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des Landes Oberösterreich
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VwSen-100620/2/Fra/Ka

Linz, 16.12.1992

VwSen - 100620/2/Fra/Ka Linz, am 16.Dezember 1992 DVR.0690392

E r k e n n t n i s

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch das Mitglied Dr. Fragner über die Berufung des B H, St. P, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen vom 28. April 1992, VerkR-13.456/1991-Vo, mit dem Einspruch des Rechtsmittelwerbers gegen das Strafausmaß keine Folge gegeben und die mit Strafverfügung vom 10.2.1992 verhängte Strafe bestätigt wurde, zu Recht erkannt:

I. Der Berufung wird teilweise Folge gegeben. Die verhängte Geldstrafe wird auf 1.000 S, die Ersatzfreiheitsstrafe auf 24 Stunden herabgesetzt.

Rechtsgrundlage: § 66 Abs.4 AVG i.V.m. §§ 19, 24 und 51 VStG.

II. Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung eines Kostenbeitrages.

Rechtsgrundlage: §§ 64 und 65 VStG.

Entscheidungsgründe:

I.1. Die Bezirkshauptmannschaft Grieskirchen hat mit Strafverfügung vom 10. Februar 1992 über den Berufungswerber eine Geldstrafe in Höhe von 1.400 S verhängt, weil er am 25.10.1991 um 13.28 Uhr auf der Innkreis Autobahn A8 bei km 44,5 als Lenker des PKW's die auf Autobahnen geltende Höchstgeschwindigkeit von 130 km/h um 31 km/h überschritten hat.

Gegen diese Strafverfügung hat der Berufungswerber am 21.2.1992 Einspruch erhoben. Dieser Einspruch bezog sich nur auf die Strafhöhe. Mit dem nunmehr angefochtenen Bescheid wurde die mit Strafverfügung vom 10.2.1992 verhängte Strafe bestätigt.

I.2. In der fristgerecht gegen den oa. Bescheid eingebrachten Berufung führt der Berufungswerber im wesentlichen folgendes aus: Die Begründung des angefochtenen Bescheides enthalte nur negative Statistiken, ohne diese näher zu erläutern. Positive Statistiken seien nicht berücksichtigt worden. In der Begründung werde vermerkt, daß "wie zahlreiche Statistiken immer wieder beweisen", gerade durch Mißachtung von Geschwindigkeitsbeschränkungen .......etc. der Unrechtsgehalt als hoch einzustufen sei. Dazu möchte er feststellen, daß er seit 12 Jahren unfallfrei unterwegs sei - dies dokumentiere sich in der Prämienstufe 0 - bei einer jährlichen Kilometerleistung von 23.000, was deutlich über dem Durchschnitt der Österreicher liege. Die zweite statistische Begründung für seinen Einspruch liege in der "Unbescholtenheit" bezüglich Tempoüberschreitung. Zur gegenständlichen Überschreitung der zulässigen Höchstgeschwindigkeit könne er - sicherlich nicht entschuldbare - zwei Gründe angeben. Zum einen sei er aus der BRD gekommen, wo noch keine Geschwindigkeitsbeschränkung gelte, wobei sich statistisch gesehen - in der BRD auch nicht mehr Unfälle durch hohe Geschwindigkeiten auf Autobahnen ereignen, als in Österreich. Zum Zweiten wollte er noch vor 14.00 Uhr den Linzer Bereich passieren, da an einem Freitag ab diesem Zeitpunkt das Verkehrsaufkommen auf der A1 beträchtlich ansteige. Er meide - wenn möglich grundsätzlich verkehrsstarke Zeiten, um unfallträchtigen Problemzonen auszuweichen. Zur Begründung, daß "die Strafe geeignet sei, ihn in Hinkunft von ähnlichen oder gleichartigen Verwaltungsübertretungen abzuhalten" könne er hinzufügen, daß er seit längerem auf die umweltfreundliche Bahn umgestiegen sei und dadurch seine Autofahrten drastisch eingeschränkt habe. Unter Berücksichtigung der oben aufgezeigten Standpunkte ersuche er um Herabsetzung des Strafausmaßes.

I.3. Der unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

I.3.1. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat. Gemäß § 19 Abs.2 leg.cit. sind im ordentlichen Verfahren (§§ 40 bis 46) überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

I.3.2. Laut ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist die Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens eine Ermessensentscheidung. Gemäß Artikel 130 Abs.2 B-VG liegt im Bereich des verwaltungsbehördlichen Ermessens Rechtswidrigkeit dann nicht vor, wenn die Behörde von diesem im Sinne des Gesetzes Gebrauch gemacht hat. Demgemäß obliegt es der Behörde, in Befolgung der Anordnung des § 60 AVG 1950 (§ 24 VStG 1950) in der Begründung ihres Bescheides die für die Ermessensübung maßgebenden Umstände und Erwägungen insoweit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes in Richtung auf seine Übereinstimmung mit dem Sinn des Gesetzes erforderlich ist.

I.3.3. Im gegenständlichen Fall sieht der Gesetzgeber einen Strafrahmen bis zu 10.000 S Geldstrafe vor. Grundsätzlich ist festzuhalten, daß Geschwindigkeitsüberschreitungen zu den gravierendsten Verstößen gegen die Bestimmungen der Straßenverkehrsordnungen zählen und auch die häufigsten Unfallursachen darstellen. Das Unfallrisiko wird durch Geschwindigkeitsüberschreitung wesentlich verschärft und führt zu einer erhöhten Gefährdung der Sicherheit und der körperlichen Integrität der anderen Straßenverkehrsteilnehmer. Vom Gesichtspunkt des Unrechtsgehaltes der gegenständlichen Übertretung kann somit der Erstbehörde nicht entgegengetreten werden, wenn sie eine Geldstrafe im unteren Bereich des gesetzlich vorgegebenen Strafrahmens verhängt hat. Weiters kann nicht gefunden werden, daß die verhängte Strafe den sozialen und wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschuldigten nicht angepaßt wäre. Da er seine Einkommens-, Familien- und Vermögensverhältnisse trotz Aufforderung der Erstbehörde nicht dargelegt hat, wurde von dieser angenommen, daß er ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 15.000 S bezieht, über kein Vermögen verfügt, für seine Gattin sowie für zwei minderjährige Kinder sorgepflichtig ist.

Eine Herabsetzung der Strafe war jedoch vertretbar und auch geboten, zumal der Berufungswerber unbescholten ist. Erschwerende Umstände sowie nachteilige Folgen durch die gegenständliche Übertretung sind ebenfalls nicht bekannt geworden. Die in der beeinspruchten Strafverfügung verhängte Strafe steckt lediglich den Unrechtsgehalt der Übertretung ab. Wie unter Punkt I.3.1. ausgeführt ist, sind im ordentlichen Verfahren überdies das Verschulden sowie mildernde und erschwerende Umstände gegeneinander abzuwägen. Da im ordentlichen Verfahren lediglich mildernde, jedoch keine erschwerenden Umstände zutage getreten sind, war die Strafe dem Verschuldensgehalt der Übertretung entsprechend herabzusetzen.

I.4. Die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung konnte gemäß § 51e Abs.2 VStG entfallen.

II. Gemäß § 64 Abs.1 VStG ist in jedem Straferkenntnis auszusprechen, daß der Bestrafte einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens zu leisten hat. Dieser Betrag beträgt gemäß Abs.2 leg.cit. für das Verfahren erster Instanz 10 % der verhängten Strafe.

Nach der seit dem 1. Jänner 1991 geltenden Rechtslage wird über einen nur gegen die Strafhöhe gerichteten Einspruch mittels Bescheid abgesprochen. Es ist zu prüfen, ob es zulässig ist, mit diesem Bescheid einen Kostenbeitrag für das Strafverfahren vorzuschreiben. Nachstehendes spricht dagegen:

Die von der Erstbehörde getroffene Entscheidung ist kein Straferkenntnis und auch im Wege der Interpretation nicht als solches zu werten. Es wäre der Erstbehörde infolge der Rechtskraft des Schuldspruches auch versagt, im Bescheid die gemäß § 44a VStG angeführten Spruchelemente aufzunehmen. Schon aufgrund der grammatikalischen Interpretation des § 64 VStG und aufgrund des sich in der Judikatur und der Rechtslehre herausgebildeten Verbotes, pflichtenbegründende Normen extensiv auszulegen, ist eine Kostenvorschreibung, welche mit keinem Straferkenntnis einhergeht, nicht gerechtfertigt.

Die gegenständliche Kostentragungsproblematik wurde durch eine Änderung des § 49 Abs.2 VStG ausgelöst. Unabhängig davon, ob der Gesetzgeber diese Problematik ausreichend bedacht hat, wäre eine Korrektur der Wortwahl im Gesetz zu Lasten des Bestraften allenfalls nur dann zulässig, wenn aus dem durch die Erläuternden Bemerkungen oder sonstigen Materialien zum Ausdruck gebrachten Willen dies der Gesetzgeber augenscheinlich beabsichtigt hätte. In den Materialien zu den §§ 64 und 65 VStG ist jedoch derartiges nicht zu finden.

Nach der alten Rechtslage wären, wenn die Berufungsbehörde die Strafhöhe ebenfalls reduziert hätte, zufolge des § 65 VStG keine Kosten für den Berufungswerber angefallen. In der ersten Instanz deshalb nicht, weil in der Strafverfügung kein Kostenbeitrag vorgeschrieben werden darf, im Berufungsverfahren nicht, weil Kosten auch dann nicht aufzuerlegen waren, wenn der Berufung auch nur teilweise Folge gegeben wurde.

Die Verfahrenskosten gemäß § 64 VStG sind ein Kostenbeitrag zum Strafverfahren und sollen den durch ein ordentliches Verfahren verursachten Aufwand zumindest teilweise abdecken. Weil hinsichtlich der Schuldfrage ein ordentliches Verfahren nicht durchzuführen ist, erscheint ein erhöhter Verwaltungsaufwand, der aus den Ermittlungen nach § 19 Abs.2 VStG erwächst, im Regelfall nicht gegeben. Über Einsprüche gegen die Strafhöhe wird zumeist - so auch im gegenständlichen Fall - mittels eines formalisierten Bescheides abgesprochen.

Aus den genannten Gründen, insbesondere aufgrund der grammatikalischen Auslegung, der nicht erkennbaren Absicht des Gesetzgebers, den Berufungswerber im Falle des letztendlichen Obsiegens schlechter stellen zu wollen, als nach der alten Rechtslage, war spruchgemäß zu entscheiden.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist eine weitere Berufung unzulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof oder an den Verfassungsgerichtshof erhoben werden. Sie muß von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein.

Für den O.ö. Verwaltungssenat:

Dr. F r a g n e r 6

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