruck kommenden Unrechts- und Schuldgehalt der Tat zurückbleibt, weshalb auch von der Anwendung des § 21 Abs.1 VStG Abstand zu nehmen war.

 

7. Zur Spruchergänzung hinsichtlich der Wortfolge "und somit als Arbeitgeber" war der Oö. Verwaltungssenat im Sinn einer Konkretisierung des Tatvorwurfes nicht nur berechtigt, sondern im Hinblick auf das Erkenntnis des Verwaltungs­gerichtshofes vom 20.9.2001, Zl. 2001/11/0171, unbeschadet des Ablaufes der Verfolgungsverjährungsfrist auch dazu gehalten. Die Einfügung des offenkundig bloß versehentlich fehlenden Wortes "Verkehrsunternehmer" bei beiden Fakten des erstinstanzlichen Spruches schien gesetzlich geboten (vgl. § 62 Abs.4 AVG).

 

Es war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

8. Der Ausspruch über die Kosten ist in den angeführten gesetzlichen Bestimmungen begründet.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum