Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-252590/14/Fi/Fl

Linz, 24.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Präsident Mag. Dr. Johannes Fischer über die Berufung des Herrn X, vertreten durch X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 23. August 2010, GZ SV96-65-2010, wegen einer Übertretung des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes mit diesem Bescheid zu Recht erkannt:

I.                  Der Berufung wird stattgegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren eingestellt.

II.              Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat zu leisten.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 24 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm § 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG; § 45 Abs. 1 Z 2 VStG.

zu II: § 66 VStG.


Entscheidungsgründe:

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land (im Folgenden: belangte Behörde) vom 23. August 2010, GZ SV96-65-2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) verhängt, weil er es als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X, verwaltungsstrafrechtlich zu verantworten habe, dass am 10. August 2009 und am 11. August 2009 von ca. 08.00 bis 16.30 Uhr und am 12. August 2009 von ca. 08.00 bis zur Kontrolle (Anhaltung um 16.15 Uhr), Herr X, geboren am X, als Dienstnehmer der oben genannten Firma auf der Baustelle "X" in X mit Fassadenarbeiten beschäftigt gewesen sei, obwohl er diesen nicht zur Pflichtversicherung beim zuständigen Sozialversicherungsträger gemeldet habe. Als verletzte Rechtsvorschriften werden § 33 Abs. 1 und 1a iVm § 111 des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes (im Folgenden: ASVG) angeführt.

1.2. Gegen dieses Straferkenntnis, das dem Bw am 7. September 2010 zugestellt wurde, richtet sich die vorliegende, am 13. September 2010 zur Post gegebene – und damit rechtzeitige – Berufung vom selben Tag, die dem Unabhängigen Verwaltungssenat von der belangten Behörde mit Schreiben vom 17. September 2010 unter Anschluss des vollständigen Verwaltungsaktes zur Entscheidung vorgelegt wurde.

Begründend führt der Bw in seiner Berufung im Wesentlichen aus, dass er in einer außerordentlichen Generalversammlung der X am 27. Juli 2009 als Geschäftsführer abberufen worden sei. Dem Bw seien im Zusammenhang mit der Enthebung aus der Geschäftsführerposition sämtliche Einflussmöglichkeiten auf die X dadurch genommen worden, indem ihm sämtliche Schlüssel zum Firmengebäude, die Zeichnungsbefugnis betreffend die Geschäftskonten, das Firmenfahrzeug und sonstige Befugnisse betreffend die X vollständig entzogen worden seien. Insofern habe der Bw daher keine wie immer geartete Möglichkeit mehr gehabt, auf die Geschicke der X Einfluss zu nehmen. Im Hinblick auf die vorgebrachten Einwände stelle der Bw die Anträge, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen, in eventu gemäß
§ 21 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (im Folgenden: VStG) von der Verhängung einer Strafe abzusehen.

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Erstbehörde (einschließlich der Schriftsätze der Parteien). Da sich bereits aus diesem der entscheidungswesentliche Sachverhalt klären ließ, konnte von der Durchführung einer mündlichen Verhandlung gemäß § 51e Abs. 2 Z 1 VStG abgesehen werden.

2.2. Aus dem vorliegenden Akt (einschließlich der Schriftsätze der Parteien) ergibt sich für den Unabhängigen Verwaltungssenat folgender Sachverhalt, der der Entscheidung zugrunde liegt:

Über den Bw wurde mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmanns des Bezirks Linz-Land vom 23. August 2010, GZ SV96-65-2010, eine Geldstrafe in der Höhe von 730 Euro (Ersatzfreiheitsstrafe: 48 Stunden) wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ASVG – Tatzeitpunkt August 2009 – verhängt. Der Bw wurde aufgrund seiner Stellung als handelrechtlicher Geschäftsführer der Firma X verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen. Dem Bw wurden am 27. Juli 2009 die Schlüssel etc. abgenommen, sodass diesem damit praktisch sämtliche Einflussmöglichkeiten auf die Firma X genommen wurden. Die belangte Behörde sowie die Amtspartei stimmten im Hinblick auf das vom Unabhängigen Verwaltungssenat ergangene Vorerkenntnis, VwSen-281239/2/Wi/Bu vom 29.10.2010, der Einstellung des Verfahrens wegen mangelndem Verschulden des Bw zu.

3. In der Sache selbst hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

3.1. Nach § 51c VStG hat der Unabhängige Verwaltungssenat im gegenständlichen Fall – weil mit dem angefochtenen Straferkenntnis eine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe nicht verhängt wurde – durch das nach der Geschäftsverteilung zuständige Einzelmitglied zu entscheiden.

