Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-522677/8/Br/Th

Linz, 12.10.2010

 

 

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich erkennt durch sein Mitglied Dr. Bleier über die Berufung des Herrn X, gegen den Bescheid der Bezirkshauptmannschaft Schärding, vom 3.9.2010, Zl.: VerkR22-787-2010/SD, wegen Anordnung einer Nachschulung u. Verlängerung der Probezeit, zu Recht:

 

 

Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen.

 

 

Rechtsgrundlagen:

§ 66 Abs.4 Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz 1991, BGBl. Nr. 51/1991 idF BGBl. I Nr. 5/2008 – AVG, § 4 u. § 13 Abs.5 Führerscheingesetz – FSG, zuletzt geändert durch BGBl. I Nr. 31/2008.

 

 

Entscheidungsgründe:

 

1. Die Bezirkshauptmannschaft Schärding hat mit dem in der Präambel angeführten Bescheid dem Berufungswerber aufgetragen, er habe sich, gerechnet ab Zustellung dieses Bescheides einer Nachschulung für Probeführerscheinbesitzer bei einer vom Bundesministerium für Verkehr, Technologie und Innovation ermächtigten Stelle zu unterziehen.

Mit Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit um ein weiteres Jahr. Ist die Probezeit bereits abgelaufen, so beginnt sie mit der Anordnung der Nachschulung für ein Jahr wieder neu zu laufen.

Zum Eintrag der Verlängerung der Probzeit habe er seinen Führerschein und 45,60 Euro der BH Schärding, Verkehrabteilung,  binnen 14 Tagen ab Erhalt dieses Bescheides vorzulegen.

 

 

1.1. Begründend  verwies die Behörde erster Instanz im Kern auf § 4 Abs.3 Führerscheingesetz, der lautete „begeht ein Besitzer einer Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen schweren Verstoß (Abs. 6) oder verstößt er gegen die Bestimmung des Abs.7, so ist von der Behörde unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines schweren Verstoßes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung der Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung. Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Frist nach Abs.1 jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen der Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist.

Nach § 4 Abs. 6 Führerscheingesetz gelte u.a. als schwerer Verstoß gemäß Abs.3 eine Übertretung nach § 4 Abs. 1 lit. a StVO 1960 (Fahrerflucht).

Mit Strafverfügung der Bezirkshauptmannschaft Schärding vom 24.6.2009, Zl. VerkR96-629-1-2009, wurde der Berufungswerber wegen Übertretung des § 4 Abs.1 lit.a und § 4 Abs.5 StVO 1960 rechtkräftig bestraft.

Die Voraussetzung zur Anordnung der Nachschulung sei daher gegeben.

 

 

2. Dagegen richtet sich die rechtzeitig eingebrachte Berufung, worin der Berufungswerber ersucht von einer Nachschulung bzw. die Verlängerung der Probezeit Abstand zu nehmen. Er habe am 16.4.2010 nicht gemerkt gegen einen „Stein“ gefahren zu sein und dadurch einen Schaden verursacht zu haben. Dafür habe er bereits eine Geldstrafe in Höhe von 165 Euro bezahlt und einen Schadenersatz in Höhe von 30 Euro für die Reparatur des „Blumenkastens“ an die Stadtgemeinde geleistet.

 

 

2.1. Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oö. hat Beweis erhoben durch Einsichtnahme in den erstinstanzlichen Verfahrensakt. Beigeschafft wurde auch der Verwaltungsstrafakt, VerkR96-1926-2010.

Gemäß dem rechtskräftig abgeschlossenen Verwaltungsstrafverfahren liegt dem Berufungswerber ein Fehlverhalten nach § 4 Abs.1 lit.a StVO (Fahrerflucht) zur Last.

Als Lenker eines Pkw ist er beim Rückwärtsfahren (Ausparken) am 16.4.2010 gegen einen Blumentrog aus Beton gestoßen. Dabei wurde dieser geringfügig beschädigt. Der Berufungswerber hielt nach diesem Ereignis laut rechtskräftigem Schuldspruch nicht an und verständigte in der Folge auch nicht die Polizei.

