Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-231062/4/BMa/Th

Linz, 24.09.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, vertreten durch Mag. Dr. X, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 3. September 2009, S-33.415/08-2, wegen einer Übertretung des Fremdenpolizeigesetzes zu Recht erkannt:

 

 

I.                  Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Freiheitsstrafe auf 12 Stunden herabgesetzt wird und die verletzte Rechtsvorschrift im erstinstanzlichen Bescheid durch die Wendung "idF BGBl. I Nr. 29/2009" ergänzt wird.

 

 

II.              Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.:   § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 – AVG iVm. §§ 24, 51c und 51e Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl. Nr. 52/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I. Nr. 135/2009 – VStG

Zu II.:  § 66 Abs.1 VStG


Entscheidungsgründe:

 

 

1.1. Mit dem in der Präambel angeführten Straferkenntnis wurde der Berufungsweber (im Folgenden: Bw) wie folge schuldig gesprochen und bestraft:

 

"Wie vom fremdenpolizeilichen Referat der BPD Linz am 25.08.2008 anlässlich einer fremdenpolizeilichen Überprüfung festgestellt wurde, sind Sie Fremder im Sinne des § 2 Abs.4 Z. 1 des Fremdenpolizeigesetzes und Sie halten sich seit 09.10.2006 unrechtmäßig im Bundesgebiet von Österreich auf, da Sie weder aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz noch aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind, Sie nicht im Besitze einer von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind, Ihnen eine Aufenthaltsberechtigung nach dem Asylgesetz nicht zukommt und Sie nicht Inhaber einer Beschäftigungsbewilligung, Entsendebewilligung oder Anzeigebestätigung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz sind.

 

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§ 120 Abs. 1 Z. 2 FPG iVm § 31 Abs. 1 Z. 2-4 u. 6 FPG

 

Wegen dieser Verwaltungsübertretung wird über Sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe in Euro           falls diese uneinbringlich ist        Gemäß §

                                      Ersatzfreiheitsstrafe von

€ 80,--                           48 Std.                                    120 Abs.1 FPG

 

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen:

8,-- Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, das sind 10 % der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 € angerechnet);

 

Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher

88,-- Euro."

 

1.2. Begründend führt die belangte Behörde nach Darlegung des Verwaltungsgeschehens und der relevanten Rechtsgrundlagen im Wesentlichen aus, der Bw halte sich nicht rechtmäßig in Österreich auf. Es sei gegen ihn eine Ausweisung verfügt worden, die seit 8. Oktober 2006 in Rechtskraft erwachsen sei. Seine persönlichen Verhältnisse seien berücksichtigt worden.

 

Mildernd wurde bei der Strafbemessung die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit berücksichtigt. Der Strafbemessung wurde zugrunde gelegt, dass der Bw kein relevantes Vermögen besitze, für ein Kind sorgepflichtig sei und ein Einkommen von mindestens 800 Euro netto monatlich beziehe.

 

1.3. Gegen diesen seinem Rechtsvertreter am 11. September 2009 zugestellten Bescheid richtet sich die vorliegende, am 25. September 2009 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag.

 

1.4. Die Berufung verweist auf die Stellungnahme vom 17. Juli 2009 und führt an, es liege ein klassischer Fall der Anwendung des § 21 VStG vor.

 

In der Stellungnahme vom 17. Juli 2009 wird ausgeführt, es sei richtig, dass der Bw zum gegenwärtigen Zeitpunkt über keine Aufenthaltsberechtigung im Sinne des § 31 FPG verfüge. Weiters wird auf die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes verwiesen, wonach ein Fremder wegen unrechtmäßigen Aufenthalts nicht bestraft werden könne, wenn seiner Ausweisung eine zu seinen Gunsten ausfallende Interessensabwägung im Wege stehe. Dann sei nämlich vom Vorliegen eines gesetzlichen Strafausschließungsgrundes nach § 6 VStG auszugehen. Die Ausweisung der BPD Linz sei zwar seit 8. Oktober 2006 rechtskräftig, der der damaligen Entscheidung zugrunde liegende Sachverhalt habe sich allerdings grundlegend verändert. So lebe er gegenwärtig in einer Lebensgemeinschaft mit einer österreichischen Staatsbürgerin und habe mit dieser ein gemeinsames Kind. Für seinen Unterhalt und den seiner Familie könne er aufkommen, so habe er eine Einstellungszusage vom Vater seiner Lebensgefährtin. Außerdem sei er Vater von zwei Kindern, die einer früheren Lebensgemeinschaft entstammen würden. In Anbetracht seiner privaten und familiären Situation sei seine zwangsweise Verbringung nach X eine Verletzung von durch Artikel 8 EMRK geschützten Rechte. Davon abgesehen sei er bemüht, seinen Aufenthalt zu legalisieren. Eine Heirat mit seiner Lebensgefährtin sei bislang daran gescheitert, dass er die notwendigen Dokumente aus X nicht besorgen habe können. Er strebe parallel dazu ein humanitäres Niederlassungs-Bewilligungsverfahren an. Sollte die Behörde dennoch von einem schuldhaften Verhalten ausgehen, so müsse von einer Verhängung einer Strafe gemäß § 21 VStG abgesehen werden, weil sein Verschulden jedenfalls als geringfügig anzusehen sei und die Folgen der damit verbundenen Übertretung unbedeutend seien.

