Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281192/15/Py/Hu

Linz, 28.10.2010

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x,  gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. November 2009, GZ: Ge96-29-2008/DJ, wegen einer Verwaltungsübertretung nach dem ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 23. September 2010 zu Recht erkannt:

 

I.       Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die verhängte Geldstrafe auf 300 Euro und die Ersatzfreiheitsstrafe auf 14 Stunden, herabgesetzt wird. Im Übrigen wird der Berufung keine Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.     Der Berufungswerber hat keinen Kostenbeitrag zum Verfahren vor dem Oö. Verwaltungssenat zu leisten. Der Kostenbeitrag zum Verfahren vor der belangten Behörde verringert sich auf 30 Euro.

 

Rechtsgrundlagen:

Zu  I.:  § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 9, 19 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.:  §§ 64ff VStG.

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 25. November 2009, GZ: Ge96-29-2008/DJ, wurde über den Berufungswerber (in der Folge: Bw) wegen Verwaltungsübertretung nach § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl. Nr. 450/1994 idgF iVm § 35 Abs.1 Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl. II Nr. 368/1998 idgF, eine Geldstrafe in Höhe von 450 Euro, für den Fall der Uneinbringlichkeit eine Ersatzfreiheitsstrafe in Höhe von 54 Stunden verhängt. Gleichzeitig wurde ein Verfahrenskostenbeitrag in Höhe von 45 Euro vorgeschrieben.

 

Dem Straferkenntnis liegt folgender Tatvorwurf zugrunde:

 

"Sie haben als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer und somit Verantwortlicher gemäß § 9 Abs.1 VStG der Arbeitgeberin x mit Sitz und Geschäftsanschrift in x, folgende Verwaltungsübertretung (wie anlässlich einer am 27.12.2007 durchgeführten Kontrolle der Filiale der x in x, durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Wr. Neustadt festgestellt und zur Anzeige gebracht wurde) zu verantworten:

Die Arbeitgeberin x hat am 27.12.2007 nicht dafür gesorgt, dass den insgesamt drei beschäftigten Arbeitnehmerinnen in der Arbeitsstätte in x, Kleiderkästen zur Verfügung standen.

Dies stellt eine Übertretung des § 35 Abs.1 Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl. II Nr. 368/1998 idgF dar, wonach für jede/n Arbeitnehmer/in ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen ist."

 

In der Begründung führt die belangte Behörde unter Wiedergabe des Verfahrensganges und der Rechtslage aus, dass der Anzeige des Arbeitsinspektorates Wr. Neustadt zu entnehmen ist, dass die Arbeitgeberin x mit Sitz in x den Verpflichtungen betreffend die Einrichtung von Arbeitsstätten nicht nachgekommen ist, indem sie in der Filiale x, für die Arbeitnehmer/innen keine Kleiderkästen zur Verfügung gestellt hat. Die vorhandenen Kleiderkästen wurden zur Lagerung von Artikeln verwendet.

 

Zur verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit wird vorgebracht, dass laut der am 3. Juni 2005 beim Arbeitsinspektorat Wr. Neustadt eingelangten Bestellurkunde Herr x, geb. am x, Dienstort x, zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde. Diese Bestellurkunde wurde von der Prokuristin der x, Frau x unterfertigt. Da die Bestellurkunde von einer Prokuristin der x unterfertigt wurde, liegt jedoch keine rechtswirksame Bestellung vor, weshalb der Bw als zur Vertretung nach außen berufener handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten habe.

 

Zur Strafbemessung wird angeführt, dass als straferschwerend gewertet werde, dass trotz schriftlicher Aufforderung durch das Arbeitsinspektorat Wr. Neustadt die Kleiderkästen für die Arbeitnehmerinnen nicht zur Verfügung standen.

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig vom Bw im Wege seiner rechtsfreundlichen Vertretung eingebrachte Berufung vom 21. Dezember 2009.

 

In dieser wird vorgebracht, dass gemäß § 35 Abs. 2 AStV nicht für jede/n Arbeitnehmer/in ein eigener Kleiderkasten zur Verfügung gestellt werden muss, wenn die Arbeitnehmer/innen im Verkauf beschäftigt werden und keine besondere Arbeits- und Schutzkleidung tragen und für die Kleidung eine andere versperrbare Aufbewahrungsmöglichkeit zur Verfügung steht, in der sie gegen Wegnahme gesichert und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche geschützt ist und jede/n Arbeitnehmer/in eine versperrbare Einrichtung zur Aufbewahrung der sonstigen persönlichen Gegenstände zur Verfügung steht. Die Arbeitnehmer der x in den jeweiligen Filialen sind ausschließlich im Verkauf beschäftigt und benötigen bei der Ausübung ihrer Tätigkeit keine besondere Arbeits- und Schutzkleidung. Zudem steht in jeder Filiale der x ein versperrbares Büro zur Verfügung, in welchem die Kleidung gegen Wegnahme gesichert und diese auch vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche geschützt ist. Weiters stehe den Arbeitnehmern in diesem Büro ein abschließbares Fach zur Verwahrung persönlicher Gegenstände zur Verfügung. Zum Beweis für dieses Vorbringen wird die Durchführung eines Lokalaugenscheins in der Filiale x sowie die Einvernahme der Filialleiterin, Frau x, beantragt.

