Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-165096/9/Zo/Jo

Linz, 28.10.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Zöbl über die Berufung des X vom 05.05.2010 gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Kirchdorf vom 19.04.2010, Zl. VerkR96-9547-2009, wegen einer Übertretung der StVO nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.10.2010 durch sofortige Verkündung zu Recht erkannt:

 

 

I.             Die Berufung wird abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis vollinhaltlich bestätigt.

 

II.           Der Berufungswerber hat zusätzlich zu den erstinstanzlichen Verfahrenskosten für das Berufungsverfahren einen Kostenbeitrag in Höhe von 10 Euro zu bezahlen (das sind 20 % der von der Erstinstanz verhängten Geldstrafe).

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.:  § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51 Abs.1, 51e und 19 VStG;

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf hat dem Berufungswerber im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen, dass er am 05.06.2009 um 07.23 Uhr auf der A9 bei km 27,950 in Fahrtrichtung Graz als Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X die durch Straßenverkehrszeichen kundgemachte zulässige Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 22 km/h überschritten habe. Er habe dadurch eine Verwaltungsübertretung nach § 52 lit.a Z10a StVO 1960 begangen, weshalb über ihn gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 eine Geldstrafe in Höhe von 50 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 24 Stunden) verhängt wurde. Weiters wurde er zur Zahlung eines Verfahrenskostenbeitrages in Höhe von 5 Euro verpflichtet.

 

2. In der dagegen rechtzeitig eingebrachten Berufung verwies der Berufungswerber vorerst auf seine Ausführungen im erstinstanzlichen Verfahren und führte weiters aus, dass das Radarfoto lediglich belege, dass er an einer bestimmten Straßenstelle mit einer bestimmten Geschwindigkeit gefahren sei. Der von der Behörde angegebene Tatort bei km 27,950 werde jedoch durch sämtliche von der Behörde vorgelegten Unterlagen widerlegt. Zur Begründung der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf, dass es sich bei dem im Plan angeführten Straßenkilometer 28,0 um den ehemaligen Baukilometer handle und dieser nicht mit dem tatsächlichen Straßenkilometer übereinstimme, sei anzuführen, dass sich der Straßenkilometer 28,0 aus den von der Behörde selbst vorgelegten Plänen ergebe. Wenn diese Ausführungen stimmen würden, dann hätte die Behörde im gesamten Verfahren wissentlich falsche Pläne vorgelegt. Es sei davon auszugehen, dass die Geschwindigkeitsbeschränkung weder ordnungsgemäß verordnet noch kundgemacht geworden sei.

 

Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf habe aufgrund der von ihr selbst vorgelegten Unterlagen in keiner Weise nachweisen können, dass im gegenständlichen Straßenabschnitt tatsächlich eine erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h verordnet und ordnungsgemäß kundgemacht worden sei.

 

3. Der Bezirkshauptmann von Kirchdorf an der Krems hat den Verwaltungsakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung vorgelegt. Eine Berufungsvorentscheidung wurde nicht erlassen. Es ergibt sich daher die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates, wobei dieser durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden hat (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 18.10.2010. An dieser hat der Berufungswerber teilgenommen, die Erstinstanz war entschuldigt.

 

4.1. Daraus ergibt sich der folgende für die Entscheidung wesentliche Sachverhalt:

 

Gegen den Lenker des PKW mit dem Kennzeichen X wurde eine Anzeige erstattet, weil dieser am 05.06.2009 um 07.23 Uhr auf der A9 bei km 27,950 in Fahrtrichtung Graz die erlaubte Höchstgeschwindigkeit von 80 km/h um 22 km/h überschritten hatte. Die Geschwindigkeit wurde mit einem geeichten Radargerät der Marke MUVR 6FM Nr. 697 gemessen. Aufgrund einer Lenkererhebung gab der Berufungswerber bekannt, dass er das Fahrzeug selbst gelenkt hatte. Dazu ist anzuführen, dass dieses Formular handschriftlich und teilweise nur schwer leserlich ausgefüllt worden war. In der Strafverfügung wurde das Geburtsdatum des Berufungswerbers mit X und die Adresse mit X angegeben, tatsächlich ist der Berufungswerber am X geboren und wohnt in der X.

