Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-420650/2/WEI/Ba

Linz, 14.10.2010

B E S C H L U S S

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Wolfgang Weiß aus Anlass der Beschwerde des X X, geb. X, X, X, vom 18. September 2010 wegen sinngemäß behaupteter Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt am 15. August 2010 in Linz durch ein der Bundespolizeidirektion zurechenbares Polizeiorgan den Beschluss gefasst:

 

 

Die Beschwerde wird als unzulässig zurückgewiesen.

 

Rechtsgrundlagen:

Art 129a Abs 1 Z 2 Bundes-Verfassungsgesetz (B-VG) iVm § 67 Abs 1 Z 2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 - AVG; §§ 67c und 79a AVG

 

 

B e g r ü n d u n g:

 

1. Mit der beim Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich am 21. September 2010 eingelangten Eingabe hat der Beschwerdeführer (im Folgenden nur Bf) Beschwerde gegen von der Polizeibeamtin mit der Dienstnummer X gesetzte Verwaltungsakte erhoben und wie folgt ausgeführt (auszugsweise):

 

"Beschwerde gegen eine Polizeibeamtin (Dienstnummer X)

Androhung auf Freiheitsberaubung durch Eigenhändige Einlieferung

In die Linzer Nervenklinik Wagner-Jauregg und fortgesetzte Rufschädigung.

 

An den

Unabhängigen Verwaltungssenat

des Landes OÖ.

Fabrikstraße 32

4021 Linz

1.) Bezeichnung des angefochtenen Verwaltungsaktes: Androhung einer Zwangseinlieferung durch die Beamtin persönlich in die Linzer-Landesnervenklinik-Wagner-Jauregg mit der Bemerkung, daß ich diese nie mehr verlassen werde.

     Außerdem beschuldigt die Beamtin erfundener Lügen.

2.) Der Verwaltungsakt wurde durch diese Polizeibeamtin aus der Polizeidienststelle Polizeidirektion Nietzschestraße 33 gesetzt.

3.) Sachverhalt wird anschließend angeführt.

4.) Ich befand mich am 15.08.2010 um die Mittagszeit in dieser Polizeidienststelle, Polizeidirektion, Linz, Nietzschestraße 33 bzgl. einer Anfrage wegen einer Anzeige gegen diese Polizeibeamtin. Diese befand sich im Dienstzimmer und setzte diese Akte gefährlicher Drohung und Rufschädigung fort.

5.) Ich begehre den angefochtenen Verwaltungsakt für rechtswidrig zu erklären.

6.) Die Angaben, die erforderlich sind, um zu beurteilen, ob diese Beschwerde rechtzeitig eingebracht ist.

 

Zu Punkt 3 Sachverhalt: Gemäß § 89 Sicherheitspolizeigesetz, § 31 Richtlinienbeschwede, gemäß § 5 Absatz 1, Richtlinienverordnung. Erhebe ich Beschwerde gegen diese Polizeibeamtin, Dienstnummer X wegen fortgesetzter schwerer Drohungen und Rufschädigung. ..."

 

Der Bf führt dann zur "Vorgeschichte" aus, dass ihn am 15. August 2010 die Polizeibeamtin angeschrien hätte, wenn er weiterhin Lügen verbreite, befördere sie ihn eigenhändig in die Linzer-Landesnervenklinik Wagner-Jauregg, die er nicht mehr verlassen werde. Vor Entsetzen habe er zu ihr gesagt, sie sei eine "Erzkriminelle". Daraufhin sei er von anderen Beamten mit der Aufforderung, nie mehr zu kommen, aus dem Dienstzimmer gedrängt worden.

 

