Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165026/7/Zo/Th

Linz, 28.09.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, X, vertreten durch X vom 1. April 2010 gegen das Straferkenntnis des Polizeidirektors von Linz vom 16. März 2010, Zl. CSt-18315/LZ/09 wegen einer Übertretung der StVO 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. September 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird im Schuldspruch abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis insoweit bestätigt.

 

II.           Bezüglich der Strafhöhe wird der Berufung teilweise stattgegeben und die verhängte Geldstrafe auf 30 Euro sowie die Ersatzfreiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt.

 

III.        Die erstinstanzlichen Verfahrenskosten reduzieren sich auf 3 Euro, für das Berufungsverfahren sind keine Kosten zu bezahlen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I. und II.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu III.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 


 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I. und II.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 18. März 2009 um 07.47 Uhr in Linz, auf der Herrenstraße auf Höhe Nr. 33 in Fahrtrichtung stadteinwärts bei der Kreuzung mit der Rudigierstraße als Lenker des KFZ mit dem Kennzeichen X einem Mann und zwei Frauen nicht das ungehinderte Überqueren der Fahrbahn ermöglicht habe, wobei der Mann bereits den Schutzweg mit einem Bein betreten hatte. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 9 Abs.2 StVO begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO eine Geldstrafe in Höhe von 72 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 32 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 7,20 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber zusammengefasst aus, dass die Meldungslegerin, welche sich zur Schulwegsicherung in diesem Bereich befunden habe, verpflichtet gewesen wäre, den Fußgängern das gefahrlose Überqueren des Schutzweges zu ermöglichen und dazu den Fahrzeugverkehr anzuhalten.

 

Der Vorfall habe sich in Wahrheit so abgespielt, dass der Berufungswerber aufgrund des "Stop & Go Verkehrs" bereits vor dem Schutzweg angehalten hatte, um Schülern das Überqueren zu ermöglichen. Nachdem er wieder angefahren sei, hätten zwei Schüler wenige Meter nach dem Schutzweg von links die Fahrbahn mit raschen Schritten überquert, weshalb er auf dem Schutzweg neuerlich kurz habe anhalten müssen. Zu jenem Zeitpunkt sei von rechts ein Fußgänger auf den Schutzweg gestiegen. Er selbst habe seine Fahrt stadteinwärts fortsetzen können, nachdem die beiden Schüler vor ihm die Fahrbahn der Rudigierstraße überquert hatten und darauf hin habe auch der Fußgänger den Schutzweg überqueren können. Die Anzeigerin habe die Situation vermutlich erst zu diesem Zeitpunkt bewusst wahrgenommen, woraus sie scheinbar geschlossen habe, dass der Beschuldigte in einem Zug den Kreuzungsbereich durchfahren habe. Vermutlich habe die Anzeigerin das vorherige kurze Anhalten des Berufungswerbers nicht wahrgenommen, weil sie auch die anderen beiden Schutzwege beobachten musste.

 

3. Der Polizeidirektor von Linz hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 7. September 2010 an Ort und Stelle. An dieser haben der Berufungswerber sowie seine Rechtsvertreterin und eine Vertreterin der Erstinstanz teilgenommen und es wurde die Meldungslegerin, X, zum Sachverhalt befragt.

 

4.1. Daraus ergibt sich folgender für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte zur Vorfallszeit den im Spruch angeführten PKW in Linz auf der Herrenstraße in Fahrtrichtung stadteinwärts. Im Bereich der Kreuzung mit der Rudigierstraße befindet sich eine Verkehrsinsel, auf welcher die Zeugin X stand und die Schulwegsicherung durchführte sowie den Verkehr beobachtete. In Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen, befindet sich ein Schutzweg zwischen der auf der rechten Seite befindlichen Apotheke und dieser Verkehrsinsel sowie zwei weitere Schutzwege, welche von der Verkehrsinsel einerseits zum Objekt Herrenstraße 31, andererseits in Richtung Domplatz führen.