 

Des weiteren führt der Berufungswerber aus, dass er bereits in seiner Stellungnahme vom 7. Juli 2008 ausgeführt habe, dass den Mitarbeitern der x Kleiderkästen in einer dem Gesetz entsprechenden Anzahl zur Verfügung gestellt wurden, diese jedoch offensichtlich ohne Wissen des Bw für die Lagerung pyrotechnischer Artikel verwendet wurden. Dies, obwohl alle Mitarbeiter im Unternehmen darüber informiert wurden, dass im Fall der Lagerung/des Vertriebs pyrotechnischer Artikel Lagerschränke anzufordern sind, welche kurzfristig und rechtzeitig vor der Anlieferung den Filialen zur Verfügung gestellt werden, weshalb dem Bw kein vorwerfbares Verschulden an der ihm zur Last gelegten Verwaltungsübertretung treffe.

 

Zur Verantwortlichkeit führt der Bw zudem aus, dass er mit Bestellurkunde vom 1. Jänner 2003 Frau x zur verantwortlichen Beauftragten bestellt habe. Gemäß Punkt III. A. 2. Absatz dieser Urkunde, welche Anfang 2003 bei allen Arbeitsinspektoraten in Österreich einlangte, ist Frau x für ganz Österreich für die Einhaltung der Arbeitnehmerschutzvorschriften verantwortlich, welche (auch) auf die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen. Dementsprechend sei der Bw für die Einhaltung der angezogenen Verwaltungsvorschriften nicht verantwortlich.

 

Abschließend wird vorgebracht, dass der Spruch des gegenständlichen Verwaltungsstraferkenntnisses nicht den Anforderungen des § 44a VStG entspreche, da der Vorwurf "nicht dafür gesorgt zu haben" nicht geeignet ist, den Tatbestand des § 35 Abs.1 AStV zu erfüllen.

 

3. Mit Schreiben vom 5. Jänner 2009  legte die belangte Behörde die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat zur Entscheidung vor. Da keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist dieser zur Entscheidung durch sein nach der Geschäftsverteilung zuständiges Einzelmitglied berufen (§ 51c VStG).

 

4. Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsicht und Anberaumung und Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung am 23. September 2010. An dieser nahmen der Rechtsvertreter des Bw sowie ein Vertreter des zuständigen Arbeitsinspektorates als Parteien teil. Als Zeugen wurden die Filialleiterin der gegenständlichen Filiale, Frau x, sowie Herr x vom Arbeitsinspektorat Wr. Neustadt einvernommen. In das Verfahren einbezogen wurde zudem die Zeugenaussagen in den ebenfalls am 23. September 2010 durchgeführten mündlichen Berufungsverhandlungen in den Verfahren VwSen-281220 und VwSen-281241 des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich sowie die schriftliche Stellungnahme des Bw vom 9. September 2010 im Verfahren zu VwSen-281216 und die im Verfahren zu VwSen-281241 vorgelegte Spezialvollmacht des Bw betreffend Frau x.

 

Die Durchführung des in der Berufung beantragten Lokalaugenscheines erwies sich als nicht erforderlich, da durch die mündliche Berufungsverhandlung der entscheidungswesentliche Sachverhalt ausreichend erhoben werden konnte und zudem nicht bestritten wurde, dass die den Beschäftigten üblicherweise zur Verfügung gestellten Kleiderkästen am Kontrolltag zur Lagerung pyrotechnischer Artikel verwendet wurden. Den vom Bw in der ins Verfahren einbezogenen Stellungnahme vom 9.9.2010 im Berufungsverfahren VwSen-281216 gestellten Beweisanträgen auf Zeugeneinvernahme betreffend die interne Aufgabenverteilung im Unternehmen bzw. die vorgesehenen Verantwortungsbereiche in den Bestellurkunden war nicht stattzugeben, da das Einlangen der mit Schreiben vom 1. Juni 2005 übermittelten Bestellurkunde von Herrn x am 3. Juni 2005 beim Arbeitsinspektorat für den 7. Aufsichtsbezirk nicht bestritten wurde und die weitere verwaltungsstrafrechtliche Beurteilung der Bestellungen eine Rechtsfrage darstellt, die einem Beweis nicht zugänglich ist. Des weiteren konnte die Beischaffung und Verlesung der in der Berufung angeführten Verwaltungsstrafakten unterbleiben, da der Unabhängige Verwaltungssenat gehalten ist, die Beurteilung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw anhand der Sach- und Rechtslage fallbezogen durchzuführen. Ergänzend dazu ist auszuführen, dass sich die den jeweiligen Verfahren zugrunde liegenden Bestellurkunden sowohl hinsichtlich ihrer inhaltlichen Ausgestaltung, als auch hinsichtlich ihres Wirkungsbereiches (zB. Ausländerbeschäftigung, arbeitnehmerschutzrechtliche Vorschriften) unterscheiden und daher die Überprüfung des Vorliegens einer rechtsgültigen Bestellung im jeweiligen Einzelfall gegebenenfalls auch zu einem unterschiedlichen Ergebnis führt. Zudem war in den Verfahren auch die Frage des Zeitpunkts des Einlangens der jeweiligen Bestellurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat bzw. bei der zuständigen Abgabenbehörde zu beurteilen, weshalb eine Beischaffung dieser Verwaltungsstrafakten zur Beurteilung des gegenständlichen Falles nicht erforderlich ist.

 

4.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat geht bei seiner Entscheidung von folgendem Sachverhalt aus:

 

Der Bw ist handelsrechtlicher Geschäftsführer der x.

