Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-530982/21/Bm/Sta

Linz, 24.11.2010

E r k e n n t n i s

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mit­glied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung der x, vertreten durch Rechtsanwalt x, x, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.8.2009, Ge20-25785-1-2009-Sir, betreffend Vorschreibung einer zusätzlichen Auflage gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 zu Recht erkannt.

 

 

         Der Berufung wird insofern Folge gegeben, als die im Spruch     zusätzlich vorgeschriebene Auflage wie folgt geändert wird:

          "Im Bereich der Betriebseinfahrt auf das Gst. Nr. x, KG. x, x, ist eine Schrankenanlage oder gleichartige Einrichtung zu errichten, durch die die Zu- und Abfahrt von Lkw (Kraftfahrzeuge mit mehr als 3.500 kg höchstzulässigem Gesamtgewicht) wie folgt geregelt wird:

          In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr ist der Schranken bei Erreichen von insgesamt 3 Zu- oder Abfahrten automatisch zu schließen. In der Zeit zwischen 23.00 Uhr und 06.00 Uhr ist der Schranken bei Erreichen von insgesamt 2 Zu- oder Abfahrten innerhalb einer Stunde, beginnend zu jeder vollen Stunde, automatisch zu schließen. Über die ordnungsgemäße Ausführung der Steuerung der Anlage ist bis zum 30.4.2011 ein Nachweis durch ein befugtes Fachunternehmen der Behörde vorzulegen."

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs. 4 Allgemeines Verwal­tungsverfahrens­gesetz 1991 – AVG iVm §§ 67a Abs.1 und 58 AVG.

 

Entscheidungsgründe:

1. Mit Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land vom 6.8.2009, Ge20-25785-1-2009-Sir, wurde den Betreibern (x, x, x und  x, x) der gewerbebehördlich genehmigten Betriebsanlage im Standort x, x, folgende zusätzliche Auflage im Grunde des § 79 Abs.1 GewO 1994 vorgeschrieben:

In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr dürfen keine Lkw (Kraftfahrzeuge mit mehr als 3.500 kg höchstzulässigem Gesamtgewicht) auf das Gst. Nr. x, KG. x, x, zufahren oder von diesem abfahren. Weiters dürfen im selben Zeitraum die Motoren solcher Kraftfahrzeuge nicht am Stand laufen gelassen werden (zB. Warmlaufenlassen des Motors).

 

Dieser Bescheid erging im Grunde des § 79 Abs.1 GewO 1994 nach Einholung eines gewerbetechnischen und eines medizinischen Gutachtens.

In der Begründung des Bescheides wurde nach Zitierung der Rechtsgrundlage und der eingeholten Sachverständigengutachten ausgeführt, dass die Vorschreibung dieser nachträglichen Auflage erforderlich ist, um die Nachbarn vor Gesundheitsgefährdungen zu schützen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die Konsensinhaberin x durch ihre Rechtsvertretung innerhalb offener Frist Berufung erhoben und darin im Wesentlichen ausgeführt, dass die zur Klärung der Frage, ob die von der Betriebsanlage x, ausgehende nächtliche Lärmemission eine Gefährdung der Gesundheit der Nachbarn bewirke, durchgeführten Messungen nicht geeignet seien, ein Vorgehen nach § 79 GewO zu tragen. Es führe dies dazu, dass alle darauf aufbauenden Gutachten inhaltlich unrichtig seien, da von falschen Werten ausgegangen werde. Die beiden Messpunkte würden sich im Garten des der Betriebsanlage nächstgelegenen Grundstückes x, x, sowie in einem der Betriebsanlage zugewandten Zimmer des darauf errichteten Wohnhauses befinden. Es handle sich bei letzterem um ein von den Nachbarn als Aufenthaltsraum genutztes Zimmer, nicht hingegen um deren Schlafraum.

 

Maßgeblich für die Beurteilung, ob die von der Betriebsanlage ausgehende Lärmimmission gesundheitsschädigende Auswirkungen auf die Nachtruhe der Nachbarn zeitige, sei der tatsächlich ans Ohr des Schlafenden gelangende Lärm, welche allein aussagekräftigen Werte von der Erstbehörde jedoch nicht erhoben worden seien. Vielmehr würden sowohl die Amtssachverständige in ihrem Gutachten vom 12.2.2009 wie auch die Erstbehörde ihrer Beurteilung die bei den Messungen im Garten bzw. im Aufenthaltsraum ermittelten Werte zu Grunde legen, welchen jedoch, da nicht im Schlafraum gemessen, tatsächlich keine Relevanz zukomme. Es möge zwar richtig sein, dass es jedem benachbarten Bewohner freigestellt bleibe, Räume nach eigenen Vorstellungen und Wünschen zu nutzen, daher eine Änderung dieser Nutzung nicht erzwungen werden könne, die Erstbehörde verkenne dabei jedoch, dass eine solche Änderung von uns nicht gefordert werde, sondern würden die Nachbarn der Liegenschaft x, x, diese seit Jahren bewohnen und würden ihre Entscheidung betreffend die Raumaufteilung und –nutzung bereits getroffen haben.

Der Beurteilung der von der Betriebsanlage ausgehenden Lärmimmission und einer etwaigen damit einhergehenden Gesundheitsgefährdung sei die tatsächlich im Entscheidungszeitpunkt bestehende Situation zu Grunde zu legen. Zur Feststellung der Auswirkungen des Lärms auf den Schlaf der Nachbarn hätten daher die Werte im tatsächlich als Schlafraum genutzten Zimmer erhoben werden müssen, die vorliegenden Messergebnisse aus dem Garten bzw. dem Aufenthaltsraum würden solche Auswirkungen nicht belegen.

