Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-531061/2/Re/Sta

Linz, 27.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Dr. Werner Reichenberger über die Berufung der x, x, vertreten durch die x, x, vom 21. Juni 2010, gegen den Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Mai 2010, Zl. 0001216/2010 ABA Nord 501/N107002, betreffend die Anordnung von Maßnahmen gemäß § 81b Abs.1 GewO 1994 zu Recht erkannt:

 

 

Der Berufung wird Folge gegeben; der Bescheid des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz vom 28. Mai 2010, Zl. 0001216/2010 ABA Nord 501/N107002, wird behoben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an die belangte Behörde zurückverwiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§§ 66 Abs.2, 67a Abs.1 und 67d des Allgemeinen Verwaltungsverfahrensgesetzes 1991 idgF (AVG)

§§ 359a und 81b Abs.1 Gewerbeordnung 1994 idgF (GewO 1994).

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit dem bekämpften Bescheid vom 28. Mai 2010, Zl. 001216/2010 ABA Nord 501/N107002, hat der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz in Bezugnahme auf die Tierschlachtanlage der  x im Standort x, Gst. Nr. x der KG. x, im Grunde der §§ 77a, 81b Abs.1 iVm 81c GewO 1994 mehrere Maßnahmen angeordnet. Dies unter Hinweis auf die der gegenständlichen Anlage zu Grunde liegenden Betriebsanlagen­genehmigungsbescheide aus den Jahren 1974 bis 2004 und der Feststellung, dass es sich bei der zum Schlachten von Rindern mit einer Schlachtkapazität (Tierkörper) von 240 bis 274 t/d genehmigten Anlage um eine IPPC-Betriebsanlage handle und demnach die Berufungswerberin bereits mit Schreiben vom 2. April 2004 darauf hingewiesen worden sei, dass sie als Inhaberin der IPPC-Betriebsanlage verpflichtet gewesen sei, ihre Anlage bis spätestens 31.10.2007 an die Anforderungen des § 77a GewO 1994 anzupassen und rechtzeitig vor diesem Termin der Behörde die Maßnahmen mitzuteilen, die getroffen worden seien bzw. würden, um die Anforderungen zu erfüllen. Mitteilungen über derartige Maßnahmen an die Behörde  seien nicht erfolgt und sei diese Verpflichtung mit behördlichem Schreiben vom 14. September 2007 in Erinnerung gerufen worden. Seitens der Anlageninhaberin sei jedoch weder eine Darstellung der Entwicklung des Standes der Technik noch eine Darstellung der getroffenen Anpassungsmaßnahmen übermittelt worden.

Aus diesem Grunde habe die belangte Behörde zur Frage der Änderung des Standes der Technik seit September 2000 ein umwelttechnisches und ein sicherheitstechnisches Amtssachverständigengutachten eingeholt. Diese hätten bezugnehmend auf zitierten Unterlagen, Dokumente und Vorschriften betreffend den heranzuziehenden Stand der Technik die in der Folge vorgeschriebenen Auflagen für erforderlich erachtet. In Bezug auf die von der europäischen Kommission erstellten BAT- bzw. BREF-Dokumente angeführten Maßnahmen finde der Grundsatz der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit bereits Berücksichtigung. Ausgehend von den oben angeführten Dokumenten und Vorschriften würden die Sachverständigen die letztlich im Spruch vorgeschriebenen Maßnahmen aus umwelt- und sicherheitstechnischer Sicht zur Anpassung an den Stand der Technik für erforderlich erachten. Die Behörde habe der Anlageninhaberin in Wahrung des Parteiengehörs 2 Wochen nach Zustellung der Verständigung Frist zur Stellungnahme gegeben. Der Vertreter der Anlageninhaberin habe Akteneinsicht genommen und einen Fristverlängerungsantrag gestellt. Der Begründung des Fristerstreckungsantrages könne von der Behörde nicht gefolgt werden, da die Anlageninhaberin bereits zweimal auf die gesetzliche Verpflichtung zur Übermittlung einer Darstellung des Standes der Technik und der von ihr getroffenen Anpassungsmaßnahmen hingewiesen worden sei. Die eingeholten gutachtlichen Stellungnahmen seien schlüssig und nachvollziehbar. Bei der gegenständlichen Anlage handle es sich zweifelsfrei um eine in der Anlage 3 zur GewO 1994 angeführte Betriebsanlage, welche vor Ablauf des 31.10.1999 rechtkräftig genehmigt und bis zum 31.10.2000 in Betrieb genommen worden sei. Die Anlage hätte daher gemäß
§ 81c bis spätestens 31.10.2007 den Anforderungen des § 77a entsprechen müssen. Da seitens der Betriebsanlageninhaberin keinerlei Maßnahmen im Sinne des § 81b Abs.1 erster Satz getroffen worden seien, wären die entsprechenden Maßnahmen unter Festlegung von Fristen anzuordnen gewesen.