 

Am 1. Jänner 2003 erteilte der Bw der Prokuristin und Vertriebsleiterin der x, Frau x, geb. x, x, die schriftliche Vollmacht, in seinem Namen Verkaufsleiter der x zur verantwortlich Beauftragten im Sinn des § 9 VStG zu bestellen und die Bestellurkunden zur Delegierung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit an die Verkaufsleiter der x zu unterzeichnen. Des weiteren räumte der Bw in dieser Spezialvollmacht Frau x ausdrücklich die Vollmacht ein, sich selbst in seinem Namen zur verantwortlichen Beauftragten zu bestellen und die Bestellurkunden zu unterfertigen, mit welchen Frau x die Verantwortlichkeit im Sinn des § 9 VStG hinsichtlich jener neu eröffneten Filialen der x übertragen wird, welche in jenen Verkaufsbezirken eröffnet werden, für welche Frau x durch den Bw die Verantwortlichkeit gemäß § 9 VStG übertragen erhalten hat.

 

Am 3. Juni 2005 langte beim Arbeitsinspektorat für den 7. Aufsichtsbezirk die mit 9. Mai 2005 datierte und von Frau x für die x unterfertigte Bestellurkunde betreffend Herrn x, geb. x, Angestellter, x, ein. Das diesbezügliche, vom Rechtsvertreter des Bw unterfertigte Anschreiben an das Arbeitsinspektorat vom 1. Juni 2005 enthält folgenden Text:

 

Bestellung verantwortlicher Beauftragter:

 

Sehr geehrte Damen und Herren!

 

Beigeschlossen übermittle ich Ihnen die Bestellurkunde von Herrn x, mit welcher dieser von der x für den in der Bestellungsurkunde wiedergegebenen sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich per 09.05.2005 zum verantwortlichen Beauftragten bestellt wurde.

 

Allfällige frühere Bestellungen werden hiermit ausdrücklich widerrufen.

 

Ich verbleibe mit der Bitte um Kenntnisnahme bzw. Erledigung,

 

                                                        mit freundlichen Grüßen

 

Beilage wie erwähnt

                                                                  x

 

 

Die als Beilage übermittelte Bestellurkunde lautet in den für diese Verfahren maßgeblichen Punkten wie folgt:

 

 

II. Bestellung

 

Der Geschäftsführer der x, Herr x, bestellt Herrn x zum verantwortlich Beauftragten für den im nachstehenden Punkt III. bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich der x (§ 9 VStG).

 

Herr x nimmt diese Bestellung an und übernimmt die hiemit verbundene Verantwortung.

 

Den Parteien dieser Vereinbarung ist bekannt, dass die Bestellung von Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten hinsichtlich der den Arbeitnehmerschutz betreffenden Bestimmungen sowie der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes erst dann rechtswirksam wird, wenn diese Bestellungsurkunde bei den zuständigen Arbeitsinspektoraten (§ 23 ArbIG) bzw. den zuständigen Zollbehörden (§ 28a AuslBG) eingelangt ist.

 

Die Vertragsparteien erklären ausdrücklich, dass Herrn x als leitendem Angestellten maßgebliche Führungsaufgaben zur selbstverantwortlichen Erledigung übertragen wurden, dh. ihm jene maßgebliche Verantwortung und Anordnungsbefugnis eingeräumt wurden, welche es ihm ermöglichen, für die Einhaltung der ihm übertragenen Rechtsvorschriften Sorge zu tragen.

 

Diese Befugnis befreit Herrn x nicht davon, unverzüglich die zur Vertretung berufenen Organe der x von allfälligen Beanstandungen und Verfahren schriftlich zu informieren.  

 

III. Verantwortungsbereich

 

Die Bestellung von Herrn x zum verantwortlichen Beauftragten gemäß Punkt II. dieser Bestellungsurkunde bezieht sich ausdrücklich auf die im § 9 VStG bezogenen besonderen Fälle der Verantwortlichkeit für den nachstehend abgegrenzten Bereich:

 

A) Der räumlich abgegrenzte Bereich, für welchen Herr x die Verantwortlichkeit trägt, ist mit dem Gebiet der Bundesländer Wien und Niederösterreich, dh. mit allen in diesen Bundesländern gelegenen Niederlassungen / Filialen / Verkaufsstellen / Arbeitsstätten der x, festgelegt.

 

B) Der sachlich abgegrenzte Bereich, für welchen Herr x die Verantwortlichkeit trägt, betrifft

 

1) die Einhaltung sämtlicher die Arbeitnehmer der x und deren Schutz betreffenden Vorschriften und der Normen des Ausländerbeschäftigungsgesetzes. Ausgenommen hievon ist die Verantwortlichkeit für die Einhaltung jener Teile der Arbeitnehmerschutzvorschriften, welche auf die räumliche Ausstattung und / oder bauliche Ausstattung der jeweiligen Filialen oder sonstigen Arbeitsstätten der x abstellen;

 

2) die Einhaltung jener Bestimmungen, welche das Inverkehrbringen (vgl. die Definition des § 1 Abs. 2 LMG 1975) aller von der x vertriebenen Waren nach Ablauf der Mindesthaltbarkeitsfrist bzw. der Verbrauchsfrist ua (vgl. z. B. § 4 Kosmetikkennzeichnungsverordnung, §§ 4 ff Lebensmittelkennzeichnungsverordnung ua.) regeln (verbieten);

 

3) die Einhaltung jener Normen des allgemeinen und speziellen Zivil- und Verwaltungsrechtes, die den Schutz Dritter, die Verkehrssicherung, den Schutz von Angehörigen der x oder den Schutz der Konsumenten oder von Mitbewerbern zum Zwecke haben;

 

4) die Einhaltung aller notwendigen Vorkehrungen, um auszuschließen, dass durch die Übertretung der bei Ausübung seiner Tätigkeit zu beachtenden Bestimmungen ein strafrechtlich pönalisierter Erfolg eintritt.