Diese Mangelhaftigkeit manifestiere sich insbesondere auch in den beiden medizinischen Gutachten, welche einen integrierenden Bestandteil des bekämpften Bescheides darstellen würden, insbesondere im Gutachten vom 20.4.2009, welches davon ausgehe, dass die Messergebnisse im Schlafzimmer ermittelt worden seien und nicht in einem Aufenthaltsraum. Die im Aufenthaltsraum ermittelten Lärmmesswerte würden zufolge dem gewerbetechnischen Gutachten vom 17.11.2008 durch die schallharte Ausgestaltung des Raumes zusätzlich erhöht, worunter das Fehlen jeglicher schalldämmender Einrichtungsgegenstände wie Vorhänge, Teppiche, etc. verstanden werden könne. In einem als Schlafraum genutzten Raum würden sich hingegen in der Regel solche Gegenstände befinden, wodurch die Schallemissionen wesentlich verringert würden. Da im gegenständlichen Fall die Auswirkungen des Lärms auf den Schlaf der Nachbarn entscheidungswesentlich seien, seien Messungen auch in einem entsprechend ausgestattetem Raum durchzuführen. Im für den gegenständlichen Bescheid maßgeblichen Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr seien keine Messungen erfolgt und sei die tatsächliche Lärmbelastung der Nachbarn im fraglichen Zeitraum daher nicht festgestellt worden. Ob die von der Betriebsanlage ausgehenden Schallimmissionen im relevanten Zeitraum jenen zu den Messzeitpunkten entsprechen würden sei reine Spekulation, welche die mit gegenständlichem Bescheid erlassene Auflage – welche immerhin weitreichende Auswirkungen auf den Geschäftsbetrieb entfalte, nicht zu stützen vermag. Wäre eine ordnungsgemäße Messung erfolgt, hätte diese aufgezeigt, dass die tatsächlichen Belastungen deutlich geringer seien, daher kein Vorgehen nach § 79 Abs.1 GewO erforderlich wäre.

Die Lärm-Ist-Situation an der Liegenschaft x, ergebe sich aus der von 16. auf 17.5.2008 durchgeführten Messung. Es stelle diese jedoch keinen Bezug einzelner Lärmimmissionen oder –spitzen zur Betriebsanlage x her und treffe daher keine Aussage über den konkret von dieser ausgehenden Lärm. Auch im Rahmen der in Anlage 4 des gewerbetechnischen Gutachtens enthaltenen Verkehrszählung sei keine Zuordnung der Pkw/Lkw-Bewegungen zur Betriebsanlage vorgenommen bzw. lediglich festgehalten worden, welche Fahrten zum/vom Betriebsgelände erfolgt seien, von welchem Begriff jedoch die Betriebsanlagen x und x gleichermaßen umfasst seien. Weder den Messungen noch dem gewerbetechnischen Gutachten würden sich demzufolge die tatsächliche der Betriebsanlage zuzurechnenden Fahrbewegungen und die damit einhergehenden Lärmemissionen entnehmen. Die bloße Vermutung der Erstbehörde zumindest einige der Lkw-Bewegungen würden wohl der Betriebsanlage der Bw zuzurechnen sein, würde diese notwendigen Feststellungen nicht ersetzen. Die Erstbehörde, sowie die der bekämpften Entscheidung zu Grunde liegenden Gutachten würden sich laufend mit den Betriebsanlagen x und x, wobei erstere nicht verfahrensgegenständlich sei, beschäftigen. Dies führe dazu, dass Ergebnisse von Gutachten vermengt und falsche Feststellungen zu tatsächlichen Lärmemissionen und Anzahlen von Lkw-Bewegungen zu Grunde gelegt würden.

 

Die Erstbehörde selbst stelle im angefochtenen Bescheid fest, dass die Betriebsanlage x – wenn auch von der derzeitigen Betriebsanlagengenehmigung nicht umfasst – auch von Norden her befahren werden könnte. Durch die mit gegenständlichem Bescheid erlassene Auflage werde jedoch ein jegliches Zu- bzw. Abfahren mit Lkw zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr untersagt, daher auch die grundsätzlich bestehende Möglichkeit des Befahrens über die nördlich gelegene Industriezeile. Nachdem die Erstbehörde im angefochtenen Bescheid festgestellt habe, das Warmlaufenlassen der Motoren wirke sich nicht auf den Dauerlärmpegel aus, werde mit gegenständlicher Auflage untersagt, im Zeitraum zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr die Motoren von Lkw am Stand laufen zu lassen. Die Begründung der Erstbehörde, da ohnehin keine Lkw wegfahren dürften, bräuchten auch keine Motor warmgelaufen lassen zu werden, vermöge die Vorschreibung der Auflage nicht zu rechtfertigen.