 

2. Gegen diesen Bescheid hat die x, vertreten durch die x, x, mit Schriftsatz vom 21. Juni 2010, der Post zur Beförderung übergeben am selben Tag und somit innerhalb offener Frist eingebracht, Berufung erhoben. Dies im Wesentlichen mit dem Vorbringen, es handle sich im Gegenstand nicht um einen Bescheid, da lediglich aus der Begründung bzw. aus der Zustellverfügung zu ersehen sei, dass hier die Berufungswerberin genannt sei. Der Kopf des Bescheides auf der 1. Seite sei freigelassen, die Anführung einer Person, gegenüber der ein Bescheid erlassen werde, sei für deren rechtliche Existenz von essentieller Bedeutung. Die Nennung der x lediglich in der Begründung könne die Nennung des Bescheidadressaten im Kopf des Bescheides nicht ersetzen. Der Bescheid sei daher gegenstandslos und das erstinstanzliche Verfahren nach wie vor anhängig.

Weiters sei § 81c nicht anwendbar, da für die gegenständliche Betriebsanlage ein umfangreiches Bescheidwesen, insbesondere auch Bescheide aus dem Jahr 2000, 2003 und 2004 vorliege. Die Betriebsanlage verfüge daher über eine gewerbebehördliche Betriebsanlagengenehmigung nach dem 31. Oktober 2000. Da bei jeder gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigung die Betriebsanlage als Ganzes zu überprüfen sei und daher als Ganzes den Gegenstand der Genehmigung bilde, sei die Betriebsanlage nicht dem § 81c zu unterstellen. Bereits seit der Genehmigung ab 6.12.2000 seien die Bestimmungen der IPPC-Richtlinie anzuwenden und würden die nunmehrigen nachträglichen Maßnahmen entgegen der Rechtskraft des gewerbebehördlichen Konsenses erfolgen.

Die von den Amtssachverständigen in den Stellungnahmen vom 14. Jänner und vom 26. Jänner angeführten Quellen der besten verfügbaren Technik könnten ohne Darlegung der ihnen zu Grunde liegenden fachlichen Prämissen nicht herangezogen werden, sodass eine unmittelbare Anwendung dieser Richtlinien nicht statthaben könne. Weder die Behörde noch die Amtssachverständigen hätten sich mit der Frage auseinandergesetzt, aus welchem Grund diese Regelungswerke den Stand der besten verfügbaren Technik wiedergäben. Den Sachverständigenstellungnahmen, die sich mit dieser Frage jedoch nicht auseinander setzen, sei daher Unschlüssigkeit vorzuwerfen. Die beiden Sachverständigenstellungnahmen setzten sich auch nicht mit der Frage auseinander, aus welchen Gründen und ob überhaupt die Anlage nicht dem Stand der bestmöglichen Technik entspreche; nur unter dieser Voraussetzung kämen weitere Auflagen in Betracht. Die Sachverständigen hätten darüber hinaus darlegen müssen, wie sie zu dem Ergebnis kommen, dass die ihrerseits vorgeschriebenen Maßnahmen sinnvoll und notwendig seien.

Weiters sei sowohl der Begründung des angefochtenen Bescheides wie auch den beiden eingeholten Sachverständigenstellungnahmen entgegenzuhalten, dass die Frage der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit dort nicht geprüft worden sei. Der brandschutztechnische Sachverständige habe die Frage der wirtschaftlichen Verhältnismäßigkeit mit keinem Wort erwähnt, der umweltschutztechnische Sachverständige habe in seiner Stellungnahme vom 14. Jänner 2010 ausgeführt, dass die Frage des Kosten/Nutzen-Verhältnisses bereits in den von ihm zitierten allgemeinen Beurteilungsrichtlinien behandelt seien. Eine nähere Begründung dafür lasse die Sachverständigenstellungnahme vom 14. Jänner 2010 aber vermissen. Hiebei sei, wenn mehrere technische Varianten im Fall einer Betriebsanlage gleichwertig seien, nur jene Variante vorzuschreiben, die wirtschaftlich am kostengünstigsten sei.

Auffallend sei auch, dass die Sachverständigenstellungnahmen in sehr kurzer Frist erstellt worden seien, zwischen Aufforderung der belangten Behörde und Erstellung der Gutachten lägen lediglich zwei Tage bzw. ein Tag.  In dieser Kurzfristigkeit sei auch der Grund zu erblicken, warum die Amtssachverständigengutachten nicht ausreichend begründet worden seien. Darüber hinaus seien diese Gutachten ohne Kenntnis des gesamten Akteninhaltes erstellt worden und führe der umwelttechnische Amtssachverständige dies auch in seinem Gutachten ausdrücklich aus, wonach aus den zur Verfügung gestellten Unterlagen alleine der erteilte Konsensumfang nicht abgeleitet werden könne. Die Sachverständigenstellungnahmen seien im Übrigen von der Behörde nicht auf Schlüssigkeit überprüft worden.

Die vorgeschriebene Maßnahme 1. sei nicht exakt umschrieben und weiche von der Stellungnahme vom 14. Jänner 2010 ab. Die Vorschreibung unterscheide im Übrigen nicht, ob die Halle auch tatsächlich in Verwendung steht oder nicht. Im Übrigen sei nicht begründet worden, warum eine Absenkung um 5°Celsius erforderlich sei bzw. ob der allenfalls bewirkte Erfolg in einem wirtschaftlichen Verhältnis stehe. Maßnahmen 2. und 3. seien zum Teil nicht in der Sachverständigenstellungnahme begründet und würden im Übrigen bereits eingehalten, seien daher nicht erforderlich und müssten ersatzlos entfallen. Das in Maßnahme 4. vorgeschriebene Gaspendelverfahren sei unnötig, da bereits Filter vorhanden seien, insbesondere daher auch wirtschaftlich nicht verhältnismäßig. Zu Maßnahme 5. werde bestritten, dass die Maßnahme technisch sinnvoll wäre und könne der bezweckte Erfolg auch anders erreicht werden, so zB durch Reinigung des Bluttanks nach jeder Schlachtblutabholung. Maßnahmen 6. und 7. seien entweder technisch nicht notwendig und wirtschaftlich unzumutbar bzw. in der Sachverständigenstellungnahme nicht begründet vorgeschlagen. Die Vorschreibung des Umweltmanagementsystems nach EMAS oder nach EN ISO 14001 sei von den Sachverständigen lediglich beispielsweise angeführt worden und sei demnach auch ein anderes gleichwertiges Umweltmanagementsystem ausreichend. Die Festlegung auf diese beiden genannten Richtlinien sei nicht nachvollziehbar. In Bezug auf das mit Maßnahme 9. geforderte Geruchsaudit könne nicht festgestellt werden, welche inhaltlichen Kriterien dabei einzuhalten seien. Der dabei auch erwähnte betriebsinterne Kanal würde ohnehin laut WRG alle 5 Jahre überprüft und sei nicht nachvollziehbar, warum eine weitere Überprüfung erforderlich sein solle. Weiters sei nicht begründet, warum nicht ein Eigenaudit ausreichend sein solle. Ein Audit von dritter Seite sei darüber hinaus nicht ausdrücklich vorgeschrieben. Maßnahme 10. sei bereits erfüllt und liege der Plan der Behörde I. Instanz bereits vor. Auch die in Maßnahme 11. geforderten Reinigungspläne würden bereits vorliegen. Zur geforderten Überarbeitung der Alarm- und Gefahrenabwehrpläne in Maßnahme 12. sei nicht dargelegt, in welchen Punkten diese zu aktualisieren seien, dies insbesondere aus dem Grund, als laut ASV die Pläne nicht in jedweder Hinsicht veraltet seien, da sich der Stand der Sicherheitstechnik nicht grundlegend geändert habe. In Bezug auf die Amoniak-Kälteanlagen würden bereits derzeit wiederkehrende Überprüfungen durchgeführt und sei nicht begründet, warum laut Maßnahme 13. eine zusätzliche wiederkehrende Überprüfung angeordnet würde. Gemäß § 22 Abs.1 der Kälteanlagenverordnung müsse ohnedies jährlich eine Betriebssicherheitsüberprüfung durchgeführt werden. Auch die Druckbehälter würden vom TÜV im vorgegebenen Zeitraum überprüft werden. Im Übrigen sei in Maßnahme 13. kein Zeitinterval für die wiederkehrenden Überprüfungen vorgesehen.

