Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281242/8/Kl/Rd/Pe

Linz, 14.10.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Ilse Klempt über die auf das Strafausmaß beschränkte Berufung der Frau x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Mai 2010, Ge96-146-2009/HW, wegen Verwaltungsübertretungen nach dem ArbeitnehmerInnen­schutz­gesetz und der Arbeitsmittelverordnung zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als hinsichtlich Faktum 1 die verhängte Geldstrafe auf 1.000 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf drei Tage herabgesetzt werden. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.  

 

II.     Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich hinsichtlich Faktum 1 auf 100 Euro. Diesbezüglich entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

Hinsichtlich Faktum 2 hat die Berufungswerberin als Kostenbeitrag zum Berufungsver­fahren den Betrag von 30 Euro, das sind 20 % der verhängten Geldstrafe zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG iVm §§ 24, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 - VStG.

zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 4. Mai 2010, Ge96-146-2009/HW, wurden über die Berufungswerberin Geldstrafen von 1.400 Euro, EFS vier Tagen (Faktum 1) und von 150 Euro, EFS von 12 Stunden (Faktum 2), wegen  Verwaltungsübertretungen gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG iVm § 44 Abs.1 AM-VO (Faktum 1) und gemäß § 130 Abs.1 Z5 iVm § 4 Abs.1 Z2 und 5 ASchG (Faktum 2) verhängt, weil sie als zur Vertretung nach außen berufene handelsrechtliche Geschäftsführerin und somit Verantwortliche gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin x GmbH, Geschäftsanschrift: x, folgende Übertretungen der Arbeitsmittelverordnung und des ASchG zu verantworten hat:

 

Die Arbeitsinspektorin x vom Arbeitsinspektorat Linz hat bei einer Erhebung am 1.7.2009 festgestellt, dass am 1.7.2009 in der Arbeitsstätte in x, von der Arbeitgeberin x GmbH nicht dafür gesorgt wurde, dass

1.      die Austragevorrichtung der Betonmischanlage ausreichend gegen Zugriff     gesichert war.

         Dadurch wurde § 44 Abs.1 AM-VO übertreten:

         Gemäß § 44 Abs.1 AM-VO müssen Quetsch- und Scherstellen von     Arbeitsmitteln durch Verdeckungen, Verkleidungen und Umwehrungen   oder durch sonstige Schutzeinrichtungen, wie Sicherung mit        Annäherungsreaktion oder Begrenzung der wirksamen Energie gegen          Gefahr bringendes Berühren gesichert sein.

2.      eine Gefahrenbeurteilung und Maßnahmenfestlegung im Sinne des § 4         ASchG betreffend der Betonmischanlage durchgeführt wurde.

         Dadurch wurde § 4 Abs.1 Z2 und 5 ASchG übertreten:

         Gemäß § 4 ASchG ist der Arbeitgeber verpflichtet, die für die Sicherheit        und Gesundheit der Arbeitnehmer bestehenden Gefahren zu ermitteln und        zu beurteilen. Dabei sind insbesondere zu berücksichtigen:

         -        die Gestaltung und der Einsatz von Arbeitsmitteln

         -        die Gestaltung der Arbeitsverfahren und Arbeitsvorgänge und deren             Zusammenwirken.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht eine auf das Strafausmaß beschränkte Berufung eingebracht. Begründend wurde vorgebracht, dass es seit 15 Jahren der Betriebsausübung nie einen Arbeitsunfall gegeben habe und immer darauf geachtet worden sei, dass alles ordnungsgemäß sei. Es hätte nie absichtlich ein Mitarbeiter geschädigt werden sollen, da gute Mitarbeiter das Grundkapital eines Unternehmens sind. Dass die vorhandene Schutzvorrichtung bei der unfallgegenständlichen Betonmischanlage nicht entsprochen habe, sei nicht erkennbar und nicht bewusst gewesen, weshalb Herr x auch an der Maschine gearbeitet habe. Im Übrigen hatte er auch die Erfahrung mit dieser Anlage. Es werde die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen bzw der Ausspruch einer Ermahnung beantragt.       

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land als belangte Behörde  hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Das Arbeitsinspektorat Linz wurde am Verfahren beteiligt und wurde in der Stellungnahme vom 7. September 2010 mitgeteilt, dass mit Schreiben vom 5. November 2009 einer Herabsetzung der Strafhöhe von ursprünglich 2.150 Euro auf 1.400 Euro zugestimmt worden sei. Eine weitere Reduktion der Geldstrafe sei nicht mehr möglich.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme.

Eine öffentliche mündliche Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.3 Z2 VStG entfallen, da sich die Berufung nur gegen die Höhe der Strafe richtet und keine Partei die Durchführung einer Verhandlung beantragt hat.

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Da die Berufungswerberin um die Herabsetzung der verhängten Geldstrafen ersucht hat, sind die Schuldsprüche in Rechtskraft erwachsen und ist es dem Oö. Verwaltungssenat verwehrt, hierauf einzugehen.

 

5.2.  Gemäß § 130 Abs.1 Z16 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtungen betreffend die Beschaffenheit, die Aufstellung, die Benutzung, die Prüfung oder die Wartung von Arbeitsmitteln verletzt.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z5 ASchG begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 Euro bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber die Verpflichtung zur Ermittlung und Beurteilung der Gefahren verletzt.

