Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-150780/14/Re/Hue

Linz, 07.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Werner Reichenberger nach der am 22. September 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Be­rufung des x, x, gegen das Straferkenntnis  der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 7. April 2010, Zl. BauR96-172-2009, wegen einer Übertretung des Bundesstraßen-Mautgesetzes 2002 zu Recht erkannt:

I.                  Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.   

II.              Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in der Höhe von 30 Euro, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, zu leisten.  

Rechtsgrundlagen:

zu I: §§ 16 Abs. 2, 19, 20, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.     Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurde über den Berufungswerber (Bw) eine Geldstrafe von 150 Euro bzw. eine Ersatzfreiheitsstrafe von 16  Stunden verhängt, weil er am 2. April 2009 um 19.04 Uhr als Lenker des mehrspurigen Kraftfahrzeuges mit einem höchsten zulässigen Gesamtgewicht von mehr als 3,5 Tonnen und dem behördlichen Kennzeichen x die mautpflichtige Innkreisautobahn A8, ABKM 37.400, Gemeinde Weibern, in Fahrtrichtung Voralpenkreuz benutzt habe, ohne die fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß entrichtet zu haben, obwohl die Benützung des mautpflichtigen Straßennetzes mit einspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstes zulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 Tonnen beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut unterliege. Es sei festgestellt worden, dass ein für die elektronische Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zwingend vorgeschriebenes Fahrzeuggerät nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen und dadurch die fahrleistungsabhängige Maut nicht ordnungsgemäß entrichtet worden sei.

 

2. In der Berufung brachte der Bw vor, dass er die GO-Box nach Anleitung angebracht hätte und auf dem Beweisfotos nichts zu erkennen sei. Die GO-Box habe fehlerhaft funktioniert. Aus diesem Grund möge die GO-Box von einem Sachverständigen überprüft werden.

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt eine Anzeige der x vom 26. Juni 2009 zugrunde. Die Lenkeranzeige enthält den gegenständlichen Tatvorwurf. Als Beanstandungsgrund ist angegeben, dass die GO-Box nicht ordnungsgemäß angebracht gewesen sei. Gem. § 19 Abs. 4 BStMG sei am 2. Mai 2009 schriftlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen worden.

 

Nach Strafverfügung vom 7. September 2009 rechtfertigte sich der Bw im Wesentlichen dahingehend, dass er bis heute noch kein Beweisfoto gesehen hätte. Wenn die GO-Box keine ordnungsgemäßen Funksignale sende, sei dies nicht seine Schuld. Es handle sich vermutlich rein rechnerisch um ein paar Kilometer, welche nicht aufgezeichnet worden seien. Die Behörde möge beweisen, dass die GO-Box in einem einwandfreien Zustand sei.  

 

Einer zusätzlichen Stellungnahme der x vom 18. Dezember ist neben rechtlichen Bestimmungen zu entnehmen, dass die GO-Box verkehrt auf dem Armaturenbrett gelegen sei. Deshalb sei es zu einer Nichtabbuchung der Maut gekommen. Als Beilage wurde ein Beweisfoto und eine Einzelleistungsinformation übermittelt.

 

Dazu äußerte sich der Bw am 14. Jänner 2010 dahingehend, dass das übermittelte Beweisbild so unscharf sei, dass man weder das Kennzeichen noch die Situierung der GO-Box erkennen könne. Im "Beipackzettel" der GO-Box sei auf lediglich fünf kleinen Bildern dargestellt, dass die GO-Box mittig im Bereich der Windschutzscheibe anzubringen sei. Der Bw habe das Gerät fast mittig angebracht, da sich daneben auch noch ein Fernseher befinde. Dies müsste auf dem Beweisfoto erkennbar sein. Die GO-Box habe beim ersten Kontrollpunkt gepiepst. Für den Bw sei deshalb alles in Ordnung gewesen. Bei der Ausfahrt aus Österreich sei die GO-Box wieder zurückgegeben worden. Der Bw gehe deshalb davon aus, dass die GO-Box einen technischen Defekt gehabt hatte. Es könne nicht sein, dass das Gerät einmal funktioniere und dann wieder nicht. Funkwellen seien überall, egal wie das Gerät angebracht sei. Möglicherweise sei auch die Batterie zu schwach gewesen. Abschließend legte der Bw seine Einkommens-, Vermögens- und Familiensituation dar.

 

Der Akt schließt mit dem angefochtenen Straferkenntnis und der daraufhin eingebrachten Berufung.

 

4. Die x übermittelte dem Oö. Verwaltungssenat am 26. Juli 2010 auf Anforderung die zwei Beweisfotos in Originalqualität.