 

Gefordert werde die ersatzlose Aufhebung des angefochtenen erstinstanzlichen Bescheides, zumindest jedoch eine Behebung und Zurückverweisung im Grunde des § 66 Abs.2 AVG, da für die Vorschreibung derartiger Maßnahmen eine mündliche Verhandlung oder Lokalaugenschein vor allem mit Rede und Gegenrede unbedingt erforderlich gewesen wäre. Bemerkenswert sei in diesem Zusammenhang, dass wenige Tage nach Erlassung des erstinstanzlichen Bescheides von der belangten Behörde eine Überprüfung durchgeführt worden sei; das Protokoll sei noch nicht zugestellt worden, doch stellte sich heraus, dass die sachlichen Differenzen zwischen der Berufungswerberin und den Amtssachverständigen in keiner Weise so groß seien und vielfach die Befürchtungen der Amtssachverständigen ausgeräumt hätten werden können. Insbesondere in diesem Sinne werde der Eventualantrag auf Aufhebung und Zurückverweisung gestellt.

Unverständlich sei in diesem Zusammenhang auch, warum dem Fristerstreckungsantrag der Berufungswerberin keine Folge gegeben worden sei. Die Argumentation, dass die Verpflichtungen aus der IPPC-Richtlinie bereits seit dem Jahr 2007 hätten eingehalten werden müssen, gehe am Thema vorbei.

Es sei davon auszugehen, dass die Betriebsanlage der Berufungswerberin im Oktober 2007 dem Stand der besten verfügbaren Technik entsprochen habe, weshalb kein Anlass dafür bestanden habe, weitere Maßnahmen zu ergreifen.  Die Amtssachverständigenstellungnahmen seien der Berufungswerberin mit der Verfügung vom 21. April 2010 noch nicht übermittelt worden, sondern hätten erst im Rahmen der Akteneinsicht eingesehen werden können.

 

3. Der Bürgermeister der Landeshauptstadt Linz als belangte Behörde hat diese Berufungsschrift gemeinsam mit dem zu Grunde liegenden Verfahrensakt dem Unabhängigen Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Berufungsentscheidung vorgelegt. Die belangte Behörde hat dabei keine inhaltlichen Äußerungen zum Berufungsvorbringen abgegeben und keinen Widerspruch im Sinne des § 67h Abs.1 AVG erhoben.

 

Die Zuständigkeit des Unabhängigen Verwaltungssenates des Landes Oberösterreich durch Einzelmitglied ergibt sich aus § 359a GewO 1994  i.V.m. § 67a  Abs.1 AVG.

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den Akt der belangten Behörde zu  Zl. 0001216/2010 ABA Nord 501/N107002.

 

Im Grunde des § 67d Abs.1 AVG konnte von der Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung mangels Erfordernis abgesehen werden.

 

 

4. In der Sache hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

 

Gemäß § 66 Abs. 2 AVG kann die Berufungsbehörde den angefochtenen Bescheid beheben und die Angelegenheit zur neuerlichen Verhandlung und Erlassung eines neuen Bescheides an eine im Instanzenzug untergeordnete Behörde zurückverweisen, wenn der vorliegende Sachverhalt mangelhaft ist, dass die Durchführung oder Wiederholung einer mündlichen Verhandlung unvermeidlich erscheint.

 

Gemäß § 81c GewO 1994 müssen bestehende in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlagen den Anforderungen des § 77a bis spätestens 31. Oktober 2007 entsprechen. Als bestehend gilt eine in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlage, wenn sie vor Ablauf des 31. Oktober 1999 rechtskräftig genehmigt wurde oder ein Genehmigungsverfahren am 31. Oktober 1999 anhängig war und die Betriebsanlage bis zum 31. Oktober 2000 in Betrieb genommen wurde.  § 81b Abs.1 und Abs.3 gilt sinngemäß.

 

Gemäß § 81b Abs.1 GewO 1994 hat der Inhaber einer in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführten Betriebsanlage jeweils innerhalb einer Frist von 10 Jahren zu prüfen, ob sich der seine Betriebsanlage betreffende Stand der Technik (§ 71a) wesentlich geändert hat und gegebenenfalls unverzüglich die erforderlichen wirtschaftlich verhältnismäßigen (Abs.2 Z1) Anpassungs­maßnahmen zu treffen. Der Betriebsanlageninhaber hat der Behörde unverzüglich eine Darstellung der Entwicklung des Standes der Technik und einer Darstellung der getroffenen Anpassungsmaßnahmen zu übermitteln. § 81a bleibt unberührt. Hat der Betriebsanlageninhaber Maßnahmen im Sinne des ersten Satzes nicht ausreichend getroffen, so hat die Behörde entsprechende Maßnahmen mit Bescheid anzuordnen. § 81a ist die auf die Durchführung solcher behördlich angeordneter Maßnahmen nicht anzuwenden.

 

Die Einsichtnahme in den vorgelegten Verfahrensakt des Bürgermeisters der Landeshauptstadt Linz ergibt, dass die belangte Behörde ohne erkennbare vorgängigen Maßnahmen mit Anforderung vom 12.1.2010 an den technischen Sachverständigendienst auf die Rechtslage des § 81b Abs.1 und § 81c GewO und unter Hinweis auf das Vorliegen einer IPPC-Betriebsanlage verwiesen hat.

 

Vom technischen Sachverständigendienst wurde gefordert darzulegen, inwieweit bei Betrieb der Betriebsanlage der in der Anlage 3 GewO angeführte Schwellenwert erreicht bzw. überschritten werde. Weiters wurde gefordert, in einer Dar­stellung der Entwicklung des Standes der Technik auf die Frage einzugehen, in welchen Punkten und in welchem Ausmaß sich aus umwelttechnischer Sicht, insbesondere in Bezug auf Geruchsstoffe in der Luft und Schallimmissionen, die Betriebsanlage betreffend Stand der Technik im Zeitraum 1. September 2000 bis 31. Oktober 2007 geändert habe. Schließlich sollte vom Amtssachverständigen dargelegt werden, welche konkreten Maßnahmen zu treffen seien, um die Betriebsanlage auf die im § 77a GewO angeführten Anforderungen anzupassen.

 

Daraufhin sind ein Gutachten des x vom 14. Jänner 2010, verfasst von x, sowie vom 26. Jänner 2010 von Herrn x eingelangt. Insbesondere das Gutachten vom 14. Jänner 2010 wurde über Ersuchen der belangten Behörde mit Eingabe vom 14. April 2010 ergänzt.

 

Diese Ermittlungsergebnisse wurden der Berufungswerberin mit Schreiben vom 21. April 2010 mit dem Hinweis zur Kenntnis gebracht, dass hiezu binnen zwei Wochen ab Zustellung eine Stellungnahme abgegeben werden kann. Diese Einladung wurde der Berufungswerberin am 3. Mai 2010 nachweisbar zugestellt. Innerhalb offener Frist wurde vom Rechtsvertreter der Berufungswerberin Akteneinsicht genommen bzw. Kopien angefertigt bzw. der Akteninhalt durch Anfertigung einer Kopie einer CD in Aussicht gestellt. Ebenfalls innerhalb offener Frist wurde von der rechtsfreundlichen Vertretung der Berufungswerberin ein Fristerstreckungsantrag, datiert mit 17. Mai 2010, eingebracht. Dabei wird u.a. vorgebracht, dass die vereinbarte CD mit Daten aus dem verfahrensgegen­ständlichen Verfahrensakt bisher nicht im Büro der Rechtsvertretung eingelangt sei, da der Inhalt nicht an die offizielle E-Mail-Adresse der Rechtsanwaltskanzlei sondern an die persönliche Adresse des Konzipienten, welcher jedoch bei Terminende nicht im Büro gewesen sei, zugestellt worden sei. Im Übrigen beinhalte das E-Mail Beilagen im Ausmaß von 1390 Seiten und sei daher die eingeräumte 14-tägige Frist unangemessen kurz, insbesondere zur Kontaktauf­nahme mit dem für die IPPC-Anpassung beauftragten x bzw. zur Weiterleitung an die Einschreiterin und deren technische Beraterin. Beantragt werde die Fristverlängerung um einen Monat.

In der Folge erging – ohne die beantragte einmonatige Frist abzuwarten – der nunmehr bekämpfte Bescheid der belangten Behörde vom 28. Mai 2010, zugestellt am 7. Juni 2010. Zur nicht gewährten Fristverlängerung wird darin festgestellt, dass der Argumentation der Berufungswerberin nicht gefolgt werden könne, da die Anlageninhaberin von der Behörde bereits zweimal auf die gesetzliche Verpflichtung zur Übermittlung einer Darstellung des Standes der Technik und der getroffenen Anpassungsmaßnahmen hingewiesen worden sei, weshalb aus diesem Grund der Fristerstreckung nicht stattgegeben werden könne.

 

Zunächst ist vom Verwaltungssenat als zuständige Berufungsbehörde zum Berufungsvorbringen betreffend die Bescheidqualität der bekämpften erstinstanzliche Entscheidung festzuhalten, dass die Behauptung, es handle sich im Gegenstand nicht um einen Bescheid, da lediglich aus der Begründung bzw. aus der Zustellverfügung zu ersehen sei, dass hier die Berufungswerberin gemeint sei, nicht geteilt wird. Dies schon aus dem Grund, als dieses Vorbringen der Berufungswerberin nicht den Tatsachen entspricht, wird doch im Spruchteil I ausdrücklich die nunmehrige Berufungswerberin, die x, im Zusammenhang mit ihrer Tierschlachtanlage im Standort x, auf dem Gst. Nr. x der KG. x, angesprochen. Dass auf Seite 1 des Bescheides im Übrigen im Briefkopf eine Anschrift des Bescheidadressaten nicht aufscheint, diese in der Folge jedoch in der Zustellverfügung – übereinstimmend mit der im Spruch genannten Anlageninhaberin – aufscheint, kann an der Bescheidqualität des angefochtenen Bescheides vom 28.5.2010 keinesfalls eine Änderung herbeiführen.

Da somit ein rechtlich vollständiger Bescheid vorliegt, war somit das von der Berufungswerberin lediglich aus prozessualer Vorsicht ausgeführte Berufungsvorbringen zu prüfen und führte dies – aus nachstehenden Gründen -im spruchgemäßen Umfang zum Erfolg.

 

Unbestritten steht zunächst fest, dass es sich bei der zu Grunde liegenden Betriebsanlage der x um eine in der Anlage 3 zur GewO 1994 aufgezählten Anlagen, den IPPC-Betriebsanlagen, handelt, somit um eine Anlage von Tieren mit einer Schlachtkapazität (Tierkörper) von mehr als 50 t/d (Anlage 3 Ziff. 6.4a) und finden somit unter anderen § 77a Abs.1, 3, 4 und 5, § 81a, § 81b Abs.1, 3 und 4 sowie § 81c GewO 1994 Anwendung. Demnach unterliegt die gegenständliche Anlage auch der in § 81c leg.cit. ausgesprochenen Verpflichtung, als bestehende in der Anlage 3 zu diesem Bundesgesetz angeführte Betriebsanlage den Anforderungen des § 77a bis spätestens 31. Oktober 2007 zu entsprechen. Die von der Berufungswerberin vorgebrachte Tatsache, dass in Bezug auf die gegenständliche Betriebsanlage auch nach dem 31. Oktober 1999 bescheidmäßige Genehmigungen erteilt wurden, ändert jedoch nichts an der Tatsache, dass die der Anlage zu Grunde liegende Erstgenehmigung aus dem Jahr 1974 stammt und demnach in den Jahren 1980, 1983, 1986, 1991, 1992, 1994, 1996, 2000, 2003 und 2004 lediglich Änderungsgenehmigungen erteilt wurden. Die Behauptung, dass dieses Vorliegen von nach dem 31. Oktober 1999 erteilten Änderungsgenehmigungen zur Folge hat, dass die Betriebsanlage nicht dem § 81c GewO zu unterstellen ist, kann jedoch nicht losgelöst von den jeweiligen Inhalten der erteilten Änderungsgenehmigungen gesehen werden. Nicht jede Änderungsgenehmigung einer IPPC - Anlage bedeutet zwingend eine Überprüfung der Betriebsanlage als Ganzes. Ein Eingehen auf Details der zitierten Änderungsgenehmigungen war jedoch auf Grund des übrigen Prüfungsergebnisses nicht erforderlich, letztlich auch, da  von der Berufungswerberin nicht gefordert.

