Unabhängiger Verwaltungssenat
des Landes Oberösterreich
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VwSen-231178/2/BP/Ga

Linz, 22.11.2010

 

E r k e n n t n i s

 

 

Der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich hat durch sein Mitglied Mag. Dr. Bernhard Pree über die Berufung der X, StA der X, X, gegen das Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden, vom 30. September 2010, GZ.: Sich96-192-2010, wegen einer Übertretung nach dem Fremdenpolizeigesetz, zu Recht erkannt:

 

 

 

I.                  Die Berufung wird als unbegründet abgewiesen und das angefochtene Straferkenntnis bestätigt.

 

II.              Die Berufungswerberin hat zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Strafverfahrens vor der belangten Behörde einen Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 200 Euro (das sind 20 % der verhängten Geldstrafe) zu leisten.

 

 

Rechtsgrundlagen:

Zu I.: §§ 24 und 51 Verwaltungsstrafgesetz 1991 – VStG iVm. § 66 Abs. 4 Allgemeines Ver­waltungsverfahrensgesetz 1991 – AVG.

Zu II.: § 64 VStG

 


Entscheidungsgründe:

 

1.1. Mit Straferkenntnis des Bezirkshauptmannes von Gmunden, vom
30. September 2010, GZ.: Sich96-192-2010, wurde über die Berufungswerberin (in der Folge: Bw) eine Geldstrafe in Höhe von 1.000,-- Euro (Ersatzfreiheitsstrafe 100 Stunden) verhängt, weil sie es zu verantworten habe, dass sie sich seit dem Zeitpunkt des rechtskräftigen Abschlusses ihres ersten Asylverfahrens (AIS Zl.: 05 02.131), somit von 11. Mai 2010 bis zur Stellung des Asylfolgeantrages (AIS Zl.: 10 08.298) am 7. September 2010, nicht rechtmäßig im Bundesgebiet der Republik Österreich aufgehalten habe, da sich Fremde gemäß § 31 Abs. 1 FPG 2005 nur dann rechtmäßig im Bundesgebiet aufhielten, wenn sie rechtmäßig eingereist seien und während des Aufenthalts im Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschreiten würden (Z.1) oder wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt seien (Z.2), oder wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten Aufenthaltstitels seien, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgingen (Z.3), oder solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen zukomme (Z.4) oder wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu
6 Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs.5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung gemäß § 18 Abs.3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu 6 Monaten, innehaben würden (Z.6) oder soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergebe (Z.7). Im Fall der Bw sei keine Fallvariante zutreffend.

 

Als verletzte Rechtsgrundlagen werden § 120 Abs. 1 Z. 2 iVm § 31 Abs. 1 FPG genannt.

 

Nach Schilderung des bisherigen Verfahrensganges sowie nach Darstellung der einschlägigen Rechtsgrundlagen sieht die belangte Behörde sowohl die objektive als auch die subjektive Tatseite als gegeben an. Die Bw sei am 15. Februar 2005 illegal nach Österreich eingereist. Noch am selben Tag habe sie einen Asylantrag gestellt. Dieser sei am 10. Mai 2010 gemäß §§ 7 und 8 AsylG in zweiter Instanz negativ abgeschlossen und die vorläufige Aufenthaltsberechtigungskarte widerrufen worden. Mit Bescheid der belangten Behörde vom 1. Juli 2010 sei die Bw aus dem Bundesgebiet ausgewiesen worden. Dieser Bescheid sei am 17. Juli 2010 in Rechtskraft erwachsen. Die Bw habe am 7. September 2010 einen weiteren Asylantrag eingebracht, über den bis dato noch nicht entschieden worden sei. Seit diesem Zeitpunkt könne wieder von einem rechtmäßigem Aufenthalt gesprochen werden.

 

Die "X" habe die belangte Behörde am 13. September 2010 per Telefax informiert, dass sich die Bw gemeinsam mit ihrer Familie zur freiwilligen Rückkehr in ihr Heimatland angemeldet habe.

 

Mangels des Vorliegens von Erschwerungsgründen und angesichts der bisherigen Unbescholtenheit der Bw sei die gesetzliche Mindeststrafe zu verhängen gewesen.

 

1.2. Gegen diesen Bescheid, erhob die Bw mit Schriftsatz vom
11. November 2010 rechtzeitig Berufung.

 

Darin stellt sie zunächst den Antrag auf Behebung des Straferkenntnisses und Einstellung des Verwaltungsstrafverfahrens, in eventu auf Absehen von der Strafe, in eventu auf neuerliche Strafzumessung.

 

Die Bw weist darauf hin, dass über ihren neuerlichen Asylantrag bis dato nicht entschieden worden sei, weshalb das ggst. Straferkenntnis rechtswidrig sei.