 

5. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung stellte der Verhandlungsleiter zunächst fest, dass der Bw trotz ordnungsgemäßer Ladung der Verhandlung unentschuldigt ferngeblieben ist und verliest den gesamten Verfahrensakt.

 

Zur Frage, ob die vorliegenden Beweisfotos die Anbringung der GO-Box am gegenständlichen Kfz erkennen lassen, antwortete der verkehrstechnische Amtssachverständige, dass festzustellen sei, dass die GO-Box auf dem Armaturenbrett liegt und nicht auf der Windschutzscheibe befestigt sei. Die GO-Box liege in Fahrtrichtung des Bw gesehen in der Nähe der A-Säule, d.h. sehr weit links außen. Dies sei aufgrund der vorliegenden Fotos eindeutig erkennbar. Damit seien die Vorschriften der Mautordnung augenscheinlich nicht erfüllt worden. Die Nichtabbuchung der Maut könne deshalb auf die falsche Positionierung der GO-Box zurückzuführen sein. Die Anbringungsvorschriften seien deshalb erlassen worden, um eine einwandfreie Kommunikation der GO-Box mit dem Mautbalken garantieren zu können.

 

6. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:  

 

6.1. Gemäß § 6 BStMG unterliegt die Benützung von Mautstrecken mit mehrspurigen Kraftfahrzeugen, deren höchstzulässiges Gesamtgewicht mehr als 3,5 t beträgt, der fahrleistungsabhängigen Maut.

 

Gemäß § 7 Abs. 1 BStMG ist die Maut durch Einsatz zugelassener Geräte zur elektronischen Entrichtung der Maut im Wege der Abbuchung von Mautguthaben oder der zugelassenen Verrechnung im Nachhinein zu entrichten. Die Autobahnen- und Schnellstraßen-Finanzierungs-Aktiengesellschaft hat zur Mautabwicklung eine in Artikel 2 der Richtlinie 2004/52/EG genannte Technik zu nutzen.

 

Gemäß § 8 Abs. 1 BStMG haben Lenker, soweit sie nicht von anderen in der Mautordnung vorgesehenen Formen der Mautentrichtung Gebrauch machen, vor der Benützung von Mautstrecken ihr Fahrzeug mit Geräten zur elektronischen Entrichtung der Maut auszustatten.

 

Punkt 8.1 der Mautordnung besagt, dass die GO-Box ausschließlich in dem mit dem angemeldeten Kraftfahrzeugkennzeichen zugelassenen mautpflichtigen Kraftfahrzeug an der Innenseite der Windschutzscheibe zwischen Fahrzeugmitte und Lenkstange nahe der Windschutzscheiben-Unterkante, und zwar in jenem Bereich der Windschutzscheibe, der vom Scheibenwischer gereinigt wird, so zu montieren ist, dass die Bedientaste der GO-Box in das Fahrzeuginnere gerichtet ist. Der Scheibenwischer darf dabei in Ruhestellung die GO-Box nicht überlappen. Der Montagebereich der GO-Box auf der Windschutzscheibe ist von fremden Gegenständen freizuhalten. Der Kraftfahrzeuglenker hat von der GO-Box alle Gegenstände fern zu halten, die zu einer Beeinflussung der Bedientasten führen könnten. Eine andere Anbringung der GO-Box im Einzelfall ist nur nach individueller schriftlicher Zustimmung der x zulässig.

 

Gemäß § 20 Abs. 2 BStMG begehen Kraftfahrzeuglenker, die Mautstrecken benützen, ohne die nach § 6 geschuldete fahrleistungsabhängige Maut ordnungsgemäß zu entrichten, eine Verwaltungsübertretung und sind mit Geldstrafe von 300 Euro bis zu 3.000 Euro zu bestrafen.

 

Gemäß § 20 Abs. 3 BStMG werden Übertretung gem. Abs. 1 und Abs. 2 straflos, wenn der Mautschuldner nach Maßgabe des § 19 Abs. 2 bis 5 der Aufforderung zur Zahlung der in der Mautordnung festgesetzten Ersatzmaut entspricht.

 

§ 19 BStMG ("Ersatzmaut") bestimmt, dass in der Mautordnung für den Fall der nicht ordnungsgemäßen Entrichtung der Maut eine Ersatzmaut festzusetzen ist, die den Betrag von 250 Euro einschließlich Umsatzsteuer nicht übersteigen darf (Abs. 1).