Der Berufungswerber war zu diesem Zeitpunkt erst kurze Zeit Inhaber einer Lenkberechtigung für die Klasse B. Der Führerschein wurde ihm von der Bezirkshauptmannschaft Schärding unter der Zahl 08296840 am 26.2.2010 ausgestellt. Die Probezeit war demnach bei der Begehung der Verwaltungsübertretung noch nicht abgelaufen.

 

 

 

2.2. Dem Berufungswerber wurde mit h. Schreiben vom 28.9.2010 im Rahmen des Parteiengehörs auf die Bindung der Berufungsbehörde an die Rechtskraft des Schuldspruches nach § 4 Abs.1 lita StVO hingewiesen.

Mit Blick auf das Beschwerdeverfahren vor der Volksanwaltschaft zu einem Fahrerfluchtverfahren der Bezirkshauptmannschaft Schärding, VerkR96-6507/2007, welches Gegenstand eines volksanwaltschaftlichen Beschwerdeverfahrens bildete (s. VA//148-Pol/08), wurde auch die Behörde erster Instanz als Verwaltungsstrafbehörde auf die nicht zwingend gebotene Subsumtion des zur Last liegenden Tatverhaltens nach § 4 Abs.1 lit.a StVO und den Schuldspruch allenfalls im Weg des § 52a VStG aus dem Rechtsbestand zu eleminieren.

Mit Schreiben vom 29.9.2010 erklärte die Behörde erster Instanz jedoch mit dem Schuldspruch nach § 4 Abs.1 lit.a StVO in Tateinheit mit § 4 Abs.5 StVO das Gesetz zum Nachteil des Berufungswerbers nicht „offenkundig verletzt“ zu erachten. Ihr sei auch eine „Rechtslage oder Jurisprudenz“ nicht bekannt, wonach die Anhaltspflicht nur im Falle eines „interaktionsfähgigen Gegenübers“ bestünde.

Die Volksanwaltschaft verwies im obzitierten Verfahren jedoch auf das Erkenntnis des VwGH 27.02.1992, Zl. 92/02/0033, wonach das gesetzliche Verbot des § 100 Abs.5 StVO in besonders gelagerten Fällen geringen Verschuldens nicht anzuwenden sei. Der Verwaltungsgerichtshof unterschied dabei klar zwischen objektivierter Fahrerflucht einerseits und nicht gesetzeskonformen Identitätsnachweisen bzw. verspäteter Selbstanzeige andererseits. Daraus lässt sich wohl ein Gebot zur Vermeidung von unbilligen Härten ableiten. Vergleichbar wäre es auch in diesem Fall zu sehen, weil einfach nicht wirklich erkennbar ist, welches zusätzliche Schutzziel neben der Verletzung der Meldepflicht im Falle des Anstoßens an einen Betonblock gesehen werden könnte. Die Erfüllung der Meldepflicht impliziert doch geradezu Fortsetzung der Fahrt. So wird im Fall einer Unfallmeldung nach § 4 Abs.5 StVO wohl kaum ein Feststellung darüber erfolgen, ob und wie lange der Schädiger beim beschädigten Objekt verweilt hat und welchem Zweck er damit gerecht worden sein sollte. In der Vielzahl gelangt bei sogenannten Parkdelikten nur der § 4 Abs.5 StVO zu Ahndung.

Daher hätte vor dem Hintergrund des Verlaufes des Unfallgeschehens und insbesondere gemäß dem Grundsatz des Verbotes einer Doppelbestrafung eines Fehlverhaltens (hier anstoßen an einen Betonkasten) auch hier mit der bloßen Bestrafung nach § 4 Abs.5 StVO das Auslangen gefunden werden können (vgl. etwa VwGH 6,4,1978m 754/77; ZVR 1978/253).

