Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-164927/7/Sch/Th

Linz, 10.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Schön über die Berufung des Herrn X, handelsrechtlicher Geschäftsführer der X Bau GmbH mit Sitz laut Firmenbuch in X, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Freistadt vom 18. Februar 2010, Zl. VerkR96-1026-2009, wegen Übertretungen der Straßenverkehrsordnung (StVO) 1960, zu Recht erkannt:

 

 

I.                   Der Berufung wird hinsichtlich Faktum 1. des angefochtenen Straferkenntnis Folge gegeben, dieses in diesem Punkt behoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

         Im Übrigen (Faktum 2.) wird der Berufung insofern Folge gegeben, als die    verhängte Geldstrafe auf 80 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24        Stunden herabgesetzt werden, im Übrigen wird die Berufung in diesem    Punkt          abgewiesen.

 

II.                Der Kostenbeitrag zum Verfahren erster Instanz ermäßigt sich auf 8 Euro. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 AVG iVm §§ 24, 51, 19 und 45 Abs.1 Z3 VStG.

zu II.: §§ 64 ff VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Freistadt hat mit Straferkenntnis vom 18. Februar 2010, Zl. VerkR96-1026-2009, über Herrn X wegen Verwaltungsübertretungen nach jeweils § 90 Abs.3 StVO Geldstrafen in der Höhe von jeweils 110 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit Ersatzfreiheitsstrafen von jeweils 38 Stunden, verhängt, weil er wie am 28. Oktober 2008 um 11 Uhr 20 im Gemeindegebiet von X auf dem Güterweg Nr. x, festgestellt wurde,

1. als der seit 22.05.2006 zur selbständigen Vertretung nach außen berufene handelsrechtliche Geschäftsführer (§ 9 VStG) der X Bau GmbH, mit Sitz in X, und somit strafrechtlicher Verantwortlicher als Bauführer nicht dafür gesorgt habe, dass Auflagen des Bescheides der Marktgemeinde X vom 19.08.2008, AZ. 640-11/2008 eingehalten wurden: Der Bescheid über die bewilligten Arbeiten ist auf der Baustelle nicht aufgelegen und konnte den Organen der Straßenaufsicht nicht zur Einsicht ausgehändigt werden (Auflagenpunkt 14 des angeführten Bescheides) und

2. als der seit 22.05.2006 zur selbständigen Vertretung nach außen berufene handelsrechtliche Geschäftsführer (§ 9 VStG) der X Bau GmbH, mit Sitz in 4280 X, und somit strafrechtlicher Verantwortlicher als Bauführer nicht dafür gesorgt habe, dass Auflagen des Bescheides der Marktgemeinde X vom 19.08.2008, AZ: 640-11/2008, eingehalten wurden; Auflagepunkt 15 des angeführten Bescheides: "Für die rechtzeitige Aufstellung und die sofortige Entfernung der Straßenverkehrszeichen entsprechend der beiliegenden Verordnung vom 19.08.2008 nach Beendigung der Arbeiten bzw. nach dem täglichen Arbeitsschluss hat der Antragsteller zu sorgen. Die Regelung hat im Einzelnen im Einvernehmen mit der Polizeiinspektion Königswiesen zu erfolgen." Es waren die Vorschriftszeichen "Überholen verboten" gemäß Z1 der Verordnung nicht angebracht. Das Vorschriftszeichen "Geschwindigkeitsbeschränkung 30 km/h" gemäß Z2 der Verordnung aus Fahrtrichtung Königswiesen fehlte. Die Gebotszeichen "vorgeschriebene Fahrtrichtung" gemäß Z3 der Verordnung waren nicht angebracht.

 

Überdies wurde der Berufungswerber gemäß § 64 VStG zu einem Kostenbeitrag zum erstinstanzlichen Verfahren in der Höhe von 22 Euro verpflichtet.

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Berufungswerber rechtzeitig Berufung erhoben. Vom Instrumentarium der Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht und die Berufung vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung erwies sich als nicht erforderlich (§ 51e Abs.2ff VStG).

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Folgendes erwogen:

 

Zum stattgebenden Teil der Berufungsentscheidung (Faktum 1. des Straferkenntnisses):

 

Vom Berufungswerber wird diesbezüglich eingewendet, dass der Bescheid der Marktgemeinde X vom 19. August 2008 sehr wohl in Form einer Kopie im Baubüro rechtskonform aufgelegen gewesen sei, ein Verlangen der Straßenaufsicht um Einsicht sei nie gestellt worden.

