Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-222448/9/Bm/Sta

Linz, 28.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Michaela Bismaier über die Berufung des Herrn x, x, gegen das Straferkenntnis des Bürgermeisters  der Stadt Wels vom 19.7.2010, BZ-Pol-10070-2010, nach Durchführung einer öffentlichen mündlichen Berufungsverhandlung am 22.10.2010 zu Recht erkannt:

 

 

I.             Der Berufung wird Folge gegeben, das angefochtene Straferkenntnis aufgehoben und das Verwaltungsstrafverfahren eingestellt.

 

II.         Es entfallen jegliche Verfahrenskostenbeiträge.

 

 

Rechtsgrundlage:

Zu I.: § 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991 (AVG), BGBl. Nr. 51/1991 idgF iVm §§ 24, 45 Abs.1 Z1 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 (VStG), BGBl. Nr. 52/1991 idgF.

Zu II.: § 66 Abs.1 VStG.

 

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Mit Straferkenntnis des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 19.7.2010, BZ-Pol-10070/2010, wurde über den Berufungswerber (im Folgenden: Bw) eine Geldstrafe von 300 Euro, Ersatzfreiheitsstrafe von 28 Stunden, wegen einer Verwaltungsübertretung gemäß § 366 Abs.1 Z1 iVm §§ 1, 5 und 94 Z76 Gewerbeordnung 1994 (GewO 1994) verhängt. Dem Schuldspruch liegt folgender Tatvorwurf zu Grunde:

"Sie haben es als unbeschränkt haftender Gesellschafter und somit als i.S.d. § 9 Abs.1 VStG 1991 zur Vertretung nach außen Berufener der x – x. (in Liquidation"!), x, folgenden Sachverhalt zu verantworten:

Zumindest im Zeitraum vom 15.01.2005 (Beginn des Versicherungsschutzes) bis zum 10.02.2010 (Storno des Versicherungsvertrages) haben Sie am Standort x, das reglementierte Gewerbe "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent" gewerbsmäßig (selbstständig, regelmäßig und in der Absicht, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen) ausgeübt, ohne die entsprechende Gewerbeberechtigung jemals erlangt zu haben;

insbesondere wurde Ihre Gewerbeanmeldung dazu (bereits) mit Bescheid des Magistrates der Stadt Wels vom 28.12.2005, BG-Ge-6824-2005, zurückgewiesen und Ihnen die Ausübung dieses Gewerbes untersagt."

 

2. Gegen dieses Straferkenntnis hat der Bw innerhalb offener Frist Berufung eingebracht und in dieser im Wesentlichen ausgeführt, dass er das Gewerbe nie ausgeübt habe, da er den Bescheid vom 28.12.2005, Ge-6824-2005, zur Kenntnis genommen und sich darauf folgend rechtmäßig so verhalten habe, indem er nachweislich keine Versicherungen mit Kunden abgeschlossen habe. Die Ausübung des Gewerbes könne daher nicht vorgeworfen werden. Darüber hinaus seien die in § 1 Abs.2, 3 und 4 GewO 1994 genannten Voraussetzungen, die die Annahme einer gewerbsmäßig ausgeübten Tätigkeit rechtfertigen würden, nicht erfüllt.

Zusammenfassend werde festgehalten, dass nachweislich das Gewerbe der Versicherungsvermittlung vom Bw nie ausgeübt worden sei und lediglich nur eine Haftpflichtversicherung bestanden habe, die der Bw vergessen habe zu kündigen.

 

 

3. Der Bürgermeister der Stadt Wels hat die Berufung samt dem bezughabenden Verwaltungsstrafakt dem Oö. Verwaltungssenat zur Entscheidung vorgelegt.

 

4. Der Oö. Verwaltungssenat hat Beweis erhoben durch Akteneinsichtnahme sowie Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung am 22.10.2010, an der der Vertreter des Bw, Herr x, teilgenommen hat; die belangte Behörde hat sich entschuldigt.

 

4.1. Folgender Sachverhalt ist entscheidungswesentlich:

 

Mit Eingabe vom 21.11.2005 hat die Firma x, deren unbeschränkt haftender Gesellschafter der Bw ist, das Gewerbe "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent" als Nebengewerbe zum Hauptgewerbe "Handelsgewerbe und Handelsagenten" im Standort x, angemeldet.