Dies hätte dem Berufungswerber den Aufwand für die Nachschulung erspart. Wohl kaum wird der Gesetzgeber bei der Aufnahme des § 4 Abs.1 lit.a StVO in das Vormerk- u. Nachschulungsregime, die Unfallbeteiligung einer bloßen Sache, sondern vielmehr zumindest zwei am Unfall beteiligte Verkehrsteilnehmer im Auge gehabt haben.

Dies ist jedoch im gegenständlichen Verfahren in Bindung an die Rechtskraft einer Beurteilungsgrundlage entzogen.

Der Berufungswerber hat sich im Übrigen auch nicht zum h. Schreiben vom 28.9.2010 binnen der ihm eröffneten Frist geäussert.

 

 

3. Rechtlich hat der Unabhängige Verwaltungssenat erwogen:

Lenkberechtigungen unter anderem für die Klasse B unterliegen gemäß § 4 Abs.1 FSG einer Probezeit von 2 Jahren.

Wie die Behörde erster Instanz zutreffend ausführte, gilt nach § 4 Abs.6 FSG als schwerer Verstoß gemäß Abs.3 u.a. eine Übertretung nach § 4 Abs.1 lit.a StVO 1960 (Fahrerflucht).

 

Begeht der Besitzer einer Lenkberechtigung innerhalb der Probezeit einen solchen Verstoß (Abs.6), so ist von der Behörde gemäß § 4 Abs.3 FSG unverzüglich eine Nachschulung anzuordnen, wobei die Rechtskraft der Bestrafung wegen eines derart zu qualifizierenden Deliktes abzuwarten ist. Berufungen gegen die Anordnung einer Nachschulung haben keine aufschiebende Wirkung.

Mit der Anordnung der Nachschulung verlängert sich die Probezeit jeweils um ein weiteres Jahr oder es beginnt eine neuerliche Probezeit von einem Jahr, wenn die Probezeit in der Zeit zwischen Deliktsetzung und der Anordnung der Nachschulung abgelaufen ist; die Verlängerung oder der Neubeginn der Probezeit ist von der Wohnsitzbehörde dem Führerscheinregister zu melden und in den Führerschein einzutragen. Der Besitzer des Probeführerscheines hat diesen bei der Behörde abzuliefern.

Die Führerscheinbehörde ist demnach an einen ausgesprochenen rechtskräftigen Schuldspruch des die Vorfrage bedingenden Sachverhaltes gebunden (unter vielen VwGH 12.4.2001, 98/11/0255 mit Hinweis auf VwGH 21.2.1990, 90/03/0013, VwGH 18.12.1997, 96/11/0038).

Eine im Sinne der Berufungsausführungen "nochmalige Überprüfung der Angelegenheit" des (der) die Präjudizwirkung auslösenden Falles ist sowohl der Behörde erster Instanz als Führerscheinbehörde und auch dem unabhängigen Verwaltungssenat in diesem Verfahren als Berufungsbehörde verwehrt.

 

Gemäß § 4 Abs.8 FSG sind die Kosten einer Nachschulung vom Nachzuschulenden zu tragen. Kommt der Besitzer einer Lenkberechtigung der Anordnung zur Nachschulung nicht innerhalb von vier Monaten nach, so ist gemäß § 24 Abs.3 sechster Satz vorzugehen, das heißt die Lenkberechtigung wäre bis zur Befolgung der Anordnung zu entziehen.

 

Gemäß § 4 Abs.9 FSG darf die Nachschulung nur von gemäß § 36 hiezu ermächtigten Einrichtungen durchgeführt werden.

 

 

Im gegenständlichen Verfahren sind Stempelgebühren in der Höhe von 13,20 Euro angefallen.

 

 

Rechtsmittelbelehrung:

 

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

 

H i n w e i s:

 

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab der Zustellung eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof und/oder beim Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von den gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einem Rechtsanwalt oder einer Rechtsanwältin unterschrieben sein. Für jede dieser Beschwerden ist eine Gebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

 

 

 

Dr. B l e i e r

 

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