 

Die Schilderung des konkreten Vorfalles durch die Zeugin sowie dem Berufungswerber weichen stark voneinander ab. Der Berufungswerber führte während des gesamten Verfahrens im Wesentlichen gleichlautend aus, dass er sich der gegenständlichen Kreuzung und dem Schutzweg sehr langsam genähert habe ("Stop & Go Verkehr") und wegen mehrerer Fußgänger sein Fahrzeug kurz vor dem Schutzweg angehalten habe. Nachdem er wieder angefahren sei, habe er gesehen, dass zwei Burschen die Fahrbahn der Rudigierstraße von links nach rechts ca. 3 bis 5 m nach dem Schutzweg überquerten, weshalb er sein Fahrzeug nochmals anhalten musste und dabei genau auf dem Schutzweg zum Stillstand gekommen sei. Nachdem diese beiden Burschen die Fahrbahn überquert hatten, habe er seine Fahrt fortsetzen können. Zu diesem Zeitpunkt habe er auch gesehen, dass von rechts einer oder mehrere Fußgänger den Schutzweg benützen wollten. Er habe den Schutzweg aber erst freimachen können, nachdem die beiden Burschen vor ihm die Fahrbahn überquert hatten.

 

Er habe die Polizeibeamtin auf der Mittelinsel gesehen und sich im Nachhinein die Situation notiert, weil er aufgrund der undeutlichen Situation mit einer möglichen Anzeige gerechnet habe. Er sei auch kurz darauf zur Kreuzung zurückgefahren, um den Vorfall gleich mit der Polizistin zu klären. Zu diesem Zeitpunkt sei die Polizistin jedoch nicht mehr vor Ort gewesen.

 

Die Zeugin X führte hingegen aus, dass sie das Fahrzeug des Berufungswerbers bereits in der Annäherung an den Schutzweg gesehen habe und dieses während des gesamten Vorfalles nicht aus den Augen gelassen habe. Der Berufungswerber habe sich dem Schutzweg langsam angenähert und sie habe deshalb angenommen, dass er anhalten werde. Bereits zum Zeitpunkt seiner Annäherung seien zwei Fußgänger auf den Gehsteig direkt vor dem Schutzweg gestanden und ein dritter Fußgänger sei gerade herangekommen und mit einem Fuß auf den Schutzweg hinabgestiegen. Der Berufungswerber habe jedoch sein Fahrzeug nicht angehalten, sondern sei einfach weiter gefahren, wobei er langsam gefahren sei. Beim Vorbeifahren habe er den Kopf geschüttelt. Sie habe dem Fahrzeug nachgeschaut und sich dabei das Kennzeichen notiert. Auch zu diesem Zeitpunkt habe sie keine Fußgänger gesehen, welche die Rudigierstraße von links nach rechts vor dem Fahrzeug des Berufungswerbers überquert hätten. Der Berufungswerber habe sein Fahrzeug auch nicht im Bereich des Schutzweges angehalten. Sie habe dann das Kennzeichen abgelesen und eine Anzeige erstattet. Aufgrund der langsamen Fahrgeschwindigkeit des Berufungswerbers sei sie davon ausgegangen, dass dieser vor dem Schutzweg ohnedies anhalten werde.

 

Die Zeugin führte weiters aus, dass sie sich bei der Überwachung dieser Kreuzung auf den konkreten Schutzweg von der Apotheke zur Verkehrsinsel konzentriert, weil in diesem Bereich das Verkehrsaufkommen am stärksten ist und die Straße in beiden Richtungen befahren wird. Wenn sie bemerkt, dass sich auf den anderen Schutzwegen Personen befinden bzw. sich Fahrzeug annähern, blickt sie kurz in diese Richtung, um zu überprüfen, ob dort alles in Ordnung ist. Aufgrund des Verkehrsaufkommens ist ihr Hauptaugenmerk aber jedenfalls auf den Schutzweg zwischen Apotheke und Verkehrsinsel gerichtet.

 

4.2. Zu diesen unterschiedlichen Aussagen ist in freier Beweiswürdigung folgendes festzuhalten:

 

Sowohl die Zeugin als auch der Berufungswerber schilderten den Vorfall während des gesamten Verfahrens im Wesentlichen jeweils gleich. Sie machten bei der mündlichen Verhandlung auch beide einen besonnenen Eindruck und waren offenbar bemüht, den Vorfall so zu schildern, wie er sich ihrer Erinnerung entsprechend zugetragen hat.

