Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-522694/9/Br/Th

Linz, 24.11.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, vertreten durch RAe Dr. X u. Dr. X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems, vom 28.09.2010, Zl.: VerkR21-224-2010, nach der am 24.11.2010 durchgeführten öffentlichen mündlichen Verhandlung, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird – abgesehen vom Mopedfahrverbot – in allen Punkten als unbegründet abgewiesen.  

Ausschließlich das Mopedfahrverbot wird behoben.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 und 67a Abs.1  und 67d Abs.1 AVG iVm § 24 Abs.1 u. Abs.3,  26 Abs2 Z4, § 30 Abs.1, § 32 Abs.1 FSG idF BGBl. I Nr. 93/2009;

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems hat mit dem angefochtenen Bescheid, in Bestätigung des Mandatsbescheides vom 21.7.2010 (gleiche Aktenzahl), dem Berufungswerber  dessen von dieser Behörde am 8.6.2009, Zl.: 09/191725, für die Klasse(n) Ak [< = 25 Kw], A und B erteilte Lenkberechtigung erteilte  Lenkberechtigung, auf die Dauer von 12 (zwölf) Monaten – gerechnet ab 17.7.2010, dem Datum der Abnahme des Führerscheins -  entzogen.

Gleichzeitig wurde ausgesprochen, dass ihm, gerechnet ab Datum der Zustellung des Bescheides vom 21.07.2010, bis einschließlich 17.7.2011 keine Lenkberechtigung erteilt werden dürfe; ebenso wurde ihm das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahr­zeugen sowie Invalidenkraftfahrzeugen für den obigen Zeitraum verboten.

Es wurde ihm ferner aufgetragen sich zusätzlich vor Ablauf der Entziehungsdauer auf eigene Kosten einer begleitenden Maßnahme (Nachschulung für alkoholauffällige Lenker) zu unterziehen, wobei de Entziehungsdauer nicht vor Absolvierung der begleitenden Maßnahme ende.

Ebenso wurde ihm für die Dauer der Entziehung der Lenkberechtigung das Recht aberkannt, von einem allfällig ausgestellten ausländischen Führerschein in Österreich Gebrauch zu machen.

Zuletzt wurde einem dagegen erhobenen  Rechtsmittel eine aufschiebende Wirkung aberkannt.

Gestützt wurden diese Entscheidungen auf § 24 Abs.1, § 26 Abs.2 Z4, § 3 Abs.2 § 24 Abs.3, § 30 Abs.1, § 32 Abs.1 FSG idF BGBl. I Nr. 93/2009, sowie §64 Abs.2 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz - AVG, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. Nr. 135/2009.

 

 

1.1.  Begründend führte die Behörde erster Instanz folgendes aus:

Mit Mandatsbescheid der Bezirkshauptmannschaft Kirchdorf an der Krems vom 21.7.2010 wurde Ihnen die Lenkberechtigung auf die Dauer von 12 Monaten, das ist bis einschließlich 17.7.2011 entzogen und es wurde Ihnen für die selbe Dauer das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen und Invalidenkraftfahrzeugen verboten.

 

In Ihrer, vertreten durch Dr. X, in offener Frist erhobenen Vorstellung führen Sie im We­sentlichen an, dass Sie zwar zum Lenkzeitpunkt alkoholisiert waren, jedoch aufgrund eines Nachtrunkes der Atemluftalkoholgehalt unter 0,8 mg/l gewesen sei.

Sie seien am 17.7.2010 um ca. 20.00 Uhr nach Hause gekommen, stellten dort Ihr Fahrzeug in die Garage und nahmen dort einen kräftigen Schluck aus der sich in der Garage befindlichen Whis­kyflasche zu sich. Daraufhin setzten Sie sich auf die Gartenbank vor der Garage, wo Sie Bier trin­kend von der eintreffenden Polizeistreife angetroffen wurden. Bei Eintreffen der Polizei haben Sie die fast leer getrunkene Bierflasche zu Boden geworfen. Dies müsste von den Polizeibeamten wahrgenommen worden sein.