Als "Erweiterte Vorgeschichte" schilderte der Bf in der Folge einen Vorfall vom 18. Mai 2008, bei dem die bezeichnete Polizeibeamtin in Begleitung eines Kollegen in seiner Wohnung erscheinen wäre und ihn bei sonstiger Gewaltanwendung aufforderte wegen des Verdachts auf Gehirninfarkt mitzukommen. In der Landenervenklinik hätte diese Polizeibeamtin dann behauptet, er höre Stimmen. Auf seine Fragen ("welche wann was und wo") hätte er keine Antwort erhalten. Auf ein Zeichen der Aufnahmeärztin Dr. X wäre er von Krankenpflegern und den Polizeibeamten "wie eine schlachtfertige Sau" fixiert worden und die Ärztin hätte ihm eine Narkosespritze am linken Arm gesetzt. Die Polizeibeamtin hätte ihn dabei verhört, was er gegen den Wohnungsnachbarn oberhalb seiner Wohnung zu unternehmen gedenke. Er antwortete, wenn sie wolle, stelle er sein Bett vor dessen Wohnung. Anschließend hätte ihm die Polizeibeamtin gedroht, es werde ihm das Sorgerecht über seine minderjährige Tochter entzogen, wenn er sich nicht behandeln lasse. Er glaube kaum, dass die Polizeibeamtin eine medizinische Ausbildung genossen hat. Diese möchte ihm mit äußerst gefährlicher Art und Weise eine Krankheit andichten, "um wahrscheinlich einige Gefälligkeiten zu fixieren". Der Wohnungsnachbar, für den sich die Polizeibeamtin mit der Dienstnummer X so einsetzte, wäre eines Tages vor seiner Wohnungstüre im zweiten Stock gestanden und hätte ihn angeschrien, warum seine Frau jeden Tag koche. Der Bf hätte es eilig gehabt und ihn gefragt, wer er ist, er kenne weder den Namen noch Sonstiges. Außerdem wäre er der einzige gewesen, der angeblich eine Geruchsbelästigung "verspürte". Als seine Gattin die Wohnungstüre öffnete, hätte der Wohnungsnachbar geschrien, "die traut sich auch noch raus", und wäre auf sie zu gerannt, um ihr seine geballte Faust in den Bauch zu "dreschen". Der Bf wäre dazwischen gesprungen und hätte die Wohnungstüre versperrt.

 

Der Wohnungsnachbar würde auch ständig schreien, er wünschte keine Schwarzen im Haus. Seine Gattin sei aus der Dominikanischen Republik. Eines Tages, seine Gattin hatte Besuch von einer Bekannten, hätte es Anlass gegeben, die Polizeidienststelle Polizeidirektion in der Nietzschestraße zu Hilfe zu rufen. Es wären zwei nette Polizeibeamte gekommen, denen der Wohnungsnachbarn ein Tonband betreffend Gespräche in der Wohnung des Bf vorspielte. Die Beamten hätten seine Gattin und ihren Besuch beruhigt. Abschließend begehrt der Bf, "diese Verwaltungsakte (angefochtenen)" für rechtswidrig zu erklären.

 

2. Mit Verfügung vom 13. Oktober 2010 hat der unabhängige Verwaltungssenat die Beschwerde, insoweit sie gegen das Verhalten der Polizeibeamtin mit der Dienstnummer X gerichtet und als Aufsichts- und Richtlinienbeschwerde anzusehen ist, an das Landespolizeikommando für Oberösterreich als die zuständige Dienstaufsichtsbehörde gemäß § 89 Abs 1 SPG weitergeleitet.

 

3. Im gegenständlichen Verfahren ist noch über den vom Bf als angefochten bezeichneten Verwaltungsakt der angedrohten eigenhändigen Zwangseinlieferung in die Linzer Nervenklinik Wagner-Jauregg durch die Polizeibeamtin mit der Dienstnummer X zu befinden. Der unabhängige Verwaltungssenat hat dazu nach Einsicht in die Beschwerde festgestellt, dass diese schon nach der Aktenlage mangels eines tauglichen Beschwerdegegenstands zurückzuweisen ist.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat erwogen:

 

4.1. Gemäß Art 129a Abs 1 Z 2 B-VG iVm § 67a Abs 1 Z 2 AVG erkennen die unabhängigen Verwaltungssenate über Beschwerden von Personen, die behaupten durch Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt in ihren Rechten verletzt zu sein (sog. Maßnahmenbeschwerde), ausgenommen Finanzstrafsachen des Bundes.

 

Die Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt setzt nach der Judikatur der Gerichtshöfe öffentlichen Rechts die unmittelbare Anwendung physischen Zwanges oder die Erteilung eines Befehles mit unverzüglichem Befolgungsanspruch voraus (vgl VwGH 14.12.1993, 93/05/0191; VfSlg 11935/1988; VfSlg 10319/1985; VfSlg 9931/1984 und 9813/1983; zahlreiche weitere Judikatur bei Walter/Thienel, Verwaltungsverfahrensgesetze I2 [1998] E 55 ff zu § 67a AVG). Die bloße Untätigkeit einer Behörde erfüllt diesen Begriff nicht (vgl VfSlg 9813/1983; VfSlg 9931/1984; VfSlg 10319/1985, VfSlg 11935/1988). Für die Ausübung von Zwangsgewalt ist im Allgemeinen ein positives Tun begriffsnotwendig (vgl VwGH 25.4.1991, 91/06/0052; VwSlg 9461 A/1977; VfSlg 6993/1973; VfSlg 4696/1964). Dieses kann auch in einem schlüssigen Tun iSd § 863 ABGB bestehen (vgl Oberndorfer, Die österreichische Verwaltungsgerichtsbarkeit [1983], 74).

