Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231129/2/SR/Sta

Linz, 22.11.2010

 

 

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Christian Stierschneider über die Berufung des x, geboren am x, x, x, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding vom 23. August 2010, Gz Sich96-79-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem § 120 Abs. 1 Z 2 Fremdenpolizeigesetz 2005 - FPG (zuletzt geändert mit BGBl. I Nr. 135/2009) zu Recht erkannt:

 

 

I. Aus Anlass der Berufung wird das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z. 1 VStG eingestellt.  

 

II. Der Berufungswerber hat weder einen Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde noch einen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

zu I.: §§ 24  und 51 VStG iVm § 66 Abs. 4 AVG;

zu II.: § 66 Abs. 1 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben bezeichneten Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Schärding wurde der Berufungswerber (im Folgenden: Bw) wie folgt schuldig erkannt und bestraft:

 

"Sie haben sich am 14. Mai 2010 gegen 23.30 Uhr im Gemeindegebiet von x auf der Autobahn A8 (Parkplatz "x") nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten, da gegen Sie ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot, erlassen von der Bundespolizeidirektion Wien, gültig bis zum 23.04.2013, besteht.

Sie haben dadurch folgende Rechtsvorschriften verletzt:

§§ 31 Abs. 1 Z 1 iVm 72 Abs. 1 und 120 Abs. 1 Z. 2 FPG 2005 idF BGBl. I, Nr. 135/2009 (im Folgenden: FPG)

Wegen dieser Verwaltungsübertretungen wird über sie folgende Strafe verhängt:

Geldstrafe von 1000 Euro, falls diese uneinbringlich ist eine Ersatzfreiheitsstrafe von 4 Tagen

Ferner haben Sie gemäß § 64 des Verwaltungsstrafgesetzes (VStG) zu zahlen: 100,00 Euro als Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens, dass sind 10% der Strafe (je ein Tag Freiheitsstrafe wird gleich 15 Euro angerechnet);

Verfallsausspruch:

Die am 14. Mai 2010 von der Polizeiinspektion Schärding eingehobene vorläufige Sicherheitsleistung in Höhe von 150,00 Euro, wird dem Strafbetrag angerechnet und gemäß § 37 Abs. 5 VStG für verfallen erklärt. Der zu zahlende Gesamtbetrag (Strafe/Kosten/Barauslagen) beträgt daher 950 Euro."

 

Begründend führte die belangte Behörde aus, dass der Bw zur Tatzeit im Gemeindegebiet von x als Insasse eines Linienbusses der Firma x im Zuge einer Personenkontrolle kontrolliert worden sei. Bei der fahndungsmäßigen Überprüfung sei festgestellt worden, dass gegen den Bw ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot der Bundespolizeidirektion Wien vom 23. Jänner 2007, GZ III-1235079/FrB/07, gültig bis 23. April 2013, bestehe. Einen Aufenthaltstitel habe der Bw im Zuge der Kontrolle nicht vorweisen können. Von den erhebenden Polizeibeamten sei dem Bw eine vorläufige Sicherheitsleistung von 150 Euro abgenommen worden. Im Verwaltungsstrafverfahren habe sich der Bw nicht geäußert.

Aufgrund der Tatsache, dass gegen den Bw ein aufrechtes Aufenthaltsverbot für Österreich bestehe, hätte der Bw für die Einreise einer Wiedereinreisebewilligung in Form eines Visums bedurft. Mangels der rechtmäßigen Einreise habe sich der Bw zum Zeitpunkt der Kontrolle am 14. Mai 2010 gegen 23.30 Uhr nicht rechtmäßig in Österreich aufgehalten.

Da der Bw kein geeignetes Vorbringen erstattet habe, sei ihm zumindest Fahrlässigkeit anzulasten und er habe die Verwaltungsübertretung auch in subjektiver Hinsicht zu verantworten. Bei der Strafbemessung sei auf § 19 VStG Bedacht genommen und die Mindeststrafe verhängt worden.

 

Gemäß § 37 Abs. 5 VStG könne die Sicherheit für verfallen erklärt werden, wenn sich die Strafverfolgung des Bw oder der Vollzug der Strafe als unmöglich erweise. Den erhebenden Polizeibeamten sei bekannt gewesen, dass der Vollzug einer in Österreich verhängten Geldstrafe in Rumänien äußerst schwierig sei, weshalb eine vorläufige Sicherheit in Höhe von 150 Euro eingehoben worden sei.

 

2. Gegen dieses dem Bw am 20. August 2010 zugestellte Straferkenntnis richtet sich die vorliegende, am 31. August 2010 der Post zur Beförderung übergebene und damit rechtzeitig eingebrachte Berufung.

 

Darin bringt der Bw im Wesentlichen wie folgt vor:

"Ich habe das Bundesgebiet Österreich NUR als Transitstrecke mit dem Busunternehmen x genutzt habe, um in mein Heimatland Rumänien zu fahren (Besuch).

Wie soll ich sonst dort hin kommen.?

Ich habe einen festen Wohnsitz mit meiner Familie in Deutschland. Siehe beiliegenden Kopien.

Ich bitte Sie, da ich Finanziell NICHT in der Lage bin dieses zu bezahlen, den Strafbefehl aufzuheben."

 

3.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verwaltungsakt der Bezirkshauptmannschaft Schärding Gz. Sich96-79-2010; Bereits nach Durchsicht hat das erkennende Mitglied festgestellt, dass das angefochtene Straferkenntnis schon nach der Aktenlage aus rechtlichen Gründen aufzuheben ist.   

 

3.2. Aus der Aktenlage ergibt sich folgender Verfahrensgang:

 

3.2.1. In der Anzeige vom 17. Mai 2010 gibt das einschreitende Organ die Verantwortung des Bw wieder. Danach habe dieser gewusst, dass gegen ihn ein (aufrechtes) Aufenthaltsverbot besteht, es für ihn aber günstiger wäre, eine Strafe zu bezahlen als über Tschechien nach Rumänien zu fahren.

 

Die belangte Behörde hat mit Schreiben vom 8. Juni 2010 den Bw nach Vorhalt seines tatsbestandsmäßigen Verhaltens zur Rechtfertigung aufgefordert. Das ordnungsgemäß hinterlegte Schriftstück (Abgabestelle in der BRD) wurde vom Bw nicht behoben und nach Ablauf der Bereithaltefrist an die belangte Behörde zurückgeschickt.

 

Ohne weitere Erhebungen hat die belangte Behörde das angefochtene Straferkenntnis erlassen und die Zustellung über das Regierungspräsidium Gießen veranlasst.

 

3.3. Das Vorliegen des aufrechten Aufenthaltsverbotes wird nicht bestritten.

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erwogen:

 

4.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 FPG begeht u.a. derjenige eine Verwaltungs­übertretung und ist mit einer Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro zu bestrafen, der sich nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung.

 

Nach § 31 Abs. 1 leg. cit. halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie auf Grund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes  nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder auf Grund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels sind; "sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Tätigkeit nachgehen";

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukommt;

5. (aufgehoben, BGBl I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungs­gesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten, innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

4.2.1. Der Oö. Verwaltungssenat hat bereits im Erkenntnis vom 6. März 2008, VwSen-230972/2/Wei, und nunmehr in ständiger Spruchpraxis wie folgt ausgeführt.

"Der Verwaltungsgerichtshof hat bereits in seiner Judikatur zum (vergleichbaren) Straftatbestand des § 82 Abs. 1 Z 4 iVm § 15 Abs. 1 des Fremdengesetzes 1992 im Hinblick auf § 44a Z 1 VStG, der die eindeutige Umschreibung der als erwiesen angenommene Tat im Spruch fordert, ausgesprochen, dass eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthalts rechtens nur dann in Betracht kommt, wenn keine der in den einzelnen Ziffern des § 15 Abs. 1 FrG 1992 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist. Die Annahme der Unrechtmäßigkeit eines inländischen Aufenthalts aus der Verneinung bloß eines Teils der in § 15 Abs. 1 FrG 1992 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts stehe mit dem Gesetz nicht in Einklang (vgl etwa VwGH 18.1.2000, Zl. 94/18/0396; VwGH 24.3.2000, 96/21/0919; VwGH 5.10.2000, 96/21/0861; VwGH 8.11.2000, 97/21/0223; VwGH 23.1.2001, 97/21/0056).

