Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222387/5/Bm/Sta

Linz, 22.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, vertreten durch Rechtsanwälte x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz vom 16.3.2010, GZ. 0056209/2009, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994), zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 44a, 45 Abs.1 Z3 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 16.3.2010, GZ. 0056209/2009, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z3 iVm §§ 81 und 74 Abs.2 Z2 GewO 1994 verhängt.

Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

 

"Die x, x, hat das Lokal im Standort x, welches nach § 376 Z14b GewO im Umfang der Betriebsräume und Betriebsflächen der Gastgewerbekonzession des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamt, vom 10.04.1965, GZ 100-1/5, als gemäß § 74 Abs.2 GewO genehmigte Betriebsanlage in der Betriebsart einer Weinstube mit einer Sperrzeit von 24.00 Uhr, in der Nacht von Samstag auf Sonntag sowie in der Nacht vor gesetzlichen Feiertagen mit 01.00 Uhr gilt, am 12.12.2009 nach Durchführung einer nach § 81 in Verbindung mit § 74 Abs.2 Z2 GewO genehmigungspflichtigen Änderung betrieben, ohne dass die hiefür erforderliche Betriebsanlagenänderungsgenehmigung vorgelegen wäre.

Die durchgeführte Änderung besteht im Betrieb des Lokales über die genehmigte Betriebszeit von 24.00 Uhr hinaus.

Am 12.12.2009 wurde das Lokal noch um 00.30 Uhr betrieben, indem sich noch 60 Gäste im Lokal befanden, die Getränke konsumierten.

Diese Änderung ist geeignet, Nachbarn durch Lärm (zusätzlich) zu belästigen und unterliegt daher einer Genehmigungspflicht nach § 81 in Verbindung mit § 74 Abs.2 Z2 GewO.

Der Beschuldigte, Herr x, hat diese Verwaltungsübertretung als gewerberechtlicher Geschäftsführer der x gemäß § 370 Abs.1 GewO verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten.

 

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis richtet sich die vom anwaltlichen Vertreter des Bw rechtzeitig eingebrachte Berufung und wird darin begründend vorgebracht, dass die belangte Behörde in einer Strafverfügung vom 17.8.2007, GZ. 0066564/2007, angeführt habe, dass für das genannte Lokal in der Oö. Sperr­zeitenverordnung 2002 die Sperrstunde mit 02.00 Uhr festgelegt sei. Die Oö. Sperrzeitenverordnung in der derzeit geltenden Fassung sehe nach § 1 Abs.1 vor, dass Gastgewerbebetriebe spätestens um 02.00 Uhr geschlossen und frühestens um 06.00 Uhr wieder geöffnet werden dürfen.

Der von der Behörde angeführte Tatzeitraum von 00.30 Uhr liege daher im erlaubten Öffnungsbereich der Oö. Sperrzeitenverordnung und leide daher das bekämpfte Straferkenntnis an unrichtiger rechtlicher Beurteilung.

Der Beschuldigte habe ein monatliches Nettoeinkommen von ca. 705,77 Euro. Die in der Strafverfügung verhängte Geldstrafe von 300 Euro sei daher zu hoch. Sollte ungeachtet der oben angeführten Argumente der Unabhängige Verwaltungssenat der Ansicht sein, der Beschuldigte hätte die angelastete Verwaltungsübertretung zu verantworten, sei jedenfalls eine zu verhängende Strafe auf das absolute Mindestmaß zu reduzieren.

 

Es werden daher die Anträge gestellt:

1. das angefochtene Straferkenntnis in Stattgebung dieser Berufung ersatzlos zu beheben; in eventu

2. die Strafe tat- und schuldangemessen auf ein Mindestmaß zu reduzieren.

 

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, war durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme. Weil bereits aus der Aktenlage feststeht, dass der angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt die öffentliche mündliche Verhandlung gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 74 Abs.1 leg.cit. ist unter einer gewerblichen Betriebsanlage jede örtliche gebundene Einrichtung zu verstehen, die der Entfaltung einer gewerblichen Tätigkeit regelmäßig zu dienen bestimmt ist.

 

Gemäß § 81 Abs. 1 GewO 1994 bedarf die Änderung einer genehmigten Betriebsanlage einer Genehmigung im Sinne der Bestimmungen der Gewerbeordnung, wenn dies zur Wahrung der im §74 Abs. 2 umschriebenen Interessen erforderlich ist.

 

Gemäß § 1 Abs.1 der Oö. Sperrzeiten-Verordnung 2002, LGBl. Nr. 150/2001 idF LGBl. Nr. 83/2006, müssen Gastgewerbebetriebe, soweit im Folgenden nichts anderes bestimmt ist, spätestens um 2.00 Uhr geschlossen und dürfen frühestens um 6.00 Uhr geöffnet werden.

 

Gemäß § 376 Z14b GewO 1994 gilt die Betriebsanlage eines Gastgewerbes, für das die Konzession gemäß den Bestimmungen der Gewerbeordnung 1973 idF vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1993, BGBl. Nr. 29/1993, erteilt worden ist, im Umfang der Betriebsräume und der Betriebsflächen, auf die die Gastgewerbekonzession gemäß dem Konzessionserteilungsbescheid lautet, als gemäß § 74 Abs.2 genehmigte Betriebsanlage. Weiters gilt auch die Betriebsstätte eines Gastgewerbes, für das eine Gast- und Schankgewerbekonzession gemäß den Bestimmungen der vor dem 1. August 1974 in Geltung gestanden Gewerbeordnung erteilt worden ist, als gemäß § 74 Abs.2 genehmigte Betriebsanlage, und zwar entsprechend den Plänen und Betriebsbeschreibungen, die Bestandteil des Konzessionserteilungsbescheides sind.

 

Vorliegend ist unbestritten, dass die vorliegende gastgewerbliche Betriebsanlage im Standort x, unter die Übergangsbestimmung des § 376 Z14b GewO 1994 fällt und demnach im Umfang der Betriebsräume und Betriebsflächen der Gastgewerbekonzession des Magistrates Linz, Bezirksverwaltungsamt vom 10.4.1965, GZ. 100-1/5, als gemäß § 74 Abs.2 GewO 1994 genehmigte Betriebsanlage gilt.

Die in der oben zitierten Bestimmung des § 376 Z14b GewO 1994 enthaltene Feststellung, dass die Betriebsstätte eines Gastgewerbes entsprechend den Plänen und Betriebsbeschreibungen, die Bestandteil des Konzessionserteilungsbescheides sind, als genehmigte Betriebsanlage gelten, bedeutet, dass die Anlage in diesem Umfang so zu behandeln ist, wie eine Anlage, bei der ein Betriebsanlagengenehmigungsverfahren durchgeführt worden ist.

 

In Anwendung dieser Bestimmung geht die erstinstanzliche Behörde davon aus, dass die in Rede stehende gastgewerbliche Betriebsanlage mit einer Betriebszeit bis 24.00 Uhr genehmigt ist. Die Behörde leitet dies daraus ab, dass nach dem oben zitierten Konzessionsdekret die Konzession für das Gast- und Schankgewerbe in der Betriebsform einer Weinstube verliehen worden ist und nach der zum Zeitpunkt dieser Konzessionsverleihung geltenden Sperrzeitenverordnung für Weinstuben eine Sperrzeit von 24.00 Uhr festgelegt war.

Dieser Rechtsansicht kann jedoch aus folgenden Gründen nicht gefolgt werden:

 

Nach der Systematik der Gewerbeordnung  ist zwischen Ausübungsvorschriften hinsichtlich der persönlichen Rechte der Gewerbeausübung und Vorschriften betreffend Betriebsanlagen zu unterscheiden. Die auf der Gewerbeordnung  basierende Sperrzeitenverordnung (auch vor dem Inkrafttreten der Gewerberechtsnovelle 1993)  ist den Vorschriften über die Gewerbeausübung zuzurechnen.

Ein Betriebsanlagengenehmigungsbescheid stellt keine Ausübungsvorschrift für die Ausübung des Gastgewerbes dar, sondern eine auf der jeweiligen Betriebsanlage anhaftende Berechtigung.

 

Bedeutsam ist in diesem Zusammenhang, dass die Sperrzeitenverordnung einen anderen Regelungsinhalt hat als eine die Anlage betreffende Betriebszeit. Die Sperrzeitenverordnung stellt rein auf den Aufenthalt und die Bewirtung von Gästen ab; die Sperrzeit regelt sohin nur die Zeit, in der sich Gäste im Lokal aufhalten dürfen, während eine Betriebszeit auch mögliche Vorbereitungs- oder Aufräumarbeiten beinhalten kann. Zudem ist zu bedenken, dass die Sperrzeitenverordnung nicht auf eine konkrete Betriebsanlage, sondern auf bestimmte Arten von gastgewerblichen Betriebsanlagen abstellt, weshalb auch nicht die Anführung der Betriebsform einer Weinstube im Konzessionsdekret als Betriebsbeschreibung im Sinne des § 376 Z14b GewO 1994 gesehen werden kann.  

 

Das ergibt sich auch schon daraus, dass sich nach dem dem Oö. Verwaltungssenat vorliegenden Akteninhalt die Betriebsform der gegenständlichen nicht geändert hat und nunmehr nach der Sperrzeitenverordnung eine Sperrstunde von 02.00 Uhr gilt.

 

Aus den oben angeführten Gründen kann somit nicht davon ausgegangen werden, dass durch den Betrieb des Lokals über die Betriebszeit von 24.00 Uhr hinaus eine konsenslose Änderung erfolgt ist und war demgemäß das gegenständliche Straferkenntnis zu beheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

6. Der Kostenausspruch stützt sich auf die im Spruch angeführte gesetzliche Bestimmung.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

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