Sie bestritten nicht das Fahrzeug gelenkt zu haben, bemängelten jedoch, dass trotz offenkundigem Nachtrunk dieser nicht berücksichtigt wurde. Es sei davon auszugehen, dass Sie nach Fahrtende zumindest drei doppelte Whisky und beinahe eine Flasche Bier zu sich genommen hätten. Dass Ihr Alkoholspiegel zum Zeitpunkt der Messung unmittelbar nach Antreffen noch stieg, zeigten die Messwerte von 0,97 mg/l um 21.03 Uhr und 0,99 mg/l um 21.05 Uhr. Bei Berücksichtigung des Nachtrunks wäre der Alkoholgehalt der Atemluft jedenfalls unter 08 mg/l bzw. der Blutalkoholwert jedenfalls unter 1,6 %o gelegen.

Als Beweis forderten Sie die Einvernahme der einschreitenden Polizeibeamten, PV und allenfalls ein amtsärztliches Sachverständigengutachten an.

Sie beantragten, das ordentliche Verfahren einzuleiten und die Entzugsdauer im Sinne des § 26 Abs. 2 Ziffer 3 FSG auf acht Monate zu reduzieren sowie von der Beibringung einer verkehrspsy­chologischen Stellungnahme sowie eines amtsärztlichen Gutachtens abzusehen.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren ergab folgenden Sachverhalt:

 

Der Anzeige der Polizeiinspektion Kirchdorf an der Krems vom 17.7.2010, Al/0000005756/01/ 2010, zufolge haben Sie am 17.7.2010 um 20.10 Uhr das Kraftfahrzeug mit dem Kennzeichen X von der AVIA Tankstelle zum Anwesen X und dann weiter zum Anwesen X, X, gelenkt, obwohl der Alkoholgehalt der Atemluft 0,8 mg/l oder mehr betrug, da ein um 21.03 Uhr durchgeführter Alkotest einen Atemluftal­koholgehalt von 0,97 mg/l ergab.

 

Der Anzeige ist zu entnehmen, dass Sie zum Nachtrunk befragt wurden und diesen verneinten.

 

Aufgrund Ihrer Vorstellung wurde der Meldungsleger Gl. X bei der Behörde am 12.8.2010 als Zeuge vernommen. Dieser gab Folgendes zu Protokoll:

"Ich habe die Vorstellung des X gegen den Entziehungsbescheid der BHKI gelesen und gebe dazu an, dass X von mir und meinem Kollegen X auf der Garten­bank sitzend, neben der Garage, angetroffen wurde.

Neben ihm stand eine geöffnete Flasche Bier, die noch ganz voll war. Dies wurde von mir im Zuge der Amtshandlung persönlich überprüft.

X wurde von mir hinsichtlich eines Nachtrunkes befragt und er hat einen Nachtrunk dezidiert verneint.

Wie X aufgefordert wurde mit zur PI. Kirchdorf zu kommen, hat er die Flasche Bier in die Hand genommen und sie mit den Worten 'ihr nemmt's ma jetzt in Führerschein' gegen die Haus­wand gedonnert, sodass diese zerbrachen. Mehr hab ich dazu nicht zu sagen"

 

Im Zuge der Wahrung des Parteiengehörs wurde Ihnen diese Zeugeneinvernahme zur Kenntnis gebracht.

Am 19.8.2010 bezogen Sie dazu Stellung und gaben an, dass es unrichtig sei, dass die Flasche noch ganz voll war. Sie saßen ja bereits seit längerer Zeit auf der Gartenbank. Richtig sei, dass Sie gegenüber dem Polizisten wider besseren Wissens einen Nachtrunk verneint haben. Infolge der mit der Polizeikontrolle verbundenen Aufregung und der mit der Alkoholisierung verbundenen eingeschränkten Reflexionsfähigkeit gingen Sie irrtümlich davon aus, dass Ihnen die Angabe eines erheblichen Nachtrunkes zusätzlich zum Nachteil gereichen würde. Dies könnten Sie auch gerne im Rahmen einer persönlichen Einvernahme bestätigen und beantragten Ihre Einvernahme vor der Behörde.