 

Insbesondere, ohne dass die nachfolgende Aufzählung eine erschöpfende darstellt, handelt es sich bei dem oben festgeschriebenen Verantwortungsbereich um die Einhaltung der Normen des Arbeits- und Sozialrechtes, insbesondere des Arbeitsinspektions- und des Ausländerbeschäftigungsgesetzes und -  mit Ausnahme des sachlichen Bereiches des Einkaufes – des Gesetzes gegen den unlauteren Wettbewerb samt den aufgrund dieser Gesetze ergangenen Verordnungen, des Lebensmittelrechtes samt korrespondierender Verordnungen sowie des Gemeinschaftsrechtes.

 

C) Ausgenommen von der Verantwortlichkeit von Herrn x sind:

 

Die Einhaltung aller Vorschriften hinsichtlich der räumlich abgegrenzten Bereiche des x der x (Zentrallager) in x.

 

Anlässlich einer Kontrolle am 27. Dezember 2007 in der Filiale der x, wurde durch ein Kontrollorgan des Arbeitsinspektorates Wiener Neustadt festgestellt, dass den drei beschäftigten Arbeitnehmerinnen der Filiale keine Kleiderkästen zur Verfügung standen, da in den in der Filiale vorhandenen beiden absperrbaren Doppelspinden pyrotechnische Artikel gelagert wurden.

 

Die in den Filialen im Verkauf Beschäftigten der x werden vom Unternehmen verpflichtet, bei ihrer Tätigkeit einen weißen Arbeitsmantel zu tragen.

 

Im vom Bw vertretenen Unternehmen war zum Tatzeitpunkt kein ausreichendes Kontrollsystem eingerichtet, mit dem sichergestellt war, dass die gegenständliche Übertretung arbeitnehmerschutzrechtlicher Vorschriften hintan gehalten wird.

 

4.2. Dieser Sachverhalt ergibt sich aus dem Akteninhalt, dem Wortlaut der im Akt einliegenden und in das Verfahren einbezogenen Urkunden und Unterlagen sowie den Aussagen der in der mündlichen Berufungsverhandlung einvernommenen Zeugen.

 

Der Umstand, dass bei der Kontrolle jeder der (vier) in der Filiale vorhandenen Spinde zur Lagerung pyrotechnischer Artikel verwendet wurde, wurde in der Berufung nicht bestritten und vom Zeugen x in seiner Aussage in der Berufungsverhandlung nochmals bestätigt. Auch in der (zeitnäheren) Stellungnahme des Arbeitsinspektorates im erstbehördlichen Verfahren vom 4. Juni 2008 wird ausgeführt, dass die Lagerung der pyrotechnischen Artikel in den beiden Doppelspinden durchgeführt wurde. Die Aussagen der Zeugin x, wonach am Kontrolltag einer der vorhandenen Spinde als Kleiderkasten für die Mitarbeiterinnen zur Verfügung stand, erscheint daher nicht glaubwürdig und ist durch den lange zurückliegenden Tatzeitpunkt erklärbar sowie den Umstand, dass es diesbezüglich bereits mehrfache Kontrollen gab.

 

Die Sachverhaltsfeststellung, wonach die im Verkauf tätigen Beschäftigten des Unternehmens einen weißen Arbeitsmantel tragen müssen, ist den Aussagen der Zeugin x zu entnehmen und wurde am Verhandlungstag in den beiden anderen Berufungsverfahren auch von den als Zeuginnen einvernommenen Arbeitnehmerinnen der x  angegeben.

 

5. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 9 Abs.1 VStG ist für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften durch juristische Personen, Personengesellschaften des Handelsrechts oder eingetragene Erwerbsgesellschaften, sofern die Verwaltungsvorschriften nicht anderes bestimmen und soweit nicht verantwortlich Beauftragte (Abs.2) bestellt sind, strafrechtlich verantwortlich, wer zur Vertretung nach außen berufen ist.

 

Gemäß § 9 Abs.2 VStG sind die zur Vertretung nach außen Berufenen berechtigt, aus ihrem Kreis eine oder mehrere Personen als verantwortliche Beauftragte zu bestellen, denen für das ganze Unternehmen oder für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens die Verantwortung für die Einhaltung der Verwaltungsvorschriften obliegt. Für bestimmte räumlich oder sachlich abgegrenzte Bereiche des Unternehmens können aber auch andere Personen zu verantwortlich Beauftragten bestellt werden.

 

Gemäß § 130 Abs.1 Z15 ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG), BGBl.Nr. 450/1994 idgF begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe von 145 Euro bis 7.260 Euro, im Wiederholungsfall mit Geldstrafe von 290 bis 14.530 Euro zu bestrafen ist, wer als Arbeitgeber entgegen diesem Bundesgesetz oder den dazu erlassenen Verordnungen die Verpflichtung betreffend die Einrichtung und den Betrieb von Arbeitsstätten oder Baustellen einschließlich der Sozial- und Sanitäreinrichtungen verletzt.

