Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
FAQs| Sitemap| Weblinks

VwSen-310406/9/Kü/Ba

Linz, 12.11.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Thomas Kühberger über die Berufung des Herrn X X, vertreten durch Rechtsanwalt X, X, X, vom 20. Juli 2010 gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. Juli 2010, UR96-8/3-2010, wegen Übertretung des Abfallwirtschaftsgesetzes 2002 nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2010  zu Recht erkannt:

 

 

I.       Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Strafer­kenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.     Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zu leisten.

 

Rechtsgrundlagen:

zu  I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z 1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr.52/1991 idgF.

zu II.: § 66 VStG.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 5. Juli 2010, UR96-8/3-2010, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen einer Verwaltungsüber­tretung nach § 79 Abs.2 Z 3 Abfallwirtschaftsgesetz 2002 (AWG 2002) eine Geldstrafe von 700 Euro, im Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe von 60 Stunden verhängt, weil er am 22. Mai 2010 in X, X, auf Grundstück Nr. X, KG. X, bewegliche Sachen, deren er sich entledigen wollte und welche somit Abfall im Sinne des Abfallwirtschaftsgesetzes darstellen, nämlich mehrere Kubikmeter beinhaltend Matratzen, Spraydosen, Papier, Kunststoffe, Elektrogeräte wie Laut­sprecherboxen, entgegen den Bestimmungen des § 15 Abs.3 AWG 2002 behandelt hat, da er diese bei seinem landwirtschaftlichen Anwesen in X, X, und somit außerhalb einer dafür genehmigten Anlage zur Verbrennung gebracht hat.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Rechtsvertreter des Bw eingebrachte Berufung, mit der beantragt wird, das Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen.

 

Begründend wurde ausgeführt, dass die Darstellung im Straferkenntnis unrichtig sei. Bei dem landwirtschaftlichen Anwesen in X, X, handle es sich nicht um sein landwirtschaftliches Anwesen und auch nicht um das Anwesen von Frau X X. Er habe auf dem Anwesen zwar Arbeiten verrichtet, nicht jedoch diverse Gegenstände verbrannt, insbesondere auch nicht die im Straferkenntnis angeführten Gegenstände, wie Matratzen, Spraydosen etc.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat die Berufung samt bezughabenden Verwaltungsstrafakt mit Schreiben vom 23. Juli 2010 vorgelegt. Damit ist die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates gegeben.

 

Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Mitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht­nahme und Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 20. Oktober 2010, an welcher der Bw und sein Rechtsvertreter teilgenommen haben. Die als Zeugin geladene Frau X X konnte krankheitsbedingt an der mündlichen Verhandlung nicht teilnehmen.

 

5. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 45 Abs.2 AVG, welcher gemäß § 24 VStG auch in Verwaltungsstraf­verfahren Anwendung findet, hat die Behörde unter sorgfältiger Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht.

 

Der Verhängung eines Straferkenntnisses hat die vollständige Feststellung des Sachverhaltes vorauszugehen, um den Tatvorwurf mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit beweisen zu können. Auch unter Bedachtnahme auf die gesetzliche Schuldvermutung des § 5 Abs.1 VStG im Bereich der Ungehorsamsdelikte hat die Behörde die Erfüllung des objektiven Tatbestandes von Amts wegen zu beweisen (Grundsatz der Amtswegigkeit in § 39 Abs.2 AVG; siehe hiezu auch die Ausführungen in Hauer-Leukauf, Handbuch des österreichischen Verwaltungsverfahrens, 6. Auflage, Seite 412f). Das damit ausgedrückte Offizialprinzip verpflichtet die Behörde, den für die Entscheidung maßgeblichen Sachverhalt von Amts wegen zu erheben und festzustellen. Es ist daher Aufgabe der Behörde, Erhebungen, die zur Klärung des Sachverhalts benötigt werden, durchzuführen. Sie hat weiters die gepflogenen Erhebungen dem Beschuldigten in Wahrung des Parteiengehörs zur Kenntnis zu bringen, um diesen in die Lage zu versetzen, auf den Tatvorwurf bezogene konkrete Gegenbeweise anbieten zu können.