 

Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungs­strafrechts sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhält­nisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Auch bei der Strafbemessung obliegt es der Behörde gemäß § 60 AVG iVm § 24 VStG die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens, die bei der Beweiswürdigung maßgebenden Erwägungen und die darauf gestützte Beurteilung der Rechtsfrage, gelegen an der gesetzmäßigen Bemessung der Strafe, klar und übersichtlich zusammenzufassen.

 

5.3. Die Bestimmungen des ASchG bzw der auf ihrer Grundlage erlassenen Verordnungen haben den Schutz des Lebens und der Gesundheit der Arbeitnehmer zum Ziel und sind daher entsprechende Verstöße mit einem besonderen Unrechtsgehalt der Tat behaftet, weil hiedurch genau jene Gefährdungen herbeigeführt werden, denen die genannten Bestimmungen entgegenwirken sollen.

 

5.4. Von der belangten Behörde wurden im angefochtenen Straferkenntnis über die Berufungswerberin Geldstrafen von 1.400 Euro (Faktum 1) und 150 Euro (Faktum 2) bei einem Strafrahmen von 145 Euro bis zu 7.260 Euro, verhängt. Strafmildernd wurde die verwaltungsstrafrechtliche Unbescholtenheit, die Einsichtigkeit und die nunmehrige Stilllegung der Betonmischanlage, straferschwerend, dass seit dem Arbeitsunfall keine Maßnahmen gesetzt wurden, gewertet. Zudem ist die belangte Behörde mangels Angaben von einer Schätzung der persönlichen Verhältnisse der Berufungswerberin, und zwar von einem monatlichen Nettoeinkommen von 2.500 Euro, keinen Sorgepflichten und keinem Vermögen, ausgegangen. Dieser Schätzung wurde weder in der Berufung noch in dem mit dem Oö. Verwaltungssenat geführten Telefonat entgegen­getreten, sodass von deren Richtigkeit auszugehen war und sie auch der nunmehrigen Entscheidung zugrunde gelegt werden konnte.

 

Hinsichtlich Faktum 2 wurde die gesetzliche Mindeststrafe nur marginal überschritten, sodass de facto von der Verhängung der gesetzlichen Mindeststrafe in diesem Spruchpunkt auszugehen war. Hingegen wurde von der belangten Behörde bezüglich Faktum 1 das 10-fache der gesetzlichen Mindeststrafe verhängt. Aufgrund der gängigen Behördenpraxis bewegen sich die diesbezüglich verhängten Geldstrafen für Verwaltungsübertretungen wie die gegenständlichen, üblicherweise in einem Rahmen von ca. 700 Euro bis 1.000 Euro. Dieser Umstand hatte auch bei der Festsetzung der Geldstrafe ihren Niederschlag zu finden. In Anbetracht dessen, dass die verfahrensgegen­ständliche Betonmischanlage laut Angaben der Berufungswerberin nicht mehr zum Einsatz kommt, ist der spezialpräventive Aspekt weggefallen, weshalb mit der nunmehr verhängten Geldstrafe noch das Auslangen gefunden werden konnte. Im Übrigen erscheint die nunmehr verhängte Geldstrafe tat- und schuldangemessen und geeignet, der Berufungswerberin die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften wieder näher zu bringen.

 

Einer weitergehenden Herabsetzung der verhängten Geldstrafe stand aber die Tatsache, dass seit dem Arbeitsunfall acht Monate vergangen waren, ohne dass von der Berufungswerberin entsprechende Maßnahmen zur Entschärfung der Arbeitssituation bei der Maschine veranlasst wurden, entgegen.

 

Obwohl der Berufungswerberin der nicht unwesentliche Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zu gute zu halten ist, rechtfertigt dieser Umstand alleine nicht die Anwendung des § 20 VStG. Weitere Milderungsgründe lagen nicht vor und kamen auch nicht hervor. Es konnte daher von keinem beträchtlichen Überwiegen der Milderungsgründe ausgegangen werden und war daher die Anwendung der außerordentlichen Milderung der Strafe nicht in Betracht zu ziehen.

 

Der in der Berufungsschrift angesprochenen Anwendung des § 21 Abs.1 VStG konnte aber nicht näher getreten werden, zumal die kumulativen Voraus­setzungen für das Absehen von der Strafe nicht gegeben sind. Immerhin ist es zu einer Verletzung der rechten Hand des Arbeitnehmers mit einer Ausfallzeit von fünf Wochen gekommen. Es kann sohin von keinen unbedeutenden Folgen der Übertretung und auch von keiner Geringfügigkeit des Verschuldens ausgegangen werden.   

 

Die verhängte Ersatzfreiheitsstrafe hinsichtlich Faktum 1 war entsprechend herabzusetzen (§ 16 VStG).

 

6. Weil die Berufung teilweise Erfolg hatte, entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren (Faktum 1). Hinsichtlich des abweisenden Teils der Berufungsentscheidung (Faktum 2) war ein Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat gemäß § 64 VStG in der Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe festzusetzen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. Ilse Klempt

 

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