 

Im rechtzeitig eingebrachten Einspruch bemängelte der Berufungswerber diese falschen Daten. Im weiteren Verfahren wurde ihm die Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Innovation und Technologie vom 14.08.2003, Zl. 138009/69-II/ST5/03, zur Kenntnis gebracht, mit welcher jene Verkehrsbeschränkungen erlassen wurden, die aus dem von der X vorgelegten Plan des X, "A9 Pyhrnautobahn; Abschnitt Schön – Leinberg Nord, km 25,304 bis 39,518, Stand 07.08.2003, GZ: G301/02 (696)" ersichtlich sind, wobei dieser Plan einen integrierenden Bestandteil dieser Verordnung bildet. Dem Berufungswerber wurde ein Auszug dieses Planes in schwarz-weiß Kopie übermittelt, wobei dieser Plan durch handschriftliche Anmerkungen ergänzt wurde. Anzuführen ist, dass auf diesem Plan bei sämtlichen Verkehrsbeschränkungen zwei verschiedene Kilometerangaben angeführt sind und sich aus den dem Berufungswerber übermittelten Planausschnitt nicht ergibt, welche Angaben nun tatsächlich richtig sind. Unter anderem ergibt sich aus diesem Plan, dass sich der km 28,0 noch innerhalb des Tunnels befindet, während sich die Radarmessstelle erst außerhalb des Tunnels befand.

 

Daraufhin führte der Berufungswerber aus, dass der ihm vorgeworfene Tatort offensichtlich nicht richtig sein könne. Vom Meldungsleger wurde eine Stellungnahme eingeholt, aus welcher sich die Radarmessstelle ergibt und in welcher der Polizeibeamte erläuterte, dass es sich beim übermittelten Plan um die Bauabschnittskilometer handle, diese aber nicht mit der tatsächlichen Kilometrierung übereinstimmen würden. Die Radarmessung habe bei km 27,950 stattgefunden.

 

Aufgrund mehrerer beim UVS anhängiger Berufungsverfahren wegen Geschwindigkeitsüberschreitungen an der selben Örtlichkeit wurde der Verordnungsakt vom bmvit angefordert und der in der Verordnung angeführte Plan, mit welchem die Verkehrsbeschränkungen verordnet wurden, auszugsweise kopiert. Diese Kopie wurde dem Berufungswerber in der Verhandlung zur Kenntnis gebracht. Entsprechend dem vom bmvit verordneten Plan beginnt die 100 km/h-Beschränkung am Beginn des Hungerbichltunnels bei km 27,414, im Tunnel bei km 27,619 beginnt die 80 km/h-Beschränkung. Das Südportal des Hungerbichltunnels (also in Fahrtrichtung des Berufungswerbers gesehen das Ende des Tunnels) befindet sich bei km 27,939. Die Polizeibeamten haben die Radarmessung unmittelbar nach dem Tunnelende von einem asphaltierten Platz links neben der Fahrbahn aus in etwa bei km 27,950 durchgeführt.

 

Zu den Kilometrierungsangaben ist anzuführen, dass auf diesem Plan bei sämtlichen Verkehrsbeschränkungen zwei verschiedene Angaben vorhanden sind. Entsprechend der auf dem Plan ersichtlichen Fußnote handelt es sich bei den Angaben in grauer Schrift um den sogenannten Baukilometer, während der Neukilometer (Vermessung Rinner, Stand Februar 2003) in blauer Schrift angegeben ist. Es wurde also nach Abschluss der Bauarbeiten eine Neuvermessung jenes Bereiches der A9 vorgenommen, wobei aufgrund dieser Neuvermessung nicht der gesamte Plan völlig neu erstellt wurde, sondern lediglich bei sämtlichen Kilometrierungsangaben der tatsächliche Autobahnkilometer in anderer Schrift angefertigt wurde. Aus dem Originalplan (insbesondere der angeführten Fußnote) ist klar erkennbar, dass die gegenständliche Geschwindigkeitsbeschränkung tatsächlich bei km 27,619 beginnt und sich die Radarmessstelle bei km 27,950 befand.