 

Voraussetzung für die Zulässigkeit einer sog. Maßnahmenbeschwerde ist daher, dass gegen den Beschwerdeführer physischer Zwang tatsächlich ausgeübt wurde oder die unmittelbare Ausübung physischen Zwanges bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte (vgl mwN Walter/Mayer/Kuscko-Stadlmayer, Bundesverfassungsrecht10 [2007] Rz 610). Maßnahmen im Rahmen der schlichten Hoheitsverwaltung können daher grundsätzlich nicht mit einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer verwaltungsbehördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden.

 

4.2. Nach dem Inhalt der gegenständlichen "Maßnahmenbeschwerde" schildert der Bf eine Unmutsäußerung der wohl befangenen Polizeibeamtin mit der Nummer X, die diese anlässlich der gegen sie gerichteten Vorsprache des Bf in der Polizeidienststelle Nietzschestraße 33 am 15. August 2010 geäußert habe. Danach wurde dem Bf offenbar vor dem Hintergrund, dass er von dieser Beamtin und einem weiteren Polizisten schon einmal am 18. Mai 2008 in die Psychiatrie eingeliefert worden war, eine mögliche abermalige Einweisung in die Landesnervenklinik Wagner-Jauregg durch die betroffene Polizeibeamtin allgemein in Aussicht gestellt, wenn er weiterhin Lügen über sie verbreite.

 

Nach der eigenen Darstellung des Bf kam es aber tatsächlich weder zu einer solchen Zwangsmaßnahme, noch wäre sie in der geschilderten Situation unmittelbar bevor gestanden. Als Reaktion auf die Unmutsäußerung bezeichnete der Bf die Polizistin als "Erzkriminelle", womit er selbst schon zum Ausdruck brachte, dass er mit der Umsetzung der Androhung eher nicht rechnete. Danach wurde er aus dem Dienstzimmer hinauskomplimentiert, ohne dass es tatsächlich zu der Zwangseinweisung gekommen oder diese auch nur ernsthaft von den Polizisten in Aussicht genommen worden wäre. Damit steht aber fest, dass eine faktische Amtshandlung, bei der physischer Zwang gegen den Bf tatsächlich ausgeübt wurde oder dem Bf unmittelbar bei Nichtbefolgung eines Befehles drohte, nicht stattgefunden hatte.

 

Dazu kommt, dass Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes sowohl gemäß dem § 9 Abs 1 iVm § 8 Unterbringungsgesetz als auch nach § 46 Abs 1 SPG grundsätzlich nur berechtigt und verpflichtet sind, eine Person, bei der sie aus besonderen Gründen die Voraussetzungen einer Unterbringung in einer psychiatrischen Abteilung für gegeben erachten, einem im öffentlichen Sanitätsdienst  stehenden Arzt oder einem Polizeiarzt vorzuführen. Erst wenn dieser die Unterbringungsvoraussetzungen bescheinigt, kann eine zwangsweise Einlieferung erfolgen. Von einer solchen Beiziehung des Polizeiarztes der Bundespolizeidirektion Linz war beim gegenständlichen Vorfall nach der Darstellung des Bf offensichtlich noch keine Rede.

 

Eine Maßnahmenbeschwerde kann erst gegen eine bereits gesetzte, in der Rechtssphäre des Betroffenen wirksam gewordene Maßnahme erhoben werden. Gegen zu einem späteren Zeitpunkt allenfalls drohende Maßnahmen kann eine Beschwerde nicht erhoben werden (vgl VwGH 27.01.1995; Zl. 94/02/0442). Erst die tatsächliche Vorführung einer Person ist eine Maßnahme, die als Ausübung unmittelbarer behördlicher Befehls- und Zwangsgewalt bekämpft werden kann

 

Soweit sich der Bf durch das Verhalten der Polizistin in seinem Ruf geschädigt fühlt, steht es ihm frei, wegen übler Nachrede gegen sie vorzugehen und allenfalls bei Gericht entsprechende Anträge einzubringen. Gegenstand einer Beschwerde wegen Ausübung unmittelbarer Befehls- und Zwangsgewalt können derartige Anträge begrifflich nicht sein.

 

5. Im Ergebnis war die vorliegende Beschwerde aus den dargelegten Gründen als unzulässig zurückzuweisen Eine Kostenentscheidung zugunsten des Rechtsträgers der belangten Behörde, die gemäß § 79a Abs 3 AVG im Fall der Zurückweisung einer Beschwerde als obsiegende Partei anzusehen ist, war nicht zu treffen, weil die belangte Behörde noch nicht ins Verfahren eingebunden war und daher keine Kosten entstanden sind.

 

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweise:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Bundestempelgebühren für die Beschwerde in Höhe von 13,20 Euro angefallen. Ein entsprechender Zahlschein liegt bei.

 

 

Dr. W e i ß

 

 

 

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