Infolge der geringen Überschreitung der 1,6 Promille-Grenze sei jedenfalls von einem rechtserheb­lichen Nachtrunk auszugehen und für die Bemessung der Entzugsdauer eine Alkoholisierung zwischen 1,2 und 1,6 Promille heranzuziehen.

 

Am 23.8.2010 wurden Sie - in Begleitung Ihres Rechtsanwaltes - bei der Behörde als Beschuldig­ter im Verwaltungsstrafverfahren vernommen.

Dabei berichtigten Sie, dass die Flasche (Bier), die Sie weggeworfen hatten, noch voll und nicht - wie ursprünglich behauptet - leer war. Weiters geben Sie Folgendes an:

"... Dazu gebe ich nochmals an, dass ich mich auf den Nachtrunk berufe und ich dachte, dass, wenn ich einen Nachtrunk angebe, das für mich schlechter aussieht. Danach gebe ich an, dass ich zwei Zug aus der Whiskyflasche (über Befragen: Jack Daniel - ich kann es aber nicht genau sa­gen, es kann auch ein anderer Whisky gewesen sein), die ich in der Garage stehen habe und eine Flasche Bier (Hirter Bier) voll ausgetrunken habe und eine zweite Flasche, die ich noch nicht geöff­net hatte, mir gerade zurecht richtete, als die Polizei kam. Über Befragen gebe ich an, dass die Flasche noch zu war, als die Polizei kam. Über nochmaliges Befragen gebe ich an, dass ich mich nicht mehr erinnern kann, ob die Flasche zu oder offen war, aber es wird schon stimmen, was der Polizist gesagt hat. Ich gebe nochmals an. dass ich glaubte, dass es für mich schlechter ist, wenn ich nach der Fahrt noch etwas getrunken habe und über Befragen gebe ich an, dass mir die Bedeutung eines Nachtrunkes gänzlich unbekannt war.

Über nochmaliges Befragen der Verhandlungsleiterin ob mir klar ist, dass, wenn ich nach der Fahrt Alkohol trinke und dann einen Alkotest machen muss, dass dann der Alkoholgehalt höher ist, gebe ich an 'eh klar'.

Ich weiß auch nicht mehr, wie lange ich schon auf der Bank gesessen bin. Außer meinem Anwalt habe ich niemanden über den Nachtrunk erzählt. Mit meinen Arbeitskollegen, denen ich am nächsten Tag über meinen Führerscheinverlust erzählte, sprach ich generell über meinen Nach­trunk, jedoch nicht konkret über die Menge.

 

Erst die Arbeitskollegen haben mich über den Nachtrunk aufgeklärt, gemeint ist damit, dass mir die Kollegen sagten, dass es bei einem Nachtrunk für mich besser und nicht schlechter ausschaue".

In rechtlicher Hinsicht ist Folgendes auszuführen:

 

Nach den Bestimmungen des § 24 Abs.1 Ziffer 1 FSG. ist die Lenkberechtigung zu entziehen, wenn ihr Besitzer unter anderem die Verkehrszuverlässigkeit nicht mehr besitzt. Dies ist gemäß § 7 Abs.3 Ziffer 1 FSG. insbesondere dann der Fall, wenn jemand ein Kraft­fahrzeug gelenkt oder in Betrieb genommen und hierbei eine Übertretung nach § 99 Abs. 1 bis 1b StVO 1960 begangen hat.

 

Gemäß § 32 Abs.1 FSG. hat die Behörde Personen, die nicht im Sinne des § 7 verkehrszuverläs­sig sind, das Lenken von Motorfahrrädern, vierrädrigen Leichtkraftfahrzeugen oder Invaliden­kraftfahrzeugen unter Anwendung der §§ 24 Abs. 3 und 4, 25, 26 und 29 zu verbieten. Das Lenken solcher Kraftfahrzeuge entgegen einer solchen Verfügung ist unzulässig.

 

Gemäß § 25 Abs. 1 FSG ist bei der Entziehung auch auszusprechen, für welchen Zeitraum die Lenkberechtigung entzogen wird.

Gemäß § 26 Abs. 2 Ziffer 2 FSG ist, wenn beim Lenken oder Inbetriebnehmen eines Kraftfahr­zeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 innerhalb von fünf Jahren ab der Begehung eines Deliktes gemäß § 99 Abs. 1 StVO 1960 begangen wird, die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens zwölf Monaten zu entziehen.

 

Es entspricht der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes (vgl. Erkenntnis vom 5.9.1997, ZI. 87/02/0184 oder vom 18.9.1995, ZI. 96/03/0168), dass im Zusammenhang mit der Glaub­würdigkeit eines behaupteten Nachtrunkes dem Umstand Bedeutung beizumessen ist, zu welchem Zeitpunkt der Lenker die Behauptung aufgestellt hat, wobei in Anbetracht der Wichtigkeit dieses Umstandes davon auszugehen ist, dass der Betroffene auf einen allfälligen Nachtrunk bei erster sich bietender Gelegenheit - von sich aus - hinweist. Nach der herrschenden Rechtsprechung hat derjenige, der sich auf einen Nachtrunk beruft, die Menge des so konsumierten Alkohols konkret zu behaupten und zu beweisen (vgl. Erkenntnis vom 26.1.1996, ZI. 95/02/0289).

Sie wurden konkret zu einem Nachtrunk befragt. Es wäre daher an Ihnen gelegen vor Durchfüh­rung des Alkotests den Nachtrunk konkret zu behaupten und auch zu beweisen. Sie haben den Nachtrunk dezidiert verneint.

Ihren Angaben in der Vorstellung über den getätigten Nachtrunk wird kein Glaube geschenkt, viel­mehr werden diese Angaben als reine Schutzbehauptungen gewertet.

 

Es liegen somit Tatsachen im Sinne des § 7 FSG vor, wonach Sie derzeit die zum Lenken von Kraftfahrzeugen erforderliche Verkehrszuverlässigkeit nicht besitzen, sodass die Lenkberechtigung zu entziehen war.

 

Bei der Verkehrszuverlässigkeit und bei der Festsetzung der Zeit, für welche keine neue Lenkbe­rechtigung erteilt werden darf, geht es in erster Linie um die Frage, wie sich eine Person voraus­sichtlich zukünftig im Verkehr verhalten wird. In dieser Hinsicht können aus dem bisherigen Verhal­ten des zu Beurteilenden weitgehende Schlüsse gezogen werden.

Nachdem die Entziehung der Lenkberechtigung keine Bestrafung, sondern eine Sicherungsmaß­nahme darstellt, die ausschließlich als Schutzmaßnahme für die Straßenbenützer anzusehen ist, müssen alle Erwägungen, die sich auf die Frage der Berücksichtigung des Täters als verkehrsun­zuverlässigen Lenker beziehen, zurückgestellt werden, wenn es darum geht, die übrigen Verkehrsteilnehmer zu schützen. Man kann nicht die Existenz eines verkehrsunzuverlässigen Lenkers dadurch schützen, indem man Leben, Gesundheit, körperliche Integrität und Eigentum der übrigen Verkehrsteilnehmer gefährdet.

 

Die Behörde gelangte daher zu dem Schluss, dass die zwölfmonatige Mindestentzugs- und Verbotsdauer (Wiederholungsdelikt: 29.7.2006, 0,98 mg/i sowie Parkschaden) gerade noch ausreicht, um Ihnen mit der für die Durchsetzung des Verwaltungszweckes notwendigen Deutlichkeit vor Augen zu führen, welches Maß an Verantwortungsbewusstsein vom Inhaber einer Lenkbe­rechtigung im Interesse der Sicherheit aller anderen Straßenbenützer verlangt werden muss.