 

Letztlich darf bei der Beurteilung dieser unterschiedlichen Versionen aber nicht außer Acht gelassen werden, dass die Zeugin als Polizeibeamtin zur Verkehrsüberwachung besonders ausgebildet ist und es zu ihren beruflichen Aufgaben gehört, relevante Vorfälle im Straßenverkehr genau zu beobachten und diese Beobachtungen festzuhalten. Ihren Ausführungen kommt daher eine erhöhte Glaubwürdigkeit zu.

 

Hätte sich hingegen der Vorfall tatsächlich so zugetragen, wie ihn der Berufungswerber schildert, so würde dies bedeuten, dass die Zeugin bei ihrer Einvernahme sowohl im erstinstanzlichen Verfahren als auch bei der mündlichen Verhandlung eine bewusst falsche Aussage gemacht hätte und sich damit der Gefahr einer strafgerichtlichen Verfolgung ausgesetzt hätte. Da die Zeugin angab, das Fahrzeug sowohl in der Annäherung als auch beim Überqueren des Schutzweges durchgehend beobachtet zu haben, ist auch auszuschließen, dass sie allenfalls den Vorfall nur teilweise beobachtet hat. Es haben sich keinerlei Hinweise ergeben, dass die Zeugin den ihr völlig unbekannten Berufungswerber bewusst wahrheitswidrig belasten wollte.

 

Der Berufungswerber befährt diese Straßenstelle fast jeden Tag, weshalb eine Verwechslung mit einem anderen Vorfall nicht zur Gänze ausgeschlossen werden kann. Selbst wenn man berücksichtigt, dass er sich unmittelbar nachher Aufzeichnungen gemacht hat, ändert dies nichts daran, dass sich diese Aufzeichnungen auch auf einen anderen Vorfall an einem anderen Tag beziehen können. Unter Abwägung aller dieser Umstände ist es daher als erwiesen anzusehen, dass der Berufungswerber tatsächlich den Schutzweg mit langsamer Geschwindigkeit überquert hat, obwohl sich ein Fußgänger bereits mit einem Fuß auf dem Schutzweg befunden hat und zwei weitere Fußgänger diesen erkennbar benutzen wollten.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.2 StVO 1960 hat der Lenker eines Fahrzeuges, das kein Schienenfahrzeug ist, einem Fußgänger oder Rollschuhfahrer, der sich auf einem Schutzweg befindet oder diesen erkennbar benützen will, dass unbehinderte und gefährdete Überqueren der Fahrbahn zu ermöglichen. Zu diesem Zweck darf sich der Lenker eines solchen Fahrzeuges einem Schutzweg nur mit einer solchen Geschwindigkeit nähern, dass er das Fahrzeug vor dem Schutzweg anhalten kann und er hat, falls erforderlich, vor dem Schutzweg anzuhalten.

 

5.2. Wie sich aus den oben angeführten Überlegungen ergibt, hat der Berufungswerber zur Vorfallszeit drei Fußgängern, welche den Schutzweg erkennbar benützen wollten, das ungehinderte Überqueren der Fahrbahn nicht ermöglicht, wobei einer der Fußgänger bereits den Schutzweg mit einem Bein betreten hatte. Er hielt in Annäherung an den Schutzweg eine langsame Geschwindigkeit ein, sodass ihm das Anhalten auch jederzeit möglich gewesen wäre. Er hat daher die ihm vorgeworfene Übertretung sowohl in objektiver als auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung beträgt gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 726 Euro. Bei der Strafbemessung kann zu Gunsten des Berufungswerbers berücksichtigt werden, dass er die Fußgänger nicht tatsächlich gefährdet sondern lediglich behindert hat. Auch seine langsame Fahrgeschwindigkeit kann als strafmildernd berücksichtigt werden, weil sich auch dadurch das Gefährdungspotential deutlich reduziert hat. Dem Berufungswerber ist lediglich fahrlässiges Verhalten vorzuwerfen.

 

Der Berufungswerber weist keine einschlägigen Vormerkungen auf, was als strafmildernd zu berücksichtigen ist. Straferschwerungsgründe liegen hingegen nicht vor. Unter Berücksichtigung dieser Umstände konnte die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe deutlich herabgesetzt werden. Die reduzierte Strafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.500 Euro bei Sorgepflichten für 2 Kindern) und erscheint ausreichend, um den Berufungswerber in Zukunft zu noch höherer Aufmerksamkeit beim Queren von Schutzwegen anzuhalten.

 

Zu III.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

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