 

Mit Schreiben vom 7. Oktober 2009 hat die belangte Behörde den Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsicht in den Verwaltungsakt der Bundespolizeidirektion Linz zu S-33.415/08-2. Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, im angefochtenen Bescheid eine 500 Euro nicht übersteigende Geldstrafe verhängt wurde und die Verfahrenspartei einen dementsprechenden Antrag nicht gestellt hat, konnte im Übrigen gemäß § 51e Abs.3 VStG von einer öffentlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat sich weiters den Fremdenakt des Bw,
1-101607/FRB/10 von der Bundespolizeidirektion Linz zur Einsichtnahme übermitteln lassen.

 

Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat legt die unbestritten gebliebenen erstinstanzlichen Feststellungen seiner Entscheidung zugrunde. Darüber hinaus wird folgendes festgestellt:

Der Bw ist am 9. Oktober 1999 illegal nach Österreich eingereist und hat am
11. Oktober 1999 einen Asylantrag gestellt, der mit Bescheid des UBAS vom
11. April 2005 negativ entschieden wurde. Die Entscheidung ist am 12. April 2005 in Rechtskraft erwachsen.

Mit Bescheid vom 6. September 2006 hat die Sicherheitsdirektion der Berufung gegen den Bescheid der Bundespolizeidirektion Linz vom 4. Oktober 2005,
Fr-101.607, keine Folge gegeben und die Ausweisung des Bw bestätigt.

Die Bundespolizeidirektion hat in der Folge versucht, ein Heimreisezertifikat für den Bw zu erwirken. Nachdem ein Telefonat mit dem Generalkonsulat von X durchgeführt worden war, kam der Konsul zum Ergebnis, dass die behauptete Staatsbürgerschaft aufgrund dieses Telefonats nicht hinreichend bewiesen werden habe können. Mit Schreiben vom 15. Februar 2007 wurde der Bundespolizeidirektion Linz mitgeteilt, dass dem Ersuchen zur Ausstellung eines Heimreisezertifikats für den Bw nicht nachgekommen werden könne, weil dieser seine behauptete Staatsbürgerschaft der Republik X anlässlich des mit ihm geführten Gesprächs nicht hinreichend beweisen und keinerlei Dokumente vorlegen habe können.

 

In der Folge wurde der Bw der nigerianischen Botschaft in Wien vorgeführt.

Laut Botschaftsangehörigen handle es sich beim Bw aber um einen Staatsbürger von X.

Nach einem neuerlichen Interview mit der Botschaft von X wurde von dieser mitgeteilt, dass der Bw mit Sicherheit kein Staatsangehörgier von X sei. Der Geburtsort des Bw, x, befinde sich in x  und nicht in X.

Daraufhin wurde versucht, zu klären, ob X Staatsangehöriger von X sei. Die Botschaft von X hat mitgeteilt, dass der Bw kein Staatsangehöriger von X sei.

Es wurde auch festgestellt, dass der Bw kein Staatsangehöriger von Nigeria sei. Nachdem ein Interview mit ihm geführt wurde, das auf Tonband aufgezeichnet wurde, wurde eine Sprachanalyse durchgeführt.

Diese Sprachanalyse hat ergeben, dass der Bw aus Westafrika kommt, mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Gambia und eine geografische Zuordnung des Ausländers zu X ausgeschlossen wird. Dem letzten Eintrag in den Fremdenpolizeiakt vom 16. Juni 2010 ist zu entnehmen, dass bereits wiederholt versucht wurde, bei der Botschaft von Gambia ein Heimreisezertifikat für den Bw zu erwirken, bis dato ist aber diesbezüglich keine Antwort eingelangt. Der Bw hat, obwohl ihm die negativen Stellungnahmen der Botschaft von X vorgehalten wurden, weiterhin behauptet, Staatsangehöriger von X zu sein.