 

Das durchgeführte Ermittlungsverfahren der belangten Behörde blieb jedoch aus folgenden Gründen mangelhaft:

Die belangte Behörde hat zur Durchführung des Ermittlungsverfahrens bzw. Ermittlung des dem Bescheid zu Grunde liegenden Sachverhaltes mehrere Sachverständigengutachten zur Frage des Standes der Technik bzw. zur Frage der Anpassung an das IPPC-Regime eingeholt. Das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens wurde der Berufungswerberin im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben vom 21. April 2010, zugestellt am 3. Mai 2010, mit der Einladung zur Kenntnis gebracht, innerhalb von 2 Wochen nach Zustellung eine Stellungnahme abzugeben. Innerhalb dieser Frist, nämlich am 12. Mai 2010 hat ein Mitarbeiter der Anwaltskanzlei x Akteneinsicht genommen und Kopien angefertigt. Vereinbart wurde weiters die Zurverfügungstellung einer Kopie einer im Verfahrensakt aufliegenden CD bzw. der dort gespeicherten Dokumente betreffend Schlachthöfe. Die Dokumente wurden letztlich mit E-Mail vom 14. Mai 2010 an die E-Mailadresse "x" übermittelt. Mit Eingabe vom 17. Mai 2010 übersendet die x, x, eine Vollmachtsbekanntgabe samt Fristerstreckungsantrag, womit letztlich auf Grund des Ausmaßes der übermittelten Unterlagen und Beilagen von 1.390 Seiten die eingeräumte 14-tägige Frist als zu kurz bemessen bezeichnet und die Verlängerung von zumindest 1 Monat ab Antrag gefordert wurde. Dies insbesondere  mit der Begründung, die Frist sei nicht ausreichend, um die Angelegenheit mit den technischen Beratern, die seit 2 Jahren mit der IPPC-Anpassung betraut seien, zu erörtern und auf entsprechend fachkundiger Ebene zu antworten. Dieser Antrag wurde mit gesonderter Entscheidung nicht mehr erledigt, sondern im Rahmen des in der Folge am 28. Mai 2010 in der Hauptsache ergangenen Bescheides mit der Begründung keine Folge gegeben, die Anlageninhaberin sei von der Behörde bereits zweimal auf die gesetzliche Verpflichtung zur Übermittlung einer Darstellung des Standes der Technik und der von ihr getroffenen Anpassungsmaßnahmen – allerdings vergeblich – hingewiesen worden und sei aus diesem Grunde der Fristerstreckung nicht stattzugeben. Dieser Begründung kann seitens des unterfertigten Mitgliedes des Unabhängigen Verwaltungssenates nicht gefolgt werden, bezieht sich doch der Fristerstreckungsantrag nicht auf die Verlängerung der im Bescheid zitierten und in § 81c GewO 1994 normierten Frist des 31. Oktober 2007, auf welchem die Berufungswerberin bereits mit wiederholten Schreiben der Gewerbebehörde vor Ablauf der Frist hingewiesen wurde. Vielmehr bezieht sich der Fristerstreckungsantrag auf die im Rahmen des Parteiengehörs mit Schreiben der belangten Behörde vom 21. April 2010 übermittelten Sachverständigengutachten bzw. die im Nachhinein übermittelten CD-Dokumente in großem Umfang. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes umfasst das Recht zur Stellungnahme gemäß § 45 Abs.3 AVG auch das Recht, sich einer sachkundigen Person zu bedienen, wenn es sich nicht um die Stellungnahme zu einem Beweisergebnis handelt, dessen Beurteilung jedermann möglich ist, sondern um die Stellungnahme zu einem Sachverständigengutachten, dem nur in der Weise wirksam entgegengetreten werden kann, dass auch die Partei sich einer sachkundigen Person bedient (VwGH 1.7.1997, 97/04/0024; VwGH 14.4.1999, 98/04/0209). Um den Anforderungen des § 45 Abs.3 AVG zu entsprechen, ist daher in einer derartigen Situation der Partei über ihren Antrag von der Behörde eine entsprechende Frist für die Beiziehung einer sachkundigen Person ausdrücklich einzuräumen, weil es der Partei nicht zugemutet werden kann, in Unkenntnis des weiteren Verhaltens der Behörde die in aller Regel nicht unbeträchtlichen Kosten der Beiziehung eines (Privat-)Sachverständigen aufzuwenden, ohne mit Sicherheit damit rechnen zu können, dass die belangte Behörde mit ihrer Entscheidung bis zur Vorlage dieses Gutachtens bzw. bis zum Ablauf der hiefür gesetzten Frist zuwarten werde. Schon die Einhaltung dieser, im Rahmen der Parteienrechte zuzuerkennenden Fristverlängerung, hätte das Erfordernis begründet, mit einer fachlich fundierten Gegenäußerung im Rahmen einer weiteren Verhandlungsrunde zumindest den erstinstanzlichen Sachverständigendienst zu befassen, dies auch aus dem Grund, als die vorliegenden Gutachten letztlich keine vollständigen Aussagen zu den – da auch nicht vollständig gestellten – Beweisthemen geliefert haben bzw. liefern konnten. So setzen sich die beigezogenen Amtssachverständigen – da laut vorgegebenem Beweisthema nicht ausdrücklich eingefordert - nicht ausreichend mit der Frage auseinander, ob die ihrerseits zum Einhalten des Standes der Technik geforderten Auflagen dem laut im gegenständlichen Verfahren Anwendung findenden § 81b Abs.1 GewO 1994 zu berücksichtigenden Begriff der "wirtschaftlich verhältnismäßigen Anpassungsmaßnahmen" entsprechen. In diesem Zusammenhang ist darauf hinzuweisen, dass im Rahmen der Anwendungspflicht des § 81b Abs.1 GewO auch die dort zitierte Z1 des Abs.2  zu berücksichtigen ist.