 

Als Speditionsunternehmen würden die unterschiedlichsten Güter transportiert werden, wobei sich schon aus der Art derselben die Notwendigkeit ergebe, Transportfahrten auch nachts durchzuführen. Es sei dies auch erforderlich, um die Kunden zu den von ihnen gewünschten Zeiten beliefern zu können. Auf Grund von außerhalb unserer Ingerenz liegender Umstände (Stau, Grenzabfertigungen etc.) sei nie planbar, wann Lkw-Fahrer mit ihren Lkw-Zügen die gegenständliche Betriebsanlage erreichen würden. Nach ständiger Rechtsprechung dürfe eine Auflage die genehmigte Betriebsanlage nicht in ihrem Wesen verändern. Es sei dem Wesen eines jeden Transportunternehmens immanent, dass die Durchführung von Fahrten zu jeder Tages- und Nachtzeit möglich sein müsse und werde die Betriebsanlage der Bw durch das Nachtfahrverbot für Lkw zwischen 22.00 Uhr und 06.00 Uhr in ihrem Wesen, nämlich 7 Tage die Woche 24 Stunden am Tag alle denkmöglichen und zur Versorgung der Industrie, des Handels und der Bevölkerung notwendigen Güter zu transportieren – erheblich und nachhaltig verändern. Angesichts der weitreichenden Auswirkungen eines Nachtfahrverbotes sei die Vorschreibung dieser zusätzlichen Auflage wirtschaftlich nicht zumutbar. Die Begründung der Erstbehörde, die Auflage sei uns wirtschaftlich zumutbar, da ohnehin bereits seit Ende 2008 die Konsenswerberin über einen weiteren Standort verfüge, sei insofern verfehlt, als beide Standorte für die Ausübung des Unternehmens benötigt würden. Die Behörde habe nach ständiger Rechtsprechung jene Auflage vorzuschreiben, durch welche das betroffene Unternehmen am geringsten beeinträchtigt werde.

Die Möglichkeit der Errichtung einer Lärmschutzwand, durch welche die von der Betriebsanlage ausgehende Lärmemission mit Sicherheit gedämpft werden würde, sei von der Erstbehörde ohne Einholung eines entsprechenden Sachverständigengutachtens verworfen worden.

Darauf hinzuweisen sei, dass die Nachbarn erst nach Genehmigung der verfahrensgegenständlichen Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs.2 und 3 GewO geworden seien. Auflagen seien daher nur soweit vorzuschreiben, als dies zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig seien. Auflagen zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung seien, sofern sie nicht unter den ersten Satz fallen, zugunsten solcher Personen nur dann vorzuschreiben, wenn diese Auflagen im Sinne des Abs.1 verhältnismäßig sind. Selbst wenn der hinreichende Schutz der gemäß § 74 Abs.2 leg.cit. wahrzunehmenden Interessen nach § 79 nur durch die Vorschreibung solcher anderer oder zusätzlicher Auflagen erreicht werden könnte, durch die die genehmigte Betriebsanlage in ihrem Wesen verändert würde, so habe die Behörde den Inhaber der Anlage mit Bescheid aufzutragen, zur Erreichung des hinreichenden Interessensschutzes und der Begrenzung der Emissionen innerhalb einer dem hiefür erforderlichen Zeitaufwand angemessenen Frist ein Sanierungskonzept für die Anlage zur Genehmigung vorzulegen. Auch die Vorlage eines Sanierungskonzeptes bescheidmäßig vorzuschreiben habe die Erstbehörde rechtswidrigerweise nicht unternommen.

 

Aus all diesen Gründen werden daher die Anträge gestellt, die Berufungsbehörde wolle nach Durchführung einer mündlichen Berufungsverhandlung mit Beweiswiederholung den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersatzlos aufheben; in eventu

den bekämpften Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land ersatzlos aufheben; in eventu

den bekämpften Bescheid aufheben und die Sache zur neuerlichen Entscheidung an die Erstbehörde zurückverweisen.

 

3. Die Bezirkshauptmannschaft Linz-Land hat die gegenständliche Berufung samt bezughabenden Verfahrensakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der Bezirkshauptmannschaft Linz-Land zum gegenständlichen Verfahren und Einholung eines lärmtechnischen Gutachtens.

Weiters wurde eine mündliche Verhandlung für den 7.10.2010 anberaumt und unter Beiziehung eines lärmtechnischen und medizinischen Amtssachverständigen sowie im Beisein des Vertreters der x und deren Rechtsvertreter durchgeführt.

 

4.1. In der mündlichen Verhandlung wurde das ergänzend eingeholte lärmtechnische Gutachten vom 14.1.2010 erörtert und darauf aufbauend vom lärmtechnischen Amtssachverständigen ergänzend ausgeführt:

 

"In diesem Gutachten wurde auf die Lärmbelastung durch das Zufahren der Lkw eingegangen. Nicht berücksichtigt wurden die Abfahrten bzw. damit verbundenen Schallimmissionen. Entsprechend den Messungen des Bezirksbauamtes Linz sowie der daraus folgenden gutachtlichen Stellungnahme vom 17.11.2008 wurden für die Abfahrten, sobald sich ein Lkw zumindest zum Teil am Betriebsgelände befindet, folgende Schallpegel ermittelt:

2 abfahrende Lkw                      L(Aeq) =  47 dB              L(A,max) = 76-81 dB

3 abfahrende Lkw                      L(Aeq) =  49 dB              L(A,max) = 76-81 dB

16 abfahrende Lkw                    L(Aeq) =  56 dB              L(A,max) = 76-81 dB

 

Im Vergleich dazu liegen die Immissionen der zufahrenden Lkw um mehr als 10 dB unterhalb der abfahrenden, sodass aus schalltechnischer Sicht die zufahrenden Lkw keinen maßgeblichen Schallanteil liefern.

