Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100593/10/Weg/Ri

Linz, 13.01.1993

VwSen - 100593/10/Weg/Ri Linz, am 13. Jänner 1993 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch das Mitglied Dr. Kurt Wegschaider über die Berufung des H P , vertreten durch Rechtsanwalt Dr. P B, vom 30. April 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung vom 15. April 1992, VerkR-96/4426/1991/Pi/He, auf Grund des Ergebnisses der am 30. November 1992 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung zu Recht:

Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis behoben und das Verfahren eingestellt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl.Nr. 51, i.d.F. BGBl.Nr. 866/1992 (AVG) i.V.m. § 24, § 45 Abs.1 Z 1, § 51 Abs.1 und § 51i Verwaltungsstrafgesetz 1991, BGBl.Nr. 52, i.d.F. BGBl.Nr. 867/1991 (VStG).

Entscheidungsgründe:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Urfahr-Umgebung hat mit dem in der Präambel zitierten Straferkenntnis über den Berufungswerber wegen der Verwaltungsübertretungen nach 1.) § 16 Abs.1 lit.c StVO 1960 und 2.) § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 Geldstrafen von 1.) 1.000 S und 2.) 2.000 S sowie für den Fall der Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von 1.) 24 Stunden und 2.) 24 Stunden verhängt, weil dieser am 18. Mai 1991 um ca. 12.50 Uhr den PKW mit dem Kennzeichen auf der L B von L in Richtung G gelenkt und dabei bei Straßenkilometer 12,300 1. überholt habe, obwohl er nicht einwandfrei erkennen habe können, ob er sein Fahrzeug nach dem Überholvorgang wieder in den Verkehr einordnen könne, ohne andere Strassenbenützer zu gefährden oder zu behindern und 2. im Bereich der dort befindlichen unübersichtlichen Kurve überholt habe. Außerdem wurde ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren in der Höhe von 200 S in Vorschreibung gebracht.

2. Anläßlich der auf Grund der rechtzeitig eingebrachten Berufung für den 30. November 1992 anberaumten öffentlichen mündlichen Verhandlung trat zutage, daß der Überholvorgang nicht - wie in der Anzeige beschrieben und im Straferkenntnis letztlich wiedergegeben - bei km 12,300 stattfand, sondern bei Str.km 12,100, einem in diesem Bereich noch geradlinig verlaufenden Straßenstück mit ausreichenden Sichtverhältnissen. Der als Zeuge vernommene seinerzeitige Privatanzeiger E R führte nach Vorhalt der Lichtbilder über die von der Erstbehörde angenommene Überholstrecke aus, daß der Beschuldigte ihn nicht in einer unübersichtlichen Linkskurve überholt habe, sondern etwa auf Höhe der ca. 200 m vorher befindlichen Autobushaltestelle. Bis zu der anschließenden unübersichtlichen Linkskurve verläuft das Straßenstück geradlinig und war nach Aussage des straßenverkehrstechnischen Amtssachverständigen, der einen Lokalaugenschein durchführte, noch eine Überholsicht von ca. 250 m gegeben. Warum die Gendarmerie in ihrer Anzeige die Überholstrecke in den Kurvenbereich verlegte, ist dem Zeugen E R unverständlich, er habe derartiges nie zur Anzeige gebracht. Er habe lediglich nach einem vom Beschuldigten auf Höhe der Autobusstelle durchgeführten Überholmanöver gegenüber zwei Gendarmeriebeamten, die in einem Patrouillenfahrzeug in Hellmonsödt saßen, seinen Unmut über dieses seines Erachtens riskante Überholmanöver zum Ausdruck gebracht.

Der straßenverkehrstechnische Amtssachverständige Ing. A erstattete hinsichtlich der Subsumierbarkeit des Überholmanövers bei Straßenkilometer 12,1 unter die Bestimmungen des § 16 Abs.1 lit.c und § 16 Abs.2 lit.b StVO 1960 nachstehendes wörtlich wiedergegebene "Gutachten: Aus den Angaben des Zeugen geht eindeutig hervor, daß sich der Überholvorgang auf dem der Kurve voranliegenden geradlinig verlaufenden Straßenstück mit Sichtweiten von ca. 250 Meter ereignete. Ungeachtet eines möglichen rechnerischen Nachvollziehens des Überholvorganges ist festzustellen, daß dieses geradlinige Straßenstück keinesfalls als unübersichtlich zu bezeichnen ist.

Ein rechnerisches Nachvollziehen des Überholvorganges zu der Fragestellung inwieweit der Beschuldigte zu Überholbeginn erkennen konnte, daß er das Fahrzeug nach dem Überholvorgang ohne Gefährdung oder Behinderung anderer Straßenbenützer wieder in den Vekehr einordnen kann, ist deshalb nicht möglich, weil aus dem gesamten Akteninhalt sowie aus den Angaben des Zeugen nicht zu entnehmen ist, wo der Überholvorgang begonnen wurde.

Hinsichtlich des Einordnens in eine Einordnungslücke mit einer Länge von 20 bis 30 Meter bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h der hintereindanderfahrenden Fahrzeuge ist folgendes festzustellen:

Geht man von einer durchschnittlich anzunehmenden Reaktionszeit von einer Sekunde aus, so ergibt sich bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h ein Sicherheitsabstand, der dieser Reaktionszeit entspricht, von 5,5 Meter. Der PKW des Beschuldigten weist eine Länge von ca. 4,5 Meter auf, sodaß sich eine zumindest erforderliche Einordnungslücke bei einer Geschwindigkeit von 20 km/h von 15,5 Meter ergibt. Im gegenständlichen Fall war eine Einordnungslücke von 20 bis 30 Meter vorhanden, sodaß bei einem derartigen Einordnungsvorgang der erforderliche mindeste Sicherheitsabstand nicht unterschritten werden mußte. Ein eventueller Verzögerungsvorgang innerhalb dieser Einordnungslücke wird bei diesen Betrachtungen nicht berücksichtigt, da keine exakten Angaben vorliegen, d.h. von der günstigsten Voraussetzung auszugehen ist, wonach der Beschuldigte mit gleicher Geschwindigkeit wie die Fahrzeuge am rechten Fahrstreifen sein Fahrzeug in die Einordnungslücke einordnete." Auf Grund der Zeugenaussage des Erich Reisinger und des eben zitierten straßenverkehrstechnischen Gutachtens steht fest, daß der Berufungswerber einerseits das Überholmanöver nicht bei Straßenkilometer 12,3, sondern bei Straßenkilometer 12,1 durchführte und daß der Berufungswerber nicht in einer unübersichtlichen Kurve überholt hat bzw. er so überholt hat, daß er einwandfrei erkennen konnte, sich nach dem Überholvorgang wieder in den Verkehr einordnen zu können, ohne andere Straßenbenützer zu gefährden und zu behindern.

3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Nachdem das vom Berufungswerber gesetzte Verhalten weder den Bestimmungen des § 16 Abs.1 lit.c noch denen des § 16 Abs.2 lit.b, jeweils StVO 1960, zuwiderläuft, stellt sein Verhalten keine Verwaltungsübertretung dar, weshalb in Befolgung des § 45 Abs.1 Z 1 VStG spruchgemäß zu entscheiden war. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

 Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Wegschaider

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