Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165295/8/Sch/Th

Linz, 27.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, vertreten durch Herrn Rechtsanwalt Mag. X vom 27. Juli 2010, gegen das Straferkenntnis der Bundespolizeidirektion Linz vom 23. Juli 2010, Zl. S 20.669/10-1, wegen einer Übertretung der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 14. Oktober 2010, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die Ersatzfreiheitsstrafe auf 2 Wochen herabgesetzt wird.

         Im Übrigen wird die Berufung abgewiesen.

 

II.                Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 und 19 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bundespolizeidirektion Linz hat mit Straferkenntnis vom 23. Juli 2010, Zl. S 20.669/10-1, über Herrn X wegen einer Verwaltungsübertretung nach § 5 Abs.2 StVO 1960 eine Geldstrafe in der Höhe von 1.600 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Tagen, verhängt, weil er sich am 24.04.2010 um 21.40 Uhr in Linz, Lederergasse 32d, geweigert habe, sich der Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt (Alkomat) zu unterziehen, obwohl er von einem besonders geschulten und hiezu von der Behörde ermächtigten Organ der Straßenaufsicht dazu aufgefordert wurde, weil er verdächtig war, das Fahrzeug (Fahrrad) in einem vermutlich durch Alkohol beeinträchtigten Zustand (Alkoholisierungssymptome: starker Alkoholgeruch aus dem Mund) gelenkt zu haben.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 160 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Seitens des Meldungslegers, der bei der oa. Berufungsverhandlung zeugenschaftlich einvernommen wurde, ist mit dem Berufungswerber, der ein Fahrrad gelenkt hatte, eine Amtshandlung durchgeführt worden. Vorerst war Ursache dafür die Tatsache, dass das Rücklicht des Fahrrades des Berufungswerbers nicht funktionierte. Im Zuge der Amtshandlung wurden vom Meldungsleger Alkoholisierungssymptome bei seinem Gegenüber festgestellt, sodass eine Aufforderung zum Alkovortest erfolgte. Dieser wurde seitens des Berufungswerbers auch absolviert. Es kam ein Ergebnis von 0,34 mg/l Atemluftalkoholkonzentration zustande.

 

Hierauf erfolgte die Aufforderung zur Alkomatuntersuchung, wobei seitens des Meldungslegers vorgesehen war, dass der Berufungswerber im Dienstfahrzeug zur nächstgelegenen Polizeidienststelle, das war die Polizeiinspektion Nietzschestraße, verbracht worden wäre. Nach den Schilderungen des Meldungslegers bei der Berufungsverhandlung wäre der Rechtsmittelwerber grundsätzlich dazu auch bereit gewesen, allerdings wollte unbedingt vorerst sein Fahrrad vom Ort der Amtshandlung nach Hause bringen. Die Amtshandlung wurde beim Haus Linz, X, abgeführt, wohnhaft ist der Berufungswerber im Haus X. Diese Entfernung betrage laut rechtsfreundlich verfassten Eingaben im erstbehördlichen Verfahren bzw. in der Berufungsschrift bloß 30 bis 40 Meter. Nach den tatsächlichen örtlichen Verhältnissen ist allerdings eher von zumindest der doppelten Entfernung auszugehen.

 

Darauf kommt es aber letztlich ohnedies nicht an. Wie der Meldungsleger schilderte, hat er dem Berufungswerber unmissverständlich zu verstehen gegeben, dass die Aufforderung, zum Zwecke der Alkomatuntersuchung im Dienstwagen mitzufahren, sofort gelte. Würde sich der Berufungswerber vom Ort der Amtshandlung entfernen, wäre dies als Verweigerung der Alkomatuntersuchung zu werten, welcher Umstand mit einer Verwaltungsstrafe von 1.600 Euro verbunden wäre. Trotz dieses Hinweises blieb der Berufungswerber bei seinem Ansinnen, das Fahrrad wegzubringen. Begründet wurde dies seinerseits damit, dass es ihm gestohlen werden könnte. Der Meldungsleger wies den Berufungswerber darauf hin, dass er ohnedies über ein Fahrradschloss verfüge und daher das Fahrrad absperren könne. Trotz zweimaligen Insistierens blieb der Berufungswerber allerdings bei seinem Vorhaben, sich vom Ort der Amtshandlung zu entfernen. Tatsächlich verließ er schlussendlich die Örtlichkeit und schob sein Fahrrad weg. Daraufhin war für den Meldungsleger das Delikt der Verweigerung der Alkomatuntersuchung vollendet, weshalb er den Vorgang der zuständigen Verwaltungsstrafbehörde zur Anzeige brachte.

 

Sinn und Zweck der Regelung des § 5 Abs.2 StVO 1960 ist es, den Betreffenden so rasch wie möglich der Untersuchung vorführen zu können, um die Möglichkeit der Verschleierung seines Zustandes zu verhindern. Das Gesetz räumt ihm keineswegs das Recht ein, die Bedingungen festzusetzen, unter denen er bereit wäre, sich untersuchen zu lassen; die von den Organen der Straßenaufsicht erforderlichen Anordnungen sind, soweit dies nicht unzumutbar ist, zu befolgen und bedeutet es daher dann, wenn derartigen Anordnungen nicht unverzüglich Folge geleistet wird, eine Verweigerung der im Gesetz normierten Pflicht, sich untersuchen zu lassen (VwGH 29.05.2001, 98/03/0157; im gegenständlichen Fall wollte der Aufgeforderte vor dem Einsteigen in das Polizeifahrzeug zuerst seine Zigarette fertig rauchen).

 

Das Stellen von Bedingungen, unter welchen ein Fahrzeuglenker zur Alkomatuntersuchung bereit wäre, ist nicht zulässig (VwGH 20.11.1991, 90/03/0251).

 

Weigert sich jemand, demgegenüber die Vermutung besteht, in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand ein Fahrzeug gelenkt zu haben, im Streifenwagen des Organs der Straßenaufsicht zum nahegelegenen Wachzimmer zur Untersuchung der Atemluft auf Alkoholgehalt mitzufahren, so begeht er auch dann eine Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.2 StVO 1960, wenn er danach zu Fuß zum Wachzimmer geht, um sich dort der Untersuchung zu unterziehen (VwGH 25.09.1991, 91/02/0028).

 

Es besteht sohin eine umfangreiche Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu dem Fragenbereich, der im gegenständlichen Fall aufgeworfen wurde, nämlich ob eine Verweigerung allenfalls dann nicht vorliegen könnte, wenn ein relativ kurzer Zeitraum zwischen Aufforderung und Entsprechen liegen würde. Dem Berufungswerber ist ohne Zweifel zuzubilligen, dass das Schieben des Fahrrades vom Ort der Anhaltung bis zum ihm nach Hause wohl nur wenige Minuten in Anspruch genommen hätte, auch nicht länger als das oben erwähnte Zuenderauchen einer Zigarette. Allerdings räumt das Gesetz und die darauf aufbauende Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes solche Verhaltensweisen, also im engeren Sinne Bedingungen dem Aufgeforderten, nicht ein. Dem Berufungswerber war das sofortige Mitkommen im Streifenwagen auch durchaus zumutbar, da er das Fahrrad anhand des Fahrradschlosses absperren hätte können. Ein Fahrrad, ob abgesperrt oder nicht, kann wohl stets gestohlen werden. Wenn der Berufungswerber solche Bedenken hätte, dürfte er sein Fahrrad nirgendwo außer Haus abstellen. Die allgemeine Mutmaßung, ein Fahrrad könnte gestohlen werden, steht der Zumutbarkeit des sofortigen Mitkommens zur Alkomatuntersuchung jedenfalls nicht entgegen.

 

Zur Strafbemessung:

 

Die gesetzliche Mindeststrafe für die Verweigerung der Alkomatuntersuchung beträgt gemäß § 99 Abs.1 StVO 1960 1.600 Euro, die Mindestersatzfreiheitsstrafe 2 Wochen. Die Ausführungen zur Strafbemessung können sich in einem solchen Fall, wie dem gegenständlichen, wo die gesetzliche Mindestgeldstrafe verhängt wurde, nur auf die Frage beschränken, ob allenfalls ein Anwendungsfall des § 20 VStG vorlag. Dem Berufungswerber kommt zwar der Milderungsgrund der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit zugute, ein Überwiegen der Milderungsgründe gegenüber den Erschwerungsgründen, das eine Anwendung dieser Bestimmung rechtfertigen würde, lag aber nicht vor. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes reicht dieser eine Milderungsgrund noch nicht aus, um das außerordentliche Milderungsrecht in Anspruch zu nehmen. Der Berufungswerber hat auch keinerlei Einsichtsfähigkeit gezeigt, die ihm zugerechnet werden könnte im Sinne eines weiteren Milderungsgrundes. Wie der Meldungsleger bei der Berufungsverhandlung glaubwürdig geschildert hat, wurde der Berufungswerber von ihm mehrmals darauf hingewiesen, dass sein Verhalten als Verweigerung der Alkomatuntersuchung auszulegen wäre, wobei ihm in seiner Ansicht auch zuzustimmen ist, dass eine einmalige Aufforderung zur Alkomatuntersuchung absolut ausgereicht hätte.

 

Die Bestimmung des § 21 Abs.1 VStG, die ein Absehen von der Strafe dann zulässt, wenn das Verschulden des Täters geringfügig ist und die Folgen der Tat unbedeutend sind, konnte ebenfalls nicht Platz greifen. Von einem geringfügigen Verschulden kann nicht mehr ausgegangen werden, wenn jemand mehrmals auf die Verpflichtung zur Absolvierung der Alkomatuntersuchung und auch auf die drohenden Folgen im Verweigerungsfall hingewiesen wird, dennoch aber bei seinem dem entgegenstehenden Verhalten bleibt. Dieses ist im Übrigen ohnedies unverständlich, da bei einem Messergebnis des Alkovortests von 0,34 mg/l Atemluftalkoholgehalt (entspricht 0,68 Promille Blutalkoholgehalt) einer folgenden Alkomatuntersuchung seitens des Probanden mit wenig Bedenken entgegengesehen werden kann, zumal, ausgehend von einem weiter stattfindenden Alkoholabbau, die spätere Untersuchung wohl keinen höheren Wert ergeben hätte. Da für den Lenker eines Fahrrades nicht die 0,5-Promillegrenze laut Führerscheingesetz, sondern (erst) jene nach § 5 Abs.1 StVO 1960 (0,8 Promille) gilt, wäre der Berufungswerber im Falle der Entsprechung der Aufforderung wohl mit großer Wahrscheinlichkeit völlig straffrei davongekommen.

 

Die Herabsetzung der von der Erstbehörde verhängten Ersatzfreiheitsstrafe von 3 Wochen auf die nunmehr verfügten 2 Wochen ist in der Bestimmung des § 99 Abs.1 StVO 1960 begründet.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

S c h ö n

 

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