Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-100617/3/Bi/Hm

Linz, 29.06.1992

VwSen - 100617/3/Bi/Hm Linz, am 29.Juni 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch seine I. Kammer unter dem Vorsitz von Dr. Hans Guschlbauer sowie Mag. Michael Gallnbrunner als Beisitzer und Mag. Karin Bissenberger als Berichterin über die Berufung des A F,T, vertreten durch Rechtsanwalt Dr. H A, vom 7. Mai 1992 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 21. April 1992, VerkR96/13716/1991-Hä, zu Recht:

I. Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das angefochtene Straferkenntnis im Punkt 3. hinsichtlich des Schuldspruches, der verhängten Geldstrafe, des Verfahrenskostenausspruches und hinsichtlich der Kosten gemäß § 5 Abs.9 StVO 1960 bestätigt wird, die Ersatzfreiheitsstrafe jedoch auf 15 Tage herabgesetzt wird.

II. Die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages zum Berufungsverfahren entfällt.

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 24, 51 und 19 VStG, §§ 5 Abs.1, 5 Abs.9 und 99 Abs.1 lit. a StVO 1960. Zu II.: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

Zu I.:

1. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat mit Straferkenntnis vom 21. April 1992, VerkR96/13716/1991-Hä, über Herrn A F, T, in Punkt 3. wegen der Verwaltungsübertretung gemäß § 5 Abs.1 StVO 1960 eine Geldstrafe von 15.000 S und für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 21 Tagen verhängt, weil er am 27. Oktober 1991 um 6.45 Uhr in T aus Richtung B 1 kommend in Fahrtrichtung Bahnhof St.M auf der L. Straße den PKW, gelenkt hat, wobei er sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befand.

Außerdem wurde er zum Ersatz der Verfahrenskosten in Höhe von 1.500 S sowie zum Ersatz der Barauslagen für die Blutabnahme und die Blutuntersuchung in Höhe von 2.054,40 S verpflichtet.

2. Gegen diesen Punkt des Straferkenntnisses hat der Rechtsmittelwerber rechtzeitig Berufung erhoben, in der er im wesentlichen darauf verweist, die Annahme der Erstbehörde, er habe sich in einem durch Alkohol beeinträchtigten Zustand befunden, beruhe offenbar auf der gesetzwidrigen Verwertung eines unzulässigen und unrichtigen Blutalkoholgutachtens. Die Voraussetzungen des § 5 Abs.7 StVO hätten deshalb nicht vorgelegen, weil eine Vorführung zur klinischen Untersuchung erforderlich gewesen wäre, die aber nicht stattgefunden habe, da er sich wegen der beim Unfall erlittenen leichten Verletzung in ambulanter Behandlung im AKH Linz befunden habe und an ihn weder zuvor die Aufforderung zur Atemluftuntersuchung ergangen sei, noch die Vorführung zur klinischen Untersuchung verlangt wurde. Eine Blutabnahme wäre daher nur über sein ausdrückliches Verlangen zulässig gewesen, wobei schon die Aufforderung, zur Blutabnahme zuzustimmen, ebenso wie die Blutabnahme selbst gesetzwidrig gewesen sei.

3. Vom Instrumentarium einer Berufungsvorentscheidung hat die Erstbehörde nicht Gebrauch gemacht, weshalb die Zuständigkeit des unabhängigen Verwaltungssenates gegeben ist. Dieser hat, da eine 10.000 S übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, durch eine Kammer zu entscheiden. Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung war deshalb nicht erforderlich, weil in der Berufung ausdrücklich nur eine unrichtige rechtliche Beurteilung behauptet und eine Verhandlung nicht ausdrücklich verlangt wurde (§ 51e Abs.2 VStG).

4. Der unabhängige Verwaltungssenat hat folgendes erwogen:

4.1. Als Grundlage für die im gegenständlichen Fall ergangene Aufforderung zur Blutabnahme sind die Bestimmungen des § 5 Abs.7 StVO 1960 heranzuziehen, da der Berufungswerber im Rahmen eines Verkehrsunfalles selbst verletzt wurde und ansonsten nur Sachschaden vorlag. Aus dem Akteninhalt geht unbestritten hervor, daß der Rechtsmittelwerber am Vorabend Alkohol in Form von "einigen" Bier zu sich genommen hat und um 7.00 Uhr des 27. Oktober 1991 an einem Verkehrsunfall ursächlich beteiligt war, bei dem er selbst an der Oberlippe und am linken Ellbogen verletzt wurde, sodaß er in das AKH Linz eingeliefert und dort versorgt wurde. Aus der Anzeige geht hervor, daß der Meldungsleger von einem Beamten des Verkehrsunfallkommandos um 8.15 Uhr ersucht wurde, den Beschuldigten im AKH Linz aufzusuchen und mit ihm einen Alkomattest durchzuführen. Sollte dies nicht möglich sein, möge der Beschuldigte gefragt werden, ob er freiwillig einer Blutabnahme zustimme. Aus dem Alkoholerhebungsbogen läßt sich entnehmen, daß der Beschuldigte der Blutabnahme über Aufforderung zugestimmt hat, wobei dieser Teil des Erhebungsbogens von ihm selbst unterschrieben wurde.

Die Untersuchung des am 27. Oktober 1991 um 9.10 Uhr abgenommenen Blutes ergab laut chemischem Befund der BBSU Linz einen Mittelwert von 1,55 Promille Blutalkoholgehalt, sohin auf die Tatzeit umgerechnet einen Blutalkoholgehalt von 1,77 Promille.