 

Gemäß § 35 Abs.1 Arbeitsstättenverordnung (AStV), BGBl.II Nr. 1998/368 idgF ist für jede/n Arbeitnehmer/in ein Kleiderkasten zur Verfügung zu stellen, der

  1. ausreichend groß, luftig und versperrbar ist,
  2. geeignet ist, Kleidung und sonstige persönliche Gegenstände gegen Wegnahme zu sichern und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche zu schützen.

 

Gemäß § 35 Abs.2 AStV muss abweichend von Abs.1 nicht für jede/n Arbeitnehmer/in ein eigener Kleiderkasten zur Verfügung gestellt werden, wenn

1. die Arbeitnehmer/innen

         a)ausschließlich mit büroähnlichen Tätigkeiten beschäftigt werden oder

         b) im Verkauf beschäftigt werden und keine besondere Arbeits- oder Schutzkleidung tragen, und

2. für die Kleidung eine andere versperrbare Aufbewahrungsmöglichkeit zur Verfügung steht, in der sie gegen Wegnahme gesichert und vor Einwirkungen wie Nässe, Staub, Rauch, Dämpfe oder Gerüche geschützt ist, und

3. für jede/n Arbeitnehmer/in eine versperrbare Einrichtung zur Aufbewahrung der sonstigen persönlichen Gegenstände zur Verfügung steht.

 

5.2. Dem Bw wird im gegenständlichen Verfahren vorgeworfen, dass den drei in der Filiale des von ihm vertretenen Unternehmens in x beschäftigten Arbeitnehmerinnen am Kontrolltag keine Kleiderkästen zur Verfügung standen. Aufgrund des festgestellten Sachverhaltes ist dieser Tatvorwurf erwiesen, da am 27. Dezember 2007 die in der Filiale vorhandenen absperrbaren Aufbewahrungsmöglichkeiten zur Lagerung von pyrotechnischen Gegenständen benützt wurden. Nach Angaben der Filialleiterin haben davor die Beschäftigten ihre Kleiderschränke für diese Lagerung frei gemacht. Da sich im Verfahren zudem herausstellte, dass die im Verkauf beschäftigten Arbeitnehmerinnen der x verpflichtet sind, einen weißen Arbeitsmantel als Arbeitskleidung zu tragen (entsprechende Zeugenaussagen erfolgten durch alle am Verhandlungstag einvernommenen Mitarbeiterinnen der x, so auch durch die Zeugin x im gegenständlichen Verfahren), scheidet die in § 35 Abs.2 AStV vorgesehene Ausnahme zur verpflichtenden Bereitstellung von Kleiderkästen schon mangels Vorliegen der Voraussetzung nach § 35 Abs.2 Z1 lit. b leg.cit. aus. Es kann daher dahingestellt bleiben, inwiefern ein von allen Beschäftigten genutztem Büroraum mit einer verschließbaren Lade den weiteren Anforderungen für das Vorliegen des Ausnahmetatbestandes gem. § 35 Abs.2 gerecht wird.

 

Indem am Kontrolltag 27. Dezember 2007 den drei in der gegenständlichen Filiale beschäftigten Arbeitnehmerinnen kein eigener (arg.: Einleitungssatz zu § 35 Abs.2 AStV: "Abweichend von Abs.1 muss nicht für jede/n Arbeitnehmer/in ein eigener Kleiderkasten zur Verfügung gestellt werden, wenn...") Kleiderkasten zur Verfügung stand, ist der objektive Sachverhalt der gegenständlichen Verwaltungsübertretung als erfüllt zu werten. Das Vorbringen, dass nicht alle drei Arbeitnehmerinnen gleichzeitig in der Filiale anwesend sind, ändert daher ebenso wenig an der Verwirklichung des objektiven Tatbildes, wie der Umstand, dass in der Filiale grundsätzlich Schränke zur Aufbewahrung vorhanden sind, da diese am Kontrolltag von den Beschäftigten unzweifelhaft nicht als Kleiderkasten genutzt werden konnten.

 

Entgegen den Berufungsausführungen entspricht auch der Spruch des gegenständlichen Straferkenntnisses zudem den in § 44a VStG aufgestellten Konkretisierungsgebot. Dem § 44a Z. 1 VStG ist dann entsprochen, wenn im Spruch des Straferkenntnisses dem Beschuldigten die Tat in so konkretisierter Umschreibung vorgeworfen wird, dass er in die Lage versetzt wird, auf den konkreten Tatvorwurf bezogene Beweise anzubieten, um eben diesen Tatvorwurf zu widerlegen, und der Spruch geeignet ist, den Beschuldigten (Bestraften) rechtlich davor zu schützen, wegen desselben Verhaltens nochmals zur Verantwortung gezogen zu werden. Im Spruch der belangten Behörde, die Arbeitgeberin x habe am 27.12.2007 nicht dafür gesorgt, dass den insgesamt drei beschäftigten Arbeitnehmerinnen in der gegenständlichen Arbeitsstätte Kleiderkästen zur Verfügung standen, ist mitenthalten, dass der Arbeitgeber keine entsprechenden Maßnahmen gesetzt hat, damit dem Gebot im Sinne des Einleitungssatz des § 35 AStV entsprochen wird (vgl. VwGH v. 27. 1. 2006, Zl. 2005/02/0158). Dieser Tatvorwurf ist somit ausreichend konkretisiert und versetzt den Bw in die Lage, allfällige Beweise zu dessen Widerlegung anzubieten. Gleichzeitig ist gewährleistet, dass sich der Bw wegen desselben Verhaltens nicht nochmals zu verantworten hat (vgl. VwGH v. 12.12.1996, Zl. 95/07/0218).