 

Diese Judikaturlinie hat der Verwaltungsgerichtshof auch für die inhaltlich gleichgelagerte Strafbarkeit des unrechtmäßigen Aufenthalts nach § 107 Abs 1 Z 4 iVm § 31 Abs. 1 FrG 1997 (vgl VwGH 30.5.2001, 2000/21/0009) fortgeführt. Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes kommt eine Bestrafung wegen unrechtmäßigen Aufenthaltes nur in Betracht, wenn keine der im § 31 Abs. 1 FrG 1997 angeführten Voraussetzungen eines rechtmäßigen Aufenthalts gegeben ist, sowie dann, wenn die Rechtmäßigkeit eines Aufenthaltes gemäß § 31 Abs. 3 FrG 1997 geendet hat. Im Spruch des Straferkenntnisses ist - um den Anforderungen des § 44a Z 1 VStG zu entsprechen - die als erwiesen angenommene Tat durch Verneinung aller im § 31 Abs. 1 FrG 1997 genannten alternativen Voraussetzungen für eine Rechtmäßigkeit des Aufenthalts oder - im Fall des § 31 Abs. 3 FrG 1997 - durch Verneinung einer weiter bestehenden Rechtmäßigkeit des Aufenthalts zu umschreiben (vgl VwGH 13.12.2002, 2000/21/0052; VwGH 17.6.2003, 2000/21/0191; VwGH 17.6.2003, 2002/21/0205, VwGH 18.5.2004, 2001/21/0103; VwGH 23.11.2004, 2003/21/0142; jüngst VwGH 24.10.2007, 2007/21/0303)."

 

Diesen Ausführungen folgend kann für die weitgehend gleichgelagerte Bestimmung des § 31 Abs. 1 FPG nichts Anderes gelten. Nach der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtspaket 2005 (vgl 952 BlgNR 22. GP, Seite 89) wurden nur geringfügige terminologische und inhaltliche Änderungen (Normierung von abschließenden Fallkonstellationen des rechtmäßigen Aufenthalts) vorgenommen.

 

4.3. Im angefochtenen Straferkenntnis hat die belangte Behörde dem Bw lediglich zur Last gelegt, dass er sich am 14. Mai 2010 gegen 23.30 Uhr nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten habe, da gegen ihn ein rechtskräftiges Aufenthaltsverbot bestehe.

Der so formulierte Spruch wird damit aber den oben beschriebenen Anforderungen nach dem § 44a Z 1 VStG nicht gerecht. Die im Spruch formulierte Tatanlastung wurde nämlich nicht unter Berücksichtigung bzw. Verneinung sämtlicher alternativen Voraussetzungen für einen rechtmäßigen Aufenthalt nach dem § 31 Abs. 1 FPG umschrieben.

 

Die Anlastung der belangten Behörde verstößt somit gegen das Bestimmtheitsgebot des § 44a Z 1 VStG. Da dem Akt auch keine taugliche (vollständige) Verfolgungshandlung zu entnehmen ist, war dem Oö. Verwaltungssenat eine Spruchkorrektur verwehrt. 

 

5. Im Ergebnis war daher das angefochtene Straferkenntnis mangels ausreichender Tatumschreibung aufzuheben und das Strafverfahren gemäß § 45 Abs. 1 Z 1 VStG einzustellen, ohne dass auf die Berufung inhaltlich weiter eingegangen werden musste.

 

Bei diesem Ergebnis entfällt gemäß § 66 Abs. 1 VStG auch die Verpflichtung zur Leistung von Beiträgen zu den Kosten des Strafverfahrens

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – von einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Stierschneider

 

 

 

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