Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522688/2/Bi/Kr

Linz, 15.11.2010

 

 

E R K E N N T N I S

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Karin Bissenberger über die Berufung des Herrn X, vom 6. April 2010 gegen den Bescheid des Bezirkshauptmannes von Gmunden vom 24. März 2010, VerkR22-1-49-2010, wegen Anordnung einer Nachschulung und Ausschluss der aufschiebenden Wirkung einer Berufung dagegen, zu Recht erkannt:

 

Die Berufung wird abgewiesen und festgestellt, dass der angefochtene Bescheid – mit der Maßgabe, dass der Rechtsmittelwerber eine Nach­schulung für verkehrsauffällige Lenker iSd § 1 Abs.3 NSV binnen vier Monaten ab Rechtskraft (Zustellung) der Berufungsent­scheidung zu absolvieren hat und die aufschiebende Wirkung der Berufung gemäß
§ 4 Abs.3 2.Satz FSG bereits ex lege ausgeschlossen war – nicht rechtswidrig war.

 

Rechtsgrundlage:

§§ 66 Abs.4 und 67a AVG

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem oben angeführten Bescheid wurde dem Berufungswerber (Bw) gemäß § 4 Abs.6 Z2 FSG die Absolvierung einer Nachschulung – darunter sei ein verkehrspsychologischer Kurs für verkehrs- oder alkoholauffällige Kraftfahrzeug­lenker oder Lenker mit sonstiger Problematik zu verstehen – innerhalb von vier Monaten, gerechnet ab Bescheidzustellung – dh ab 26. März 2010 – aufgetragen. Die aufschiebende Wirkung einer gegen diesen Bescheid allenfalls einzubrin­genden Berufung wurde gemäß § 64 Abs.2 AVG ausgeschlossen.

Die Zustellung des Bescheides erfolgte am 26. März 2010.


2. Dagegen wendet sich die vom Bw fristgerecht eingebrachte Berufung, die seitens der Erstinstanz ohne Berufungsvorentscheidung dem Unabhängigen Ver­wal­tungs­senat des Landes Oberösterreich versehentlich erst im Oktober 2010 vorgelegt wurde, der durch das nach der Geschäftsver­teilung zuständige Einzel­mitglied zu entscheiden hat (§ 67a Abs.1 2.Satz AVG). Die Anberaumung einer öffentlichen mündlichen Berufungs­verhandlung erübrigte sich (§ 67d Abs.1 AVG). 

 

3. Der Bw und sein Vater machen in der von beiden unterschriebenen Berufung im Wesentlichen geltend, der Vater habe am 10.1.2010 in der Gemeinde St. Konrad auf der B120 die erlaubte Höchstgeschwindigkeit überschritten. Leider habe er die 100 Euro Strafe in der Annahme, damit wäre die Sache erledigt, im Namen des Sohnes beglichen. Beide hätten nicht gewusst, dass dies für den Sohn noch weitere Folgen habe. Beantragt wird, den angefochtenen Bescheid aufzuheben.

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Verfahrensakt der Erstinstanz.

Daraus ergibt sich, dass der Bw Zulassungsbesitzer des Pkw X ist. Laut Anzeige wurde dieser am 10. Jänner 2010, 16.33 Uhr, im Bereich der 50 km/h-Geschwindigkeitsbeschränkung auf der B120, Gemeinde St. Konrad, Ortsgebiet Kranichsteg, bei km 9.490 mittels geeichtem Stand-Radar MUVR 6F 203, Nr.03, in Richtung Scharnstein fahrend mit einer Geschwindigkeit von 85 km/h gemessen. Nach Abzug der vorgeschriebenen Toleranzen von 5 km/h wurde eine tatsächlich gefahrene Geschwindigkeit von 80 km/h der Anzeige und dem Tatvorwurf zugrunde gelegt, dh eine Geschwindigkeits­über­schreitung um 30 km/h.

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Gmunden vom 22. Jänner 2010, VerkR96-554-2010, wurde der Bw einer Verwaltungsübertretung gemäß §§ 20 Abs.2 iVm 99 Abs.3 lit.a StVO 1960 schuldig erkannt und bestraft, weil er am 10. Jänner 2010 um 16.33 Uhr in der Gemeinde St. Konrad, Ortsgebiet Kranichsteg, B120 bei km 9.490, mit dem Pkw X die im Ortsgebiet zulässige Höchstge­schwindigkeit von 50 km/h um 30 km/h überschritten hat, wobei die in Betracht kommende Messtoleranz bereits zu seinen Gunsten abgezogen wurde.