 

5.3. Zur bestrittenen verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit des Bw ist zunächst auszuführen, dass gemäß § 23 Abs.1 Arbeitsinspektionsgesetzt 1993 (ArbIG) die Bestellung von verantwortlichen Beauftragten gemäß § 9 Abs.2 und 3 VStG für die Einhaltung von Arbeitnehmer/innenschutzvorschriften und für die Einhaltung dieses Bundesgesetzes erst wirksam wird, nachdem beim zuständigen Arbeitsinspektorat eine schriftliche Mitteilung über die Bestellung samt einem Nachweis der Zustimmung des/der Bestellten eingelangt ist. Es reicht daher gemäß § 23 Abs.1 ArbIG die Bestellung des/der verantwortlichen Beauftragten nicht aus, sondern ist für die Wirksamkeit der Bestellung eine Mitteilung an das zuständige Arbeitsinspektorat in schriftlicher Form erforderlich, wobei diese schriftliche Mitteilung "eingelangt" sein muss. Dies bedeutet nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes, dass es nicht auf die Absendung der schriftlichen Mitteilung ankommt, sondern definiert vielmehr diese Bestimmung eine Bringschuld. Maßgeblich für das Zustandekommen und die Wirksamkeit der Bestellung ist daher das Einlangen beim zuständigen Arbeitsinspektorat. Dies hätte der Bw vielmehr nachzuweisen und obliegt ihm die diesbezügliche Beweislast. Dies bedeutet, dass die Versendung und der Postlauf dem Risiko des Einschreiters zuzurechnen ist. 

 

Wenn sich der Bw bezüglich des verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung auf die mit der Berufung vorgelegte, mit 1.1.2003 unterfertigte Bestellurkunde betreffend Frau x, beruft, so ist ihm zunächst entgegen zu halten, dass ein Einlangen der im Verfahren vorgelegten Bestellurkunde vom 1.1.2003 betreffend Frau x beim zuständigen Arbeitsinspektorat  Wiener Neustadt im Verfahren nicht nachgewiesen wurde. Aus dem Berufungsvorbringen, dass die Bestellurkunde betreffend Frau x "Anfang 2003" bei allen Arbeitsinspektoraten einlangte, ist im Hinblick auf das Vorgesagte für das Vorbringen des Bw nichts zu gewinnen.

 

Nachweislich ging jedoch beim zuständigen Arbeitsinspektorat am 3. Juni 2005 eine am 9. Mai 2005 unterfertigte Bestellurkunde betreffend Herrn x ein. Darin wird die Bestellung des Herrn x zum verantwortlich Beauftragten für den in Punkt III. bezeichneten sachlich und räumlich abgegrenzten Bereich festgelegt. In Punkt III. B) 1.) wird vom Verantwortungsbereich des verantwortlich Beauftragten die räumliche Ausstattung und/oder bauliche Ausgestaltung der jeweiligen Filialen ausdrücklich ausgenommen, da Herrn x offenbar diesbezüglich keine Anordnungsbefugnis innerhalb der Unternehmensstruktur zukam (vgl. die Ausführungen des Bw in der Stellungnahme vom 9. September 2010 im Verfahren VwSen-281216). Indem sich die gegenständliche Verwaltungsübertretung auf die am Tattag festgestellt (fehlende) Ausstattung der Filiale x mit Kleiderkästen bezog, ist die Übertretung vom Verantwortungsbereich der Bestellurkunde betreffend Herrn x daher nicht umfasst.

 

Entgegen den Ausführungen des Bw ist – unabhängig vom fehlenden Nachweis des Einlangens beim zuständigen Arbeitsinspektorat – auch aus der vorgelegten Bestellurkunde betreffend Frau x aus dem Jahr 2003 nichts für das Vorbringen des Bw, er sei für die vorgeworfenen Verwaltungsübertretung nicht  strafrechtlich verantwortlich, nichts zu gewinnen. Dies aus dem Umstand, dass zu einem späteren Zeitpunkt und zudem nachweislich (am 3. Juni 2005) eine anderslautende Bestellungsurkunde beim zuständigen Arbeitsinspektorat einging und im diesbezüglichen Übersendungsschreiben vom 1. Juni 2005 ausdrücklich ist, dass allfällige frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden.