Bestandslärmsituation wurde für den gesamten Nachtzeitraum (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) mit L(Aeq) = 51 dB und für die Nachtkernzeit (0.00 Uhr bis 05.00 Uhr) mit 49 dB gemessen. In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr liegen keine konkreten Messergebnisse vor, die die betriebsbedingten Immissionen des Lkw-Verkehrs nicht enthalten. Da jedoch zu dieser Zeit noch Start- und Landebewegungen am Flughafen Hörsching stattfinden, ist mit Immissionen der Bestandslärmsituation ohne Berücksichtigung von Zu- und Abfahrten im Bereich zwischen L(Aeq) = 51 und 52 dB zu rechnen. Es liegt die Schallsituation während dieser Zeit somit im Bereich des gesamten Nachtzeitraumes.

 

Unter der Annahme, dass 2 Lkw pro Stunde die Betriebsanlage verlassen, errechnet sich ein Gesamtschallpegel von 51 dB und wird damit die Bestandslärmsituation während der Nachtkernzeit um 2 dB überschritten. Für die Beurteilung über den gesamten Nachtzeitraum errechnet sich ein Schallpegel von L(Aeq) = 52,5 dB und damit eine Erhöhung um 1,5 dB.

Unter der Annahme, dass 3 Lkw pro Stunde die Betriebsanlage verlassen, errechnet sich für den gesamten Nachtzeitraum ein Gesamtschallpegel von 53 dB und damit eine Erhöhung von 2 dB."

 

 

4.2. Darauf aufbauend wurde vom medizinischen Amtssachverständigen folgendes Gutachten abgegeben:

 

" Das Firmenareal (Halle mit LKW-Abstellplatz) der x  liegt zwischen der Start- u. Landebahn des Flughafens Hörsching und der  B1. Das Betriebsareal ist von dieser kommend über die x (zweispurige öffentliche Zufahrtsstraße)  erreichbar. Die B1 ist sichtbar mit Lärmschutzwänden ausgestattet. Im ebenen Gelände zwischen der x und der B1 liegen Wohnanwesen. Im weiteren Straßenverlauf befinden sich ein Zusammenkunftshaus einer Religionsgemeinschaft, ein Karosseriebau­unternehmen, Lagerhallen, eine KFZ-Lackiererei/Spenglerei. Die Öffnungszeiten des Flughafens sind mit 5:30 bis 23:00 bekannt. Der individuelle Höreindruck war durch die KFZ-Fahrbewegungen auf der B1 geprägt (nicht abreißendes Kfz-Strömungsgeräusch einer dicht befahrenen Straße mit hohem Lkw-Anteil. Diese Geräusche waren durch die Lärmschutzwand vermindert wahrzunehmen, prägten jedoch als übergeordnete nicht ausschaltbare Geräuschkulisse die Umgebungslärmsituation. Es ist bekannt, dass die B1 auch zur Nachtzeit ein zentraler Verkehrsträger ist, wenn auch nachtzeitbedingt nach dem natürlichen Lauf der Dinge die Verkehrsfrequenzen abnehmen. Flugbewegungen selbst waren während  des Ortsaugenscheines nicht zu verfolgen aber durch die Kenntnis der örtlichen Situation und die Nahebeziehung zur Start- und Ladebahn ist davon auszugehen, dass Start und Landungen in diesem Bereich mit von einer deutlichen Wahrnehmbarkeit gekennzeichnet sind. 

Aus den schalltechnischen Ausführungen ist Folgendes zu entnehmen:

 

Bestandslärmsituation wurde für den gesamten Nachtzeitraum (22.00 Uhr bis 6.00 Uhr) mit L(Aeq) = 51 dB und für die Nachtkernzeit (0.00 Uhr bis 05.00 Uhr) mit 49 dB gemessen.

In der Zeit zwischen 22.00 Uhr und 23.00 Uhr liegen keine konkreten Messergebnisse vor, die die betriebsbedingten Immissionen des Lkw-Verkehrs nicht enthalten. Da jedoch zu dieser Zeit noch Start- und Landebewegungen am Flughafen Hörsching stattfinden, ist mit Immissionen der Bestandslärmsituation ohne Berücksichtigung von Zu- und Abfahrten im Bereich zwischen L(Aeq) = 51 und 52 dB zu rechnen. Es liegt die Schallsituation während dieser Zeit somit im Bereich des gesamten Nachtzeitraumes.

 

Unter der Annahme, dass 2 Lkw pro Stunde die Betriebsanlage verlassen, errechnet sich ein Gesamtschallpegel von 51 dB und wird damit die Bestandslärmsituation während der Nachtkernzeit um 2 dB überschritten. Für die Beurteilung über den gesamten Nachtzeitraum errechnet sich ein Schallpegel von L(Aeq) = 52,5 dB und damit eine Erhöhung um 1,5 dB.

Unter der Annahme, dass 3 Lkw pro Stunde die Betriebsanlage verlassen, errechnet sich für den gesamten Nachtzeitraum ein Gesamtschallpegel von 53 dB und damit eine Erhöhung von 2 dB.