 

zu III.: Nachdem Personen, die die Verkehrszuverlässigkeit zum Lenken von Kraftfahrzeugen nicht besitzen im Interesse der Sicherheit aller Straßenbenützer unverzüglich von der Teilnahme am Straßenverkehr im Zusammenhang mit der Lenkung von Kraftfahrzeugen ausgeschlossen werden müssen, war wegen Gefahr im Verzug einer gegen diesen Bescheid gerichteten Berufung gemäß § 64 Abs. 2 AVG die aufschiebende Wirkung abzuerkennen.“

 

.

2. In der dagegen fristgerecht durch seinen Rechtsvertreter erhobenen Berufung  wird folgendes ausgeführt:

„In umseits bezeichneter Verwaltungssache erhebt Herr X, vertreten durch den ausgewiesenen Rechtsvertreter gegen den Führerscheinentzugsbescheid der BH Kirchdorf an der Krems vom 28.09.2010 zu GZ VerkR21-224-2Ö10s zugestellt am 4.10-2010, binnen offener Frist nachstehende

 

BERUFUNG

 

an die zuständige Berufungsbehörde:

 

Der Bescheid der BH Kirchdorf an der Krems vom 28.09.2010 wird insoweit angefochten, als dem Berufungswerber die Lenkerberechtigung in einem 8 Monate überschreitenden Zeitraum entzogen und das Recht zum Gebrauch einer ausländischen Lenkberechtigung in Österreich aberkannt und gem. Spruch Punkt IL auch das Lenken von Motorfahrrädern und dergleichen über einen Zeitraum von acht Monaten hinaus verboten wird. Weiters richtet sich diese Berufung gegen die Anordnung gem. Punkt IV. des Bescheids vom 21.07.2010, welche mit angefochtenen Bescheid angeordnet wird.

 

Es werden die Berufungsgründe unrichtigen Sachverhaltsfeststellung und der unrichtigen Beweiswürdigung sowie Verfahrensmängel geltend gemacht.

 

Von folgendem Sachverhalt ist auszugehen:

 

Der Berufungswerber hat gegenüber dem einschreitenden Polizisten wider besseres Wissen einen Nachtrunk verneint. Infolge der mit der Polizeikontrolle verbundenen Aufregung und der mit der Alkoholisierung verbundenen eingeschränkten Reflektionsfähigkeit ging der Berufungswerber irrtümlich davon aus, dass ihm die Angabe eines erheblichen Nachtrunkes zusätzlich zum Nachteil gereichen würde.

 

Der Berufungswerber nahm tatsächlich, nachdem dieser am 17.7.2010 um ca. 20:00 Uhr nach Hause gekommen war und dort sein Fahrzeug in der Garage abgestellt hatte, einige kräftige Schlucke aus der in der Garage befindlichen Whiskey-Flasche zu sich. Daraufhin setzte sich der Berufungswerber auf die Gartenbank vor der Garage, wo er biertrinkend von der eintreffenden Polizeistreife angetroffen wurde. Nachdem bereits eine Flasche Bier leergetrunken wurde, hat der Berufungswerber bei Eintreffen der Polizeistreife die noch fast volle zweite Bierflasche zu Boden geworfen und wurde dies von den Polizeibeamten auch wahrgenommen. Wider besseren Wissens wurde gegenüber den Polizeibeamten der Nachtrunk bestritten, obwohl dies auch für die Polizeibeamten offenkundig gewesen sein müsste.

 

Es ist davon auszugehen, dass der Berufungswerber demnach nach Abstellen des Fahrzeuges noch zumindest zwei kräftige Schlucke aus der Whiskey-Flasche (ca. zwei bis drei doppelte Whiskey) sowie eine Flasche Bier konsumiert hat. Zum Zeitpunkt der Messung unmittelbar nach dem Antreffen des Berufungswerbers stieg der Alkoholspiegel noch. Dies zeigen insbesondere die Messwerte von 0,97 mg/l um 21:03 Uhr and 0,99 mg/l um 21:05 Uhr. Bei Berücksichtigung des Nachtrunks wäre der Alkoholgehalt der Atemluft jedenfalls unter 0,8 mg/1 bzw. der Blutalkoholwert jedenfalls unter 1,6 Promille gelegen.