 

Nach ständiger Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat ein nach § 9 Abs.2 VStG eröffneter gewillkürter Übergang der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortlichkeit in eindeutiger Weise zu erfolgen, ohne dass die Behörde in die Lage versetzt wird, noch weitere Ermittlungen und Erhebungen über den jeweiligen Betrieb und seine Gliederung in räumlicher und sachlicher Hinsicht anzustellen. Sie sollen auch der Aufgabe enthoben sein, die Bestellung einer nur unter Zuhilfenahme weiterer Beweise möglichen Interpretation unterziehen zu müssen (vgl. VwGH vom 29.4.1997, 96/05/0282, vom 7.4.1995, 94/02/0470). Jedenfalls soll vermieden werden, dass Zweifel am Umfang des Verantwortlichkeitsbereiches entstehen und als deren Folge die Begehung von Verwaltungsübertretungen allenfalls überhaupt ungesühnt bleibt (vgl. VwGH vom 29.11.2005, Zl. 2002/06/0147, mwN). Wenn der Bw vermeint, es liege eine denkunmögliche Interpretation vor, wenn die Bestellung des Herrn x dazu führen würde, dass die Bestellung der Frau x – für die von seinem Verantwortungsbereich ausgenommenen – Belange nicht besteht, so ist ihm entgegen zu  halten, dass schon aus dem Wortlaut des dem Arbeitsinspektorat übermittelten Anschreibens eindeutig hervorgeht, dass frühere Bestellungen ausdrücklich widerrufen werden (vgl. dazu auch VwGH vom 24. September 2010, Zl. 2010/02/0077). Eine Interpretation dahingehend, dass es sich dabei nur um jene Belange handelt, auf die sich die Bestellurkunde des Herrn x bezieht, würde dem objektiven Erklärungswert dieser Urkunde widersprechen und zudem die Behörde in die Lage versetzen, Interpretationen hinsichtlich des allenfalls Gewollten anzustellen.

 

Da somit hinsichtlich des dem Bw zur Last gelegten Tatvorwurfs eine Übertragung der verwaltungsstrafrechtlichen Verantwortung an einen/eine verantwortlich Beauftragte iSd § 9 Abs.2 VStG nicht vorliegt, hat gemäß § 9 Abs.1 VStG der Bw als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x die gegenständliche Verwaltungsübertretung zu verantworten.

 

5.4. Gemäß § 5 Abs.1 VStG genügt, wenn eine Verwaltungsvorschrift über das Verschulden nichts anderes bestimmt, zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

 

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder die Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Es ist daher zu prüfen, ob sich der Bw entsprechend sorgfältig verhalten hat, um glaubhaft machen zu können, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft.

 

Zum Berufungsvorbringen, wonach es im vom Bw vertretenen Unternehmen entsprechende Anweisungen an die Beschäftigten gab, für die Lagerung pyrotechnischer Artikel absperrbare Behältnisse anzufordern, ist auszuführen, dass der Verwaltungsgerichtshof schon mehrfach ausgesprochen hat, dass für die Befreiung von der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers die Einrichtung eines wirksamen Kontrollsystems entscheidend ist (vgl. z.B. VwGH vom 19. Oktober 2001, Zl. 2000/02/0228). Die Erteilung von Weisungen entschuldigt den Arbeitgeber (bzw. den zur Vertretung nach außen Berufenen) nur dann, wenn er darlegt und glaubhaft gemacht hat, dass er Maßnahmen ergriffen hat, um die Einhaltung der erteilten Anordnungen betreffend die Beachtung der Rechtsvorschriften zu gewährleisten, insbesondere welche Kontrollen er eingerichtet und wie er sich vom Funktionieren des Kontrollsystems informiert hat. Das entsprechende Kontrollsystem hat selbst für den Fall eigenmächtiger Handlungen von Arbeitnehmern Platz zu greifen (vgl. z.B. VwGH vom 15. September 2004, Zl. 2003/09/0124, mwN).

 

Der Bw hat jedoch nicht erkennbar dargelegt, wie sein behauptetes Kontrollsystem hätte funktionieren sollen. Insbesondere wurde nicht dargelegt welche konkreten Anweisungen es an die Filialleiter/innen gab, damit auch in der Zeit der Lagerung pyrotechnischer Artikel (vor dem Jahreswechsel) den in den Filialen Beschäftigten jedenfalls eigene Kleiderkästen zur Verfügung stehen, und wie diese Anweisungen kontrolliert wurden. Vielmehr war bei der Anlieferung der pyrotechnischen Artikel offenbar nicht gewährleistet, dass in den Filialen auch entsprechende Lagermöglichkeiten zur Verfügung stehen, sondern wurde deren Anforderungen den einzelnen Filialleiter/innen überlassen (vgl. Zeugenaussage x, Tonbandprotokoll Seite 2: "Wir haben das bislang immer so gemacht, dass wir einen der Spinde für die Lagerung der pyrotechnischen Artikel von den Mitarbeiterinnen ausräumen"). Wenn der Zeuge x im Verfahren VwSen-281241 dazu angab, er sei in dieser Zeit fast pausenlos auf Kontrolltour in Österreich in den Filialen unterwegs und kontrolliere die Lagerung (vgl. TBP VwSen-281241/13ad/Py/Hu vom 23. September 2010, S. 4), so ist ihm entgegenzuhalten, dass die Zeugin x in ihrer Aussage nicht angeben konnte, dass Herr x in dieser Zeit bereits einmal ihre Filiale besucht hat (vgl. TBP S. 2). Auch aus den Angaben der Zeugen x, er gehe davon aus, dass diese Lagerungsmöglichkeit gewählt wurde, da ja nicht immer gleichzeitig alle Beschäftigten in der Filiale anwesend sind (vgl. TBP VwSen-281241/13ad/Py/Hu vom 23. September 2010, S. 4), ist ersichtlich, dass es hinsichtlich der Zurverfügungstellung von Kleiderkästen offenbar keine ausreichenden Anweisungen im Unternehmen gab bzw. allfällige Anweisungen nicht überprüft wurden. Das Vorliegen eines ausreichenden Kontrollsystems konnte der Bw daher nicht unter Beweis stellen. Vielmehr blieb er schuldig darzulegen, durch welche ineinander greifenden Maßnahmen die Einhaltung der gesetzlichen Bestimmungen lückenlos hätte sichergestellt werden sollen.