 

Für die Beurteilung ist Folgendes maßgeblich:

 

Zur Unterscheidung der Begriffe Gesundheitsgefährdung, Belästigung werden im Folgenden folgende Definitionen, die in Umweltverfahren verwendet werden wiedergegeben:

 

Gesundheitsgefährdung,- Belästigung:

In den „Empfehlungen für  die Verwendung medizinischer Begriffe im Rahmen umwelthygienischer Beurteilungsverfahren“ veröffentlicht (von M. Haider et. al) in den Mitteilungen der Österr. Sanitätsverwaltung 85. Jhg. (1984) H. 12, werden die Begriffe „Gesundheitsgefährdung und -belästigung“ wie folgt definiert:

 

Gesundheitsgefährdung:

Als Gesundheitsgefährdung gilt eine Einwirkung (Immission), durch die nach den Erfahrungen der med. Wissenschaft, die Möglichkeit besteht, dass Krankheitszustände, Organschäden oder unerwünschte organische oder funktionelle Veränderungen, die die situationsgemäße Variationsbreite vom Körper- oder Organformen bzw. -funktionen signifikant überschreiten, entweder bei der Allgemeinbevölkerung oder auch nur bei bestimmten Bevölkerungsgruppen bzw. auch Einzelpersonen eintreten können.

 

Die Gesundheitsgefährdung ist also die Erwartbarkeit eines Gesundheitsschadens oder eines hohen Gesundheitsrisikos, die mit den Mitteln der wissenschaftlichen Prognose zu belegen ist oder mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht ausgeschlossen werden kann.

 

Belästigung, Störung des Wohlbefindens, Beeinträchtigung des Wohlbefindens:

Hier handelt es sich weitgehend um subjektive Wahrnehmungsqualitäten jede Immission - vorausgesetzt, dass sie überhaupt wahrgenommen wird, d.h., dass sie die Wahrnehmungsschwelle überschreitet - kann vom gesunden normal empfindenden Menschen im konkreten Fall als Belästigung empfunden werden und damit eine Störung des Wohlbefindens bewirken. Das Empfinden einer Belästigung ist inter- und intraindividuell sehr unterschiedlich. Die Wahrnehmung einer Immission an sich stellt noch keine Belästigung dar. Zum Belästigungserleben kommt es insbesondere, wenn die Immission emotional negativ bewertet wird. Einzuschließen in diese Kategorie wären auch Störungen bestimmter höherer Funktionen und Leistungen - wie etwa der geistigen Arbeit, der Lern- und Konzentrationsfähigkeit, der Sprachkommunikation, ... Es sei an dieser Stelle ausdrücklich betont, dass solche Funktions- und Leistungsstörungen über einen längeren Zeitraum hinweg sehr wohl zu einer Gesundheitsgefährdung werden können. Da es offenbar weder möglich noch wünschenswert ist, Maßnahmen gegen jedwede geringste subjektiv empfundene Störung zu ergreifen, muss eine Unterscheidung zwischen zumutbarer und unzumutbarer Belästigung getroffen werden. Unzumutbar ist eine Belästigung, wenn sie zu erheblichen Störungen des Wohlbefindens, zu funktionellen oder organischen Veränderungen führen kann, oder über ein das ortsübliche Ausmaß hinausgeht, wobei in diesem Fall auch die Widmung von Liegenschaften maßgebenden Vorschriften zu berücksichtigen sind. (Zitat Ende).

 

Allgemeine Darstellung der Wirkungen von Lärm auf den Menschen:

 

Wirkung und Beurteilung Lärm – Angaben zu wirkungsbezogenen Lärmpegeln:

 

Bei der Beurteilung von Lärm ist allgemein zwischen direkten und indirekten Auswirkungen von Lärmimmissionen auf den Menschen zu unterscheiden. Die Beurteilung ist dabei um den gesetzlichen Vorgaben zu folgen auf den gesunden normal empfindenden Menschen und das Kind abzustellen.

 

Direkte (aurale) Wirkungen spielen aufgrund der dafür erforderlichen Höhe der Schallpegel im Umweltbereich nur in Einzelfällen (z.B. bei bestimmten Fertigungsbetrieben) eine Rolle. Sie  behandeln Hörstörungen im Sinne von Gehörschäden direkt am Hörorgan. Diese treten ab ca. 85 dB als Dauerschallpegel (z.B. bei Schallexpositionen an Arbeitsplätzen über lange Zeiträume (Jahre) oder deutliche höher gelegene Schallexpositionen (z.B. bei Knalltraumen) auf.

 

Indirekte (extraaurale) Wirkungen umfassen Effekte, bei denen nicht das Hörorgan selbst geschädigt wird, sondern über die Geräuschwahrnehmung und deren bewusste und unbewusste Verarbeitung im Organismus unterschiedliche Reaktionen ausgelöst werden können. Diese Reaktionen sind im Zusammenhang mit der Funktion der Hörsinnes als Informations- u. Warnorgan zu sehen. Über Verarbeitung der Geräuschwahrnehmung im Gehirn und damit verbundenen vegetativen Reaktionen kann es u.a. zu Veränderungen des Wachheitsgrades, zu Stressreaktionen, Belästigungsreaktionen, Durchblutungsänderungen bestimmter Organsysteme u.ä. kommen. In diesem Zusammenhang werden hohe Dauerlärmeinwirkungen auch als Kofaktor für die Entstehung von Herz-Kreislauferkrankungen, - entsprechende Disposition vorausgesetzt - diskutiert.

