Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-720278/3/BMa/Jo

Linz, 09.11.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Gerda Bergmayr-Mann über die Berufung des X, Staatsangehöriger von Rumänien, gegen den Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Wels vom 26. Juli 2010, 1-1030595/FP/10, mit dem über den Berufungswerber ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt wurde, zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als das Aufenthaltsverbot auf die Dauer von 7 Jahren herabgesetzt wird. Im Übrigen wird das angefochtene Erkenntnis bestätigt und das Mehrbegehren abgewiesen.

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz  1991 (im Folgenden: AVG), BGBl. Nr. 51/1991, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 iVm § 9 Abs.1, § 60 und § 68 Abs.1 Fremdenpolizeigesetz 1995 – FPG (BGBl. I Nr. 100/2005 zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 135/2009)

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Bescheid des Polizeidirektors der Bundespolizeidirektion Wels vom
26. Juli 2010 wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw), einen rumänischen Staatsangehörigen, auf Basis des Fremdengesetzes 1997 ein auf 10 Jahre befristetes Aufenthaltsverbot für das Bundesgebiet der Republik Österreich verhängt, einer Berufung dagegen die aufschiebende Wirkung aberkannt sowie von der Erteilung eines Durchsetzungsaufschubs abgesehen.

 

Die Behörde erster Instanz begründet diese Entscheidung im Wesentlichen damit, dass der Bw, der in Österreich keinen Wohnsitz hat, mit Urteil des Landesgerichts Wels vom 29. Juni 2010, GZ 15Hv 72/10, wegen des Verbrechens des teils vollendeten, teils versuchten gewerbsmäßigen Diebstahls nach den

§§ 127, 130 erster Fall, 15 Abs.1 StGB, des Vergehens der Urkundenunterdrückung nach § 229 Abs.1 StGB, des Vergehens der Entfremdung unbarer Zahlungsmittel nach § 241e Abs.1 erster Satz StGB zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt wurde. Erschwerend habe sich eine einschlägige Verurteilung ausgewirkt. Der festgestellte Sachverhalt rechtfertige die Annahme, dass der weitere Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährden könnte. Die öffentlichen Interessen an der Erlassung des Aufenthaltsverbots und die nachteiligen Folgen einer Abstandnahme von der Erlassung dieses Aufenthaltsverbotes würden unverhältnismäßig schwerer wiegen als die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Bw, weil er sich erst seit kurzer Zeit im Bundesgebiet aufhalte, keiner legalen Beschäftigung nachgehe, weder kranken- noch sozialversichert sei und auch in Österreich über keine familiären Bindungen verfüge.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, der dem Bw am 27. Oktober 2010 durch Übergabe in der Justizanstalt Wels zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende – am 6. August 2010 und somit rechtzeitig eingebrachte Berufung, die – offenbar irrtümlich - mit 28.04.2010 datiert ist.

 

Der Bw bringt vor, er sei Berufskraftfahrer, ein Aufenthaltsverbot für einen Zeitraum von 10 Jahren würde seine Existenz gefährden. Er ersuche sein Aufenthaltsverbot auf die Dauer von 3 Jahren einzuschränken. Er bereue seine Straftat und finde ein derart langes Aufenthaltsverbot in Bezug auf das Urteil unverhältnismäßig.

 

2.1. Nach der Verfassungsbestimmung des § 9 Abs.1 Z1 des Fremdenpolizeigesetzes, BGBl. I Nr. 100/2005, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 135/2009 (im Folgenden: FPG), entscheiden über Berufungen gegen Entscheidungen, die aufgrund des FPG ergangen sind, die Unabhängigen Verwaltungssenate in den Ländern; derartige Entscheidungen sind gemäß § 67a Abs.1 AVG durch ein Einzelmitglied zu treffen.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bundespolizeidirektion Wels zu 1-1030595/FP/10; ergänzend wurden vom Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich Erhebungen zur Aufenthaltsdauer des Bw in Österreich gemacht. Da sich bereits aus dem Akt und den zusätzlichen Erhebungen der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, die Verfahrensparteien einen entsprechenden Antrag nicht gestellt haben und fremdenpolizeiliche Angelegenheiten nach der ständigen Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes für Menschenrechte grundsätzlich nicht in den Anwendungsbereich des Art.6 Abs.1 EMRK fallen, konnte gemäß § 67d Abs.4 AVG von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung abgesehen werden.

