Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165365/5/Zo/Jo

Linz, 12.10.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X, vertreten durch X, vom 25.08.2010, gegen Punkt 5) des Straferkenntnisses der Bezirkshauptfrau von Rohrbach vom 10.08.2010, Zl. VerkR96-1162-2010, wegen einer Übertretung des KFG nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.09.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und Punkt 5) des angefochtenen Straferkenntnisses mit der Maßgabe bestätigt, dass die Tageslenkzeit anstelle von 17 Stunden und 37 min ca. 16 Stunden und 55 min betragen hat.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 60 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Rohrbach hat dem Berufungswerber im Punkt 5) des angefochtenen Straferkenntnisses vorgeworfen, dass er als Fahrer des Sattelkraftfahrzeuges X, X, welches zur Güterbeförderung im innerstaatlichen Straßenverkehr eingesetzt ist und dessen zulässige Höchstmasse einschließlich Sattelanhänger 3,5 t übersteigt, die Tageslenkzeit von höchstens 9 Stunden zwischen zwei täglichen Ruhezeiten überschritten habe, obwohl die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten darf. Die tägliche Lenkzeit darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden, wobei diese zulässige zweimalige Verlängerung der Lenkzeit pro Woche auf jeweils 10 Stunden bereits berücksichtigt worden sei. Vom 05.05.2010, 07.40 Uhr bis 06.05.2010, 18.38 Uhr habe die Tageslenkzeit 17 Stunden und 37 min betragen. Die Überschreitung der täglichen Lenkzeit habe damit mehr als 2 Stunden betragen und es handle sich daher anhand des Anhanges III der Richtlinie 2006/22/EG in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl. Nr. L29, um einen sehr schwerwiegenden Verstoß.

Die Übertretung sei am 10.05.2010 um 04.10 Uhr in Ottensheim auf der B 127 bei km 9,850 festgestellt worden. Der Berufungswerber habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach Artikel 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 iVm § 134 Abs.1 KFG begangen, weshalb über ihn gemäß § 134 Abs.1b KFG 1967 eine Geldstrafe in Höhe von 300 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 108 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 30 Euro verpflichtet.

 

Der Vollständigkeit halber ist anzuführen, dass der Berufungswerber in den Punkten 1) bis 4) des gegenständlichen Straferkenntnisses ebenfalls wegen verschiedener Übertretungen der Lenkzeiten und Ruhezeiten bestraft wurde, diese Punkte wurden jedoch nicht bekämpft. In Punkt 4) wurde ihm unter anderem vorgeworfen, dass die Ruhezeit vom 06.05., 00.26 Uhr bis 05.56 Uhr nur 5 Stunden und 30 min betragen habe.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung führte der Berufungswerber aus, dass er offensichtlich das Kontrollgerät nicht von Lenkzeit auf Ruhezeit umgestellt habe. Er habe keinesfalls eine Lenkzeit von 17 Stunden und 37 min eingehalten, sondern es habe die tatsächliche Lenkzeit maximal 9 Stunden erreicht. Er habe öfters übersehen, bei Beladetätigkeiten das Kontrollgerät auf Arbeitszeit oder Ruhezeit umzustellen, sodass die tatsächlichen Lenkzeiten wesentlich geringer gewesen seien als die vom Kontrollgerät erfassten. Seine Lenkzeit habe am 06.05.2010 keinesfalls mehr als 9 Stunden betragen.

 

Abgesehen davon sei aus dem Tatvorwurf nicht ersichtlich, ob ihm die Lenkzeitüberschreitung am 05.05. oder am 06.05.2010 zur Last gelegt wird. Es sei nicht nachvollziehbar, wann die jeweils zulässige Ausweitung der täglichen Lenkzeit auf 10 Stunden angerechnet worden sei bzw. ob dies überhaupt geschehen sei.

 

In der Nacht vom 05. zum 06.05.2010 habe er eine Ruhezeit von 5 Stunden und 30 eingehalten, wobei er wegen dieser Unterschreitung der Ruhezeit in Punkt 4) des Straferkenntnisses rechtskräftig bestraft worden sei. Er habe daher am 06.05.2010 um 05.57 Uhr mit einer neuen Tageslenkzeit begonnen und es handle sich bei den Lenkzeiten vom 05.05.2010 und vom 06.05.2010 um zwei verschiedene Tageslenkzeiten, welche unabhängig voneinander zu beurteilen seien.

 

Weder die Strafverfügung (Punkt 16) noch das Straferkenntnis (Punkt 5) sei geeignet, ihn in die Lage zu versetzen, konkrete Beweise vorzubringen bzw. ihn davor zu schützen, wegen derselben Übertretung nochmals bestraft zu werden. Der Tatvorwurf sei derart kompliziert und unschlüssig formuliert, dass es ihm nicht möglich sei, Beweise zu dessen Widerlegung anzubieten. Der Spruch des Straferkenntnisses stelle daher keine taugliche Verfolgungshandlung dar.

 

Jedenfalls würde sich die ihm vorgeworfene Tageslenkzeit von mehr als 17 Stunden nur dadurch ergeben, dass die Lenkzeiten vom 05.05. und vom 06.05. zusammengerechnet wurden, dies offenbar deshalb, weil die Ruhezeit zwischen diesen beiden Tagen zu kurz gewesen sei. Für diese zu kurze Ruhezeit sei er aber ohnedies rechtskräftig bestraft worden, weshalb die Zusammenrechnung der Tageslenkzeiten unzulässig sei und eine Doppelbestrafung darstellen würde.

 

3. Die Bezirkshauptfrau von Rohrbach hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 30.09.2010. An dieser hat ein Vertreter des Berufungswerbers teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt. In der Verhandlung wurden die Schaublätter ausgewertet.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Der Berufungswerber lenkte das im Spruch angeführte Sattelkraftfahrzeug am 10.05.2010 um 04.10 Uhr auf der B 127 bei km 9,850. Bei einer Kontrolle der Schaublätter wurde unter anderem festgestellt, dass er in der Woche vom 03. bis 06.05.2010 mehrmals die Tageslenkzeit überschritten hatte. Am 03.05.2010 betrug die Tageslenkzeit ca. 11,5 Stunden und am 04.05.2010 ca. 11 Stunden. In der Zeit vom 05.05.2010, 07.40 Uhr bis 06.05.2010, ca. 00.25 Uhr betrug die Lenkzeit ca. 12 Stunden und 50 min. Vom 06.05.2010, ca. 00.25 Uhr bis ca. 06.00 Uhr hielt er eine Ruhezeit von ca. 5 Stunden und 35 min ein. Von 06.00 Uhr bis ca. 18.25 Uhr betrug die Lenkzeit nochmals ca. 4 Stunden und 5 min. Die Tageslenkzeit vom 05.05.2010, 07.40 Uhr bis 06.05.2010, ca. 18.25 Uhr betrug daher ca. 16 Stunden und 55 min.

 

Festzuhalten ist noch, dass der Berufungswerber wegen der zu kurzen Ruhezeit vom 06.05., 00.25 Uhr bis 06.00 Uhr bereits in Punkt 4) des Straferkenntnisses rechtskräftig bestraft wurde. Vor dem 05.05.2010, 00.70 Uhr und nach dem 06.05.2010, 18.25 Uhr hielt er jeweils eine ausreichend lange Ruhezeit ein. Die dem Berufungswerber vorgeworfene Tageslenkzeit von ca. 16 Stunden und 55 min ergibt sich daraus, dass sämtliche Lenkzeiten zwischen diesen beiden ausreichenden Ruhezeiten zusammengezählt wurden.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Gemäß Art. 6 Abs.1 der Verordnung (EG) 561/2006 darf die tägliche Lenkzeit 9 Stunden nicht überschreiten. Sie darf jedoch höchstens zweimal in der Woche auf höchstens 10 Stunden verlängert werden.

 

Gemäß Art. 4 lit.g der Verordnung (EG) 561/2006 bezeichnet der Ausdruck "tägliche Ruhezeit" den täglichen Zeitraum, in dem ein Fahrer frei über seine Zeit verfügen kann und der eine regelmäßige tägliche Ruhezeit und eine reduzierte tägliche Ruhezeit umfasst. Die regelmäßige tägliche Ruhezeit beträgt mindestens 11 Stunden, die reduzierte tägliche Ruhezeit mindestens 9 Stunden.

 

Gemäß Art. 4 lit.k der angeführten Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Tageslenkzeit" die summierte Gesamtlenkzeit zwischen dem Ende einer täglichen Ruhezeit und dem Beginn der darauffolgenden täglichen Ruhezeit oder zwischen einer täglichen und einer wöchentlichen Ruhezeit.

 

5.2. Wie sich aus den Definitionen der Begriffe "Tageslenkzeit" und "tägliche Ruhezeit" ergibt, sind für die Tageslenkzeit alle Lenkzeiten zwischen zwei täglichen Ruhezeiten zusammen zu zählen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass unter einer täglichen Ruhezeit nur eine solche zu verstehen ist, welche mindestens 9 Stunden beträgt. Fahrtunterbrechungen bzw. Arbeitspausen des LKW-Fahrers, welche weniger als 9 Stunden betragen, stellen selbstverständlich keine Lenkzeit dar, bilden jedoch auch keine "tägliche Ruhezeit", weil diese eben mindestens 9 Stunden betragen muss. Daraus ergibt sich, dass für die Berechnung der Tageslenkzeit sämtliche Lenkzeiten zwischen zwei Ruhezeiten zusammen zu zählen sind, welche jeweils mindestens 9 Stunden betragen. Der Berufungswerber hat daher in dem ihm vorgeworfenen Zeitraum tatsächlich eine Tageslenkzeit von ca. 16 Stunden und 55 min eingehalten.

 

Die Bestrafung wegen der zu kurzen Ruhezeit am 06.05.2010 zwischen 00.25 Uhr und 06.00 Uhr führt dazu, dass die Lenkzeiten vor und nach dieser (zu kurzen) Ruhezeit zusammengezählt werden müssen. Dies stellt keine unzulässige Doppelbestrafung dar, weil es durchaus möglich ist, auch bei einer Unterschreitung der Ruhezeit die erlaubte Tageslenkzeit vor und nach dieser zu kurzen Ruhezeit einzuhalten. Es ist ohne weiteres möglich (und kommt in der Praxis auch immer wieder vor), dass zB nach einer Lenkzeit von 5 Stunden eine (zu kurze) Ruhezeit von zB 7 Stunden eingehalten wird und sich daran wiederum eine Lenkzeit von 4 Stunden anschließt. Erst danach wird eine ausreichende Ruhezeit eingehalten. In diesem Fall hat der Lenker zwar die erlaubte Ruhezeit unterschritten, jedoch die maximal erlaubte Tageslenkzeit nicht überschritten. Daraus ergibt sich, dass die beiden Übertretungen nebeneinander und unabhängig voneinander begangen werden können. Sie sind daher entsprechend § 22 VStG auch jeweils gesondert zu bestrafen.

 

Mit der Bestrafung wegen der zu kurzen Ruhezeit innerhalb des 24-Stunden-Zeitraumes ist auch der Unrechtsgehalt bezüglich des Überschreitens der Tageslenkzeit nicht zur Gänze abgegolten, weil es für die Verkehrssicherheit einen wesentlichen Unterschied darstellt, ob (lediglich) die Ruhezeit unterschritten wird oder ob in den Zeiträumen davor und (insbesondere) danach auch die erlaubte Tageslenkzeit überschritten wird. Im zweiten Fall ist nämlich eher mit einer Übermüdung des LKW-Fahrers (und damit einer Gefährdung der Verkehrssicherheit) zu rechnen. Es liegt daher keine Doppelbestrafung vor, weshalb die Erstinstanz den Berufungswerber zu Recht auch wegen der Überschreitung der Tageslenkzeit bestraft hat.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 134 Abs.1 KFG beträgt die gesetzliche Höchststrafe für die gegenständliche Übertretung 5.000 Euro.

 

Gemäß § 134 Abs.1b KFG werden die Verstöße gegen die Verordnungen (EG) Nr. 561/2006 und (EG) Nr. 3821/85 anhand des Anhanges III der Richtlinien 2006/22/EG, in der Fassung der Richtlinie 2009/5/EG, ABl. Nr. L29 vom 31.01.2009, Seite 45, nach ihrer Schwere in drei Kategorien (sehr schwere Verstöße – schwere Verstöße – geringfügige Verstöße) aufgeteilt. Die Höhe der Geldstrafe ist nach der Schwere des Verstoßes zu bemessen und hat im Falle eines schweren Verstoßes nicht weniger als 200 Euro und im Falle eines sehr schweren Verstoßes nicht weniger als 300 Euro zu betragen.

 

Entsprechend der in § 134 Abs.1b angeführten Richtlinie stellten Überschreitungen der erlaubten Tageslenkzeit von mehr als 2 Stunden einen sehr schwerwiegenden Verstoß dar, weshalb die gesetzliche Mindeststrafe 300 Euro beträgt. Die Erstinstanz hat diese Mindeststrafe verhängt, sodass auch unter Berücksichtigung des Umstandes, dass die dem Berufungswerber tatsächlich vorgeworfene Lenkzeitüberschreitung geringfügig niedriger ist, eine Herabsetzung der Strafe nicht in Betracht kommt. Die Geldstrafe entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers und erscheint ausreichend und notwendig, um ihn in Zukunft von der Begehung ähnlicher Übertretungen abzuhalten. Die Berufung war daher auch hinsichtlich der Strafhöhe abzuweisen.

 

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

 

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