3.2. Gemäß § 111 Abs. 1 Z 1 und Abs. 2 ASVG, BGBl. Nr. 189/1955 idF BGBl. I Nr. 150/2009 – eine spätere für die Bw günstigere Fassung wurde nicht erlassen – handelt derjenige ordnungswidrig und begeht damit eine Verwaltungsübertretung – für die er mit einer Geldstrafe von 730 Euro bis zu 2.180 Euro zu bestrafen ist, sofern die Tat weder den Tatbestand einer in die Zuständigkeit der Gerichte fallenden strafbaren Handlung bildet noch nach anderen Verwaltungsstrafbestimmungen mit strengerer Strafe bedroht ist - , der als Dienstgeber entgegen den Bestimmungen des ASVG Meldungen oder Anzeigen entweder nicht oder falsch oder nicht rechtzeitig erstattet.

Gemäß § 33 Abs. 1 ASVG haben die Dienstgeber jede von ihnen beschäftigte, nach diesem Bundesgesetz in der Krankenversicherung pflichtversicherte Person (Vollversicherte und Teilversicherte) vor Arbeitsantritt beim zuständigen Krankenversicherungsträger anzumelden und binnen sieben Tagen nach dem Ende der Pflichtversicherung abzumelden. Diese Anmeldeverpflichtung kann gemäß § 33 Abs. 1a ASVG auch in zwei Schritten erfüllt werden, nämlich derart, dass vor Arbeitsantritt die Dienstgeberkontonummer, die Namen und Versicherungsnummern bzw. die Geburtsdaten der beschäftigten Personen sowie Ort und Tat der Beschäftigungsaufnahme (Mindestangaben) und innerhalb von sieben Tagen ab Beginn der Pflichtversicherung die noch fehlenden Angaben (vollständige Anmeldung) gemeldet werden. Für eine (nur) in der Unfallversicherung nach § 7 Z 3 lit. a ASVG (und in der Pensionsversicherung) pflichtversicherte Person trifft § 33 Abs. 2 ASVG eine modifizierte Regelung.

Nach § 4 Abs. 1 Z 1 ASVG sind die bei einem oder mehreren Dienstgebern beschäftigten Dienstnehmer in der Kranken-, Unfall- und Pensionsversicherung (unmittelbar) auf Grund des ASVG versichert (Vollversicherung), wenn die betreffende Beschäftigung weder gemäß den §§ 5 und 6 von der Vollversicherung ausgenommen ist noch nach § 7 nur eine Teilversicherung begründet.

Als Dienstnehmer iSd ASVG gilt gemäß § 4 Abs. 2 ASVG derjenige, der in einem Verhältnis persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegen Entgelt beschäftigt wird, wobei hiezu auch Personen gehören, bei deren Beschäftigung die Merkmale persönlicher und wirtschaftlicher Abhängigkeit gegenüber den Merkmalen selbständiger Ausübung der Erwerbstätigkeit über­wiegen; unabhängig davon gelten Personen jedenfalls dann als Dienstnehmer, wenn sie entweder mit einem Dienstleistungsscheck nach dem Dienstleistungscheckgesetz entlohnt werden oder wenn sie nach § 47 Abs. 1 iVm Abs. 2 des Einkommensteuer­gesetzes (EStG) lohnsteuerpflichtig sind, soweit es sich nicht um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. a oder b EStG oder um Bezieher von Einkünften nach § 25 Abs. 1 Z 4 lit. c EStG, die in einem öffentlich-rechtlichen Verhältnis zu einer Gebietskörperschaft stehen, handelt.

Von der Vollversicherung nach § 4 ASVG und damit von der Krankenversicherungspflicht sind nach § 5 Abs. 2 leg.cit. u.a. geringfügig beschäftigte Personen ausgenommen.

3.3. Wie bereits im Erkenntnis VwSen-281239/2/Wi/Bu vom 29. Oktober 2010 vom Unabhängigen Verwaltungssenat festgestellt wurde, wurden dem Bw durch die Abnahme der Schlüssel etc. Ende Juli 2009 sämtliche Einflussmöglichkeiten auf die Firma X genommen, sodass dieser für nach diesem Zeitpunkt liegende Übertretungen nicht verantwortlich gemacht werden kann und das Verfahren wegen einer Übertretung des ArbeitnehmerInnenschutzgesetzes mangels Verschulden einzustellen war. Nichts anderes ist im vorliegenden Fall anzunehmen: Dadurch dass dem Bw im Juli 2009 sämtliche Einflussmöglichkeiten auf die Firma X genommen wurden, kann dieser nicht für eine im August 2009 passierende Verwaltungsübertretung nach dem ASVG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Dem Bw kann mangels Einflussmöglichkeit auf die Firma X kein Verschulden angelastet werden. Bei diesem Ergebnis brauchte die Frage, ob der Bw zum Tatzeitpunkt bereits als handelsrechtlicher Geschäftsführer der Firma X wirksam abberufen war, nicht weiter thematisiert werden.

3.4. Aus diesem Grund war daher der gegenständlichen Berufung gemäß § 24 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG stattzugeben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren nach § 45 Abs. 1 Z 2 VStG einzustellen.

4. Bei diesem Verfahrensergebnis war dem Bw gemäß § 66 Abs.1 VStG weder ein Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch ein Kostenbeitrag für das Verfahren vor dem Unabhängigen Verwaltungssenat vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

Johannes Fischer

 

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