 

3. In der Sache selbst hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

3.1. Der von der belangten Behörde festgestellte Sachverhalt, der vom Bw nicht bestritten wird, wird auch diesem Erkenntnis zugrunde gelegt. Ergänzend dazu wird festgehalten:

X war erstmals am 15. Mai 2010 mit Hauptwohnsitz in der Justizanstalt Wels gemeldet. Er wurde aber erstmals bereits mit Urteil des LG Linz vom 7. September 2007 25 HV 180/2007v wegen §§ 15/1, 127, 130 StGB rechtskräftig zu einer bedingten Freiheitsstrafe von 4 Monaten verurteilt. Dieser Diebstahl wurde im Rahmen einer kriminellen Vereinigung am 06.09.2007 begangen. Demnach war X bereits 2007 unangemeldet in Österreich. Nach seiner Haftentlassung am 14. September 2010 kehrte der Bw freiwillig nach Rumänien zurück. Bereits am 17. September 2010 wurde er in Wels wieder wegen illegalen Aufenthalts beanstandet.

 

3.2. In rechtlicher Hinsicht wird ausgeführt:

 

3.2.1. Gemäß § 86 Abs.1 FPG ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen freizügigkeitsberechtigte EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige dann zulässig, wenn auf Grund ihres persönlichen Verhaltes die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Strafrechtliche Verurteilungen allein können nicht ohne weiteres diese Maßnahmen begründen. Vom Einzelfall losgelöste oder auf Generalprävention verweisende Begründungen sind nicht zulässig. Die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen EWR-Bürger, Schweizer Bürger oder begünstigte Drittstaatsangehörige, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts ihren Hauptwohnsitz ununterbrochen seit 10 Jahren im Bundesgebiet hatten, ist dann zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Fremden davon ausgegangen werden kann, dass die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Republik Österreich durch seinen Verbleib im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet würde.

 

§ 86 FPG enthält Sonderbestimmungen für den Entzug der Aufenthaltsberechtigung betreffend freizügigkeitsberechtige EWG-Bürger. Nach der ständigen Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes zur Rechtslage vor dem 1. Jänner 2006 durfte gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen ein Aufenthaltsverbot nämlich nur erlassen werden, wenn die Voraussetzungen des § 36 Abs.1 Z1 FrG erfüllt waren. Dabei war § 36 Abs.2 FrG als "Orientierungsmaßstab" heranzuziehen (vgl. Verwaltungsgerichtshof vom 13. Oktober 2000, 2000/18/0013).

 

Demgemäß ist auch § 60 ff FPG als bloßer Orientierungsmaßstab für § 86 FPG anzusehen. Die belangte Behörde hat sich bei der Verhängung des Aufenthaltsverbotes an § 60 Abs.1 und Abs.2 FPG orientiert.

 

Gemäß § 60 Abs.1 Z1 des FPG kann gegen einen Fremden dann ein Aufenthaltsverbot erlassen werden, wenn auf Grund bestimmter Tatsachen die Annahme gerechtfertigt ist, dass sein Aufenthalt die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdet.

 

Als in diesem Sinne "bestimmte Tatsache" gilt nach § 60 Abs.2 Z1 FPG u.a., wenn der Fremde von einem inländischen Gericht zu einer unbedingten Freiheitsstrafe von mehr als 3 Monaten oder zu einer teilbedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe bzw. zu einer bedingt nachgesehenen Freiheitsstrafe von mehr als 6 Monaten oder mehr als einmal wegen auf der gleichen schädlichen Neigung beruhender strafbarer Handlungen rechtskräftig verurteilt worden ist.

 

Ein Aufenthaltsverbot kann im Fall des § 60 Abs.2 Z1 FPG unbefristet, sonst für die Dauer von höchstens 10 Jahren erlassen werden (§ 63 Abs.1 FPG).