Im Beweisthema hingegen wird lediglich gefordert, ausgehend von der Darstellung der Entwicklung des Standes der Technik darzulegen, welche konkreten Maßnahmen zu treffen sind, um die Betriebsanlage auf die in § 77a GewO angeführten Anforderungen anzupassen.

 

Dazu kommt, dass sich die Amtssachverständigen, wie auch in der Berufung gerügt, zum Teil auf ihrerseits offensichtlich nicht als vollständig anzusehende Verfahrensakten in Bezug auf die verfahrensgegenständliche Betriebsanlage stützen konnten. Schließlich verweist der Amtssachverständige des Umwelt- und Technikcenter selbst abschließend darauf hin, dass seine Aufstellung zwar nach bestem Wissen und Gewissen gemacht worden sei, wahrscheinlich aber nicht erschöpfend sei.

 

Insgesamt kommt der Unabhängige Verwaltungssenat auf Grund der dargestellten Sach- und Rechtslage zum Ergebnis, dass es zum rechtmäßigen Erarbeiten eines vollständigen, entscheidungsrelevanten Sachverhaltes jedenfalls erforderlich ist, Parteiengehör im verfahrensgesetzlich normierten sowie Lehre und Rechtssprechung geforderten Umfang zu gewährleisten. Insbesondere im gegenständlichen Fall erscheint es in der Folge unvermeidlich im Sinne des § 66 Abs. 2 AVG, die ergänzenden Ergebnisse sodann im Rahmen einer Verhandlung unter Anwesenheit der Berufungswerber und allenfalls mit erforderlichem ergänzendem Sachverständigenbeweis zu erörtern, weshalb aus diesen Gründen insgesamt wie im Spruch zu entscheiden war. Im Rahmen des ergänzend durchzuführenden Verhandlungstermins wäre auch auf die Berufungsvorbringen in Bezug auf die Gründe für die Heranziehung der zitierten anlagenbezogenen Normen und Dokumente sowie betreffend die zu einzelnen Auflagen konkret vorgebrachten Kritikpunkte einzugehen bzw. abzuhandeln.

Da – auch unter Berücksichtigung der einzelnen Berufungsvorbringen zu den Auflagenpunkten – offensichtlich davon auszugehen ist, dass nicht sämtliche Auflagepunkte zu beheben sind, war von der ersatzlosen Behebung des Bescheides abzusehen und § 66 Abs.2 AVG anzuwenden.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen  diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

  1. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro  zu entrichten.
  2. Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Dr. Reichenberger

 

 

 

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