Linz, 24.11.2010
E r k e n n t n i s
Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe Dr. X u. Dr. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 28.09.2010, Zl.: VerkR21-224-2010, nach der am 24.11.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:
Die Berufung wird – abgesehen vom Mopedfahrverbot – in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.
Ausschließlich das Mopedfahrverbot wird behoben.
Rechtsgrundlagen:
§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1 und 67d Abs.1 AVG iVm § 24 Abs.1 u. Abs.3, 26 Abs2 Z4, § 30 Abs.1, § 32 Abs.1 FSG idF BGBl. I Nr. 93/2009;
Entscheidungsgründe:
1.1. Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:
3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verwaltungsaktes. Anlässlich der gemeinsam mit dem Verwaltungsstrafverfahren durchgeführten Berufungsverhandlung, wurden als Zeugen wurden, einvernommen die beiden bei die Amtshandlung vor Ort einschreitenden Gruppeninspektoren X und X, sowie der vom Berufungswerber kurzfristig noch namhaft gemachte Zeuge X. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde ein auf der Atemalkoholformel nach Wermuth/Fous basierende Berechnung der Alkoholkonzentration betreffend den Konsum von acht Halbe Bier vorgenommen. Dies unter der Annahme eines Mannes mit einem Körpergewicht von 100 kg. Ebenfalls errechnet wurde der Anteil eines kräftigen Schlucks Brandwein mit 4 cl und 38% Alkoholgehalt.
Der Berufungswerber wurde als Beschuldiger einvernommen. Die Behörde erster Instanz nahm durch eine Vertreterin an der Berufungsverhandlung teil.
4. Sachverhalt:
Der Berufungswerber ist am 17.7.2010 um etwa 20:00 Uhr mit seinem Pkw beim Wohnort des X, in einem offenkundig stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vorgefahren und hat dort den Anzeiger zu schimpfen begonnen und provozierende Grimassen geschnitten. Bei der Weiterfahrt streifte er schließlich den Gartenzaun.
Zu Beschimpfungen des Genannten durch den Berufungswerber soll es laut dessen Anzeige schon öfter gekommen sein. Klausner verständigte aus diesem Anlass die Polizei. Als Tatzeit (Fahrtende) wird laut Anzeige 20:10 Uhr genannt. Dies deckt sich einerseits mit den Schilderungen aller Beteiligten.
Der Berufungswerber räumte im Rahmen der Berufungsverhandlung tiefgreifendere Spannungen und Streitereien mit Klausner dem Mieter eines seinem Vater gehörendem Objekts ebenso, wie seine damalige Alkoholisierung ein.
Ab dem späteren Nachmittag habe er sich auf einer Tankstelle aufgehalten und dort mehrere Biere konsumiert. Die Angabe mit acht Halbe Bier gegenüber der Polizei bestätigte der Berufungswerber auch anlässlich der Berufungsverhandlung, meinte jedoch, dass es auch nur sechs oder sieben Halbe gewesen sein könnten.
Wenngleich seiner Nachtrunkverantwortung im Verwaltungsstrafverfahren nicht gefolgt werden konnte, gilt es doch hier festzuhalten, dass der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung einen durchaus soliden und wertverbundenen Eindruck machte. Er vermochte sein Fehlverhalten, seinen damaligen Streit mit den Nachbarn und seinen angeschlagenen seelischen Zustand insgesamt glaubhaft und beachtenswert darzustellen. Der Zeuge Frühwirt erwähnte etwa die geschätzte Arbeitsleistung des Berufungswerbers für die Firma, wobei man diesem für die Bewältigung der Wegstrecke von 25 km zwischen Wohnsitz und Firma seitens Letzter gemeinsam mit der Kollegenschaft behilflich ist.
Daher schein es sachlich vertretbar dem Berufungswerber das Lenken eines Mopeds schon jetzt zu gestatten.