 

5. Darüber hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich in rechtlicher Hinsicht Folgendes erwogen:

 

5.1. Das Verkehrszeichen gemäß § 52 lit.a Z10a StVO 1960 „Geschwindigkeitsbeschränkung (erlaubte Höchstgeschwindigkeit)“ zeigt an, dass das Überschreiten der Fahrgeschwindigkeit, die als Stundenkilometeranzahl im Zeichen angegeben ist, ab dem Standort des Zeichens verboten ist.

 

5.2. Der Berufungswerber hat bei km 27,950 eine Geschwindigkeit von 102 km/h eingehalten. Diese wurde mit einem geeichten Radargerät festgestellt und es bestehen keine Zweifel an der Richtigkeit der Messung. In jenem Bereich ist eine 80 km/h-Beschränkung ordnungsgemäß verordnet, weshalb der Berufungswerber die ihm vorgeworfene Übertretung in objektiver Hinsicht zu verantworten hat. Umstände, welche sein Verschulden ausschließen würden, sind im Verfahren nicht hervorgekommen, sodass gemäß § 5 Abs.1 VStG von fahrlässigem Verhalten auszugehen ist.

 

Anzumerken ist, dass sich der Berufungswerber im gesamten Verfahren im Wesentlichen auf jene Widersprüche bezog, welche sich aus dem ihm lediglich in einer schwarz-weiß Kopie in praktisch unleserlicher Schriftgröße übermittelten Plan ergeben. Hätte der Berufungswerber von Anfang an einen vollständigen Plan erhalten und wäre ihm die unterschiedliche Kilometrierung erläutert worden, so wäre das Verfahren möglicherweise wesentlich rascher und einfacher abzuwickeln gewesen. Zumindest hat der Berufungswerber dies in der Berufungsverhandlung behauptet.

 

Bezüglich der ursprünglich falschen Angabe des Geburtsdatums und der Adresse ist der Berufungswerber darauf hinzuweisen, dass zwar der Personenbeschreibung in einem Bescheid wesentliche Bedeutung zukommt, jedoch bloße Schreibfehler und Unrichtigkeiten im Namen des Bescheidadressaten nach der Rechtsprechung des VwGH unbeachtlich sind, dies insbesondere dann, wenn dem Bescheidadressaten klar sein muss, dass der Bescheid für ihn bestimmt ist. Dies gilt im gegenständlichen Fall umso mehr, weil die ursprünglich falschen Daten in der Strafverfügung sich offenbar daraus ergeben, dass der Berufungswerber selbst die Lenkeranfrage in einer nur schwer lesbaren Handschrift erstattet hat.

 

5.3. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Gemäß § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Gemäß § 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 beträgt die gesetzliche Höchststrafe für derartige Übertretungen 726 Euro. Der Berufungswerber hat die erlaubte Höchstgeschwindigkeit auf einer Autobahn unmittelbar nach dem Ende eines Tunnels und kurz vor einer Fahrstreifenverengung deutlich überschritten. Der Unrechtsgehalt dieser Übertretung ist daher nicht als bloß ganz geringfügig anzusehen.

 

Über den Berufungswerber schien zum Tatzeitpunkt eine verkehrsrechtliche Vormerkung aus dem Jahr 2007 sowie mehrere Vormerkungen wegen sonstiger Verwaltungsübertretungen auf. Diese stellen zwar keinen Straferschwerungsgrund dar, allerdings kommt dem Berufungswerber auch der Strafmilderungsgrund der Unbescholtenheit nicht mehr zu Gute.

 

Unter Berücksichtigung dieser Umstände erscheint die von der Erstinstanz verhängte Geldstrafe nicht überhöht. Sie entspricht auch den persönlichen Verhältnissen des Berufungswerbers (monatliches Nettoeinkommen von 1.300 Euro bei Sorgepflichten für zwei Kinder).

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

 

 

Mag. Gottfried  Z ö b l

 

 

 

 

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