 

In der einschlägigen Auflage des erwähnten Bescheides, das ist die Ziffer 14, heißt es:

"Der Bescheid über die bewilligten Arbeiten hat auf der Baustelle aufzuliegen und ist den Organen der Straßenaufsicht und dem Straßenerhalter auf Verlangen zur Einsicht auszuhändigen."

 

Bei der Amtshandlung durch den Meldungsleger hat laut entsprechender Angabe in der relevanten Polizeianzeige der Polier der Baustelle vor Ort angegeben, er habe nie einen Baustellenbescheid gesehen, dieser befinde sich im Büro der Firma.

 

Dem gegenüber wird vom Berufungswerber, wie schon oben erwähnt, behauptet, es sei sehr wohl im Baubüro eine Kopie des Bescheides aufgelegen. Es könnte sohin jede der beiden möglichen Sachverhaltsvarianten zutreffend sein.

 

Ausgehend mangels Beweis des Gegenteils davon, dass der Berufungswerber zwar den ersten Teil dieser Bescheidauflage erfüllt hat, stellt sich die Frage, ob dieser Auflage dann insofern zuwidergehandelt worden ist, weil dem einschreitenden Organ der Straßenaufsicht auf Verlangen keine Bescheidausfertigung ausgehändigt wurde.

 

Die Berufungsbehörde geht nach der Beweislage davon aus, dass der einschreitende Polizeibeamte eine Ausfertigung des Bescheides im Rahmen der Amtshandlung verlangt hat (siehe die Zeugenaussage vom 14. Mai 2009).

 

In der einzigen iSd § 31 Abs.2 VStG fristgerechten Verfolgungshandlung der Erstbehörde, nämlich der Strafverfügung vom 27. März 2009, heißt es, der Bescheid über die bewilligten Arbeiten sei auf der Baustelle nicht aufgelegen und habe den Organen der Straßenaufsicht nicht zur Einsicht ausgehändigt werden können.

 

Dass ein solches Verlangen seitens des Organes der Straßenaufsicht ausgesprochen wurde, wie dies in der entsprechenden Bescheidauflage festgehalten ist, geht allerdings aus dem Spruch der Strafverfügung nicht hervor.

 

Für die gegenständliche Problematik kann die einschlägige Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zur Mitführung und Aushändigung von Dokumenten, wie etwa den Führerschein herangezogen werden. Hiebei handelt es sich um zwei selbstständig zu verwirklichende Tatbestände (VwGH 11.05.1990, 89/18/0175). Geht man von der zweiten Tatbestandsalternative aus, nämlich dem Nichtaushändigen von Dokumenten, hier eben des relevanten Bewilligungsbescheides, muss dem Spruch des Strafbescheides – gestützt auf eine entsprechende fristgerechte Verfolgungshandlung – zu entnehmen sein, dass dem Nichtaushändigen eine Aufforderung hiezu seitens des Straßenaufsichtsorgans vorausgegangen ist. Dieses fehlende Tatbestandselement kann seitens der Berufungsbehörde nach Ablauf der Frist des § 31 Abs.2 VStG nicht mehr in den Spruch des Straferkenntnisses aufgenommen werden.

 

Der Berufung hatte sohin aus diesen formellen Erwägungen heraus in diesem Punkt Erfolg beschieden zu sein.

 

Zu Faktum 2. des Straferkenntnisses:

 

Diesbezüglich behauptet der Berufungswerber, es sei eine Totalsperre des von der Baustelle betroffenen Güterweges aufgrund von Sprengarbeiten erforderlich gewesen, deshalb sei die Aufstellung der Verkehrszeichen, wie im straßenpolizeilichen Bewilligungsbescheid vorgesehen, für diese Zeit obsolet gewesen. Es habe diesbezüglich Rücksprache mit dem Bürgermeister der Marktgemeinde X gegeben, der der Sperre zugestimmt habe.

 

Seitens der Berufungsbehörde wurde eine Stellungnahme der Marktgemeinde X eingeholt. In dieser mit 2. September 2010 datierten und von Bürgermeister X unterfertigten Stellungnahme heißt es:

"Zum do. Schreiben vom 31. August 2010, obiger Zahl, wird berichtet, dass es mit Herrn X, Geschäftsführer der X Bau GmbH, Kanal-, Straßen- und Leitungsbau, X, keine Vereinbarungen (weder mündlich noch schriftlich) wegen einer Totalsperre des Güterweges x bezüglich unausweichlicher Sprengungen gab."

 

Zum angeführten Unternehmenssitz Perg ist zu bemerken, dass sich dieser im Firmenbuch nicht findet, sodass die Erstbehörde jenen als relevant iSd. § 27 Abs.1 VStG angesehen hat, der dort eingetragen ist, also den in Königswiesen. Auch die Einschau der Berufungsbehörde hat keinen Firmensitz in Perg ergeben. Der Berufungswerber geht in seinen Eingaben hierauf nicht ein, sodass auch die Berufungsbehörde auf den Eintrag im Firmenbuch zurückgreift.

 

Das oa. Schreiben wurde dem Berufungswerber zur Kenntnis gebracht, der in seiner Stellungnahme vom 29. September 2010 seine ursprünglichen Angaben hinsichtlich Einverständnis des Bürgermeisters weitgehend relativiert hat. Dort heißt es nämlich nunmehr bloß, der Bürgermeister sei fernmündlich über "diese unaufschiebbare Maßnahme unterrichtet" worden, dies unmittelbar nach der Sperre.

 

Die Berufungsbehörde geht davon aus, dass ein Bürgermeister bei einer Anfrage als offizielles Organ einer Gemeinde eine richtige Auskunft erteilt. Demnach lag eine Aussage seinerseits, die vom Berufungswerber als Änderung der zugrunde liegenden straßenpolizeilichen Verordnung über die erforderlichen Verkehrsbeschränkungen im Baustellenbereich gedeutet werden hätte können, nicht vor. Die relevante Auflage Nr. 15 aus dem Bewilligungsbescheid war daher für den Berufungswerber weiterhin verbindlich. Ein Bauführer kann sich nicht selbst von der Einhaltung von Bescheidauflagen dispensieren. Die Berufungsbehörde kann auch nicht nachvollziehen, weshalb die vorgeblich dringenden Sprengarbeiten nicht so lange hätten hintangestellt werden können, bis von der Straßenpolizeibehörde entsprechende Maßnahmen, allenfalls eben die Totalsperre des Güterweges, verfügt worden sind. Dass die gänzliche Sperre einer Verkehrsfläche für einen Bauführer zur Durchführung von Bauarbeiten im Regelfall günstiger ist, als eine weitere Verkehrsführung entlang der Baustelle, wird wohl öfter der Fall sein. Solche Erwägungen können aber nicht dazu führen, dass Auflagen aus dem Bewilligungsbescheid nicht eingehalten werden.

 

Für diese Feststellungen waren keine weiteren Ermittlungen durch die Berufungsbehörde erforderlich. Auch die Durchführung einer Berufungsverhandlung hätte an der Beurteilung des Sachverhaltes nichts geändert, da eben eine Verordnung oder ein Bescheid nur von der Behörde abgeändert werden kann, die sie bzw. ihn erlassen hat, sieht man von hier nicht relevanten Ausnahmefällen ab. Gegenständlich war für den Berufungswerber die entsprechende Bescheidauflage jedenfalls verbindlich, er hätte sich vor einer von ihm erwogenen Totalsperre des Güterweges die ausdrückliche Zustimmung der Behörde, hier wäre zudem eine Verordnung erforderlich gewesen, einholen müssen.

 

4. Zur Strafbemessung:

Die Erstbehörde hat bereits in der ursprünglich erlassenen Strafverfügung eine Geldstrafe in der Höhe von 110 Euro festgesetzt, auch im angefochtenen Straferkenntnis findet sich diese Strafhöhe.

 

Unter Berücksichtigung des dem Berufungswerber zugute kommenden Milderungsgrundes der verwaltungsstrafrechtlichen Unbescholtenheit erscheint der Berufungsbehörde allerdings eine Strafreduzierung im verfügten Ausmaß vertretbar und geboten. Dazu kommt noch, dass der Vorfallszeitpunkt nunmehr schon mehr als zwei Jahre zurückliegt, also ein bereits länger andauerndes Verwaltungsstrafverfahren abgeführt wurde, welcher Umstand im Sinne des § 35 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung nicht gänzlich unberücksichtigt bleiben darf. Geht man schließlich davon aus, dass aufgrund der, wenngleich auch unzulässigen, Totalsperre des Güterweges kein Fahrzeugverkehr stattfinden konnte, lässt sich auch kein besonderes Gefahrenpotential durch die Nichtaufstellung der an sich vorgesehen gewesenen Verkehrszeichen für die Verkehrsteilnehmer ableiten.

 

Auf die persönlichen Verhältnisse des Berufungswerbers war nicht weiter einzugehen, da aufgrund der Höhe der nunmehr festgesetzten Geldstrafe von vornherein erwartet werden kann, dass er zur Bezahlung derselben in der Lage sein wird.

 

Zu II.:

Die Entscheidung über die Kosten stützt sich auf die im Spruch angeführten gesetzlichen Bestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

S c h ö n

 

 

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