4.1. Im rechtskräftig abgeschlossenen und am Ende der Berufungsverhandlung mündlich verkündeten und im Schuldspruch abweisend beschiedene Berufungsentscheidung (VwSen-165492) wurde der Nachtrunkbehauptung des Berufungswerbers nicht gefolgt. Demnach ist von einem Alkoholgehalt seiner Atemluft zum Lenkzeitpunkt mit jedenfalls 0,97 mg/l (entspricht einem Blutalkoholgehalt von ~ 2 Promillen) auszugehen.
5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:
Wie die Behörde erster Instanz zutreffend ausführte ist nach § 26 Abs.2 Z2 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnahmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 1960 innerhalb von fünf Jahren ab Begehung eines Deliktes nach § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens zwölf Monaten zu entziehen.
Die Kraftfahrbehörde ist laut ständiger Rechtssprechung, an die durch das rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren festgestellte, im Führerscheinverfahren zu wertende „bestimmte Tatsache" gebunden (vgl. VwGH 28.5.2002, 2002/11/0074 sowie VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038 und VwGH 29.4.2003, 2001/11/0287).
Die Berufungsbehörde ist somit an seinen heute mit dem Erkenntnis zu VwSen-165492/8 gefällten Schuldspruch gebunden.
In Vermeidung von Wiederholungen ist auch hinsichtlich der für die Mindestdauer ausgesprochenen Entzug der Lenkberechtigung und die übrigen Aussprüche auf die oben zitierten Ausführungen der Behörde erster Instanz zu verweisen.
5.1. Zum Mopedfahrverbot wird jedoch ausgeführt, dass der Führerscheingesetzgeber im § 24 Abs.1 FSG für den Zeitraum der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F grundsätzlich auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftahrzeugen für unzulässig erklärt. Da – im Gegensatz zum früheren Gesetzeswortlaut - die Motorfahrräder nicht genannt werden, wird hinsichtlich des Lenkens von „führerscheinpflichtigen" KFZ sowie vierrädrigen Leicht-KFZ einerseits (§ 24 Abs.1 FSG) sowie Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen andererseits (§ 32 Abs.1 FSG) unterschieden.
Gemäß dem Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 2.5.2006,
BMVIT-170.619/0001-II/ST4/2006 ist bei Begehung von Alkoholdelikten ein Lenkverbot nach § 32 Abs.1 Z1 FSG – auch Motorfahrräder - auszusprechen.
Bei diesem Erlass handelt es sich aber nicht um eine Rechtsquelle iSd Art. 18 Abs.1 B-VG (VwGH vom 9.3.2005, 2001/13/0062).
Der UVS ist – im Gegensatz zur Behörde erster Instanz - an diesen Erlass nicht gebunden!
Grundsätzlich sind berufliche Nachteile bzw. persönliche Schwierigkeiten, welche mit einer Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Interesse der Verkehrssicherheit nicht zu berücksichtigen.
Dennoch hegt hier, insbesondere nach der zwischenzeitig verstrichenen Zeit, die Berufungsbehörde kein Bedenken mehr, dass vom Berufungswerber als Mopedfahrer eine für die übrigen Verkehrsteilnehmer nicht zu vertretende Gefahren ausgehen würden, mithin „entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit“ (§ 32 Abs.1 FSG) auch das sog. Mopedfahrverbot aufrecht erhalten werden müsste.
Mit Blick auf das Gebot der Sachlichkeit, welche insbesondere zu einer verfassungskonformen Auslegung der Rechtslage zwingt – hier insbesondere auf die Möglichkeit den Arbeitsplatz zu erreichen um dadurch dem Erwerb nachgehen und den Lebensunterhalt bestreiten zu können – scheint vielmehr die Behebung des Mopedfahrverbotes rechtlich geboten.
Für das Führerscheinverfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro zu entrichten.
Rechtsmittelbelehrung:
Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.
H i n w e i s:
Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt ode reiner Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.
Ergeht an:
Dr. B l e i e r