 

Die Strafverfügung wurde dem Bw zu eigenen Handen zugestellt und nach einem erfolglosen Zustellversuch mit Beginn der Abholfrist am 26. Jänner 2010 bei der Zustellbasis Gschwandt bei Gmunden mit Wirkung der Zustellung hinterlegt. Die Strafverfügung enthielt eine ausführliche Rechtsmittel­belehrung und auch eine Belehrung über die Folgen eines Einspruchs. Die Strafverfügung wurde vom Bw – aus welchen Über­legungen immer – nicht beeinsprucht und ist daher in Rechts­kraft erwachsen. Damit ist auch die Führerscheinbehörde an den Schuldspruch der rechtskräftigen Strafverfügung gebunden, dh wenn nicht der Sohn sondern der Vater gleichen Namens zur Übertretungszeit der Lenker des Pkw gewesen sein sollte – derartiges wurde erstmals im "Einspruch" gegen den nunmehr angefochtenen Bescheid behauptet – hätte der Bw (wie in der einwandfrei verständlich formulierten Rechts­mittel­belehrung) deutlich zu lesen – Einspruch erheben und diesen Umstand samt Anbot konkreter Beweismittel bei der BH Gmunden fristgerecht, dh bis spätestens 8. Februar 2010 geltend machen müssen. Die nunmehrige Behauptung, der Vater sei der tatsächlich Lenker gewesen, aber die Strafe sei "im Innenverhältnis" beglichen worden ohne dass dies nach außen hin in Erscheinung getreten wäre, ist keines­wegs geeignet, Zweifel an der Richtig­keit des im übrigen in Rechtskraft erwachsenen Schuld­spruchs zu erwecken.

Dass Probeführerscheinbesitzer strengeren Bestimmungen unterliegen als Inha­ber einer Lenkberechtigung nach der Probezeit, wurde dem Bw in der Fahrschule zur Kenntnis gebracht, sodass ihm die Folgen eines "schweren Verstoßes" durch­aus bewusst sein mussten, nämlich die Anordnung der Absolvierung einer Nachschulung auf eigene Kosten.

 

In rechtlicher Hinsicht hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Gemäß § 4 Abs.1 FSG unterliegen Lenkberechtigungen für die Klassen A, B, C und D oder die Unterklasse C1, die Personen erteilt werden, die vorher keine in- oder ausländische Lenkberechtigung für eine dieser Klassen besessen haben, einer Probezeit von zwei Jahren. Diese Probezeit ist in den Führerschein nicht einzutragen.

Gemäß Abs.3 dieser Bestimmung ist von der Behörde unverzüglich eine Nach­schulung anzuordnen, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung innerhalb der Probe­zeit einen schweren Verstoß – gemäß Abs. 6 Z2 lit.a gilt als schwerer Verstoß eine mit technischen Hilfsmitteln festgestellte Überschreitung einer ziffernmäßig festgesetzten erlaubten Höchstgeschwindigkeit im Ausmaß von mehr als 20 km/h im Ortsgebiet – begeht oder gegen die Bestimmung des Abs.7 verstößt, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung einer Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Delikt­setzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neube­ginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führer­scheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführer­scheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern, die Behörde hat die Her­stellung eines neuen Führerscheines gemäß § 13 Abs.6 in die Wege zu leiten.

Gemäß § 1 Z3 Nachschulungsverordnung ist ua verkehrs­auffällig ein Probe­führer­­­schein­­besitzer, der einen schweren Verstoß gemäß § 4 Abs.6 FSG began­gen hat.

 

Der Bw hat laut Eintragung im Führerscheinregister am 5. Februar 2009 eine Lenk­berechtigung für die Klasse B erworben; die mit zwei Jahren gesetzlich vorge­schriebene Probezeit wäre am 5. Februar 2011 abgelaufen, verlängert sich nun aber mit der Anordnung der Nachschulung gemäß § 4 Abs.3 FSG um ein weiteres Jahr. Diese Probezeitverlängerung ist in den Führerschein einzutragen und daher dieser der Erstinstanz vorzulegen.   