 

Der Bw ist Vater von zwei Kindern, die aus einer früheren Lebensgemeinschaft entstammen, und Vater eines Kindes, das der derzeit bestehenden Lebensgemeinschaft mit einer Österreicherin entstammt. Vom Vater seiner Lebensgefährtin hat er eine Einstellungszusage.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 120 Abs.1 Z2 begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit einer mit Geldstrafe bis zu 2.180 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu 3 Wochen, zu bestrafen, wer sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Aus den unbestritten gebliebenen Feststellungen ergibt sich, dass der Bw sich nicht rechtmäßig in Österreich aufhält. Er hat damit das Tatbild der ihm zur Last gelegten Strafnorm erfüllt.

 

Bei den Verwaltungsübertretungen handelt es sich um Ungehorsamsdelikte im Sinne des § 5 Abs.1 VStG. Bei diesen Delikten besteht nach § 5 Abs. 1 zweiter Satz VStG die Rechtsvermutung für das Verschulden (in Form fahrlässigen Verhaltens) des Täters. Bestreitet er dieses, so hat er nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes initiativ alles darzutun, was für seine Entlastung spricht, insbesondere, dass er solche Maßnahmen getroffen habe, die unter den vorhersehbaren Verhältnissen mit Grund die Einhaltung der gesetzlichen Vorschriften erwarten ließen. Ansonsten wäre er selbst dann strafbar, wenn die Verstöße ohne sein Wissen und ohne seinen Willen begangen wurden (vgl. das Erkenntnis vom 27. Februar 1995, Zl.90/10/0078 und vom 6. Mai 1996, Zl. 94/10/0116).

 

§ 120 Abs.1 regelt ein Begehungsdelikt. Zur Erfüllung der subjektiven Tatseite ist daher Voraussetzung, dass der Bw zumindest mit bedingtem Vorsatz gehandelt hat.

Die Botschaft von X hat wiederholt die Aussage getroffen, der Bw sei kein Staatsangehöriger von X. Die Sprach- und Textanalyse des Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in Nürnberg hat ebenfalls ergeben, dass eine Zuordnung des Bw zum Herkunftsland X ausgeschlossen ist. Obwohl dem Bw die Aussagen des Generalkonsulats der Republik X vorgehalten wurden, behauptete er weiterhin, Staatsangehöriger von X zu sein. Er konnte dies aber weder durch Dokumente noch durch glaubwürdige Angaben belegen.

 

Aus dem Gesamtverhalten des Bw ist ersichtlich, dass es ihm gerade darauf ankommt, seine Identität zu verschleiern, um nicht aus Österreich abgeschoben werden zu können.

 

Er hat damit auch vorsätzlich im Sinne der ihm vorgeworfenen Rechtsnorm gehandelt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides soweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist.

 

Die von der erstinstanzlichen Behörde zugrunde gelegten Einkommens- und Vermögenssituation wurde von der Berufung nicht bestritten. Diese werden daher auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegt.

Entgegen dem erstinstanzlichen Bescheid ist der Berufungswerber nunmehr für drei Kinder sorgepflichtig. Dennoch war die verhängte Strafe nicht herabzusetzen. So wurde diese mit nicht einmal 3 % der möglichen Höchststrafe festgesetzt. Der im Tatzeitpunkt relevante Strafrahmen bewegt sich nämlich bis zu 2.180 Euro.

 

Weil die von der belangten Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe von 48 Stunden nicht in Relation der Obergrenze für die Geldstrafe zur Obergrenze für die Freiheitsstrafe festgesetzt wurde, war diese dementsprechend zu reduzieren.

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe war daher auf 12 Stunden zu reduzieren.

Insbesondere im Hinblick auf die mehrjährige Dauer seines unrechtmäßigen Aufenthalts in Österreich und den Versuch der Verschleierung seiner Identität ist eine Geldstrafe in Höhe von 80 Euro jedenfalls angemessen.

 

Weil der Berufung teilweise Folge gegeben wurde, entfallen die Kosten für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Bergmayr-Mann

 

 

 


 

Rechtssatz zu VwSen-231062/4/BMa/Th vom 24. September 2010:

 

§ 120 Abs. 1Z 2 FPG iVm § 31 Abs. 1 Z 2-4 u. 6 FPG:

 

Aus dem Gesamtverhalten des Bw ist ersichtlich, dass es dem Bw gerade darauf ankommt, seine Identität zu verschleiern, um nicht aus Österreich abgeschoben werden zu können.

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum