Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-281267/2/Py/Rd/Hu

Linz, 04.11.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Dr. Andrea Panny über die Berufung des Herrn x, vertreten durch x, gegen das Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9. August 2010, Ge96-19-2010, wegen einer Verwaltungsübertretung nach der Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) zu Recht erkannt:

I.       Der Berufung wird Folge gegeben und das angefochtene Straferkenntnis behoben.

II.     Es entfällt die Verpflichtung zur Leistung jeglicher Verfahrens­kosten­beiträge.

Rechtsgrundlagen:

zu I: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG iVm §§ 24, 27 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG

zu II: § 66 Abs.1 VStG.

Entscheidungsgründe:

1. Mit Straferkenntnis der Bezirkshauptmannschaft Perg vom 9. August 2010, Ge96-19-2010, wurde über den Berufungswerber eine Geldstrafe von 500 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 72 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 34 Abs.2 Z3 Arbeitsmittelverordnung (AM-VO) iVm § 130 Abs.1 Z16 ASchG verhängt, weil er es als zur Vertretung nach außen gemäß § 9 Abs.1 VStG berufenes Organ, nämlich als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x, der Arbeitgeberin zu verantworten hat, dass, wie im Zuge einer Unfallerhebung in der Arbeitsstätte x, am 12.03.2010 durch ein Organ des Arbeitsinspektorates Linz festgestellt wurde, am 08.03.2010 die vom Arbeitnehmer x, geb. x, bei den Reinigungsarbeiten der Sandfilter in einem Entwässerungssilo der Produktionshalle verwendete Leiter nicht gegen Wegrutschen und Umfallen gesichert war.

 

2. Dagegen wurde fristgerecht Berufung eingebracht und die Aufhebung des Straferkenntnisses und die Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens beantragt.

Begründend wurde hiezu ausgeführt, dass der Tatvorwurf, wonach die gegenständliche Leiter nicht gegen Wegrutschen gesichert war, noch keinen strafbaren Tatbestand begründen könne, wenn grundsätzlich die Möglichkeit bestanden hätte, eine Absicherung vorzunehmen. Die Absicherung sei bis jetzt immer dadurch erfolgt, dass durch einen zweiten Mann die Leiter gesichert worden sei. Aus welchen Gründen der verunfallte Mitarbeiter auf die Beiziehung eines zweiten Mitarbeiters verzichtet habe, sei völlig unerklärlich. Grundsätzlich sei er dementsprechend angewiesen gewesen, nur bei einer Absicherung die Leiter zu nutzen und hätte auch die Möglichkeit bestanden, einen zweiten Mitarbeiter beizuziehen. Es sei auch bislang noch zu keinem derartigen Vorfall gekommen, obwohl die gegenständlichen Silos seit 20 Jahren bestehen und regelmäßig in dieser Art gereinigt werden. Der verunfallte Mitarbeiter hätte diese Arbeiten nicht durchführen dürfen, wenn er nicht durch einen zweiten Mitarbeiter gesichert gewesen wäre. Nachdem allerdings im Unternehmen ausreichend organisiert sei, dass es zu derartigen Vorfällen nicht komme und eine ausreichende Absicherung gegeben gewesen sei, hätte keine Strafe verhängt werden dürfen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Perg als belangte Behörde hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt vorgelegt.

 

Da bereits aufgrund der Aktenlage feststeht, dass der mit Berufung angefochtene Bescheid aufzuheben ist, entfällt gemäß § 51e Abs.2 Z1 VStG die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung.

 

4. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

4.1. Gemäß § 27 Abs.1 VStG ist örtlich zuständig die Behörde, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist.

 

Gemäß § 28 VStG ist die Behörde, die zuerst von einer Verwaltungsübertretung Kenntnis erlangt, zur Verfolgung zuständig, solange nicht ein Umstand hervorgekommen ist, der nach § 27 Abs.1 die Zuständigkeit einer anderen Behörde begründet.

 

4.2. Mit Schreiben vom 23. März 2010, GZ: 041-30/1-9/10, erstattete das Arbeitsinspektorat Linz anlässlich einer Unfallerhebung am 12. März 2010 Strafanzeige an die Bezirkshauptmannschaft Perg hinsichtlich der Nichteinhaltung von Arbeitnehmerschutzvorschriften durch die Firma x.

 

Mit Schreiben vom 8. April 2010 brachte die Bezirkshauptmannschaft Perg Herrn x, als handelsrechtlicher Geschäftsführer der x mit dem Sitz in x, die ihm zur Last gelegte Verwaltungsübertretung zur Kenntnis.

 

4.3. Nach der ständigen Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes ist für die örtliche Zuständigkeit der einschreitenden Strafbehörde grundsätzlich nicht der Ort maßgeblich, an dem das Unternehmen betrieben wird. Vielmehr ist gemäß § 27 Abs.1 VStG örtlich die Behörde zuständig, in deren Sprengel die Verwaltungsübertretung begangen worden ist, auch wenn der zum Tatbestand gehörende Erfolg in einem anderen Sprengel eingetreten ist. Wird dem Beschuldigten die Unterlassung gebotener Vorsorgehandlungen angelastet, so ist für die Bestimmung der örtlich zuständigen Behörde der Ort maßgebend, an dem der Beschuldigte tätig hätte werden sollen (handeln hätte sollen). Das ist jener Ort, an dem die Unternehmensleitung ihren Sitz hat.

 

Wird ein zur Vertretung einer juristischen Person nach außen befugtes Organ gemäß § 9 Abs.1 VStG verwaltungsstrafrechtlich zur Verantwortung gezogen, so ist im Bereich des Arbeitnehmerschutzrechtes Tatort der Verwaltungsübertretung der Sitz der Unternehmensleitung, weil an diesem Ort die Disposition und Anordnungen zur Verhinderung der Verstöße gegen Arbeitnehmerschutz­vor­schriften zu treffen gewesen wären (vgl. VwGH vom 14.12.2007, 2007/02/0290, 24.4.2009, 2008/02/0118 uva).

 

Wenngleich es sich bei der Firma x in x, offenkundig um eine weitere – obzwar diese weder im Firmenbuch noch im Zentralen Gewerberegister als solche aufscheint – Betriebsstätte handelt, bleibt der Unternehmenssitz in x, etabliert. Es sind im Verfahren keinerlei Anhaltspunkte dafür hervorgetreten, dass der Berufungswerber anderswo als am Sitz des Unternehmens in x Dispositionen treffen würde. Der belangten Behörde kommt daher keine örtliche Zuständigkeit zu. Sie wäre vielmehr gehalten gewesen, das Verfahren an die örtlich zuständige Bezirkshauptmannschaft Melk gemäß § 27 Abs.1 VStG abzutreten. Indem die belangte Behörde als örtlich unzuständige Behörde das Verwaltungsstrafverfahren gegen den Berufungs­werber geführt und das nunmehr angefochtene Straferkenntnis erlassen hat, belastet sie ihren Bescheid mit Rechtswidrigkeit und war dieser anlässlich der Berufung zu beheben.

 

4.4. Abschließend darf darauf hingewiesen werden, dass eine Verfolgungs­handlung gemäß § 32 Abs.2 VStG, die den Eintritt einer Verfolgungsverjährung ausschließt, auch von einer unzuständigen Behörde – sofern sie das VStG anzuwenden hat – ausgehen kann. Es war sohin das angefochtene Straferkenntnis lediglich zu beheben, das Verwaltungsstrafver­fahren gegen den Berufungswerber jedoch nicht zur Einstellung zu bringen.

 

5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.            

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungs­gerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

Dr. Andrea Panny

 

 

 

 

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