 

Nach der Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes bezieht sich die binden­de Wirkung eines rechtskräftigen Straferkenntnisses bzw einer in Rechtskraft erwachsenen Strafverfügung bei den in § 4 Abs.6 Z2 FSG aufgezählten Ver­stößen (mit technischen Hilfsmitteln festgestellte qualifizierte Geschwindig­keits­über­schreitungen) lediglich auf den Umstand, dass der Probeführerscheinbesitzer eine Geschwindigkeitsüberschreitung begangen hat, im gegebenen Zusammen­hang somit schneller als 50 km/h im Ortsgebiet gefahren ist. Hinsichtlich des Ausmaßes der Geschwindigkeitsüberschreitung jedoch bewirkt eine rechtskräftige Bestrafung wegen Übertretung der erlaubten Höchstgeschwindigkeit nach § 20 Abs. 2 StVO 1960 keine Bindung der Kraftfahrbehörde. Es obliegt daher der Kraftfahrbehörde, auf einer unbedenklichen Beweiswürdigung beruhende Fest­stellungen zum Ausmaß der Geschwindigkeitsüberschreitung zu treffen (vgl VwGH 20.2.2001, 98/11/0306).

 

Der Bw hat die ihm zur Last gelegte Geschwindigkeitsüberschreitung im Orts­gebiet im Ausmaß von 30 km/h nie bestritten und er hat auch im nunmehrigen "Einspruch" keine Aussage getroffen, die Zweifel am Ausmaß der Geschwindig­keitsüberschreitung zu erwecken geeignet sind. Die nach Abzug der vorge­schriebenen Toleranzen errechnete Geschwindigkeit von 80 km/h wurde in keiner Weise bestritten. Die Qualifikation der Geschwindigkeitsüberschreitung als schwerer Verstoß im Sinne des § 4 Abs. 3 FSG durch die Erstinstanz und ihre darauf gestützte Anordnung der Nachschulung durch den angefochtenen Bescheid kann damit nicht als rechtswidrig erkannt werden.

 

Die nähere Umschreibung, welche Art von Nachschulung für schwere Verstöße im Sinne des § 4 Abs.6 Z2 lit.a FSG vorgesehen und daher dem Bw vorzuschreiben war, ergibt sich aus § 1 Z3 Nachschulungverordnung. Die Anordnung war demnach näher zu konkretisieren.

Berufungen gegen die Anordnung einer Nachschulung gemäß § 4 Abs.3 FSG haben bereits oben zitiert, schon ex lege (§ 4 Abs.3 2.Satz FSG) keine aufschie­bende Wirkung, weshalb ein Ausschluss der aufschiebenden Wirkung durch die Behörde daher nicht vorgesehen ist; dadurch wurde der Bw aber nicht in seinen Rechten verletzt (vgl VwGH 29.4.2003, 2001/11/0287).

Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

Zu bemerken ist, dass der Bw laut FSR bislang keine Nachschulung absolviert hat; auf­grund der späten Berufungsvorlage ist im Hinblick auf den im Fall der Nicht­absol­vierung einer angeordneten Nachschulung gesetzlich angeordneten Entziehung der Lenkberechtigung eine Nachfrist zu gewähren – gemäß § 4 Abs.8 FSG ist, wenn der Besitzer der Lenkberechtigung der Anordnung zur Nach­schulung nicht innerhalb von vier Monaten nachkommt, gemäß § 24 Abs.3 7.Satz vorzugehen: "Wurde von einem Probeführerscheinbesitzer die Anordnung der Nachschulung nicht befolgt oder die Mitarbeit bei dieser unterlassen, so ist die Lenkberechtigung bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen."      

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­ge­richtshof erhoben werden; diese ist - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils durch eine bevollmächtigte Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt einzubringen. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Mag. Bissenberger

 

Beschlagwortung:

 

Geschwindigkeitsüberschreitung von 30 km/h im Ortsgebiet, Strafverfügung rechtskräftig. Anordnung der Nachschulung binnen 3 Monaten = unverzüglich. Berufung gegen Anordnungsbescheid vom 6.4. erst im Oktober dem UVS vorgelegt -> Feststellung, dass Anordnung nicht rechtswidrig war. 

 

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