4.2. In rechtlicher Hinsicht ist zur Frage, ob die Voraussetzungen des § 5 Abs.7 StVO im gegenständlichen Fall vorgelegen haben, zunächst auf die Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes zu verweisen, wonach eine Vorführung im Sinne der zitierten Bestimmung auch dann vorliegt, wenn ein Organ der Straßenaufsicht eine im Verdacht der Alkoholbeeinträchtigung stehende Person mit einem diensthabenden Arzt einer öffentlichen Krankenanstalt in Verbindung bringt (vgl. Erkenntnis vom 10.Dezember 1980, 1539/80).

Eine klinische Untersuchung im Sinne des § 5 Abs.4 StVO ist im Fall des § 5 Abs.7 StVO deshalb nicht erforderlich, weil in dieser Bestimmung ausdrücklich die Blutabnahme geregelt ist und nicht - wie in der Verfassungsbestimmung des Absatz 6 leg.cit. - von einer Untersuchung, die unter gewissen Voraussetzungen eine Blutabnahme zu umfassen hat, die Rede ist. Da beim Beschuldigten eine Alkomatuntersuchung nicht durchgeführt wurde und eine solche auch nicht zwingend vorgesehen ist - abgesehen davon, daß die Durchführung einer Alkomatuntersuchung bei Verletzung der Oberlippe aus medizinischen Gründen nicht sinnvoll gewesen wäre -, war die Aufforderung zur Blutabnahme durchaus gerechtfertigt und, weil der Beschuldigte erwiesenermaßen der Aufforderung zugestimmt hat, die Durchführung der Blutabnahme auf der Grundlage des § 5 Abs.7 StVO 1960 rechtmäßig. Da das Ergebnis der Blutuntersuchung im gegenständlichen Fall nicht in Zweifel gezogen wurde, ist es als Grundlage für den in Rede stehenden Tatvorwurf heranzuziehen, weshalb die Berufung diesbezüglich abzuweisen war.

4.3. Die Kosten der Blutuntersuchung, die im übrigen nicht in Beschwerde gezogen wurden, wurden auf der Grundlage des § 5 Abs.9 StVO 1960 auf ihre Angemessenheit überprüft, wobei der unabhängige Verwaltungssenat zu der Auffassung gelangt, daß der Betrag von 2.054,40 S (davon 600 S incl. Ust für die Blutabnahme an einem Sonntag und 1.454,40 S incl. Ust für die Bestimmung des Blutalkoholgehaltes) sowohl dem Grunde als auch der Höhe nach als angemessen anzusehen ist.

4.4. Zur Strafbemessung ist auszuführen, daß die von der belangten Behörde festgesetzte Ersatzfreiheitsstrafe insofern überhöht ist, als zwar zutreffend die einschlägige Vormerkung aus dem Jahr 1991 als erschwerend gewertet wurde, jedoch weder aus der Begründung des Straferkenntnisses die Diskrepanz zur Geldstrafe erklärbar ist noch sonst irgendeine Rechtfertigung dafür vorliegt. Der Strafrahmen des § 99 Abs.1 StVO 1960 liegt im Bereich von 8.000 S bis 50.000 S, wodurch bereits vom Gestzgeber zum Ausdruck gebracht wurde, daß es sich bei einer Übertretung der Alkoholbestimmungen wohl um einen der gravierendsten Verstöße gegen die Straßenverkehrsordnung überhaupt handelt. Mildernd zu berücksichtigen war zwar, daß der Berufungswerber bei dem Unfall selbst verletzt wurde und am Tag der Übertretung zwar das 19. aber noch nicht das 21. Lebensjahr vollendet hatte; dem ist allerdings gegenüberzustellen, daß er vier Monate vor dem gegenständlichen Vorfall einschlägig bestraft wurde, sodaß auch der rasche Rückfall als erschwerend zu werten ist. Der zum Unfallzeitpunkt bestehende Blutalkoholgehalt von immerhin 1,77 Promille stellt eine Überschreitung des gesetzlichen Grenzwertes um mehr als 100 % dar, sodaß davon auszugehen ist, daß das Lenken des Fahrzeuges in alkoholbeeinträchtigtem Zustand trotz des vorangegangenen Schlafes vorsätzlich erfolgt ist, da dem Inhaber einer Lenkerberechtigung Kenntnisse über die stündliche Alkoholabbaurate sowie die Abschätzung des Restalkohols zuzumuten sind. Entgegen der Ansicht der belangten Behörde war aber die Gefährlichkeit der Verhältnisse und die Schädigung öffentlicher Rechtschutzinteressen nicht als erschwerend zu werten, weil diese Umstände bereits im § 99 Abs.1 StVO 1960 sowie im § 19 VStG berücksichtigt sind und ihre erneute Wertung dem Doppelverwertungsverbot widerspräche. Eine Herabsetzung der verhängten Geldstrafe ist aber aufgrund der oben genannten Erschwerungsgründe, die die belangte Behörde nicht berücksichtigt hat, nicht gerechtfertigt.

Unter Zugrundelegung eines Monatsnettoeinkommens von ca. 10.000 S als Schlosser und des Umstandes, daß der Rechtsmittelwerber weder Vermögen besitzt noch Sorgepflichten hat, wird die verhängte Strafe unter Bedachtnahme auf die Bestimmungen des § 19 VStG vor allem dem Unrechts- und Schuldgehalt der Übertretung und auch unter Berücksichtigung des general- und spezialpräventiven Strafzwecks für angemessen erachtet. Es steht dem Rechtsmittelwerber frei, bei der belangten Behörde Ratenzahlung zu beantragen.

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

Zu II.:

Der Ausspruch über die Verfahrenskosten gründet sich auf die zitierten Gesetzesbestimmungen.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Beilagen Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. Guschlbauer 6

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