 

5.2. Im Rahmen der mündlichen Verhandlung hat der Bw sein Berufungsvor­bringen, wonach er nicht Eigentümer des landwirtschaftlichen Anwesens X 5 in X ist, durch Vorlage eines Kaufvertrages belegt. Aus diesem Kaufvertrag ist ersichtlich, dass der Sohn seiner Lebensgefährtin im Mai 2010 das Objekt gekauft hat. Nach diesem Kauf ist es durch die Familienmit­glieder zu Aufräumarbeiten gekommen, wobei vom Bw bei der Firma X Container für die Entsorgung von Siedlungsabfällen und ähnlichen Gewerbe­abfällen organisiert wurden. Diesbezüglich wurden vom Bw auch Rechnungen der Firma X vom Mai und Juni 2010 über die Entsorgung von diversen Siedlungsabfällen vorgelegt. Diese Urkunden verdeutlichen, dass der Bw, wie in seiner Berufung vorgebracht, Arbeiten beim Anwesen X in X erbracht hat und auch bei der Entsorgung von Gegenständen behilflich gewesen ist. Weiters ist festzuhalten, dass sich aus dem erstinstanzlichen Verfahrensakt, insbesondere der Anzeige der Polizeiinspektion X, nicht nachvollziehbar ergibt, warum der Bw als Verdächtiger in der Anzeige genannt ist. Offen­sichtlich sind die Erhebungsorgane davon ausgegangen, dass der Bw Eigentümer des Objektes ist. Dies wurde allerdings – wie bereits oben dargelegt – im Zuge der mündlichen Berufungsverhandlung durch Vorlage des Kaufvertrages widerlegt.

 

Der Bw schildert im Rahmen der mündlichen Verhandlung glaubwürdig, dass er während der Aufräumarbeiten im gegenständlichen Objekt nicht ständig anwesend gewesen ist. Er weiß nur davon, dass vier bis fünf Leute beim Haus anwesend gewesen sind, um diese Arbeiten durchzuführen. Vom Bw wird auch nicht bestritten, dass Abfälle zur Verbrennung gelangt sind, doch kann er nicht sagen, wer diese Materialien verbrannt hat. Zudem wurde vom Bw in der mündlichen Verhandlung vorgebracht, dass seine Lebensgefährtin wegen derselben Verwaltungsübertretung bestraft wurde und sie gegen dieses Straferkenntnis keine Berufung erhoben hat, was als Eingeständnis ihrer Verantwortlichkeit gewertet werden kann.

 

Im Zuge des Berufungsverfahrens konnte nicht weiters geklärt werden, wer konkret die Abfälle im Bereich des Anwesens X in X verbrannt hat und konnte zudem kein Beweis dafür erbracht werden, dass vom Bw selbst das Feuer entfacht und so Abfälle der Verbrennung zugeführt wurden. Die Darstellungen des Bw in der mündlichen Verhandlung erscheinen zudem nicht frei erfunden sondern durchaus dem wahren Sachverhalt entsprechend. Zudem belegen die vom Bw vorgelegten Rechnungen, dass eine große Anzahl von Abfällen über die Firma X entsorgt wurde.

 

Bei der gegebenen Sachlage war daher im Zweifel gemäß § 6 Abs.2 EMRK davon auszugehen, dass die Täterschaft des Bw mit der für ein Verwaltungsstrafverfahren notwendigen Sicherheit nicht erwiesen ist, weshalb der Berufung des Bw Folge zu geben, das angefochtene Straferkenntnis aufzuheben und das Verwaltungsstrafverfahren einzustellen war.

 

6. Weil die Berufung Erfolg hatte und das Strafverfahren eingestellt wurde, entfallen gemäß § 66 Abs.1 VStG jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Thomas Kühberger

 

 

DruckersymbolSeite drucken
Seitenanfang Symbol Seitenanfang
www.uvs-ooe.gv.at| Impressum