 

Gemäß § 60 Abs.6 FPG iVm § 66 Abs.1 leg.cit. ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes, durch das in das Privat- oder Familienleben des Fremden eingegriffen wird,  nur dann zulässig, wenn dies zur Erreichung der in Art. 8 Abs.2 EMRK genannten Ziele dringend geboten ist, wobei in diesem Zusammenhang die in § 66 Abs.2 FPG normierten Kriterien gegeneinander abzuwägen sind.

 

Nach § 60 Abs.6 FPG iVm § 66 Abs.2 leg.cit. darf ein Aufenthaltsverbot nicht erlassen werden, wenn die Auswirkungen auf die Lebenssituation des Fremden und seiner Familie schwerer wiegen als die nachteiligen Folgen der Abstandnahme von seiner Erlassung.

 

Gemäß § 66 Abs.2 leg.cit. sind bei der Beurteilung des Privat- und Familienlebens im Sinne des Art. 8 EMRK insbesondere zu berücksichtigen:

 

1.     die Art und Dauer des bisherigen Aufenthalts und die Frage, ob der bisherige Aufenthalt des Fremden rechtswidrig war;

2.     das tatsächliche Bestehen eines Familienlebens;

3.     die Schutzwürdigkeit des Privatlebens;

4.     der Grad der Integration;

5.     die Bindung zum Heimatstaat des Fremden;

6.     die strafgerichtliche Unbescholtenheit;

7.     Verstöße gegen die öffentliche Ordnung, insbesondere im Bereich des Asyl-, Fremdenpolizei - und Einwanderungsrechts;

8.     die Frage, ob das Privat- und Familienleben des Fremden in einem Zeitpunkt entstand, in dem sich die Beteiligten ihres unsicheren Aufenthaltsstatus bewusst waren.

 

Nach § 56 Abs.1 FPG dürfen Fremde, die vor Verwirklichung des maßgeblichen Sachverhalts auf Dauer rechtmäßig niedergelassen waren und über einen Aufenthaltstitel "Daueraufenthalt – EG" oder "Daueraufenthalt – Familienangehöriger" verfügen, nur mehr ausgewiesen werden, wenn ihr weiterer Aufenthalt eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit darstellen würde.

 

3.2.2. Zunächst ist zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 86 Abs.1 (1. bis 4. Satz) vorliegen. Danach ist die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes nur dann zulässig, wenn auf Grund des persönlichen Verhaltens des Bw die öffentliche Ordnung oder Sicherheit gefährdet ist. Das persönliche Verhalten muss eine tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr darstellen, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Zur Beurteilung der Frage, ob ein bestimmter Sachverhalt die Erlassung eines Aufenthaltsverbotes gegen einen EWR-Bürger oder begünstigten Drittstaatsangehörigen rechtfertigt, ist auf die demonstrative Aufzählung des

§ 60 Abs.2 FPG nur als "Orientierungshilfe" zurückzugreifen. Entgegenstehende europarechtliche Vorgaben sind dabei jedenfalls zu beachten.

 

Hinsichtlich der nach FPG anzustellenden Prognosebeurteilungen hat der Verwaltungsgerichtshof in ständiger Judikatur ausgesprochen, dass es letztlich immer auf das in Betracht zu ziehende Verhalten des Fremden ankommt. Es ist nicht auf die bloße Tatsache der Verurteilung bzw. Bestrafung des Fremden, sondern auf die Art und Schwere der zu Grunde liegenden Straftaten und auf das sich daraus ergebende Persönlichkeitsbild abzustellen. Wie nachfolgend dargelegt, legt das FPG, bezogen auf unterschiedliche Personenkreise oder nach bestimmter Aufenthaltsdauer ein unterschiedliches Maß für die zu prognostizierende Gefährlichkeit des Fremden fest. So setzt § 60 Abs.1 FPG ("Gefährdung der öffentlichen Ordnung und Sicherheit" oder "Zuwiderlaufen anderen im Art. 8 Abs.2 EMRK genannten öffentlichen Interessen") in Relation zu § 56 Abs.1 FPG (schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung oder Sicherheit) ein geringes Maß der Gefährlichkeitsprognose voraus. Hingegen verlangt § 86 Abs.1 FPG (tatsächliche, gegenwärtige und erhebliche Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt) im Verhältnis zu § 56 Abs.1 FPG ein höheres Maß der Gefährdungsprognose, die sich zudem nach dem 5. Satz des § 86 Abs.1 FPG ("nachhaltige und maßgebliche Gefährdung der öffentlichen Ordnung oder Sicherheit") noch weiter steigert.