 

Beweis: Einvernahme der einschreitenden Polizeibeamten, amtsärztliches Sachverständigengutachten zur Berechnung des Blutalkoholwertes unter Berücksichtigung des behaupteten Nachtrunks, PV

 

Der angefochtene Bescheid leidet an erheblichen Begründungsmängeln. Insbesondere wird keinerlei Beweiswürdigung durchgeführt und auch nicht klar dargelegt, von welchem konkreten Sachverhalt im Hinblick auf den behaupteten Nachtrunk die erstinstanzliche Behörde ausgeht. Schon dies allein begründet einen erheblichen Verfahrensmangel, welcher zur Aufhebung des vorliegenden Bescheids führen muss.

 

Der Hinweis auf die Rechtssprechung des Verwaltungsgerichtshofes, wonach im Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeit eines behaupteten Nachtrunks dem Umstand Bedeutung beizumessen ist^ zu welchem Zeitpunkt der Lenker die Behauptung aufgestellt hat, kann eine nachvollziehbare Beweiswürdigung unter Abwägung sämtlicher Beweisergebnisse nicht ersetzen. Diese Rechtssprechung hat nicht den Sinn, die erstinstanzlichen Behörden von jeglicher Beweiswürdigung zu befreien, sondern bringt damit der Verwaltungsgerichtshof lediglich zum Ausdruck, dass der Zeitpunkt der Nachtrunkbehauptung ein Faktor unter vielen ist, welcher im Rahmen der Beweiswürdigung zu berücksichtigen sind.

 

Es existiert jedenfalls kein Rechtssatz - und würde dies auch jeglichen rechtsstaatlichen Prinzipien zuwiderlaufen wonach in jedem Fall eine nachträgliche Nachtrunkbehauptung unbeachtlich wäre.

 

Jedenfalls hat der Berufungswerber im Sinne der von der erstinstanzlichen Behörde zitierten Rechtssprechung die Menge des nachträglich konsumierten Alkohols konkret behauptet und diese auch insbesondere mit dessen schlüssiger Aussage unter Beweis gestellt.

 

Insbesondere wird in diesem Zusammenhang auf die nachvollziehbare und glaubwürdige Aussage des Berufungswerbers anlässlich der Einvernahme vor der erstinstanzlichen Behörde am 23.08.2010 verwiesen, wonach der Berufungswerber irrtümlich glaubte, dass es für ihn schlecht sei, wenn er nach der Fahrt noch etwas getrunken habe und ihm die Bedeutung eines Nachtrunkes vor diesem Vorfall gänzlich unbekannt war. Dies ist aus der konkreten Situation heraus jedenfalls verständlich. Dass dies im Nachhinein betrachtet als unlogisch erscheint, kann daran jedenfalls nichts ändern.

 

Der Berufungswerber hat erst im Nachhinein durch seine Arbeitskollegen erfahren, dass es bei einem Nachtrunk für ihn besser und nicht schlechter ausschaue. Es bleibt daher jedenfalls die Beantragung der Arbeitskollegen als Zeugen und deren Vorladung zur mündlichen Verhandlung vorbehalten.

 

Es werden sohin gestellt nachstehende

 

BERUFUNGSANTRÄGE:

 

Das zuständige Berufungsgericht möge der Berufung Folge geben und den angefochtenen Bescheid im Umfang der Anfechtung aufheben und diesen dahingehend abändern, dass die Entzugsdauer hinsichtlich der Lenkerberechtigung auf 8 Monate, gerechnet ab 17.07.2010 herabgesetzt wird, wobei diese First jedoch nicht vor Befolgung der im Punkt IIL des Bescheides vom 21.07.2010 getroffenen Anordnung endet.