 

Als Grenzwert des vorbeugenden Gesundheitsschutzes für Gebiete mit ständiger Wohnnutzung wird ein Schallpegel von 55 dB LA,eq und LA, max von 80 dB zur Tageszeit im Freien angegeben. (Diese Werte wurden von der WHO definiert und sind in der ÖAL-Richtlinie 6/18, die den derzeitigen Stand des Wissens in der medizinischen Lärmbeurteilung mitrepräsentiert veröffentlicht, dieser Wert repräsentiert eine Umgebungssituation, in der ungestörtes Wohnen möglich ist). Üblicherweise sind in der Nachtzeit von diesen Werten rd. 10 dB in Abzug zu bringen, um den erfahrungsgemäß geringeren Aktivitäten in der Umgebung zur Nachtzeit Rechnung zu tragen.

Die ÖAL-Richtlinie Nr. 3 "NEU" definiert als Obergrenze der Lärmbelastung einen Wert von Beurteilungspegeln als Dauerschallpegel  von 65 dB (Tageszeit) bzw. 55 dB (Nachtzeit).

 

Üblicherweise werden Geräuschimmissionen dann umso  belästigender erlebt, wenn sich eine bestehende Umgebungsgeräuschsituation durch hinzukommende Immissionen maßgeblich verändert. In der besonderen Situation der gegenständlichen Betriebsanlage im Naheverhältnis zu den Nachbaranwesen und durch die Betriebszeit von 0.00 bis 24.00 Uhr sind Störungen der Nachtruhe zu berücksichtigen. Dabei ist festzustellen, dass Lkw-Fahrbewegungen sowohl von der B1 als auch grundsätzlich in gewerblich genutzten Gebieten als allgemein bekannte Schallquellen bekannt sind. In der Beurteilung von Belästigungswirkungen ergibt sich hier, dass Lkw-Fahrbewegungen in der gegenständlichen Umgebungssituation keine maßgebliche Veränderung der Bestandssituation darstellen. Hinsichtlich der Beurteilung der Auswirkungen der Fahrbewegungen zur Nachtzeit ergibt sich, dass unter der "worst case-Annahme" von 16 Zu- bzw. Abfahrten zur Nachtzeit es zu einer maßgeblichen Veränderung der Bestandssituation kommt, die sich auch durch die schalltechnischen Berechnungen (Veränderung des Leq (Nachtkernzeit) 49 dB bzw. ungünstigste Stunde 45 dB auf 56 bis 57  dB. Dies verdeutlicht eine erhebliche deutlich wahrnehmbare Veränderung der Umgebungsgeräuschsituation in der x. Durch 16 Lkw-Fahrbewegungen in diesem unmittelbaren räumlichen Naheverhältnis ergeben sich  in der Nachtzeit durch eine voll belastete Stunde die zu längerdauernden Unterbrechungen des Schlafes führt und so als gesundheitsgefährdend zu werten ist.

In der Betrachtung eines Szenarios, dem 2 Lkw-Fahrbewegungen zu Grunde gelegt werden, so zeigt sich, dass daraus ein Dauerschallpegel von 47 dB resultiert, der den Leq (Nachtkernzeit) von 49 dB unterschreitet und den Dauerschallpegel in der ungünstigsten Stunde von 45 dB überschreitet, quasi numerisch in der Mitte dieser beiden Werte liegt. Die Differenz von 2 dB kann insofern als gering betrachtet werden, als eine Unterscheidungsschwelle für gleichlaute Geräusche von etwa 3 dB gegeben ist. Daraus leitet sich ab, dass in der Beurteilung des Dauerschallpegels bei 2 Fahrbewegungen pro Stunde keine maßgebliche Veränderung der örtlichen Situation abzuleiten ist.

In der Beurteilung von Schalleinwirkungen zur Nachtzeit sind auch Maximalpegel zu betrachten. Aus den schallschutztechnischen Ausführungen ergeben sich als Maximalpegel 76 bis 81 dB im Freien. Aus der Ist-Situation ergeben sich durch Vorbeifahrten auf der x die gleichen Maximalpegel. Grundsätzlich sind Vorbeifahrtspegel in dieser Größenordnung je nach individueller Empfindlichkeit geeignet, Schlafstadienänderungen zu bewirken. Die Veränderung von Schlafstadien alleine stellt noch kein gesundheitsrelevantes Faktum dar. Wesentlich erscheinen hier beispielsweise Aufwachreaktionen oder Geräusche, die durch ihre deutliche Veränderung der Umgebungsgeräuschcharakteristik einen erhöhten Wachheitsgrad verursachen. In der gegenständlichen Situation ergibt sich hieraus, dass Lkw-Fahrbewegungen bzw. in der Zeit bis 23.00 Uhr auch Überflüge von Verkehrsflugzeugen die Ist-Situation prägen. Zur Vermeidung erheblicher Belästigungsreaktionen oder Gesundheitsgefährdungen gilt es daher, eine Situation wie sich durch die aufgezeigte worst case-Situation beschrieben wurde, zu vermeiden, da diese durch deutliche Erhöhung des Wachheitsgrades eine deutliche Veränderung der Umgebungssituation und nachvollziehbar entsprechende Verlängerung der Einschlafdauer führt. Im beschriebenen Szenario mit 2 Lkw-Zu- und Abfahrten zum Betrieb pro Stunde wäre erreichbar, dass der wahrnehmungsphysiologische Eindruck die Fahrbewegungen in den allgemeinen Höreindruck integriert und damit es nicht zu gesundheitsrelevanten Auswirkungen im Sinne von erheblichen Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen kommt. Eine derartige wahrnehmungsphysiologische Integration ergibt sich auch für eine zusätzliche Fahrbewegung pro Stunde im Zeitraum bis 23.00 Uhr, da hier noch Flugbetrieb herrscht und damit eine überproportionales Hervorstechen der akustischen Wahrnehmung eines Lkw's auf der x nicht gegeben ist."

 

4.3. Unter Zugrundelegung des medizinischen Gutachtens wurde vom lärmtechnischen Amtssachverständigen die Vorschreibung der im Spruch angeführten Auflage für erforderlich erachtet.

 

 

5. In der Sache hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1. Gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 hat die Behörde, wenn sich nach der Genehmigung der Anlage ergibt, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der im Genehmigungsbescheid vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind, die nach dem Stand der Technik (§ 71a) und dem Stand der medizinischen und der sonst in Betracht kommenden Wissenschaften zu Erreichung dieses Schutzes erforderlichen anderen oder zusätzlichen Auflagen vorzuschreiben; die Auflagen haben gegebenenfalls auch die zur Erreichung dieses Schutzes erforderliche Beseitigung eingetretener Folgen von Auswirkungen der Anlage zu umfassen; die Behörde hat festzulegen, dass bestimmte Auflagen erst nach Ablauf einer angemessenen, höchstens drei Jahre, in besonders berücksichtigungswürdigen Fällen (zB. bei Betriebsübernahmen) höchstens fünf Jahre, betragenden Frist eingehalten werden müssen, wenn der Inhaber der Betriebsanlage nachweist, dass ihm die Einhaltung dieser Auflagen erst innerhalb dieser Frist wirtschaftlich zumutbar ist, und gegen die Fristeinräumung keine Bedenken vom Standpunkt des Schutzes der im § 74 Abs.2 umschriebenen Interessen bestehen. Die Behörde hat solche Auflagen nicht vorzuschreiben, wenn sie unverhältnismäßig sind, vor allem wenn der mit der Erfüllung der Auflagen verbundene Aufwand außer Verhältnis zu dem mit den Auflagen angestrebten Erfolg steht. Dabei sind insbesondere Art, Menge und Gefährlichkeit der von der Anlage ausgehenden Emissionen und der von ihr verursachten Immissionen sowie die Nutzungsdauer und die technischen Besonderheiten der Anlage zu berücksichtigen.

 

Nach Abs.2 dieser Bestimmung sind Auflagen im Sinne des Abs.1 nur soweit vorzuschreiben, als diese zur Vermeidung einer Gefährdung des Lebens oder der Gesundheit dieser Personen notwendig sind. Auflagen im Sinne des Abs.1 zur Vermeidung einer über die unmittelbare Nachbarschaft hinausreichenden beträchtlichen Belastung durch Luftschadstoffe, Lärm oder gefährliche Abfälle sind, sofern sie nicht unter den ersten Satz fallen, zugunsten solcher Personen nur dann vorzuschreiben, wenn diese Auflagen im Sinne des Abs.1 verhältnismäßig sind.

 

5.2. § 79 Abs.1 GewO 1994, der Grundlage für die Vorschreibung der die Betriebsanlage im Standort x, betreffenden zusätzlichen Auflage ist, sieht die Anpassung eines rechtskräftigen Genehmigungsbescheides für den Fall vor, dass die gemäß § 74 Abs.2 wahrzunehmenden Interessen trotz Einhaltung der schon vorgeschriebenen Auflagen nicht hinreichend geschützt sind.

Im vorliegenden Fall bestehen für die gegenständliche Betriebsanlage rechtskräftige Genehmigungs- bzw. Betriebsbewilligungsbescheide.

Nach diesen Genehmigungsbescheiden ist auch das Zu- und Abfahren sowie Abstellen von 16 Lastkraftfahrzeugen auf der Grundstücksfläche x, KG. x, entsprechend dem zu Grunde gelegten Plan in der Zeit von 18.00 Uhr bis 07.00 Uhr vom gewerbebehördlich genehmigten Konsens umfasst (siehe hiezu das auch an die nunmehrige Bw ergangene Erkenntnis des Oö. Verwaltungssenates vom 26.9.2007, VwSen-530710).

Auf Grund von Nachbarbeschwerden wegen Lärmbelästigung wurden von der erstinstanzlichen Behörde Ermittlungen dahingehend geführt, ob trotz konsensgemäßem Betrieb durch den gegenständlichen Abstellplatz unzumutbare Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen für die Nachbarn bestehen.

Diesem Ermittlungsverfahren wurde ein gewerbetechnischer und eine medizinische Amtssachverständige beigezogen.

Im Ergebnis wurde festgestellt, dass durch das Zu- und Abfahren der Lkw lärmbedingte Gesundheitsgefährdungen der Nachbarn eben nicht ausgeschlossen werden können und wurde aus diesem Grund die nunmehr bekämpfte Auflage des Verbotes des Zu- und Abfahrens von Lkw in der Zeit von 22.00 Uhr und 06.00 Uhr vorgeschrieben.

 

5.3. Auf Grund der dagegen erhobenen Berufung wurde ein ergänzendes Ermittlungsverfahren durchgeführt.

Die im Zuge dessen erfolgte lärmtechnische und medizinische Beurteilung führte unter Annahme der nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes geforderten worst case - Betrachtung (die in der vollen Ausschöpfung des bestehenden Konsenses besteht) insofern zum gleichen Ergebnis, als die von der Erstbehörde festgestellte grundsätzliche Erforderlichkeit der Vorschreibung einer zusätzlichen Auflage gegeben ist.