 

Der EuGH hat im Urteil vom 27. Oktober 1977, Rs 30/77, ausgeführt, dass jede Gesetzesverletzung eine Störung der öffentlichen Ordnung darstellt. Diese Störung der öffentlichen Ordnung muss nach Ansicht des Gerichtshofes jedenfalls eine tatsächliche und hinreichend schwere Gefährdung sein, die ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt. Frühere strafrechtliche Verurteilungen dürfen nur insoweit berücksichtigt werden, als die ihnen zu Grunde liegenden Umstände ein persönliches Verhalten erkennen lassen, das eine gegenwärtige Gefährdung der öffentlichen Ordnung darstellt. Wenn auch in der Regel die Feststellung einer derartigen Gefährdung eine Neigung des Betroffenen nahe legt, dieses Verhalten in Zukunft beizubehalten, so ist es doch auch möglich, dass schon allein das vergangene Verhalten den Tatbestand einer solchen Gefährdung der öffentlichen Ordnung erfüllt. Es obliegt den nationalen Behörden und gegebenenfalls den nationalen Gerichten, diese Frage in jedem Einzelfall zu beurteilen, wobei sie die besondere Rechtsstellung der dem Gemeinschaftsrecht unterliegenden Personen und die entscheidende Bedeutung des Grundsatzes der Freizügigkeit zu berücksichtigen haben.

 

Wie oben dargelegt, wurde über den Berufungswerber eine unbedingte Freiheitsstrafe von 8 Monaten verhängt.

 

Es sind keine Anhaltspunkte ersichtlich, wonach die Verhängung des Aufenthaltsverbotes unzulässig gemäß § 61 FPG wäre. Weil der Bw zu einer Freiheitsstrafe von 8 Monaten verurteilt wurde, wäre nach § 63 Abs.1 FPG die Erlassung eines unbefristeten Aufenthaltsverbotes zulässig. Für den Oö. Verwaltungssenat steht zunächst zweifelsfrei fest, dass das Verhalten des Bw ein Grundinteresse der Gesellschaft berührt.

 

Wie bereits dargelegt, ist eine Gefährdungsprognose zu erstellen und die Überprüfung anhand der je nach Lage des Falls einschlägigen Bestimmungen vorzunehmen.

 

Im konkreten Fall handelt es sich auch nicht um ein bloß sonstiges öffentliches Interesse, sondern tatsächlich um ein Grundinteresse der Gesellschaft, dass darin gelegen ist, Diebstahl und Eigentumsdelikte zu verhindern, insbesondere wenn diese gewerbsmäßig und organisiert durchgeführt werden.

 

Im Sinne der wiedergegebenen Judikatur ist nicht primär maßgeblich, dass eine strafgerichtliche Verurteilung ausgesprochen wurde, sondern dass im Sinne einer Prognoseentscheidung das gegenwärtige und zukünftige Verhalten einer Person im Lichte einer strafgerichtlichen Verurteilung rechtlich zu würdigen ist. Im konkreten Fall ist daher zu analysieren, ob davon ausgegangen werden kann, dass sich der Bw hinkünftig rechtskonform verhalten wird.

Dies ist in Anbetracht des oben wiedergegebenen Geschehensablaufes zu verneinen. Hervorzuheben ist, dass er nicht nur die Meldevorschriften nicht einhält und illegal in Österreich aufhältig war, sondern auch wiederholt Straftaten beging, aus welchen eine hohe kriminelle Energie abzuleiten ist.

 

Das Gesamtverhalten des Bw und insbesondere die in einschlägiger Weise begangenen Verbrechen rechtfertigen die Annahme, dass ein weiterer Aufenthalt des Bw im Bundesgebiet eine schwere Gefahr für die öffentliche Ordnung und Sicherheit darstellen würde. Die im Grunde des § 60 Abs.2 Z1 FPG getroffene Beurteilung der belangten Behörde ist daher nicht zu beanstanden.