Kommt es bei einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 zu keiner Betretung, so ist die x ermächtigt, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 1 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung beruht, im Falle einer Verwaltungsübertretung gem. § 20 Abs. 2 den Zulassungsbesitzer schriftlich zur Zahlung einer Ersatzmaut aufzufordern, sofern der Verdacht auf automatischer Überwachung oder auf dienstlicher Wahrnehmung eines Organs der öffentlichen Aufsicht beruht. Die Aufforderung hat eine Identifikationsnummer und eine Kontonummer zu enthalten. Ihr wird entsprochen, wenn die Ersatzmaut binnen vier Wochen ab Ausfertigung der Aufforderung dem angegebenen Konto gutgeschrieben wird und der Überweisungsauftrag die automationsunterstützt lesbare, vollständige und richtige Identifikationsnummer enthält (Abs. 4).

Subjektive Rechte des Lenkers und des Zulassungsbesitzers auf mündliche oder schriftliche Aufforderungen zur Zahlung einer Ersatzmaut bestehen nicht (Abs. 6).

 

6.2. Unbestritten ist, dass der Bw als Lenker eines Kfz zur Tatzeit am Tatort eine Mautstrecke ohne ordnungsgemäße Mautentrichtung zurückgelegt hat und dem Zulassungsbesitzer gem. § 19 Abs. 4 BStMG schriftlich eine Ersatzmaut angeboten, diesem Angebot jedoch nicht (zeitgerecht) entsprochen wurde.

 

Wenn der Bw vermeint, die GO-Box müsse einen technischen Defekt aufgewiesen haben, da er diese ordnungsgemäß montiert hätte, ist er auf das Gutachten des Amtssachverständigen in der öffentlichen mündlichen Verhandlung zu verweisen. In diesem heißt es, dass die GO-Box – wie aus den vorliegenden Beweisbildern klar ersichtlich ist – entgegen den Bestimmungen von Punkt 8.1 der Mautordnung auf dem Armaturenbrett befestigt worden ist und dies die Ursache für die Nichtabbuchung der Maut darstellt. Der Unabhängige Verwaltungssenat hegt an der Richtigkeit, Schlüssigkeit und Vollständigkeit dieses Gutachtens – dem der Bw auch nicht auf gleicher fachlicher Ebene entgegen getreten ist – keinen Zweifel. Damit ist das unsubstantielle Vorbringen des Bw hinsichtlich eines (vermuteten) Systemfehlers als Ursache der Nichtabbuchung der Maut widerlegt.

 

Die Tat ist daher dem Bw in objektiver und – da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind – auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Es ist von Fahrlässigkeit auszugehen, nämlich in dem Sinne, dass der Bw verabsäumt hat, die GO-Box ordnungsgemäß an der Windschutzscheibe zu befestigen. Wenn der Bw vermeint, die Gebrauchsanleitung der GO-Box sei für ihn nicht eindeutig verständlich gewesen, ist er darauf aufmerksam zu machen, dass er seine Zweifel vor Benützung einer mautpflichtigen Strecke (z.B. über das x-Servicetelefon oder durch Nachfragen bei einer GO-Box-Vertriebsstelle) ausräumen hätte müssen. Jeder Lenker ist verpflichtet, sich vor Benützung einer Mautstrecke über die rechtlichen und faktischen Voraussetzungen für die Benützung von Mautstrecken, insbesondere auch über die Gebrauchsvorschriften der GO-Box, ausreichend in Kenntnis zu setzen. Das Verhalten des Bw ist als sorgfaltswidrig einzustufen, da es ihm obliegen wäre, für eine ordnungsgemäße Entrichtung der fahrleistungsabhängigen Maut zu sorgen.

 

Zur Bemessung der Strafhöhe ist zu bemerken, dass im angefochtenen Straferkenntnis aus nicht vollständig nachvollziehbaren Gründen (insbesondere dahingehend, dass es sich bei den vom Bw bekannt gegebenen Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnissen nicht um einen anerkannten Milderungsgrund handelt) das außerordentliche Milderungsrecht (§ 20 VStG) angewandt  und die gesetzliche Mindeststrafe auf die Hälfte reduziert wurde. Eine weitere Herabsetzung der Strafe ist rechtlich nicht mehr möglich. Die Tat bleibt auch nicht so weit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass eine Anwendung des § 21 Abs.1 VStG denkbar wäre, da die (kumulativen) Voraussetzungen (Unbedeutendheit der Tatfolgen, Geringfügigkeit des Verschuldens) dafür nicht gegen sind. Die – hier anzunehmende – fahrlässige Tatbegehung stellt eine gewöhnliche und ausreichende Schuldform dar (§ 5 Abs. 1 VStG). Insbesondere ist der Schuldgehalt nicht gering zu veranschlagen, da das ordnungsgemäße Anbringen der GO-Box gegenständlich die zentrale Lenkerpflicht darstellt.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Reichenberger

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum