Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252379/9/Lg/Ba

Linz, 14.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ewald Langeder nach der am 22. Juni 2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung über die Berufung des X X, X, X, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 14. Jänner 2010, Zl. 0053758/2009, wegen Übertretungen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes 1975 (AuslBG) zu Recht erkannt:

 

 

I.       Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Strafer­kenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den Kosten des erst­instanzlichen Verfahrens einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat in Höhe von 8 mal je 400 Euro (= 3.200 Euro) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I: §§ 16 Abs.2, 19, 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG;

zu II: § 64 Abs.1 und 2 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.  Mit dem angefochtenen Straferkenntnis wurden über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) acht Geldstrafen in Höhe von je 2.000 Euro bzw. acht Ersatzfrei­heitsstrafen in Höhe von je 33 Stunden verhängt, weil er es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als gemäß § 9 VStG nach außen zur Vertretung berufene Person der Firma X KG mit Sitz in X, X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass "von dieser Firma" als Arbeitgeber zumindest am 6.11.2009 im Nachtclub "X", X, X, acht näher bezeichnete ausländische Staats­bürgerinnen als Tänzerinnen beschäftigt worden seien, ohne dass die für eine legale Ausländerbeschäftigung erforderlichen arbeitsmarktrechtlichen Papiere vorgelegen seien.

 

In der Begründung verweist das angefochtene Straferkenntnis auf den Strafantrag  des Finanzamtes Linz, die Aufforderung zur Rechtfertigung sowie auf den Umstand, dass der Bw von der Möglichkeit der Rechtfertigung nicht Gebrauch gemacht habe.

 

2. In der Berufung wird dagegen vorgebracht:

 

"Ich stelle einen Antrag auf Aufhebung dieses Bescheides.

Begründung: die mir vorgeworfene Beschäftigung der Frauen in oben genannten Bescheid ist unzulässig.

Die Frauen arbeiten selbständig und zahlen beim Finanzamt Steuern.

Das mir zugemutete Strafausmaß ist ebenfalls unzulässig, da mein Einkommen derzeit € 750,- nicht übersteigt."

 

3. Aus dem Akt ist ersichtlich:

 

Dem Akt liegt der Strafantrag des Finanzamtes Linz vom 20.11.2009 bei. Demnach seien bei einer Kontrolle am 6.11.2009 um 23.45 Uhr die gegenständ­lichen Ausländerinnen als Tänzerinnen angetroffen worden.

 

Mit dem Bw wurde eine von diesem unterzeichnete Niederschrift aufgenommen. Diese hat folgenden Inhalt:

"Frage: Welcher Beschäftigung gehen die 8 Damen nach?

Antwort: Tänzerinnen.

Frage: Seit wann?

Antwort: Seit 3 Wochen.

Frage: Werden die Damen von Ihnen entlohnt?

Antwort: Ja, mit ca. 50 € pro Tag.

Frage: Wie können Sie ca. € 400 pro Tag bezahlen?

Antwort: Vom Getränkeumsatz.

Frage: Wird in Ihrem Lokal Prostitution ausgeübt?

Antwort: Nein.

Frage: Sind die Damen an Ihre Geschäftszeiten gebunden?

Antwort: Ja, sie kommen und gehen zur gleichen Zeit.

Frage: Wie viele Stunden arbeiten die Damen täglich?

Antwort: 10 Std tägl 7 Tage pro Woche."

 

Ferner liegt dem Akt die Aufforderung zur Rechtfertigung vom 27.11.2009 bei.

 

4. In der öffentlichen mündlichen Verhandlung legte der Bw dar, es habe keine schriftlichen Verträge mit den Ausländerinnen gegeben. Die Gespräche mit ihnen habe sein Partner bzw. dessen Freundin X X (die mittlerweile das Lokal "hat") geführt. Sein Partner habe dem Bw gesagt, er "würde das ganze Administrative erledigen".

 

Die Ausländerinnen hätten "auf selbstständiger Basis gearbeitet". Der Bw ("wir") habe ihnen gesagt, sie müssten sich "bei der Krankenkasse selbstständig anmelden" und sie hätten dem Bw pro Monat 150 Euro "für das Finanzamt gegeben". Die Ausländerinnen hätten Geld ausschließlich "durch die Gäste" verdient. Seine Angabe gegenüber den Kontrollorganen, die Ausländerinnen würden vom Bw 50 Euro pro Tag erhalten, sei darauf zurückzuführen, dass er damals "nicht ganz nüchtern" gewesen sei. Es sei der geschätzte Betrag gewesen, den die Mädchen Minimum pro Tag verdienen. "Das heißt, ich gab den Mädchen das, was sie an einem Tag verdienen." Andererseits sagte der Bw, er habe den Ausländerinnen lediglich Geld geliehen, wenn sie "absolut keinen Umsatz hatten". Mit den in der Niederschrift angegebenen 400 Euro (= 8 mal 50 Euro) habe der Bw den Betrag gemeint, den er den Mädchen maximal pro Tag hätte leihen können. Die Ausländerinnen seien nicht am Getränkeumsatz beteiligt gewesen. Dem Bw seien höchstens 10 Euro pro Tag "geblieben". Bei der von den Ausländerinnen angegebenen Adresse "X" habe es sich um eine seinem Partner gehörende "Wohnmöglichkeit" gehandelt, wo auch de facto der "Großteil der Mädchen" gewohnt habe.

 

Das Lokal sei 7 Tage pro Wochen von 6.00 Uhr abends bis 4.00 Uhr morgens geöffnet gewesen. Mitunter sei das Lokal wegen mangelnder Kundschaft früher geschlossen worden oder sei die eine oder andere Ausländerin früher gegangen. "Die Damen kamen und gingen nicht wann sie wollten".

 

Die Musik sei auf einem Computer gespeichert gewesen. Der Bw ("wir") habe "den Mädchen gesagt, sie müssen zu dem Lied tanzen, zu dem und dem Lied ... Wir gingen die Liste durch und sagten, so und so soll das ablaufen". Das "offizielle Programm" sei im Hauptzimmer gelaufen. Daneben habe es Table Dance gegeben. Table Dance "bedeutet Einzelvorstellung für den betreffenden Gast" in kleinen Kabinen mit Vorhang. Der Unterschied habe darin bestanden, dass "beim offiziellen Tanz das Höschen nicht fallen gelassen wurde". Was in den Kabinen genau geschah, wisse der Bw nicht. Es habe aber einen Aushang betreffend Prostitutionsverbot gegeben. Bei den Tänzen im Hauptraum hätten die Ausländerinnen "das" bekommen, was ihnen die Gäste zugesteckt hätten. Für die "Table Tänze" hätten die Ausländerinnen bekommen "was sie mit dem Gast ausmachten".

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat darüber erwogen:

 

Nach eigener Aussage des Bw steht fest, dass die Ausländerinnen als Tänzerinnen im gegenständlichen Lokal tätig waren und zwar näherhin zu vorgegebenen Zeiten (sie konnten nicht kommen und gehen wann sie wollten) und nach einem vorgegebenen Programm. Die Tätigkeit der Ausländerinnen war daher fremdbestimmt: Dies ergibt sich aus der Bindung an die Arbeitszeit und den Arbeitsort sowie aus der von Seiten des Lokals aus gegebenen Vorherbestimmung der Organisation der Tanzdarbietungen. Diese Form der Einbindung in die Betriebsorganisation ist als Weisungsbindung, mithin als persönliche Abhängigkeit im Sinne des Arbeitsrechts zu deuten. Den Auslände­rinnen sei außerdem eine Wohnmöglichkeit zur Verfügung gestanden. Hinsicht­lich der Entlohnung äußerte sich der Bw unklar: Einerseits sagte er, die Aus­länderinnen hätten ausschließlich von den Gästen Geld erhalten, andererseits gab er an, er habe den Mädchen "das gegeben, was sie an einem Tag verdienen".

 

Dazu ist in rechtlicher Hinsicht festzuhalten, dass alleine der Umstand, dass die Tätigkeit der Ausländerinnen in persönlicher Abhängigkeit (weisungsgebunden) erfolgte, zur Konsequenz hat, dass diese Tätigkeit als Beschäftigung im Sinne des AuslBG zu qualifizieren ist. Selbst wenn eine Entlohnung nicht nachweisbar wäre, ergäbe sich ein Entlohnungsanspruch aus § 1152 ABGB, was nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes für die in Rede stehende rechtliche Qualifikation ausreichend ist. Dem ist jedoch hinzuzufügen, dass der Bw gegenüber den Kontrollorganen eine Entlohnung der Ausländerinnen in Geldform in Höhe von 50 Euro pro Tag einräumte und er den Widerruf dieser (überdies tatnächsten) Aussage in der Berufungsverhandlung unglaubwürdig begründete. Diesbezüglich sei auf seine oben als unklar bezeichnete Aussage verwiesen sowie auf die (unüberprüf­bare) Berufung auf Alkoholkonsum (welchen Grades?) vor der Niederschrift. Schließlich ist auch die Zurverfügungstellung einer Wohnmöglichkeit (ein Miet­entgelt wurde nicht behauptet) im Sinne einer Entlohnung zu deuten.

 

Der Annahme einer Beschäftigung steht auch der Umstand nicht entgegen, dass die Ausländerinnen als Selbstständige sozialversichert waren und Steuern abführten. Da nach § 2 Abs.4 AuslBG der wahre wirtschaftliche Gehalt maßgeb­lich ist, es also auf die tatsächlichen Umstände der Tätigkeit ankommt, sind nach ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes derlei manipulierbare ("formale") Umstände irrelevant. Gleiches gilt im Übrigen für den fremdenrechtlichen Gesichtspunkt, der ebenfalls nach eigenen Kriterien zu beur­teilen ist (vgl. zu all dem statt vieler das Erkenntnis des Verwaltungsgerichts­hofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2008/09/0048, m.w.N.).

 

Hingewiesen sei auf die ständige Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach die Tätigkeit als Tänzerin in einem Barbetrieb in der Regel in ähnlicher wirtschaftlicher und persönlicher Abhängigkeit erbracht wird wie in einem Arbeits­verhältnis. In einem solchen Fall ist die Behörde berechtigt, von einem Dienstverhältnis im üblichen Sinn auszugehen, sofern im Verfahren nicht jene atypischen Umstände dargelegt werden, die einer solchen Deutung ohne nähere Untersuchung entgegenstehen (vgl. z.B. abermals das Erkenntnis des Verwal­tungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2008/09/0048). Der Umstand, dass das Entgelt (oder wesentliche Teile desselben) faktisch unmittelbar durch Dritte (Gäste) geleistet werden, vermag am Charakter der Zahlungen als Entgelt nichts zu ändern (vgl. z.B. die Erkenntnisse des Verwaltungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/09/00218 und vom 16. September 2009, Zl. 2008/09/0083). Diese Beurteilung greift auch unabhängig von der Feststellung der Beteiligung am Getränkeumsatz ein (vgl. etwa das Erkenntnis des Ver­waltungsgerichtshofes vom 6. November 2006, Zl. 2005/09/0128). Ergänzend treten als Gesichtspunkte hinzu die Unterstützung bei Behördenangelegenheiten (hier: Information über den Modus der Sozialversicherung bzw. Mitwirkung bei der Abführung des "Pauschales" an das Finanzamt), die Zurverfügungstellung der Infrastruktur des Lokals und einer (wenn auch bezahlten [was hier ohnehin nicht gegeben sein dürfte]) Wohnmöglichkeit (vgl. z.B. das Erkenntnis des Verwal­tungsgerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2009/09/0218) sowie die Steigerung der Attraktivität des Lokals (vgl. das Erkenntnis des Verwaltungs­gerichtshofes vom 10. Dezember 2009, Zl. 2008/09/0048) hinzu.

 

Die Taten sind dem Bw in objektiver und, da keine Entschuldigungsgründe ersichtlich sind, auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen. Als Schuldform ist im Hinblick auf die rechtliche Desorientiertheit des Bw Fahrlässigkeit anzunehmen. Dass der Bw sich beim zuständigen Arbeitsmarktservice hinsichtlich der Rechtslage erkundigt hätte, ist nicht hervorgekommen. Auch die möglicherweise gegebene Tatsache, dass der Bw durch seinen Geschäftspartner (Kommanditist) gezielt im Unklaren gelassen wurde, vermag den Bw nicht zu entschuldigen. Der in der Unterlassung der geeigneten Erkundigung bezüglich der Rechtslage liegende Sorgfaltsverstoß (und damit Fahrlässigkeitsgrad) ist als erheblich einzustufen.

 

Hinsichtlich der Bemessung der Strafhöhe ist darauf zu verweisen, dass im angefochtenen Straferkenntnis ohnehin die gesetzlich vorgesehene Mindestgeld­strafen (und entsprechende Ersatzfreiheitsstrafen) verhängt wurden. Diese Grenze kann auch im Hinblick auf die schlechte finanzielle Situation des Bw nicht unterschritten werden. Überwiegende Milderungsgründe im Sinne des § 20 VStG sind nicht hervorgekommen. Die Taten bleiben auch nicht soweit hinter dem deliktstypischen Unrechts- und Schuldgehalt zurück, dass an eine Anwendung des § 21 VStG zu denken wäre. Dies allein schon auf den gegebenen Verschuldensgrad, der nicht als geringfügig eingestuft werden kann.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Ewald Langeder

 

 

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