Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100597/4/Fra/Ka

Linz, 27.08.1992

VwSen - 100597/4/Fra/Ka Linz, am 27. August 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des M K, R, W, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. G K, S, W, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Wels vom 31. März 1992, Zl.III-VU-1178/91/G, betreffend Übertretungen der StVO 1960, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird keine Folge gegeben. Das angefochtene Straferkenntnis wird vollinhaltlich bestätigt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG.

II. Der Berufungswerber hat als Kostenbeitrag zum Berufungsverfahren 1.200 S, d.s. 20 % der verhängten Geldstrafe, binnen zwei Wochen ab Zustellung dieses Erkenntnisses bei sonstiger Exekution zu entrichten.

Rechtsgrundlage: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bundespolizeidirektion Wels hat mit Straferkenntnis vom 31. März 1992, Zl. III-VU-1178/91/G, über den Beschuldigten wegen der Verwaltungsübertretung nach 1. § 4 Abs.1 lit.c StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) und 2. nach § 4 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 3.000 S (Ersatzfreiheitsstrafe 72 Stunden) verhängt, weil er am 21. April 1991 um 15.35 Uhr in W auf der W S 20 m südlich der K mit der, Fahrtrichtung N, als Lenker des PKW, 1. nach einem Verkehrsunfall, mit dem sein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang stand, insofern an der Feststellung des Sachverhaltes nicht mitgewirkt hat, als er die Unfallstelle verließ, 2. nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem sein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand, die nächste Sicherheitsdienststelle nicht sofort verständigte.

Gleichzeitig wurde er gemäß § 64 VStG zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Strafverfahren erster Instanz in Höhe von 600 S, d.s. 10 % der Strafe, verpflichtet.

I.2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Beschuldigte rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Rechtsinstitut der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht. Damit ist die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben. Dieser hat, da jeweils 10.000 S übersteigende Geldstrafen nicht verhängt wurden, durch eines seiner Mitglieder zu entscheiden (§ 51c VStG).

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

Der Beschuldigte ist der Auffassung, daß die ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretungen nicht vorliegen, da beide ihm zum Vorwurf gemachte Verstöße gegen § 4 Abs.1 und 2 StVO 1960 in der Bestimmung des § 99 Abs.2 StVO bezeichnet sind und er für diese beiden Verstöße gegen die StVO im Wege der Straferschwerung durch das Kreisgericht Wels rechtskräftig abgeurteilt wurde. Er verweist auf die Bestimmung des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960, wonach eine Verwaltungsübertretung nicht vorliegt, wenn eine in Abs.2, 3 oder 4 bezeichnete Tat den Gegenstand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet. Für den Fall, daß seine Ausführungen nicht zum Tragen kommen, macht der Beschuldigte geltend, daß beide ihm zur Last gelegten Tatbestände gegen § 4 StVO 1960 nur einmal den Tatbestand des § 99 Abs.2 lit.a StVO "allenfalls" erfüllen, da diese beiden ihm im angefochtenen Straferkenntnis zum Vorwurf gemachten Verstöße zueinander im Verhältnis der "Spezialität" und/oder der "Konsumtion" und/oder der "Subsidiarität" stehen. Somit kann seiner Ansicht nach allenfalls die Strafbestimmung des § 99 Abs.2 lit.a StVO 1960 nur einmal auf beide ihm zum Vorwurf gemachten StVO-Verstöße zur Anwendung kommen.

Zu diesen Argumenten ist festzustellen, daß sowohl ein strafbarer Tatbestand "Nichtmitwirkung an der Feststellung des Sachverhaltes nach einem Verkehrsunfall, mit dem ein Verhalten in ursächlichem Zusammenhang steht" sowie "Nichtsofortige Verständigung der nächsten Sicherheitsdienststelle nach einem Verkehrsunfall mit Personenschaden, mit dem ein Verhalten am Unfallort in ursächlichem Zusammenhang stand" im allgemeinen Strafrecht nicht vorhanden sind. Es fallen daher die Ahndung dieser Tatbestände ausschließlich in die Kompetenz der Verwaltungsbehörde. Die Zuwiderhandlung gegen diese Bestimmungen werden daher im gerichtlichen Verfahren demnach nicht absorbiert, weshalb Straffreiheit im Sinne des § 99 Abs.6 lit.c StVO 1960 nicht vorliegt. Nicht überzeugen vermag auch die Ansicht des Berufungswerbers, daß die ihm zur Last gelegten Verstöße zueinander im Verhältnis der "Spezialität" und/oder der "Konsumtion" und/oder "Subsidiarität" stehen. Er wird diesbezüglich auf die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. u.a. VwGH vom 9. Mai 1980, 1765/78) verwiesen, wonach die Unterlassung desjenigen, der mit einem Verkehrsunfall mit Personenschaden in ursächlichem Zusammenhang steht, an der Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes mitzuwirken und die nächste Polizei- oder Gendarmeriedienststelle sofort zu verständigen sowohl eine Verwaltungsübertretung nach § 4 Abs.1 lit.c StVO als auch eine nach § 4 Abs.2 StVO darstellt, was wieder gemäß § 22 Abs.1 VStG bedingt, daß zwei Strafen nebeneinander zu verhängen sind.