 

Gemäß § 120 Abs.7 FPG sei während des Asylverfahrens das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen. Seit dem 11. Mai 2010 habe zwar eine rechtskräftig negative Asylentscheidung vorgelegen, jedoch noch keine rechtskräftige Ausweisung. Die Verpflichtung zur Ausreise bestehe somit erst seit 17. Juli 2010. Jedenfalls hätte aber § 21 VStG zur Anwendung gebracht werden müssen. Die Bw habe die Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr angemeldet, was der Behörde am 13. September 2010 mitgeteilt worden sei. Es lägen somit weder bedeutende Folgen der Tat noch ein erhebliches Verschulden vor. Die Bw verfüge über kein ausreichendes Einkommen, weshalb die über sie verhängte Strafe unverhältnismäßig sei.

 

2.1. Mit Schreiben vom 18. November 2010 übermittelte die belangte Behörde den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

2.2. Der Oö. Verwaltungssenat erhob Beweis durch Einsichtnahme in den bezughabenden Verwaltungsakt.

 

Da im Verfahren der relevante Sachverhalt unwidersprochen feststeht, lediglich die Klärung von Rechtsfragen vorzunehmen war und kein diesbezüglicher Parteienantrag gestellt wurde, konnte gemäß § 51e Abs. 3 VStG auf die Durchführung einer öffentlichen mündlichen Verhandlung verzichtet werden.

 

2.3. Der Oö. Verwaltungssenat geht von dem – unwidersprochen gebliebenen -  unter den Punkten 1.1. und 1.2. dieses Erkenntnisses dargestellten, entscheidungs­relevanten Sachverhalt aus.

 

2.4. Da im angefochtenen Bescheid keine 2.000 Euro übersteigende Geldstrafe verhängt wurde, ist der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes Oberösterreich zur Entscheidung durch eines seiner Mitglieder berufen (§ 51c VStG).

 

3. Der Oö. Verwaltungssenat hat erwogen:

 

3.1. Gemäß § 120 Abs. 1 Z. 2 des Fremdenpolizeigesetzes 2005 – FPG, BGBl. I Nr. 100/2005, in der Fassung des Bundesgesetzes BGBl. I Nr. 135/2009, begeht eine Verwaltungsübertretung und ist mit Geldstrafe von 1.000 Euro bis zu 5.000 Euro, im Fall ihrer Uneinbringlichkeit mit Freiheitsstrafe bis zu drei Wochen zu bestrafen, wer sich als Fremder nicht rechtmäßig im Bundesgebiet aufhält. Als Tatort gilt der Ort der Betretung oder des letzten bekannten Aufenthaltsortes, bei Betretung in einem öffentlichen Beförderungsmittel die nächstgelegene Ausstiegsstelle, an der das Verlassen des öffentlichen Beförderungsmittels gemäß dem Fahrplan des Beförderungsunternehmers möglich ist.

 

Gemäß § 31 Abs. 1 FPG halten sich Fremde rechtmäßig im Bundesgebiet auf,

1. wenn sie rechtmäßig eingereist sind und während des Aufenthalts im        Bundesgebiet die Befristungen oder Bedingungen des Einreisetitels oder die          durch zwischenstaatliche Vereinbarungen, Bundesgesetz oder Verordnung   bestimmte Aufenthaltsdauer nicht überschritten haben;

2. wenn sie aufgrund einer Aufenthaltsberechtigung oder einer Dokumentation      des Aufenthaltsrechtes nach dem Niederlassungs- und Aufenthaltsgesetz zur     Niederlassung oder zum Aufenthalt oder aufgrund einer Verordnung für       Vertriebene zum Aufenthalt berechtigt sind;

3. wenn sie Inhaber eines von einem Vertragsstaat ausgestellten       Aufenthaltstitels sind, sofern sie während ihres Aufenthalts im Bundesgebiet      keiner unerlaubten Erwerbstätigkeit nachgehe;

4. solange ihnen ein Aufenthaltsrecht nach asylrechtlichen Bestimmungen    zukommt;

5. (aufgehoben durch BGBl. I Nr. 122/2009)

6. wenn sie eine Beschäftigungsbewilligung nach dem      Ausländerbeschäftigungsgesetz mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs    Monaten, eine Entsendebewilligung, eine EU-Entsendebestätigung, eine   Anzeigebestätigung gemäß § 3 Abs. 5 AuslBG oder eine Anzeigebestätigung          gemäß § 18 Abs. 3 AuslBG mit einer Gültigkeitsdauer bis zu sechs Monaten,     innehaben oder

7. soweit sich dies aus anderen bundesgesetzlichen Vorschriften ergibt.

 

3.2. Im vorliegenden Fall ist (wie im angefochtenen Straferkenntnis vorgeworfen) – auch von der Bw - völlig unbestritten, dass im Tatzeitraum die zwischen 11. Mai 2010 und 7. September 2010 befristete Aufenthaltsbewilligung (auf Basis asylrechtlicher Bestimmungen) abgelaufen war und sie im Tatzeitraum über keine Aufenthaltsberechtigung verfügte. Unwidersprochen ist auch, dass die Bw ab der neuerlichen Asylantragsstellung wiederum zum Aufenthalt vorläufig berechtigt ist. An der Tatsache des Nicht-Vorliegens der Voraussetzungen des
§ 31 Abs.1 FPG ändert auch nichts, dass die Ausweisungsentscheidung rechtskräftig erst mit 17. Juli 2010 bestand. Auch, dass die Bw mit
13. September 2010 ihre Bereitschaft zur freiwilligen Rückkehr anmeldete, schließt das Vorliegen der objektiven Tatseite nicht aus.

 

Gemäß § 120 Abs.7 FPG liegt eine Verwaltungsübertretung nach Abs.1 nicht vor, wenn der Fremde einen Antrag auf internationalen Schutz gestellt hat und ihm der Status des Asylberechtigten oder subsidiär Schutzberechtigten zuerkannt wurde. Während des Asylverfahrens ist das Verwaltungsstrafverfahren unterbrochen.

 

Die Bw stützt sich zu Unrecht auf diese Bestimmung. Im inkriminierten Tatzeitraum lag kein Asylantrag der Bw vor. Eine quasi Rückerstreckung des nunmehrigen Asylverfahrens auf den vorgeworfenen Tatzeitraum ist völlig unzulässig.

 

Die objektive Tatseite ist somit als gegeben anzusehen.

 

3.3. Das FPG enthält keine eigene Regelung hinsichtlich des Verschuldens, weshalb § 5 Abs. 1 VStG zur Anwendung kommt, wonach zur Strafbarkeit fahrlässiges Verhalten genügt. Fahrlässigkeit ist bei Zuwiderhandeln gegen ein Verbot oder bei Nichtbefolgung eines Gebotes dann ohne weiteres anzunehmen, wenn zum Tatbestand einer Verwaltungsübertretung der Eintritt eines Schadens oder einer Gefahr nicht gehört und der Täter nicht glaubhaft macht, dass ihn an der Verletzung der Verwaltungsvorschrift kein Verschulden trifft (Ungehorsamsdelikt).

Auch die gegenständliche Verwaltungsübertretung stellt ein Ungehorsamsdelikt dar. Es genügt daher fahrlässige Tatbegehung. Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes hat der Bw initiativ alles darzulegen, was für seine Entlastung spricht. Dies hat in erster Linie durch geeignetes Tatsachenvorbringen und durch Beibringung von Beweismitteln oder Stellung konkreter Beweisanträge zu geschehen. Bloßes Leugnen oder allgemein gehaltene Behauptungen reichen für die "Glaubhaftmachung" nicht.

 

Im vorliegenden Fall hat die Bw keinerlei die Schuld ausschließende Gründe geltend gemacht, weshalb von einem Schuldentlastungsbeweis nicht gesprochen werden kann. Dass die Bw die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise anmeldete, kann nicht zur Entlastung dienen, zumal diese Bereitschaft erst mit
13. September 2010 – somit nach dem inkriminierten Tatzeitraum – bekanntgegeben wurde. Überdies erscheint diese Bereitschaft in einem besonderen Licht, da nur wenige Tage davor ein neuerlicher Asylantrag gestellt worden war. Dadurch ist die freiwillige Ausreise doch ein wenig in Frage gestellt. Die Bw musste sich bewusst sein, dass nach der rechtskräftigen Entscheidung im Asylverfahren die Voraussetzungen des § 31 Abs. 1 FPG nicht vorlagen – unabhängig von etwaigen Ausweisungsentscheidungen.

 

Die subjektive Tatseite ist in Form von Fahrlässigkeit gegeben.

 

3.4. Hinsichtlich der Strafbemessung folgt das erkennende Mitglied des Oö. Verwaltungssenates den Erwägungen der belangten Behörde, zumal im Übrigen ohnehin die Mindeststrafe verhängt wurde. Ein Unterschreiten um die Hälfte gemäß § 20 VStG oder ein Absehen von der Strafe gemäß § 21 VStG kam mangels beträchtlichem Überwiegens der Milderungsgründe zum einen mangels geringfügiger Schuld zum anderen nicht in Betracht.

 

3.5. Es war daher spruchgemäß zu entscheiden.

 

4. Bei diesem Ergebnis war der Bw gemäß den §§ 64 ff. VStG zusätzlich zum Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor der belangten Behörde, ein Beitrag zu den Kosten des Verfahrens vor dem Oö. Verwaltungssenat in Höhe von 20 % der verhängten Geldstrafe somit 200 Euro  vorzuschreiben.

Rechtsmittelbelehrung:

Gegen diesen Bescheid ist kein ordentliches Rechtsmittel zulässig.

Hinweis:

Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen ab seiner Zustellung Beschwerde an den Verfassungsgerichtshof und/oder an den Verwaltungsgerichtshof erhoben werden; diese muss – von gesetzlichen Ausnahmen abgesehen – jeweils von einer bevollmächtigten Rechtsanwältin oder einem bevollmächtigten Rechtsanwalt eingebracht werden. Für jede dieser Beschwerden ist eine Eingabegebühr von 220 Euro zu entrichten.

 

Bernhard Pree

 

 

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