In der lärmtechnischen Beurteilung wurde festgehalten, dass die Einwände der Bw zum gewählten Messpunkt zutreffend sind, weshalb für eine Beurteilung der Messpunkt im Freien zu wählen ist. Davon ausgehend wurden die betriebsbedingten Immissionen des LKW-Verkehrs bei den Nachbarn berechnet und vom medizinischen Amtssachverständigen hiezu ausgeführt, dass diese Immissionen (in der worst case – Betrachtung) eine Gesundheitsgefährdung der Nachbarn darstellen.

 

Der erstinstanzlichen Behörde wird insoferne zugestimmt, als der in diesem Zusammenhang vorgebrachte Einwand der x dahingehend, dass es sich bei den Nachbarn um nachträglich zugezogene handelt, ins Leere geht, da bei einer bestehenden Gesundheitsgefährdung jedenfalls auch Personen zu schützen sind, die erst nach Genehmigung der Betriebsanlage Nachbarn im Sinne des § 75 Abs.2 und 3 geworden sind. Richtig ist auch die hiezu erfolgte Feststellung der Erstbehörde, dass – wenn das Ziel einer Auflage dem Schutz vor einer Gesundheitsgefährdung dient – der mit der Erfüllung der Auflage verbundene Aufwand niemals außer Verhältnis zu dem damit angestrebten Erfolg stehen kann.

 

Allerdings ist zu beachten, dass einer (anderen oder zusätzlichen) Auflage iSd § 79 kein anderer Inhalt als einer Auflage iSd § 77 Abs.1 zukommt und demnach die Grundsätze betreffend die Beurteilung der Zulässigkeit von Auflagen auch für eine Auflage nach § 79 leg.cit. Geltung haben.

 

Unter diesem Aspekt ist die Behörde zwar nicht verhalten, notwendige Maßnahmen – sei es nun im Verfahren nach § 77 oder nach § 79 – in der Richtung zu untersuchen, ob sie für den Genehmigungswerber bzw. –inhaber auch wirtschaftlich tragbar sind, jedoch hat sich die Behörde bei der Vorschreibung der Maßnahme am Ausmaß der zu schützenden Interessen zu orientieren und im Falle von mehreren geeigneten Möglichkeiten die für den Konsensinhaber weniger belastende vorzuschreiben.

 

Wie oben bereits ausgeführt, ist im Grunde des durchgeführten Beweisverfahrens davon auszugehen, dass es im Falle einer worst case - Betrachtung zu einer Gesundheitsgefährdung der Nachbarn durch die in Rede stehende Betriebsanlage kommt, welche die Vorschreibung einer zusätzlichen Auflage gemäß § 79 Abs.1 GewO 1994 zur Erreichung des Nachbarschutzes erfordert.

Gleichzeitig wurde aber in den im Berufungsverfahren ergänzend eingeholten Gutachten festgestellt, dass unter der Annahme von 2 bzw. 3 LKW- Zu- oder Abfahrten pro Stunde die Lärm-Ist-Situation nicht maßgeblich verändert wird und es dadurch nicht zu gesundheitsrelevanten Auswirkungen im Sinne von erheblichen Belästigungen oder Gesundheitsgefährdungen kommt.

Unter Zugrundelegung dieser Sachverständigenbeurteilung und der rechtlichen Sichtweise, dass nur solche eine Betriebsanlage betreffende Auflagen nachträglich vorgeschrieben werden können, die eine vom Betrieb der Anlage hervorgerufene Gesundheitsgefährdung hintanhalten, war die bekämpfte Auflage spruchgemäß abzuändern. Eine Änderung des Wesens der Anlage ist damit nicht verbunden, stellt doch die Einschränkung der Zu- und Abfahrten kein "Nachtfahrverbot" dar. Die Möglichkeit des Gütertransportes und der Kundenbelieferung bleibt jedenfalls bestehen, wenn hiefür möglicherweise auch bestimmte organisatorische Umstrukturierungsmaßnahmen notwendig werden. Diese sind der Bw aber jedenfalls zumutbar, vor allem auch vor dem Hintergrund, dass auf bestimmten Teilstrecken in Österreich ein Nachtfahrverbot besteht bzw. möglicherweise bestimmte Kunden, die von der Bw beliefert werden, hinsichtlich ihrer Betriebsanlagen ebenfalls an Betriebszeitbeschränkungen gebunden sind und die Bw in ihren Betriebsabläufen darauf Rücksicht zu nehmen hat.

Der von der Bw vorgeschlagenen Errichtung der Lärmschutzwand steht entgegen, dass diese keine Verbesserung der Lärmsituation darstellt.

 

Soweit im erstinstanzlichen Bescheid festgehalten hat, dass die beigezogene medizinische Amtssachverständige in ihrem Gutachten ein nächtliches Fahrverbot für Lkw auf der x gefordert habe, ist auszuführen, dass das Fahrgeschehen auf der öffentlichen Straße nicht der Betriebsanlage zurechenbar ist; die Gewerbeordnung bietet keine Grundlage, diese Fahrbewegungen auf der öffentlichen Straße einzuschränken. Demgemäß kann aus gewerberechtlicher Sicht auch nicht das Abstellen von Lkw auf der öffentlichen Straße (straßenverkehrsrechtliche Belange bleiben hievon unberührt) nicht verhindert werden.

 

Aus sämtlichen oben genannten Sach- und Rechtsgründen war sohin spruchgemäß zu entscheiden.

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

1.     Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

2.     Im gegenständlichen Berufungsverfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 35 Euro angefallen.

 

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

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