 

Dem Bw ist die gegenständliche Verwaltungsübertretung daher auch in subjektiver Hinsicht zuzurechnen.

 

6. Gemäß § 19 Abs.1 VStG ist Grundlage für die Bemessung der Strafe stets das Ausmaß der mit der Tat verbundenen Schädigung oder Gefährdung derjenigen Interessen, deren Schutz die Strafdrohung dient, und der Umstand, inwieweit die Tat sonst nachteilige Folgen nach sich gezogen hat.

 

Nach § 19 Abs.2 VStG sind im ordentlichen Verfahren überdies die nach dem Zweck der Strafdrohung in Betracht kommenden Erschwerungs- und Milderungsgründe, soweit sie nicht schon die Strafdrohung bestimmen, gegeneinander abzuwägen. Auf das Ausmaß des Verschuldens ist besonders Bedacht zu nehmen. Unter Berücksichtigung der Eigenart des Verwaltungsstrafrechtes sind die Bestimmungen der §§ 32 bis 35 des Strafgesetzbuches sinngemäß anzuwenden. Die Einkommens-, Vermögens- und Familienverhältnisse des Beschuldigten sind bei der Bemessung von Geldstrafen zu berücksichtigen.

 

Laut ständiger Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofes handelt es sich bei der Strafzumessung innerhalb eines gesetzlichen Strafrahmens um eine Ermessensentscheidung, die nach den Kriterien des § 19 VStG vorzunehmen ist. Die maßgebenden Umstände und Erwägungen für diese Ermessensabwägung sind in der Begründung des Bescheides so weit aufzuzeigen, als dies für die Rechtsverfolgung durch die Parteien des Verwaltungsstrafverfahrens und für die Nachprüfbarkeit des Ermessensaktes erforderlich ist. § 19 Abs.1 VStG enthält somit jene objektiven Kriterien, die Grundlage für jede Strafbemessung sind. Darüber hinaus normiert Abs.2 für das ordentliche Verfahren eine Reihe weiterer subjektiver Umstände.

 

Die belangte Behörde hat bei der Strafbemessung als erschwerend gewertet, dass die Arbeitgeberin bereits ein Jahr vor dem gegenständlichen Vorfall vom Arbeitsinspektorat auf die Einhaltung der gegenständlichen Verwaltungsvorschrift aufmerksam gemacht wurde. Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates erscheint daher auch eine über der Mindeststrafe gelegene Geldstrafe als angemessen und gerechtfertigt. Jedoch ist als mildernd die lange Dauer des gegenständlichen Verwaltungsverfahrens zu werten. Diesbezüglich hat der Verfassungsgerichtshof im Erkenntnis vom 26. Juni 2008, Zl. B304/07 ausgesprochen, dass die Angemessenheit der Verfahrensdauer nach der Rechtsprechung des EGMR nicht abstrakt, sondern im Lichte der besonderen Umstände jedes einzelnen Falles zu beurteilen ist. Die besonderen Umstände des Einzelfalles ergeben sich aus dem Verhältnis und der Wechselwirkung verschiedener Faktoren. Neben Faktoren, welche die Verfahrensdauer beeinflussen, nämlich die Schwierigkeit des Falles, das Verhalten des Beschwerdeführers und das Verhalten der staatlichen Behörden in dem bemängelten Verfahren, ist auch die Bedeutung der Sache für den Beschwerdeführer relevant (vgl. VfSlg. 17.307/2004; 17.582/2005, 17.644/2005). Nicht eine lange Verfahrensdauer schlechthin führt zu einer Verletzung, sondern nur eine Verzögerung, die auf Versäumnis der staatlichen Organe zurückzuführen ist. Der Rechtsprechung des EGMR ist daher keine fixe Obergrenze für die Angemessenheit der Verfahrensdauer zu entnehmen, ab deren Überschreitung jedenfalls eine Verletzung des Art.6 Abs.1 EMRK anzunehmen wäre (vgl. VfSlg. 16.385/2001 mH auf die Rechtsprechung des EGMR). Im gegenständlichen Verfahren sind seit der Tatbegehung und der Erlassung des Erkenntnisses des Oö. Verwaltungssenates nahezu drei Jahre vergangen, sodass von keiner iSd Art.6 Abs.1 EMRK zu qualifizierenden noch gänzlich angemessenen Verfahrensdauer auszugehen war. Dieser Umstand war daher als Milderungsgrund iSd § 24 Abs.2 StGB bei der Strafbemessung entsprechend zu werten.

 

Seitens des Unabhängigen Verwaltungssenates konnte daher die von der Erstbehörde Strafe unter Berücksichtigung dieses Milderungsgrundes auf das nunmehrige Ausmaß herabgesetzt werden. Eine weitere Herabsetzung erscheint jedoch sowohl aus spezial- als auch aus generalpräventiven Gründen nicht zweckmäßig. Auch kann ein Überwiegen von Milderungsgründen nicht festgestellt werden, weshalb eine Anwendung des § 20 VStG ebenso wie ein Vorgehen nach § 21 VStG ausscheidet, da die dafür erforderlichen kumulativen Voraussetzungen nicht vorliegen.

 

Es war somit spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

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