Schließlich kann auch das Argument des Berufungswerbers nicht überzeugen, daß die Strafe nicht im Sinne der Kriterien des § 19 VStG bemessen wurde. Nach § 19 VStG hat die Behörde unter Zugrundelegung des Abs.1 ihre Wertung der Tat innerhalb der Grenzen des gesetzlichen Strafrahmens darzulegen. Dazu gehört die rechtserhebliche Frage nach dem Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung jener Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Neben dem Unrechtsgehalt der Tat als objektivem Kriterium sind auch verschiedene Kriterien der subjektiven Tatseite (§ 19 Abs.2 VStG i.V.m. §§ 32 bis 35 StGB) zu erörtern. Bei der Bemessung der Geldstrafe sind auch die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten zu berücksichtigen.

Die Erstbehörde hat zur Strafbemessung ausgeführt, den Umstand als mildernd gewertet zu haben, daß gegen den Beschuldigten keine Vormerkung nach § 4 StVO aufscheint. Allerdings scheint eine rechtskräftige Vormerkung wegen Übertretung nach § 5 Abs.1 StVO 1960 auf. Die verhängten Geldstrafen seien daher schuldangemessen und dem Unrechtsgehalt der Taten angepaßt und scheinen der Erstbehörde geeignet, den Beschuldigten in Zukunft von der Begehung gleichartiger Übertretungen abzuhalten. Gerade Übertretungen des § 4 StVO 1960, also die sogenannten "Fahrerfluchtdelikte" gehören zu den gravierendsten Verstößen gegen die straßenverkehrsrechtlichen Vorschriften und seien daher mit entsprechend hohen Geldstrafen zu ahnden.

Der unabhängige Verwaltungssenat kann nicht erkennen, daß in der oben angeführten Begründung die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände nicht ausreichend aufgezeigt worden seien. Der gesetzliche Strafrahmen für die gegenständlichen Übertretungen beträgt 500 S bis 30.000 S. Bereits aus diesem Strafrahmen ergibt sich, daß den gegenständlichen Verstößen ein hoher Unrechtsgehalt anhaftet. Die verhängten Strafen bewegen sich allerdings im untersten Bereich dieses Strafrahmens. Der Beschuldigte ist verwaltungsstrafrechtlich nicht mehr unbescholten. Ein Milderungsgrund konnte daher dem Beschuldigten nicht zuerkannt werden. Unter Berücksichtigung dieser Fakten kann nicht erkannt werden, daß die verhängten Strafen nicht dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretungen angemessen wären. Der Hinweis des Beschuldigten auf das Strafurteil des Kreisgerichtes Wels vom 19. Dezember 1991, GZ. 14 EVR 379/91, wonach mit dem angeführten Urteil bereits auf beide im angefochtenen Straferkenntnis enthaltene Tatbestand im Wege einer Straferschwerung Bedacht genommen worden sei, ist nicht zielführend. Es wurde bereits oben darauf hingewiesen, daß die von der Verwaltungsbehörde zu ahndenden Delikte mit dem vom Gericht zu ahndenden Delikte in keinem Zusammenhang stehen, weshalb die verwaltungsbehördliche Strafbemessung völlig unabhängig von der gerichtlichen Strafbemessung erfolgte.

Was die persönliche und wirtschaftliche Situation des Beschuldigten betrifft, so ist dem Beschuldigten zuzugestehen, daß er laut der im Akt befindlichen Verkehrsunfallanzeige ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 8.500 S bezieht und für ein Kind sorgepflichtig ist. Es entspricht daher nicht der Aktenlage, wenn die Erstbehörde von einem monatlichen Einkommen von ca. 15.000 S ausgegangen ist. Dennoch kann dieser Umstand zu keiner anderen Strafbemessung führen. Selbst wenn man davon ausgeht, daß das vom Beschuldigten angegebene monatliche Nettoeinkommen von ca. 8.500 S den Tatsachen entspricht, sind die verhängten Geldstrafen nicht als überhöht anzusehen, denn dem Einkommen des Beschuldigten ist gegenüberzustellen, daß er noch Hälfteeigentümer eines Einfamilienhauses ist. Wenn dieses auch mit Schulden belastet ist, was als nicht ungewöhnlich anzusehen ist, ist der Vermögenswert dieses Hauses in Rechnung zu stellen. Zudem ist zu berücksichtigen, daß der Beschuldigte keine Sorgepflichten für seine Ehegattin aufweist, da diese ebenfalls ein Einkommen bezieht. Zusammenfassend ist daher der unabhängige Verwaltungssenat zu der Überzeugung gelangt, daß auch unter Zugrundelegung des nunmehr vom Beschuldigten behaupteten niedrigeren Einkommens aufgrund der weiteren angeführten Kriterien und nicht zuletzt aus präventiven Überlegungen eine Änderung der Straffestsetzung nicht zu erfolgen hat.

Aus den angeführten Gründen war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht notwendig, da in der Berufung nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet wird und die Aktenwidrigkeit lediglich auf die Höhe der Strafe eine Relevanz haben könnte, diesbezüglich aber eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

zu II. Die Entscheidung über den Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung. Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r

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