 

Micheldorf, am 15.10.2010 R/GR                                                      X

 

 

3. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme und Verlesung des von der Behörde erster Instanz vorgelegten Verwaltungsaktes. Anlässlich der gemeinsam mit dem Verwaltungsstrafverfahren durchgeführten Berufungsverhandlung, wurden als Zeugen wurden,  einvernommen die beiden bei die Amtshandlung vor Ort einschreitenden Gruppeninspektoren X und X, sowie der vom Berufungswerber kurzfristig noch namhaft gemachte Zeuge X. In Vorbereitung der Berufungsverhandlung wurde ein auf der Atemalkoholformel nach Wermuth/Fous basierende Berechnung der Alkoholkonzentration betreffend den Konsum von acht Halbe Bier vorgenommen. Dies unter der Annahme eines Mannes mit einem Körpergewicht von 100 kg. Ebenfalls errechnet wurde der Anteil eines kräftigen Schlucks Brandwein mit 4 cl und 38% Alkoholgehalt.

Der Berufungswerber wurde als Beschuldiger einvernommen. Die Behörde erster Instanz nahm durch eine Vertreterin an der Berufungsverhandlung teil.

 

 

4. Sachverhalt:

Der Berufungswerber ist am 17.7.2010 um etwa 20:00 Uhr mit seinem Pkw beim Wohnort des X, in einem offenkundig stark durch Alkohol beeinträchtigten Zustand vorgefahren und hat dort den Anzeiger zu schimpfen begonnen und provozierende Grimassen geschnitten. Bei der Weiterfahrt streifte er schließlich den Gartenzaun.

Zu Beschimpfungen des Genannten durch den Berufungswerber soll es laut dessen Anzeige schon öfter gekommen sein. Klausner verständigte aus diesem Anlass die Polizei. Als Tatzeit (Fahrtende) wird laut Anzeige 20:10 Uhr genannt. Dies deckt sich einerseits mit den Schilderungen aller Beteiligten.

Der Berufungswerber räumte im Rahmen der Berufungsverhandlung tiefgreifendere Spannungen und Streitereien mit Klausner dem Mieter eines seinem Vater gehörendem Objekts ebenso, wie  seine damalige Alkoholisierung ein.

Ab dem späteren Nachmittag habe er sich auf einer Tankstelle aufgehalten und dort mehrere Biere konsumiert. Die Angabe mit acht Halbe Bier gegenüber der Polizei bestätigte der Berufungswerber auch anlässlich der Berufungsverhandlung, meinte jedoch, dass es auch nur sechs oder sieben Halbe gewesen sein könnten.

Wenngleich seiner Nachtrunkverantwortung im Verwaltungsstrafverfahren nicht gefolgt werden konnte, gilt  es doch hier festzuhalten, dass  der Berufungswerber im Rahmen der Berufungsverhandlung einen durchaus soliden und wertverbundenen Eindruck machte. Er vermochte sein Fehlverhalten, seinen damaligen Streit mit den Nachbarn und seinen angeschlagenen seelischen Zustand insgesamt glaubhaft und beachtenswert darzustellen. Der Zeuge Frühwirt erwähnte etwa die geschätzte Arbeitsleistung des Berufungswerbers für die Firma, wobei man diesem für die Bewältigung der Wegstrecke von 25 km zwischen Wohnsitz und Firma seitens Letzter gemeinsam mit der Kollegenschaft behilflich ist.

Daher schein es sachlich vertretbar dem Berufungswerber das Lenken eines Mopeds schon jetzt  zu gestatten.

 

4.1. Im rechtskräftig abgeschlossenen und am Ende der Berufungsverhandlung mündlich verkündeten und im Schuldspruch abweisend beschiedene Berufungsentscheidung (VwSen-165492) wurde der Nachtrunkbehauptung des Berufungswerbers nicht gefolgt. Demnach ist von einem Alkoholgehalt seiner Atemluft zum Lenkzeitpunkt mit jedenfalls 0,97 mg/l (entspricht einem Blutalkoholgehalt von ~ 2 Promillen) auszugehen.