 

Aufgrund der dargelegten Umstände, der Art und Schwere der vorliegenden Straftaten und dem sich daraus ergebenden Persönlichkeitsbild des Bw würden die öffentliche Ordnung und Sicherheit der Republik Österreich durch den weiteren Verbleib des Bw im Bundesgebiet nachhaltig und maßgeblich gefährdet.

Nach Art. 8 Abs.2 EMRK ist der Eingriff einer öffentlichen Behörde in die Ausübung dieses Rechts nur statthaft, soweit dieser Eingriff gesetzlich vorgesehen ist, ferner eine Maßnahme darstellt, die einem oder mehreren der in Art. 8 Abs.2 EMRK formulierten Ziele (der nationalen Sicherheit, der öffentlichen Ordnung, dem wirtschaftlichen Wohl des Landes, der Verteidigung der Ordnung, der Verhinderung von strafbaren Handlungen, dem Schutz der Gesundheit und der Moral und dem Schutz der Rechte und Freiheiten anderer) dient und hiefür in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist.

 

Der Eingriff verletzt den Schutzanspruch aus Art. 8 Abs.1 EMRK jedenfalls dann, wenn er zur Verfolgung der genannten Ziele in einer demokratischen Gesellschaft nicht notwendig ist, das heißt, wenn er nicht durch ein dringendes soziales Bedürfnis gerechtfertigt und insbesondere nicht verhältnismäßig zum verfolgten legitimen Ziel ist.

 

Ein wesentliches Element für die Beurteilung der Verhältnismäßigkeit des zu erlassenden Aufenthaltsverbotes ist die Schwere der vom Bw begangen Vergehen und Verbrechen.

 

Der Bw hat nach Aktenlage in Österreich kein Privat- und Familienleben, er führt ein solches auch selbst nicht ins Treffen.

Sein Vorbringen, er sei Berufskraftfahrer, steht auch im Widerspruch zum Akteninhalt, wonach in der Vollzugsinformation "erlernter Beruf: Schüler" und "ausgeübter Beruf: ohne Beruf" angegeben wurde.

Vielmehr ist davon auszugehen, dass sein Vorbringen, er sei Berufskraftfahrer und ein Aufenthaltsverbot für einen Zeitraum von 10 Jahren würde seine Existenz gefährden, als Schutzbehauptung zu werten ist.

 

Unter dem Gesichtspunkt der Verhältnismäßigkeit ist auch die Dauer der Befristung der verhängten Maßnahme rechtlich zu würdigen. Wie bereits dargelegt, könnte im vorliegenden Fall das Aufenthaltsverbot unbefristet verhängt werden. Aus zu berücksichtigenden gemeinschaftsrechtlichen Überlegungen ist eine Beschränkung der Grundfreiheiten von Unionsbürgern oder Begünstigten aus Assoziationsabkommen möglichst maß- und zurückhaltend vorzunehmen. In diesem Sinn erachtet das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates das von der belangten Behörde ausgesprochene auf 10 Jahre befristete Aufenthaltsverbot als zu hoch bemessen; es ist davon auszugehen, dass mit einer Befristung auf 7 Jahre das Auslangen gefunden werden kann. Diese Frist müsste aller Voraussicht nach ausreichen, um den Bw zu läutern und die von ihm ausgehende Gefahr für die öffentlichen Interessen zu beseitigen. Soweit sich der Bw während dieser Zeit in seinem Heimatland bewährt und ein rechtschaffenes Leben führt, soll er auch die Aussicht haben, nach Ablauf dieser Frist wieder nach Österreich zurückkehren zu dürfen.

 

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

Es wird darauf hingewiesen, dass nach § 65 Abs.1 FPG ein Aufenthaltsverbot auf Antrag oder von Amts wegen aufzuheben ist, sobald die Gründe für seine Erlassung weggefallen sind.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einem Rechtsanwalt unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

2. Im gegenständlichen Verfahren sind Gebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

Mag. Bergmayr-Mann


Rechtssatz zu VwSen720278/3/BMa/Jo vom 9. November 2010:

§ 60 und § 68 (1) FPG: ständige Rechtsprechung

 

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