Nach Durchführung eines Ermittlungsverfahrens wurde mit Bescheid des Bürgermeisters der Stadt Wels vom 28.12.2005, BZ-Ge-6824-2005, festgestellt, dass die gesetzlichen Voraussetzungen für die Ausübung des Gewerbes "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent" als Nebengewerbe zum Hauptgewerbe "Handelsgewerbe und Handelsagenten" nicht vorliegen, weshalb die Gewerbeanmeldung zurückgewiesen und die Ausübung des Gewerbes untersagt wurde.

 

Mit 15.1.2005 wurde von der x als Versicherungsnehmer eine Haftpflichtversicherung für Versicherungsvermittler abgeschlossen, welche mit 10.2.2010 storniert worden ist. Nach einem Auszug der x sind in diesem Zeitraum keine Schadensfälle verzeichnet.

Im Zuge der mündlichen Verhandlung wurde vom Vertreter des Bw ausgesagt, dass er Miteigentümer der x ist und in Vertretung des Bw auch den gegenständlichen Versicherungsvertrag abgeschlossen hat.

Das Gewerbe Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent wurde in Entsprechung des Untersagungsbescheides vom 28.12.2005 nie gewerbsmäßig ausgeübt.

Auf Grund des Bestehens zahlreicher Versicherungsverträge für die x und der doch relativ geringen Höhe der Prämienkosten wurde die Auflösung des Haftpflichtversicherungsvertrages übersehen.

Nach Eröffnung des Konkurses über die x wurden sämtliche Verträge vom Masseverwalter gekündigt.

 

Auch wenn das Bestehen einer Haftpflichtversicherung gemäß § 137c GewO 1994 ein Indiz für die Ausübung des Gewerbes bzw. des Nebengewerbes "Versicherungsvermittlung in der Form Versicherungsagent" sein mag, stellt es doch entgegen den Ausführungen der Erstbehörde kein unwiderlegbares Indiz dar.

Sowohl vom Bw als auch vom Vertreter des Bw wurde  das Weiterbestehen des Versicherungsvertrages trotz Nichtausübung des Gewerbes auf Grund des Untersagungsbescheides (zumindest nicht gänzlich unglaubwürdig) erklärt; diese Erklärung ist für das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates nicht völlig – auch durch den Umstand, dass in der Versicherungszeit keine Schadensfälle im Versichertenzeitraum aufgezeichnet wurden – unrealistisch. Auch sind die angeführten jährlichen Prämienkosten von ca. 110 Euro nicht so hoch, dass sie das Vorbringen des Bw unglaubwürdig erscheinen lassen.

Die Würdigung der vorliegenden Beweise lassen jedenfalls Zweifel an der tatsächlichen Ausübung der gewerblichen Tätigkeit der Versicherungsvermittlung durch den Bw offen.

 

 

5. Hierüber hat der Oö. Verwaltungssenat erwogen:

 

5.1.  Gemäß § 1 Abs. 2 GewO 1994 wird eine Tätigkeit gewerbsmäßig ausgeübt, wenn sie selbstständig, regelmäßig und in der Absicht betrieben wird, einen Ertrag oder sonstigen wirtschaftlichen Vorteil zu erzielen, gleichgültig für welche Zwecke dieser bestimmt ist.

 

Gemäß § 366 Abs.1 Z1 GewO 1994 begeht eine Verwaltungsübertretung, die mit Geldstrafe bis zu 3.600 Euro zu bestrafen ist, wer ein Gewerbe ausübt, ohne die erforderliche Gewerbeberechtigung erlangt zu haben.

 

Nach § 45 Abs.1 Z1 VStG hat die Behörde von der Einleitung bzw. von der Fortführung eines Strafverfahrens abzusehen und die Einstellung zu verfügen, wenn die dem Beschuldigten zur Last gelegte Tat nicht erwiesen werden kann oder keine Verwaltungsübertretung bildet.

 

Wie bereits oben dargestellt, kann die vorgeworfene Verwaltungsübertretung nicht mit einer für das Verwaltungsstrafverfahren erforderlichen an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nachgewiesen werden, weshalb nach dem Grundsatz in dubio pro reo das Straferkenntnis zu beheben und das Verfahren einzustellen ist.

 

II. Weil die Berufung Erfolg hatte, war ein Verfahrenskostenbeitrag nicht zu leisten.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung eine Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss - von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen - jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Mag. Michaela Bismaier

 

 

 

 

 

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