 

 

5. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Wie die Behörde erster Instanz zutreffend ausführte ist nach § 26 Abs.2 Z2 FSG ist,  wenn beim Lenken oder Inbetriebnahmen eines Kraftfahrzeuges ein Delikt gemäß § 99 Abs.1 1960 innerhalb von fünf Jahren ab Begehung eines Deliktes nach § 99 Abs.1 StVO 1960 begangen wird die Lenkberechtigung auf die Dauer von mindestens zwölf Monaten zu entziehen.

Die Kraftfahrbehörde ist laut ständiger Rechtssprechung, an die durch das rechtskräftig abgeschlossene Strafverfahren festgestellte, im Führerscheinverfahren zu wertende „bestimmte Tatsache" gebunden (vgl. VwGH 28.5.2002, 2002/11/0074 sowie VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038 und VwGH 29.4.2003, 2001/11/0287).

Die Berufungsbehörde ist somit an seinen heute mit dem Erkenntnis zu VwSen-165492/8 gefällten Schuldspruch gebunden.

In Vermeidung von Wiederholungen ist auch hinsichtlich der für die Mindestdauer ausgesprochenen Entzug der Lenkberechtigung und die übrigen Aussprüche auf die oben zitierten Ausführungen der Behörde erster Instanz zu verweisen.

 

 

5.1. Zum Mopedfahrverbot wird jedoch ausgeführt, dass  der Führerscheingesetzgeber im § 24 Abs.1 FSG für den Zeitraum der Entziehung der Lenkberechtigung für die Klassen A, B oder F grundsätzlich auch das Lenken von vierrädrigen Leichtkraftahrzeugen für unzulässig erklärt. Da – im Gegensatz zum früheren Gesetzeswortlaut  - die Motorfahrräder nicht genannt werden, wird hinsichtlich des Lenkens von „führerscheinpflichtigen" KFZ sowie vierrädrigen Leicht-KFZ einerseits (§ 24 Abs.1 FSG) sowie Motorfahrrädern und Invalidenkraftfahrzeugen andererseits (§ 32 Abs.1 FSG) unterschieden.

Gemäß dem Erlass des Bundesministers für Verkehr vom 2.5.2006,
BMVIT-170.619/0001-II/ST4/2006 ist bei Begehung von Alkoholdelikten ein Lenkverbot nach § 32 Abs.1 Z1 FSG – auch Motorfahrräder -  auszusprechen.

Bei diesem Erlass handelt es sich aber nicht um eine Rechtsquelle iSd Art. 18 Abs.1 B-VG (VwGH vom 9.3.2005, 2001/13/0062).

Der UVS ist – im Gegensatz zur Behörde erster Instanz - an diesen Erlass nicht gebunden!

Grundsätzlich sind berufliche Nachteile bzw. persönliche Schwierigkeiten, welche mit einer Entziehung der Lenkberechtigung verbunden sind, nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes im Interesse der Verkehrssicherheit nicht zu berücksichtigen.

Dennoch hegt hier, insbesondere nach der zwischenzeitig verstrichenen Zeit, die Berufungsbehörde kein Bedenken mehr, dass vom Berufungswerber als Mopedfahrer eine für die übrigen Verkehrsteilnehmer nicht zu vertretende Gefahren ausgehen würden, mithin „entsprechend den Erfordernissen der Verkehrssicherheit“ (§ 32 Abs.1 FSG) auch das sog. Mopedfahrverbot aufrecht erhalten werden müsste.   

Mit Blick auf das Gebot der Sachlichkeit, welche insbesondere zu einer verfassungskonformen Auslegung der Rechtslage zwingt – hier insbesondere auf die Möglichkeit den Arbeitsplatz zu erreichen um dadurch dem Erwerb nachgehen und den Lebensunterhalt bestreiten zu können –  scheint vielmehr die Behebung des Mopedfahrverbotes rechtlich geboten.

Für das Führerscheinverfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro zu entrichten.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt ode reiner Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

Ergeht an:

 

 

Dr. B l e i e r

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum